European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:010OBS00088.14K.0826.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Klägerin schloss mit ihrem Ehemann am 28. 1. 2008 folgende Vereinbarung:
„1. J***** M***** verpflichtet sich, im Fall der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft aus Gründen, die in seinem Verschulden liegen (insbesondere zukünftige körperliche und psychische Misshandlungen) der M***** M***** als Ehegattenunterhalt die Differenz zwischen ihrem Einkommen (ohne Sonderzahlungen) und einem nach dem Verbraucherpreisindex 2005 (Basismonat) wertgesicherten monatlichen Betrag von EUR 1.500,00 als monatlichen Unterhalt zu bezahlen.
2. Als Einkommen der M***** M***** ist dasjenige Einkommen anzusehen, das sie aus einer ihr zumutbaren Erwerbstätigkeit erzielt oder zu erzielen imstande ist.
3. Diese Verpflichtung erlischt nur im Fall der Wiederverehelichung der M***** M*****. Alle anderen geänderten Umstände (wie z.B. das Eingehen einer Lebensgemeinschaft, Ehescheidung, weitere Sorgepflichten, Wegfall von Sorgepflichten, Einkommensänderungen) stellen keine Gründe für eine Unterhaltsänderung dar.“
Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Urteil des Bezirksgerichts Frankenmarkt vom 18. 1. 2012 wurde die Ehe der Klägerin mit J***** M***** aus dessen Verschulden geschieden.
J***** M***** starb am 27. 6. 2013. Die Klägerin war und ist in einem Alten- und Pflegeheim teilzeitbeschäftigt.
Das Berufungsgericht wies in Abänderung des Urteils des Erstgerichts das auf Gewährung der Witwenpension gerichtete Klagebegehren ab. Nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung müsse die Unterhaltshöhe aus dem Unterhaltstitel nach § 258 Abs 4 lit a ‑ c ASVG bestimmt oder leicht bestimmbar hervorgehen. Dem Sozialversicherungsträger solle eine materielle Prüfung des Grundes des Anspruchs erspart bleiben. Aus der Unterhaltsvereinbarung selbst sei die Höhe des Unterhaltsanspruchs nicht leicht feststellbar, seien doch weitere Beweisaufnahmen notwendig. Die unbedingte Verpflichtung zur Unterhaltsleistung müsse sich alleine aus der Vereinbarung ergeben. Dies sei hier nicht der Fall, weil die zu berücksichtigenden Einkünfte der Klägerin schwankten.
Die Klägerin macht in ihrer außerordentlichen Revision als im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage geltend: Die Unterhaltsvereinbarung vom Jänner 2008 erfülle sämtliche Voraussetzungen einer Unterhaltsvereinbarung nach § 258 Abs 4 lit c ASVG. Das Erfordernis, dass die Höhe des Unterhaltsanspruchs aus dieser Vereinbarung leicht bestimmbar sein müsse, lasse sich den gesetzlichen Bestimmungen nicht entnehmen. Deshalb bedürfe die höchstgerichtliche Rechtsprechung der Korrektur. Das Berufungsgericht weiche auch von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ab, weil aufgrund der Unterhaltsvereinbarung die Unterhaltshöhe im Zeitpunkt des Todes des geschiedenen Ehemanns anhand des Einkommens der Klägerin und des wertgesicherten Betrags von 1.500 EUR leicht, objektiv und ohne weiteren Verfahrensaufwand bestimmbar sei.
Rechtliche Beurteilung
Eine im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage wird damit nicht dargetan.
Die rechtliche Beurteilung der Sache durch das Berufungsgericht steht im Einklang mit der wiederholt vertretenen Auffassung des Obersten Gerichtshofs, dass § 258 Abs 4 ASVG selbst in Fällen, in denen die Ehe nach § 55 EheG mit dem Ausspruch nach § 61 Abs 3 EheG geschieden wurde, auch im Hinblick auf die begünstigende Regelung des § 264 Abs 10 ASVG nicht teleologisch dahin reduziert werden kann, dass ein qualifizierter Unterhaltstitel nicht erforderlich sei (10 ObS 189/99p mwN, SSV-NF 13/99; zuletzt 10 ObS 154/09h; RIS-Justiz RS0085196). Der Senat ist damit der mit verschiedenen Argumenten vertretenen gegenteiligen Ansicht Rummels (ZAS 1978, 113), Kerschners (ZAS 1982, 110), Schrammels (in Tomandl , SV-System 122 f) und M. Binders (in Harrer/Zitta , Familie und Recht, 669 ff), im Allgemeinen oder doch zumindest für die Fälle der qualifizierten Witwenpension müsse eine dem Grunde nach bestehende Unterhaltsverpflichtung ausreichen, nicht gefolgt.
Die Revisionsausführungen geben keinen Anlass für ein Abgehen von dieser ständigen Rechtsprechung.
§ 258 Abs 4 lit c ASVG verlangt eine vor Auflösung der Ehe eingegangene vertragliche Unterhaltsverpflichtung, aus der sich der unbedingte Unterhaltsanspruch ‑ wenn schon nicht der exakten Höhe, so doch wenigstens eindeutig dem Grunde nach ‑ ergeben muss (10 ObS 189/99p). Aus der festgestellten Unterhaltsvereinbarung ergibt sich aber ein unbedingter Unterhaltsanspruch im maßgeblichen Zeitpunkt des Todes nicht eindeutig dem Grunde nach. Je nach den in diesem Zeitpunkt gegebenen tatsächlichen oder aufgrund einer zumutbaren Erwerbstätigkeit möglichen Einkommensverhältnissen der Klägerin als Komponente der vereinbarten Unterhaltsbemessung könnte nämlich der konkret geschuldete Unterhalt ganz entfallen, weil eben ein Unterhaltsanspruch mit der ziffernmäßigen Höhe von Null auch dem Grunde nach nicht besteht (10 ObS 189/99p). Die Frage der leichten Bestimmbarkeit der Unterhaltshöhe (vgl RIS-Justiz RS0085196) ist demnach nicht präjudiziell.
Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen.
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