OGH 18ONc1/14p

OGH18ONc1/14p5.8.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Hoch, Univ.‑Prof. Dr. Neumayr und Dr. Musger und die Hofrätin Dr. Dehn als weitere Richter in der Schiedsrechtssache der schiedsklagenden Parteien 1. L* OG, *, 2. Dr. A* D*, 3. Mag. A* S*, 4. Dr. F* H*, 5. Mag. H* H*, 6. Mag. M* W*, 7. Univ.‑Prof. Mag. Dr. S* K*, 8. Mag. T* P*, 9. Mag. K* S*, 10. Dr. C* H*, 11. Mag. R* L*, 12. Hon.‑Prof. Dr. R* L*, 13. Mag. W* L*, 14. Univ.‑Prof. Dr. M* A*, 15. Mag. H* B*, 16. Dr. R* B*, 17. Mag. R* B*, 18. Mag. L* E*, 19. Mag. R* F*, 20. Mag. Dr. G* F*, 21. Mag. G* G*, 22. Mag. Dr. C* N*, 23. Dr. C* O*, 24. Mag. M* S*, 25. Mag. N* S*, 26. Dr. H* G*, 27. K* B*, 28. R* B*, 29. A* F*, 30. B* S*, 31. M* N*, 32. K* D*, 33. P* D*, 34. Dr. M* M*, 35. M* S*, 36. R* S*, 37. D* E*, 38. Dr. S* K*, 39. Mag. M* S*, 40. L* GmbH, *, alle vertreten durch Haslinger Nagele & Partner Rechtsanwälte GmbH in Linz, gegen die schiedsbeklagte Partei Dr. W* A*, vertreten durch Dr. Kurt Berger und Dr. Mathias Ettel, Rechtsanwälte in Wien, wegen Rechtsgestaltung und Feststellung, über die Ablehnung des Schiedsrichters Dr. P* R* durch den Schiedsbeklagten (§ 589 Abs 3 ZPO) in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:E108563

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die Ablehnung des Schiedsrichters Dr. P* R* wird zurückgewiesen.

Der Schiedsbeklagte ist schuldig, den schiedsklagenden Parteien die mit 448,27 EUR (darin 74,71 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des gerichtlichen Ablehnungsverfahrens zu ersetzen.

 

Begründung:

Zwischen den Parteien sind zwei Schiedsverfahren anhängig. Hier streiten sie über die Ablehnung des Schiedsrichters Dr. P* R* durch den Schiedsbeklagten im später eingeleiteten (zweiten) Schiedsverfahren. Folgender Sachverhalt ist unstrittig:

Mit Beitrittsvereinbarung vom 20. September 2010 trat der Schiedsbeklagte rückwirkend zum 1. August 2010 als Stiller Gesellschafter im Innenverhältnis dem Gesellschaftsvertrag der im Schiedsverfahren erstklagenden Offenen Gesellschaft (idF: OG) bei, und zwar „unter Anerkennung aller für alle Partner maßgeblichen Vorschriften“. Am 23. März 2012 unterfertigten 39 Personen  ‑ unter ihnen der Schiedsbeklagte ‑ den „vollständigen Gesellschaftsvertrag“ der OG in der Fassung vom 23. März 2012. Dieser Gesellschaftsvertrag enthält in Punkt XX. (2) folgende Schiedsklausel:

„Soweit sich Streitfragen aus oder im Zusammenhang mit diesem Vertrag oder aber aus oder im Zusammenhang mit einem die gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse einer nachgeordneten Gesellschaft regelnden Vertrag nicht einvernehmlich lösen lassen, wird für alle Streitigkeiten der ordentliche Rechtsweg ausgeschlossen und die ausschließliche Zuständigkeit zur Entscheidung vertragsernannten Schiedsrichtern übertragen, die bzw. der nach Anhörung der Streitteile diese Streitfrage nach den Bestimmungen der §§ 577 ff ZPO entscheiden bzw. entscheidet.

Als vertragsernannte Schiedsrichter vereinbaren die Parteien: * Dr. P* R* als Vorsitzenden, * Dr. M* K*, RA Dr. C* S*.

Ist einer der vertragsernannten Schiedsrichter nicht in der Lage oder nicht willens, als Schiedsrichter tätig zu werden, bestellen die Übrigen einen dritten Schiedsrichter als Vorsitzenden. Sind zwei der vertragsernannten Schiedsrichter nicht in der Lage oder nicht willens, als Schiedsrichter tätig zu werden, entscheidet der Verbleibende die Streitfrage alleine. [...]“

Mit Schreiben vom 18. April 2012 kündigte der Schiedsbeklagte seine Beteiligung an der OG zum 31. Jänner 2014. Am 16. Juli 2012 beschloss eine Gesellschafterversammlung der OG gegen seinen Widerstand, die Wirkung dieser Kündigung auf den Ablauf des 31. Juli 2012 vorzuverlegen. Der (hier) Schiedsbeklagte reagierte darauf mit einer Schiedsklage vom 23. August 2012, mit der er (unter anderem) die Unwirksamerklärung dieses Beschlusses begehrte. In diesem Verfahren lehnte Dr. S* als einer der drei vertraglich vorgesehenen Schiedsrichter die Übernahme des Amtes ab. Auf Antrag der (dort) Schiedsbeklagten bestellte das Landesgericht Linz die beiden verbliebenen Schiedsrichter Dr. R* und Dr. K*zu Schiedsrichtern. Dr. R* ist emeritierter, Dr. K* ist aktiver Universitätsprofessor an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Linz.

Der (hier) Schiedsbeklagte forderte daraufhin beide Schiedsrichter mit Schreiben vom 7. November 2012 auf, alle Umstände offenzulegen, die Zweifel an ihrer Unbefangenheit oder Unabhängigkeit wecken könnten. Dr. K* teilte ihm mit, dass er nicht mehr zur Übernahme des Schiedsrichteramts bereit sei. Dr. R* nannte als „geschäftliche Beziehung“ die Mitautorschaft eines Gesellschafters der OG (Dr. A*) in seinem Kommentar und seine eigene, fünf Jahre zurück liegende, Mitwirkung bei einer von einem anderen Gesellschafter (Dr. L*) veranstalteten Tagung. Weiters teilte er mit, dass er Sprecher des wissenschaftlichen Kuratoriums einer Privatstiftung sei, die in Erinnerung an den Gründer der Kanzlei der (hier) Klagevertreter gegründet worden sei; weiters sei ein Anwalt dieser Kanzlei in den 1990er-Jahren sein Assistent gewesen. Danach ersuchte ihn der Schiedsbeklagte, darüber hinausgehende Beziehungen zu Dr. L* und Dr. A* bekanntzugeben. Der Schiedsrichter antwortete, dass er „wahrheitsgemäß und vollständig“ Auskunft gegeben habe.

