OGH 14Os69/14z

OGH14Os69/14z12.8.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. August 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Zillinger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Asoka L***** wegen des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 17. Februar 2014, GZ 18 Hv 104/13a‑74, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Asoka L***** des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er im Dezember 2011 in G***** mit der am 17. Februar 1998 geborenen, sohin unmündigen, Raphaela M***** eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung unternommen, indem er sie mehrmals mit einem Finger vaginal penetrierte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus den Gründen der Z 4 und 5a des § 281a Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.

Der Antrag auf Einholung eines „psychologischen Sachverständigengutachtens zur Frage, ob die Zeugin Raphaela M***** zu Konfabulationen neige“ (ON 73 S 20), verfiel ‑ der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider ‑ schon deshalb zu Recht der Abweisung, weil nicht dargelegt wurde, dass sich die Genannte zu einer entsprechenden Begutachtung bereitfinden würde (RIS-Justiz RS0118956), worauf der Verteidiger im Übrigen schon von der Vorsitzenden des Schöffengerichts hingewiesen worden war (ON 73 S 21).

Davon abgesehen ist die Beurteilung der Glaubwürdigkeit von Beweismitteln grundsätzlich dem erkennenden Gericht vorbehalten (§ 258 Abs 2 erster Satz StPO). Lediglich in ‑ im Antrag gar nicht angesprochenen ‑ Ausnahmefällen, etwa bei festgestellter devianter Veranlagung in psychischer oder charakterlicher Hinsicht, Entwicklungsstörungen oder sonstigen Defekten, erfordert die Lösung dieser Frage die Beiziehung eines Experten (RIS‑Justiz RS0097733; RS0120634; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 350).

Das den Beweisantrag ergänzende Rechtsmittelvorbringen hat mit Blick auf das aus dem Wesen des beanspruchten Nichtigkeitsgrundes resultierende Neuerungsverbot auf sich zu beruhen. Im Übrigen wäre aber auch aus den in der Beschwerde nachträglich behaupteten Widersprüchen in den Angaben der Zeugin oder aus der Aussage des Angeklagten, dass Raphaela M***** sich nach Meinung der Petra M***** „nicht so gut ausdrücken konnte und dadurch den Sachverhalt nicht so gut beschreiben konnte“, ein Ausnahmefall im dargelegten Sinn in keiner Weise abzuleiten. Dies gilt umsomehr für angebliche Falschaussagen der Mutter des Tatopfers und eine behauptete frühere Verleumdung eines Dritten durch dessen Schwester.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) erschöpft sich zunächst im ‑ auch inhaltlich nicht nachvollziehbaren - Vorwurf, es sei „mehr als befremdlich und schlicht rechtswidrig“, dass das „gesamte Beweisverfahren (... bis hin zur Fertigstellung der Anklageschrift)“ überwiegend zu Vorwürfen geführt wurde, hinsichtlich welcher die Staatsanwaltschaft später von der Anklage zurückgetreten ist. Damit wird Nichtigkeit aus Z 5a ebenso wenig angesprochen wie mit den folgenden Einwänden, die sich nicht gegen Urteilsannahmen, sondern gegen Passagen aus der Begründung der Anklageschrift wenden.

Die in der Beschwerde weiters hervorgehobenen Widersprüche innerhalb der Aussagen der ‑ von den Tatrichtern als glaubwürdig eingestuften ‑ Zeugin Raphaela M***** (zu unerheblichen Nebenumständen) sind nicht geeignet, erhebliche Bedenken gegen die dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu wecken (vgl dazu auch RIS‑Justiz RS0099649).

Soweit die Rüge den Urteilsannahmen eigene Erwägungen und Einschätzungen gegenüberstellt, lässt sie den unter dem Aspekt des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes gebotenen Aktenbezug (RIS‑Justiz RS0117516, RS0117749, RS0119310) vermissen und bekämpft bloß unzulässig die erstgerichtliche Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.

Der Vorwurf einer Verletzung der Pflicht zu amtswegiger Wahrheitsforschung und unvollständiger Ausschöpfung dem Erstgericht „zugänglicher Beweismittel“, legt weder dar, welche Beweiserhebungen nach Ansicht des Beschwerdeführers noch durchzuführen gewesen wären, noch wird deutlich gemacht, wodurch dieser an sachgerechter Antragstellung gehindert war (RIS‑Justiz RS0115823).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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