OGH 15Os72/14y

OGH15Os72/14y27.8.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. August 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger, Dr. Michel‑Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Moritz als Schriftführer in der Strafsache gegen Mag. Alessandro S***** wegen des Vergehens des Hausfriedensbruchs nach §§ 15, 109 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 26 Hv 30/13k des Landesgerichts Innsbruck, über den Antrag des Verurteilten auf Erneuerung des Verfahrens gemäß § 363a StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0150OS00072.14Y.0827.000

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mag. Alessandro S***** wurde mit Urteil der Einzelrichterin des Landesgerichts Innsbruck vom 4. Juni 2013, GZ 26 Hv 30/13k-17, der Vergehen des Hausfriedensbruchs nach §§ 15, 109 Abs 1 StGB (I.), der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (II.), der Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs 1 StGB (III.) und der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 1 StGB (IV.) schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe verurteilt.

Mit Erkenntnis des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 31. Oktober 2013, AZ 7 Bs 254/13f, wurde der Berufung wegen Schuld des Angeklagten teilweise Folge gegeben und der Angeklagte vom Vorwurf des Vergehens der Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs 1 StGB freigesprochen. Seiner Berufung wegen Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 1 und Z 9 lit a StPO iVm § 489 Abs 1 StPO) sowie der weiteren Schuldberufung wurde nicht Folge gegeben, die Strafe wurde vom Berufungsgericht neu bemessen.

Rechtliche Beurteilung

Gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Insbruck wendet sich der Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens gemäß § 363a StPO des Verurteilten, mit dem er eine Verletzung von Art 6 MRK und Art 24 der UN‑Menschenrechtscharta geltend macht.

Darin bringt er im Wesentlichen ‑ und großteils wortident mit seinen Ausführungen in der Berufung ‑ vor, die Erstrichterin sei voreingenommen und damit ausgeschlossen iSd § 43 Abs 1 Z 3 StPO gewesen (Art 6 Abs 1 MRK) und mehrere von ihm im Berufungsverfahren gestellte Beweisanträge seien ‑ teils begründungslos ‑ zurückgewiesen worden (Art 6 Abs 3 lit d MRK).

Ein Erneuerungsantrag, der sich nicht auf eine Entscheidung des EGMR berufen kann, hat deutlich und bestimmt darzulegen, worin eine ‑ vom angerufenen Obersten Gerichtshof sodann selbst zu beurteilende ‑ Grundrechtsverletzung im Sinn des § 363a Abs 1 StPO zu erblicken sei. Dabei hat er sich mit der als grundrechtswidrig bezeichneten Entscheidung in allen relevanten Punkten auseinanderzusetzen (RIS‑Justiz RS0124359).

Diesen Kriterien wird der Antrag nicht gerecht. Zur angeblichen Ausgeschlossenheit der Erstrichterin wiederholt der Antragsteller die schon in seiner Berufung wegen Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 1 StPO iVm § 489 Abs 1 StPO) vorgebrachten ‑ unbelegten ‑ Spekulationen und Mutmaßungen, ohne sich mit den dazu angestellten Erwägungen des Oberlandesgerichts auseinanderzusetzen. Nicht anders verhält es sich mit der darauf aufbauenden Schlussfolgerung, die Richterin habe eine vorgefasste Meinung gehabt „und ist daraus abzuleiten, dass diese die Unschuldsvermutung (Art 6 MRK) verletzt hat“, die offenbar auf den Umstand gegründet wird, dass das Verfahren nicht den vom Antragsteller gewünschten Ausgang nahm. Die weitere Kritik, die Erstrichterin habe „die immer gleichbleibende Verantwortung“ gewählt, bleibt überhaupt unverständlich.

Im Gegensatz zu der pauschalen Behauptung im Erneuerungsantrag (Verletzung im Fairnessgebot nach Art 6 Abs 3 lit d MRK) ist das Oberlandesgericht Innsbruck auf die vom Angeklagten in seiner Berufung wegen Schuld gestellten Beweisanträge (ON 21 S 27 f) eingegangen (S 14 der Berufungsentscheidung), hat diesen jedoch ‑ mit zutreffender Begründung (§ 55 Abs 1 und 2 StPO) ‑ Relevanz für das Verfahren abgesprochen. Indem sich der Antragsteller nicht (substantiell) mit diesen Erwägungen des Oberlandesgerichts auseinandersetzt, sondern ihnen lediglich nicht auf den konkreten Fall umgelegte Leitsätze aus Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs entgegenhält, genügt er den zuvor aufgezeigten Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht (neuerlich RIS‑Justiz RS0124359; vgl auch zum GRBG RIS‑Justiz RS0110146 [T22]).

Mit der bloßen Behauptung, es könne „als systemimmanent vorausgesetzt werden“, dass die Verurteilung seinen Ausschluss aus der Rechtsanwaltskammer „bedingt“, weshalb „jedenfalls“ auch „Art 24“ der UN‑Menschenrechtscharta [Recht auf Erholung und Freizeit; zur mangelnden völkerrechtlichen und innerstaatlichen Verbindlichkeit s zB Berka, Die Grundrechte, Rz 54] „anzuziehen“ sei, macht er nicht klar, auf welches in Österreich verfassungsgesetzlich garantierte Grund‑ oder Menschenrecht er sich bezieht.

Der Erneuerungsantrag war daher als offenbar unbegründet bereits bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 363b Abs 2 Z 3 StPO).

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