In weiterer Folge lehnte der (hier) Schiedsbeklagte in jenem Verfahren Dr. R* als Schiedsrichter ab. Als Grund nannte er dessen fehlende, von ihm aber als erforderlich angesehene Qualifikation als Rechtsanwalt. Die Ablehnung wurde nach Durchführung des Verfahrens nach § 589 Abs 2 und 3 ZPO mit Beschluss des LG Linz vom 16. August 2013, GZ 29 Nc 2/13a, rechtskräftig zurückgewiesen (Rekurs zurückgewiesen vom OLG Linz zu 6 R 150/13s).

Am 28. Mai 2013 erhoben die OG und ihre Gesellschafter gegen den Schiedsbeklagten beim verbliebenen Schiedsrichter Dr. R* die dem vorliegenden Verfahren zugrunde liegende (zweite) Schiedsklage. Sie begehren die Aufhebung der Beitrittsvereinbarung wegen listiger Irreführung, hilfsweise die Feststellung, dass der Beklagte wegen wirksamen Ausschlusses seit 1. August 2012 nicht mehr Gesellschafter der OG sei. Dr. R* (idF Schiedsrichter) rief den Vertreter des Schiedsbeklagten Anfang Juni 2013 an und teilte ihm mit, dass er ihm die Klage mit dem Auftrag zur Klagebeantwortung übermitteln werde. Der Vertreter des Schiedsbeklagten bestritt telefonisch die Zuständigkeit des Schiedsgerichts und verwies auf die im Parallelverfahren erfolgte Ablehnung, die bei Gericht anhängig sei. Der Schiedsrichter erklärte daraufhin, mit dem Verfahren bis zur Erledigung dieser Ablehnung innezuhalten.

Mit Beschluss vom 26. September 2013 teilte der Schiedsrichter den Parteien mit, dass sich das Schiedsgericht am 6. Juni 2013 konstituiert habe. Nach Vorliegen der Entscheidung über die Ablehnung im Parallelverfahren werde das Schiedsverfahren nun fortgesetzt und dem Schiedsbeklagten die Klagebeantwortung binnen vier Wochen aufgetragen.

Der Schiedsbeklagte erstattete mit Schriftsatz vom 11. Oktober 2013 eine Klagebeantwortung, in der er die Zuständigkeit des Schiedsgerichts bestritt und den Schiedsrichter ablehnte. Dieser wies die Ablehnung ‑ ebenso wie eine weitere Ablehnung im Parallelverfahren ‑ mit Beschluss vom 18. Dezember 2013 ab.

Mit dem beim Landesgericht Linz am 14. Jänner 2014 eingebrachten und mit dessen Beschluss vom 21. Jänner 2014, GZ 38 Nc 1/14x‑3, gemäß § 44 JN dem Obersten Gerichtshof überwiesenen Ablehnungsantrag begehrt der Schiedsbeklagte, den Schiedsrichter für befangen zu erklären und ihn „als Schiedsrichter im Schiedsverfahren zwischen den Parteien dieses Verfahrens abzulehnen“. Der Antrag deckt sich inhaltlich mit jenem, den der Schiedsbeklagte beim Schiedsgericht gestellt hatte. Er wirft dem Schiedsrichter vor, trotz expliziter Frage des Schiedsbeklagten nach möglicherweise eine Befangenheit begründenden Umständen nicht ausreichend geantwortet zu haben; er habe nämlich bloß einige für eine Ablehnung relevante Aspekte offengelegt, andere aber verheimlicht. Der Schiedsbeklagte habe zahlreiche Umstände recherchiert, die bei objektiver Betrachtung erhebliche Zweifel an der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des Schiedsrichters weckten. Dieser agiere „mit zahlreichen Beklagten, dem Beklagtenvertreter und zahlreichen Partnern der Kanzlei H* GmbH in einer Seilschaft“. Seine Befangenheit liege sowohl in der unzureichenden Offenlegung als auch in diversen Umständen selbst. Im Einzelnen nennt der Schiedsbeklagte folgende Befangenheitsgründe:

a. Der Schiedsrichter habe mit dem Vierzehntkläger Dr. M* A* aus der gemeinsamen Tätigkeit an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Linz diverse Kontakte gehabt;

b. er habe auch mit dem Zwölftkläger Dr. R* L*wissenschaftliche Kontakte gehabt; insbesondere gebe es eine gemeinsame Publikation;

c. er sei Mitglied des wissenschaftlichen Kuratoriums der W* H* Privatstiftung, die im Andenken an den Gründer der Kanzlei des Schiedsklägervertreters ins Leben gerufen worden sei;

d. er habe gemeinsam mit dieser Stiftung und weiteren Personen das Institut für Bankrecht gegründet und sei heute noch Ehrenmitglied dieses Vereins, in dessen Vorstand drei Partner der Beklagtenvertreter agierten; die Rechnungsprüfung für den Verein werde von einer GmbH aus der Gruppe der erstklagenden OG vorgenommen, wobei 15 der Schiedskläger Gesellschafter dieser GmbH seien;

e. er habe nach seiner Emeritierung im Jahr 2009 einen Studienfonds ins Leben gerufen (P*-Studienfonds), dessen Beirat er selbst als Vorsitzender und als Mitglied RA Dr. N* N* aus der Sozietät der Beklagtenvertreter angehöre; die Präsentation des „P* Studienprogramms“ sei am 23. April 2012 mit RA Dr. M* M*, einem weiteren Partner der Beklagtenvertreter, erfolgt;

f. der aktenführende Anwalt der Beklagtenvertreter sei in den 1990er‑Jahren Assistent des Schiedsrichters gewesen und habe bei ihm promoviert, es gebe auch eine gemeinsame Publikation;

g. der Seniorpartner der Beklagtenvertreter Dr. N* habe ein persönliches Naheverhältnis zum Schiedsrichter; er sei im Vorstand des Bankrechtsinstituts und im Beirat des P*-Studienfonds

h. der Schiedsrichter werde „regelmäßig auf telefonischen Zuruf“ des Beklagtenvertreters tätig;

i. die Beklagtenvertreter hätten ein eigenes Interesse am Verfahrensausgang, weil sie die zugrunde liegenden Verträge verfasst hätten und ihnen daher eine Haftung drohe; die dargestellten Beziehungen des Schiedsrichters zu dieser Kanzlei hätten daher bei der Beurteilung der Befangenheit ein besonderes Gewicht;

j. der Schiedsrichter habe trotz des Fehlens einer Schiedsklausel seine Zuständigkeit angenommen. Dies könne zwar an sich im gegenwärtigen Verfahrensstadium nicht geltend gemacht werden. Es sei jedoch ein weiteres Indiz für die Befangenheit des Schiedsrichters.

Die Schiedskläger bestreiten in ihrer Äußerung eine Befangenheit des Schiedsrichters. Da dem Schiedsbeklagten die Zusammensetzung des Schiedsgerichts bereits seit einer telefonischen Mitteilung Anfang Juni 2013 bekannt gewesen sei, sei die vierwöchige Frist für einen Ablehnungsantrag abgelaufen gewesen, als der Schiedsbeklagte mit Schriftsatz vom 11. Oktober 2013 die Befangenheit geltend gemacht habe. Gemäß § 589 Abs 2 ZPO könne der Schiedsbeklagte nur mehr jene Umstände geltend machen, die ihm erst nach dem 13. September 2013 bekannt geworden seien. Da es solche neu hervorgekommenen Gründe nicht gebe, seien alle behaupteten Befangenheitsgründe präkludiert. Die Offenlegung im Schreiben vom 15. November 2012 sei ausreichend gewesen. Die dargelegten Gründe könnten keinen Anschein der Befangenheit begründen, dies insbesondere unter Bedachtnahme auf die IBA‑Guidelines, die auch nach Auffassung des Obersten Gerichtshofs eine Auslegungshilfe bei der Konkretisierung von § 588 ZPO bildeten. Beziehungen zum Zwölft‑ und zum Vierzehntkläger Dr. L* und Dr. A* seien rein beruflicher Natur und lägen zudem schon längere Zeit zurück; solche zu Mitgliedern der Kanzlei der Klagevertreter seien von vornherein unerheblich oder jedenfalls im konkreten Fall wegen ihres rein beruflichen Charakters nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen. Das gelte auch in Bezug auf ein allfälliges Haftungsrisiko der Klagevertreter als seinerzeitige Vertragsverfasser. Es gebe keinen Anhaltspunkt, dass der Schiedsrichter auf Zuruf der Klagevertreter arbeite. Die Schiedsklausel erfasse bei richtiger Auslegung auch den vorliegenden Streit; selbst wenn der Schiedsrichter aber in diesem Punkt irren sollte, könne das nicht seine Befangenheit begründen.

Der Schiedsbeklagte erwidert, dass die Schiedsvereinbarung des Gesellschaftsvertrags dem Art 6 EMRK widerspreche und sittenwidrig sei. Die IBA‑Guidelines, die zwischen den Parteien nicht vereinbart worden seien, gingen gerade nicht vom Fall einer Schiedsklausel mit bereits namentlich von „einer Partei“ festgelegten Schiedsrichtern aus. In einem solchen Fall seien die Anforderungen an die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Schiedsrichter strenger. Insgesamt wolle der Schiedsbeklagte sein rechtliches und auch wirtschaftliches Schicksal nicht in die Hände eines befangenen Einzelschiedsrichters legen, an dessen Auswahl er nicht habe mitwirken können und der beste Beziehungen zu einigen Schiedsklägern und zu den Klagevertretern unterhalte. Die behauptete Verfristung liege nicht vor, da der Schiedsrichter erst mit Beschluss vom 26. September 2013 mitgeteilt habe, dass er sich am 6. Juni 2013 als Schiedsgericht konstituiert habe. Die Umstände, die der Schiedsrichter am 15. November 2012 offengelegt und später als vollständig bestätigt habe, ließen in Verbindung mit jenen Umständen, die der Schiedsrichter nicht offengelegt habe, befürchten, dass er die Schiedsklage nicht unbefangen, unvoreingenommen und unparteiisch beurteilen werde.

Der Schiedsrichter hat von der ihm eingeräumten Möglichkeit, zu den im Antrag des Schiedsbeklagten und der Äußerung der Schiedskläger geäußerten Rechtsstandpunkten Stellung zu nehmen, nicht Gebrauch gemacht.

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in die Akten 1 Nc 5/12k und 29 Nc 2/13a je des Landesgerichts Linz und in die Urkunden Blg. /A ‑ ./JJ (vorgelegt vom Schiedsbeklagten als Ablehnungswerber) und ./1 - ./18 (vorgelegt von den Schiedsklägern als Ablehnungsgegnern). Auf dieser Grundlage wird über den eingangs als unstrittig angeführten Sachverhalt hinaus Folgendes festgestellt:

Mit Schreiben vom 7. November 2012 (Blg ./F) forderte der (hier) Schiedsbeklagte den Schiedsrichter im Hinblick auf § 588 ZPO auf,

„alle Umstände, die Zweifel an Ihrer Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit wecken können oder der Parteienvereinbarung widersprechen, offenzulegen. Ich darf Sie ersuchen, insbesondere auch offenzulegen,

‑ ob Sie mit Gesellschaftern oder Gesellschaften der [Gruppe um die OG] in rechtsgeschäftlichen Beziehungen stehen, wenn ja in welchen?

‑ ob Sie mit Gesellschaften/Gesellschaftern der [Gruppe um die OG] jemals darüber gesprochen haben, als Gesellschafter (in welcher Form auch immer) einer Gesellschaft der [Gruppe um die OG] beizutreten oder Ihre rechtlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zur [Gruppe um die OG] über die bloße Beratungstätigkeit oder Tätigkeit als Gutachter hinaus zu vertiefen, und/oder

‑ ob Sie in die Errichtung des Gesellschaftsvertrags der [Gruppe um die OG] oder anderer Gesellschaften der [Gruppe um die OG] involviert waren bzw. ob Sie gebeten wurden, dazu im Allgemeinen und oder zu einzelnen Regelungen dieser Gesellschaftsverträge und der sonstigen für die [Gruppe um die OG] maßgeblichen Vereinbarungen aus rechtlicher Sicht Stellung zu nehmen, insbesondere auch zu Fragen der multi-disziplinären Ausrichtung der [Gruppe um die OG]?

Weiters darf ich Sie ersuchen,

‑ Ihre Beziehungen zu den Streitparteien,

‑ Ihre Beziehungen zu den Schiedsparteien,

‑ Ihre Beziehungen zu den Verfahrensbevollmächtigten,

‑ Ihre Beziehungen innerhalb des Schiedsgerichtes und

‑ Ihre sonstigen Berührungspunkte zum Rechtsstreit

offen zu legen.“

Der Schiedsrichter antwortete darauf mit Schreiben vom 15. November 2012 (Blg ./G):

„[...] in Beantwortung Ihres Schreibens vom 7. 11. 2012 gebe ich bekannt, dass ich keine Umstände sehe, die Zweifel an meiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit im genannten Verfahren wecken könnten. Im Detail darf ich auf Ihre Fragen wie folgt antworten:

1. Ich stehe nicht mit Gesellschaften oder Gesellschaftern der [Gruppe um die OG] in geschäftlichen Beziehungen, auch die weiteren eingangs Ihres Schreibens gestellten Fragen beantworte ich mit nein; meine einzige geschäftliche Beziehung zu einem Gesellschafter bestand darin, dass ich vor etwa fünf Jahren einen wissenschaftlichen Vortrag bei einer von Dr. R* L* veranstalteten Tagung über Finanzstrafrecht gehalten habe.

Der Gesellschafter Prof. Dr. M* A* ist Mitautor des von mir ... herausgegebenen Kommentars ... (Passage über …).

2. Weitere 'Beziehungen zu den Schiedsparteien bzw zu den Streitparteien' bestehen nicht.

3. Betreffend 'Beziehungen zu den Verfahrensbevollmächtigten' gebe ich bekannt, dass ich Sprecher des wissenschaftlichen Kuratoriums der W* Privatstiftung bin; die im Andenken an den Gründer der Kanzlei H* errichtete Stiftung verfolgt den Zweck der Förderung der Kontakte zwischen Wissenschaft und Praxis, insbesondere durch Verleihung eines jährlichen Preises für Arbeiten von Nachwuchswissenschaftern. Die Tätigkeit im Kuratorium ist ehrenamtlich; für besondere Tätigkeiten (Begutachtung von Arbeiten uÄ) wird ein bescheidener Aufwandersatz gezahlt. Prof. K* ist ebenfalls Mitglied des Kuratoriums. Rechtsanwalt Dr. D* L* war nach Abschluss seines Studiums in den neunziger Jahren einige Zeit als Universitätsassistent an der von mir geleiteten Abteilung des Linzer Instituts für Zivilrecht tätig; ich habe seine Dissertation betreut.

4. ...

5. 'Berührungen zum Rechtsstreit' gibt es in meiner Person nicht.

6. Da ich als Emeritus und nach Verlegung meines Wohnsitzes nach Wien nur noch sehr gelegentliche bzw auf einige wissenschaftliche Fragen beschränkte Beziehungen zu den Mitgliedern meines früheren Instituts in Linz pflege (insbesondere betreffend den von mir gegründeten 'P*-Studienfonds'), kann ich über Tätigkeiten anderer Personen meines früheren Instituts keinerlei Auskünfte geben; ich habe keinerlei einschlägige Kenntnisse (es handelt sich um mindestens sechs Lehrstühle und deren Mitarbeiter, die mir keine Auskünfte oder Rechenschaft schulden).“ (Blg. /G).

Mit Schreiben vom 27. November 2012 (Blg ./H): ersuchte der Schiedsbeklagte den Schiedsrichter, Beziehungen zu Dr. A* und Dr. L*, die über die im Schreiben vom 15. November 2012 angeführten hinaus gingen, offenzulegen. Der Schiedsrichter antwortete mit Schreiben vom 3. Dezember 2012, dass er über seine Beziehungen zu den Gesellschaftern der OG „wahrheitsgemäß und vollständig“ Auskunft gegeben habe.

Der Schiedsrichter wurde am 1. Oktober 2009 emeritiert (Blg. /L, N). Dr. A* sprach als damaliger Dekan im Rahmen der Feierlichkeiten von einem „Wechselbad der Gefühle, denn zum einen bleibt eine große Lücke, denn er wird als Mensch und als Persönlichkeit fehlen, zum anderen bleibt Freude über die Initiative des Studienfonds“. Der Schiedsrichter hatte nämlich anlässlich seiner Emeritierung den „P*-Studienfonds“ zur Förderung begabter Studierender im Bereich des Zivilrechts an der Johannes Kepler Universität Linz gegründet (Blg. /L). Bei der feierlichen Verleihung des ersten Förderpreises waren Dr. A* als Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Linz, die beiden Vorstandsmitglieder des „P*-Studienfonds“ (zwei ehemalige Assistenten des Schiedsrichters) und RA Dr. N* N* aus der Kanzlei der Klagevertreter anwesend (Blg./M).

Organe des „P*-Studienfonds“ sind der Vorstand und der siebenköpfige Beirat, bestehend aus dem Schiedsrichter als Vorsitzendem, einer Richterin, einem Bankdirektor, einem Universitätsprofessor, zwei Rechtsanwälten, darunter Dr. N* N* aus der Kanzlei der Klagevertreter, und einem Vorstandsvorsitzenden einer AG (Blg. /Y).

Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen gründen sich auf die jeweils in Klammer angeführten Urkunden, deren Echtheit unstrittig ist. Widersprechende Beweisergebnisse liegen nicht vor. Die vom Schiedsbeklagten angebotene Vernehmung seiner Person als Partei konnte unterbleiben, weil dem Antrag keine konkreten (weiteren) Tatsachen zu entnehmen sind, die durch eine solche Einvernahme erwiesen werden könnten. Das gilt insbesondere für die Behauptung, der Schiedsrichter werde „regelmäßig“ auf „Zuruf“ eines Kanzleipartners der Klagevertreter tätig. Der Schiedsbeklagte hat hier kein konkretes Verhalten des Schiedsrichters genannt, das unter diesen pauschalen Vorwurf subsumiert werden könnte. Ein solches Vorbringen kann nicht durch das Angebot der Einvernahme als Partei ersetzt werden. Die Bewertung der festgestellten Beziehungen des Schiedsrichters zu einzelnen Schiedsklägern und zu Mitgliedern der Kanzlei der Klagevertreter ist eine dem Beweis nicht zugängliche Rechtsfrage.

Rechtlich hat der Senat erwogen:

Rechtliche Beurteilung

1. Zur Rechtzeitigkeit des Antrags und zur Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs:

Das Schiedsgericht wies die gegen den Einzelschiedsrichter erhobene Ablehnung am 18. Dezember 2013 ab; die Zustellung an die Parteien erfolgte an diesem Tag. Am 14. Jänner 2014, also noch innerhalb der vierwöchigen Frist des § 589 Abs 3 ZPO, langte der Antrag des Klägers auf gerichtliche Entscheidung (§ 589 Abs 3 ZPO) beim Landesgericht Linz ein, das den Antrag gemäß § 44 JN an den Obersten Gerichtshof überwiesen hat.

Gemäß § 615 ZPO idF des SchiedsRÄG 2013 (BGBl I 2013/118) ist für derartige Anträge, wenn „der das gerichtliche Verfahren einleitende Schriftsatz nach dem 31. 12. 2013 bei Gericht eingebracht wird“ (Art 3 SchiedsRÄG 2013), der Oberste Gerichtshof zuständig.

Gemäß § 616 Abs 1 zweiter Halbsatz ZPO idF des SchiedsRÄG 2013 richtet sich das Verfahren nach den Bestimmungen des Außerstreitgesetzes über das Verfahren erster Instanz. Im Fall einer Überweisung gemäß § 44 JN reicht es für die Rechtzeitigkeit eines fristgebundenen Antrags aus, dass er innerhalb der gesetzlichen Frist beim ‑ wenngleich unzuständigen ‑ Gericht einlangt (oder, wenn die rechtzeitige Absendung genügt, der Antrag rechtzeitig an das ‑ wenngleich unzuständige ‑ Gericht gesandt wurde), weil durch die Überweisung die Gerichtshängigkeit gewahrt bleibt (RIS‑Justiz RS0046361).

2. Rechtliche Grundlagen der Geltendmachung von Ablehnungsgründen:

2.1. Ein Schiedsrichter kann nur aus den in § 588 Abs 2 ZPO genannten Gründen abgelehnt werden, nämlich wenn Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit wecken, oder wenn er die zwischen den Parteien vereinbarten Voraussetzungen nicht erfüllt.

Mangels einer Vereinbarung über das Ablehnungsverfahren nach § 589 Abs 1 ZPO hat die Partei, die einen Schiedsrichter ablehnt, binnen vier Wochen, nachdem ihr die Zusammensetzung des Schiedsgerichts oder ein Umstand im Sinn von § 588 Abs 2 ZPO bekannt geworden ist, dem Schiedsgericht schriftlich die Ablehnungsgründe darzulegen. Tritt der abgelehnte Schiedsrichter von seinem Amt nicht zurück oder stimmt die andere Partei der Ablehnung nicht zu, so entscheidet das Schiedsgericht einschließlich des abgelehnten Schiedsrichters über die Ablehnung. Gegen dessen Entscheidung steht nach § 589 Abs 3 ZPO der hier zu beurteilende Antrag an den Obersten Gerichtshof zur Verfügung.

2.2. § 588 Abs 1 ZPO verpflichtet jede Person, die ein Schiedsrichteramt übernehmen will, alle Umstände offen zu legen, die Zweifel an ihrer Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit wecken können oder der Parteienvereinbarung widersprechen. Ein Schiedsrichter hat vom Zeitpunkt seiner Bestellung an und während des Schiedsverfahrens den Parteien unverzüglich solche Umstände offen zu legen, wenn er sie ihnen nicht schon vorher mitgeteilt hat.

3. Zu den Ablehnungsgründen und der behaupteten Verfristung:

3.1. Der Schiedsbeklagte wirft dem Einzelschiedsrichter vor, aufgrund bestimmter Umstände an sich befangen zu sein, und deshalb befangen zu sein, weil er entgegen § 588 Abs 1 ZPO einzelne dieser Umstände nicht offengelegt habe.

Diese Gründe sind nur dann inhaltlich zu prüfen, wenn der Ablehnungswerber sie rechtzeitig geltend gemacht hat. Maßgebend dafür ist ‑ mangels anderer Vereinbarung ‑ die dispositive Norm des § 589 Abs 2 ZPO. Danach muss die Ablehnung „binnen vier Wochen, nachdem [dem Ablehnungswerber] die Zusammensetzung des Schiedsgerichts oder ein Umstand im Sinne von § 588 Abs 2 ZPO bekannt geworden ist“, erfolgen.

3.2. Nimmt man diese Bestimmung beim Wort, legt sie in Wahrheit zwei Fristen fest: eine beginnt mit der Kenntnis vom Ablehnungsgrund, die andere mit der Kenntnis von der Zusammensetzung des Schiedsgerichts. Diese Fristen sind mit einem „oder“ verknüpft; damit stehen dem Ablehnungswerber beide zur Verfügung. Präkludiert ist er daher nur dann, wenn er beide versäumt; maßgebend ist daher im Ergebnis jene, die später zu laufen beginnt. Dies entspricht auch der wohl herrschenden Auffassung im Schrifttum (Riegler/Petsche in Petsche/Oberhammer/Rechberger, Schiedsverfahrensrecht I [2011] Rz 5/21; Münch in Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung4 [2013] § 1037 Rz 11; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis3 [2008] Rz 1057; aA; jedoch ohne nähere Begründung, Reiner, Das neue österreichische Schiedsrecht [2006] 84).

3.3. Dieses Ergebnis der Wortauslegung ist sachgerecht: Erfährt der Ablehnungswerber erst nach Kenntnis von der Zusammensetzung des Schiedsgerichts vom Ablehnungsgrund, liegt auf der Hand, dass er noch immer die Möglichkeit haben muss, diesen Umstand geltend zu machen. Maßgebend ist daher die mit Bekanntwerden des Befangenheitsgrundes beginnende Frist. Aber auch im umgekehrten Fall ist es nachvollziehbar, dass der Ablehnungswerber einen ihm bekannten Grund erst geltend machen muss, wenn ihm die Zusammensetzung des Schiedsgerichts bekannt ist. Denn solange er nicht sicher sein kann, dass ein bestimmter Schiedsrichter in einem konkreten Verfahren tätig werden wird, wäre es eine Überspannung der prozessualen Sorgfaltspflicht, wenn man ihn zur präventiven Ablehnung eines bloß möglichen Schiedsrichters zwänge.

Auch die mit § 589 Abs 2 ZPO angestrebte Verfahrensbeschleunigung (Hausmaninger in Fasching/Konecny² IV/2 § 588 Rz 4) gebietet kein anderes Verständnis: Bevor die Zusammensetzung des Schiedsgerichts feststeht, sind ohnehin keine Verfahrensschritte möglich; insbesondere ist es das Schiedsgericht selbst, das nach § 589 Abs 2 ZPO zunächst über die Ablehnung entscheidet. Damit ist es auch aus Sicht der Verfahrensökonomie unbedenklich, wenn vor Einleitung eines konkreten Verfahrens und Bildung des Schiedsgerichts keine Obliegenheit zur Ablehnung eines ‑ in diesem Stadium nur möglichen ‑ Schiedsrichters besteht.

3.4. Im konkreten Fall waren dem Schiedsbeklagten jedenfalls einzelne der nun geltend gemachten Ablehnungsgründe aufgrund des Parallelverfahrens und der dort erfolgten Mitteilung schon vor Einleitung des Schiedsverfahrens bekannt. Der Schiedsbeklagte war daher verpflichtet, jedenfalls diese Gründe binnen vier Wochen ab Kenntnis von der Zusammensetzung des Schiedsgerichts geltend zu machen. Der Schiedsbeklagte ist der Auffassung, diese Kenntnis sei erst mit dem vom Schiedsrichter am 26. September 2013 erteilten Auftrag zur Klagebeantwortung eingetreten. Die Schiedskläger nehmen demgegenüber an, dass das Anfang Juni 2013 geführte Telefonat zwischen dem Schiedsrichter und dem Vertreter des Schiedsbeklagten die Frist ausgelöst habe.

3.5. Der Senat folgt in diesem Punkt dem Schiedsbeklagten. Denn zum einen konnte er im Zeitpunkt des Telefonats nur vermuten, dass die beiden anderen vertraglich vorgesehenen Schiedsrichter (Dr. M* K* und Dr. C* S*) auch in diesem Verfahren untätig bleiben würden, sodass wiederum nur Dr. R* als Einzelschiedsrichter übrigbliebe. Kenntnis von der Zusammensetzung des Schiedsgerichts besteht aber erst dann, wenn die Namen aller Schiedsrichter bekannt sind (Hausmaninger in Fasching/Konecny² IV/2 § 588 Rz 63 mwN); bei schon vertraglich vereinbarten Schiedsrichtern daher erst dann, wenn feststeht, ob alle oder nur ein Teil von ihnen im konkreten Verfahren tatsächlich das Amt übernehmen. Zum anderen konnte die Erklärung Dris. R*, mit dem Verfahren bis zur Entscheidung über den im Parallelverfahren gestellten Ablehnungsantrag innezuhalten, objektiv dahin verstanden werden, dass er die Übernahme des Amtes von dieser Entscheidung abhängig machen wolle. In Wahrheit konnte der Schiedsbeklagte daher nicht einmal sicher sein, dass Dr. R* selbst als Schiedsrichter einschreiten würde. Damit war das Telefonat nicht geeignet, die vierwöchige Frist des § 589 Abs 2 ZPO auszulösen.

3.6. Maßgebend für den Beginn des Fristenlaufs ist daher im konkreten Fall die Zustellung des Auftrags zur Klagebeantwortung. Da der Schiedsbeklagte die Ablehnungsgründe innerhalb von vier Wochen nach diesem Zeitpunkt geltend gemacht hat, ist er damit nicht präkludiert.

4. Zu den Gründen, die nach Ansicht des Schiedsbeklagten an sich Befangenheit begründen sollen:

4.1. Der Oberste Gerichtshof hat sich zuletzt in der Entscheidung 2 Ob 112/12b (= ecolex 2013/325, 793 [Zeiler] = JBl 2013, 523) mit der Befangenheit eines Schiedsrichters auseinandergesetzt und darauf hingewiesen, dass seit der Neufassung des § 588 ZPO mit dem SchiedsRÄG 2006 im Gesetzestext ‑ anders als noch im früheren § 586 ZPO ‑ nicht mehr auf die Bestimmungen über die Befangenheit und die Ausgeschlossenheit von Richtern (§§ 19 f JN) verwiesen wird. Ungeachtet der Neufassung sind die Gründe für die Ablehnung staatlicher Richter ‑ unter spezieller Berücksichtigung der Besonderheiten der Schiedsgerichtsbarkeit ‑ weiterhin als Richtlinien heranzuziehen (Riegler/Petsche, Die Bildung des Schiedsgerichts, in Liebscher/Oberhammer/Rechberger, Schiedsverfahrensrecht I [2012] Rz 5/186; Hausmaninger in Fasching/Konecny² IV/2 § 588 Rz 86). Auch die IBA‑Guidelines on Conflicts of Interest in International Arbitration aus dem Jahr 2004 („IBA‑Guidelines“) können ‑ ungeachtet dessen, dass sie keinen normativen Charakter haben und zu ihrer unmittelbaren Wirksamkeit der Vereinbarung durch die Parteien bedürfen ‑ bei der Beurteilung von Befangenheitsgründen als Orientierungshilfe dienen.

4.2. Ausgehend davon ist aus den vom Schiedsbeklagten genannten Gründen kein Umstand abzuleiten, der ‑ für sich allein oder in Kombination mit anderen Gründen ‑ berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit des Schiedsrichters aufkommen lässt.

(a) Der Schiedsrichter ist seit 1. Oktober 2009 emeritiert. Aus dem Umstand, dass er bis dahin gemeinsam mit dem Vierzehntkläger Dr. A* an der Universität Linz lehrte und mit diesem sowie mit dem Zwölftkläger Dr. L*wissenschaftliche Kontakte (etwa in Form gemeinsamer Veröffentlichungen) hatte, ist nicht an sich abzuleiten, dass sich der Schiedsrichter bei seiner Entscheidung durch andere Faktoren als die Umstände des Falls leiten ließe. Diese Kontakte liegen aufgrund der Emeritierung lange zurück; dass sie über eine punktuelle fachliche Zusammenarbeit hinausgegangen wären, ist nicht hervorgekommen. Gleiches gilt für den Umstand, dass eine Gesellschaft aus dem Nahebereich der Schiedskläger als Rechnungsprüfer in einem Verein tätig ist, dem der Schiedsrichter als Ehrenmitglied angehört. Daraus ergeben sich nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge keine wirtschaftlichen oder sonstigen Abhängigkeiten, die an der Unbefangenheit des Schiedsrichters zweifeln lassen könnten.

(b) Auch die Beziehung zur Kanzlei der Klagevertreter, etwa über den aktenführenden Rechtsanwalt, die W* Privatstiftung, das „Institut für Bankrecht“ und den „P*-Studienfonds“, ist peripherer Natur und geht nach den dazu vorgelegten Urkunden nicht über ein sachliches Verhältnis beruflicher Natur hinaus (vgl zu Beziehungen zwischen Schiedsrichtern und Bevollmächtigten einer Partei Hausmaninger in Fasching/Konecny 2 § 588 ZPO Rz 110 ff sowie Riegler/Petsche in Liebscher/Oberhammer/Rechberger, Schiedsverfahrensrecht [2012] I Rz 5/193, beide mwN). So verweist eine Entscheidung des schweizerischen Bundesgerichts vom 27. Mai 2003 (BGE 129 III 445 [466]) darauf, dass Kontakte von Personen, die im Bereich der privaten Schiedsgerichtsbarkeit tätig sind, „häufiger und durch wirtschaftliche oder berufliche Gegebenheiten bedingt [sind]. Sie dürfen deshalb nicht ohne weiteres als Ablehnungsgrund betrachtet werden. … Es wurde auch entschieden, dass freundschaftliche Verbindungen (sich zu duzen und gegenseitige Abgabe von Empfehlungen) zwischen einem Anwalt und einem Schiedsrichter für die Annahme eines Ablehnungsgrundes nicht genügen“ (zitiert nach Peter/Besson in Basler Kommentar, Internationales Privatrecht2 [2007] Art 180 IPRG Rz 11). Dabei kann dahinstehen, ob eine freundschaftliche Verbindung mit dem konkreten Parteienvertreter ‑ entgegen der Auffassung des Bundesgerichts ‑ nicht doch schon den Anschein der Befangenheit begründen könnte; eine in der Vergangenheit liegende Assistententätigkeit reicht ohne Hinzutreten weiterer Umstände ‑ etwa fortgesetzte gesellschaftliche Kontakte ‑ jedenfalls nicht aus. Umso weniger können fachliche Kontakte mit nicht aktenführenden Anwälten der Klagevertreter eine Ablehnung rechtfertigen.

(c) Hinweise darauf, dass der Schiedsrichter „regelmäßig auf telefonischen Zuruf“ der Klagevertreter tätig werde, liegen nicht vor; dazu fehlt, wie bereits ausgeführt, ein konkretes Vorbringen. Auch ein persönliches Interesse am Verfahrensausgang ist nicht erkennbar. Die diesbezüglichen Befürchtungen des Schiedsbeklagten laufen in übertriebener Weise darauf hinaus, dass sich jeder prominente Jurist, der sich in Fachkreisen engagiert, über diverse Umwege und Bekanntschaften berechtigten Zweifeln an der Unparteilichkeit aussetzen würde. Wollte man dieser Auffassung folgen, wären Schiedsverfahren in der durchaus „vernetzten“ juristischen Szene Österreichs weitgehend ausgeschlossen. Die zitierte Beurteilung des Schweizer Bundesgerichts kann durchaus auch auf die österreichischen Verhältnisse übertragen werden.

(d) Sollte der Schiedsrichter zu Unrecht seine Zuständigkeit annehmen, kann dies im weiteren Verfahren geltend gemacht werden; die Befangenheit kann das aber ‑ abgesehen vielleicht von einer völlig absurden Rechtsansicht, die hier aber zweifellos nicht vorliegt ‑ nicht begründen (vgl RIS‑ Justiz RS0111290 zur Ablehnung von Richtern).

(e) Die in der Gegenäußerung vertretene Auffassung, im vorliegenden Verfahren sei die Befangenheit besonders streng zu prüfen, weil der Schiedsrichter „einseitig“ bestimmt worden sei, ist nicht nachvollziehbar. Der Schiedsbeklagte hat sich als Rechtsanwalt der Schiedsvereinbarung mit den darin konkret genannten Schiedsrichtern unterworfen; dass der Gesellschaftsvertrag einer Wirtschaftsprüfergesellschaft mit Sitz in einer Landeshauptstadt als Schiedsrichter Professoren der dortigen juridischen Fakultät vorsieht, konnte ihn nicht wirklich überraschen.

5. Zur behaupteten Verletzung der Offenlegungspflicht:

5.1. Wie bereits dargelegt, hat eine Person, die ein Schiedsrichteramt übernehmen will, „alle Umstände offen zu legen, die Zweifel an ihrer Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit wecken können“ (§ 588 Abs 1 Satz 1 erster Fall ZPO). Diese Vorschrift entspricht ‑ wegen der gemeinsamen Grundlage in Art 12 Abs 1 des UNCITRAL‑Modellgesetzes über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit (Hausmaninger in Fasching/Konecny 2 § 588 ZPO Rz 14, 18 ff, 22; Rechberger/Melis in Rechberger 4 § 588 ZPO Rz 1) ‑ dem § 1036 Abs 1 Satz 1 dZPO, weshalb für die Auslegung auch auf die deutsche Rechtsprechung und Lehre zurückgegriffen werden kann.

5.2. Zweck der Offenlegungspflicht nach § 588 Abs 1 ZPO:

(a) Der Zweck der Offenlegungspflicht des Schiedsrichters liegt darin, die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Schiedsrichters für die Parteien überschaubar und überprüfbar zu machen (vgl Riegler/Petsche in Liebscher/Oberhammer/Rechberger, Schiedsverfahrensrecht [2012] I Rz 5/135). Die Parteien sollen in die Lage versetzt werden, sich durch Kenntnis der „bedenklichen“ (berücksichtigungswürdigen) Umstände über die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des Schiedsrichters ein möglichst verlässliches Bild zu machen (Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis3 [2008] Rz 1031). Dadurch, dass ihnen der Schiedsrichter alle Umstände, die Zweifel an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit wecken können, mitteilt, sollen sie sich frei entscheiden können, ob sie die angeführten Umstände ohne Weiters akzeptieren (in diesem Fall gelten die dargelegten Umstände als genehmigt: Rechberger/Melis in Rechberger 4 § 588 ZPO Rz 2) oder ob sie ein Ablehnungsverfahren anstrengen wollen (Matusche‑Beckmann/Spohnheimer, Überlegungen zu den Rechtsbehelfen gegen den (Nicht‑)Ausschluss befangener Schiedsrichter, in FS Hoffmann [2011] 1029 [1032]). Es liegt also nicht am Schiedsrichter, abschließend zu beurteilen, ob der Ablehnungsgrund tatsächlich vorliegt (Hausmaninger in Fasching/Konecny 2 § 588 ZPO Rz 44).

(b) Nach herrschender Auffassung muss sich der Schiedsrichter schon aus diesem Grund im Zweifel für die Offenlegung entscheiden (anstatt vieler Riegler/Petsche in Liebscher/Oberhammer/Rechberger, Schiedsverfahrensrecht [2012] I Rz 5/145; siehe auch 5.3.). Werden dem Schiedsrichter von einer Partei zur Klärung seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit Fragen gestellt, so hat er sie vollständig und wahrheitsgemäß zu beantworten (Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis3 [2008] Rz 4272).

(c) Eine Pflicht zur Offenlegung besteht dann nicht, wenn die Parteien vom betreffenden Umstand ohnehin bereits Kenntnis haben und der Schiedsrichter von dieser Kenntnis weiß (Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis3 [2008] Rz 1034). Der Schiedsrichter war daher im vorliegenden Verfahren nicht zur neuerlichen Bekanntgabe der bereits im Parallelverfahren dargelegten Umstände verpflichtet.

5.3. Reichweite der Offenlegungspflicht nach § 588 Abs 1 ZPO:

(a) § 588 Abs 1 ZPO setzt die Offenlegungspflicht in einen Zusammenhang mit „Zweifeln“ an der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit, nicht mit „berechtigten Zweifeln“ (Hausmaninger in Fasching/Konecny 2 § 588 ZPO Rz 44). Daher sind alle Umstände offenzulegen, die Zweifel an der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit erwecken können, seien sie berechtigt oder unberechtigt. Auch in diesem Sinn sind an die Offenlegungspflicht des Schiedsrichters strenge Anforderungen zu stellen (Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis3 [2008] Rz 1033). Der Schiedsrichter hat zudem die Pflicht, in zumutbarer und angemessener Weise eigene Nachforschungen zu betreiben, ob Umstände für mögliche Konflikte bestehen (Zeiler, Schiedsverfahren2 [2014] § 588 Rz 25).

(b) Ein Schiedsrichter muss allerdings nicht „über alles Mögliche“ informieren (anstatt vieler Geimer in Zöller, Zivilprozessordnung30 [2014] § 1036 Rz 9). So muss er einen Umstand nicht anzeigen, der „jenseits jeden Zweifels nicht geeignet ist, Besorgnis der Befangenheit zu begründen“ (Schütze in Wieczorek/Schütze, Zivilprozessordnung4 [2014] § 1036 Rz 10). Keine Offenlegungspflicht besteht daher in Bezug auf Umstände, „die von vornherein nicht geeignet [sind], bei einer vernünftigen Prozesspartei Zweifel an seiner Unbefangenheit und Unparteilichkeit zu wecken“ (OLG Naumburg SchiedsVZ 2003, 134 [137] [Kröll/Mallmann]).

(c) Wie eingangs dieses Punktes erwähnt, geht die Offenlegungspflicht des Schiedsrichters über die Bekanntgabe von Umständen, die eine Ablehnung im konkreten Fall tatsächlich rechtfertigen, hinaus (Hausmaninger in Fasching/Konecny 2 § 588 ZPO Rz 44; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis3 [2008] Rz 1038; Matusche-Beckmann/Spohnheimer in FS Hoffmann 1032). Die Offenlegungspflicht umfasst alle Umstände, von denen der betroffene Schiedsrichter annehmen muss, „sie könnten bei vernünftiger Betrachtung Zweifel an seiner Unbefangenheit und Unparteilichkeit wecken“ (OLG Naumburg SchiedsVZ 2003, 134 [137] [Kröll/Mallmann]). Der Schiedsrichter muss sich fragen, ob nach den konkreten Umständen des Einzelfalls vom Standpunkt einer Partei bei objektiver und vernünftiger Betrachtung Zweifel an seiner Unabhängigkeit und Unparteilichkeit bestehen können; insofern muss es sich um „plausible“ Zweifel handeln (Saenger in Saenger, Zivilprozessordnung ‑ Handkommentar5 [2013] § 1036 Rz 4). Offenzulegen ist also „all das, was konkret Verdacht erzeugt“ (vgl Münch in Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung4 [2013] § 1036 Rz 20).

5.4. Die Frage, ob die Verletzung der Offenlegungspflicht für sich allein die Befangenheit des Schiedsrichters begründet, ist umstritten:

(a) Zum Teil wird in der Lehre vertreten, dass die Verletzung der Offenlegungspflicht an sich oder zumindest in der Regel einen Ablehnungsgrund bilde, weil der Schiedsrichter durch die fehlende Offenlegung die Schiedsparteien daran hindere, von ihrem Ablehnungsgrund Gebrauch zu machen; außerdem setze sich der Schiedsrichter so dem Verdacht aus, der Sache nicht unvoreingenommen und unbefangen gegenüber zu stehen (Hausmaninger in Fasching/Konecny 2 § 588 ZPO Rz 67 unter Hinweis auf OLG Naumburg SchiedsVZ 2003, 134 [137] [Kröll/Mallmann]; Saenger in Saenger, Zivilprozessordnung ‑ Handkommentar5 [2013] § 1036 Rz 11; Schütze in Wieczorek/Schütze, Zivilprozessordnung4 [2014] § 1036 Rz 10).

(b) Die Gegenansicht beruft sich darauf, dass eine Verletzung der Offenlegungspflicht schon deshalb nicht an sich und jedenfalls eine Ablehnung rechtfertigen könne, weil schon die Frage, ob überhaupt offenzulegen sei, mitunter im Graubereich liege, ohne dass es eine klare Antwort gebe (Riegler/Petsche in Liebscher/Oberhammer/Rechberger, Schiedsverfahrensrecht [2012] I Rz 5/176). Eine Ablehnung sei aber bei bewusster und schuldhafter Pflichtverletzung zu rechtfertigen (ähnlich Geimer in Zöller, Zivilprozessordnung30 [2014] § 1036 Rz 9; KG Berlin 20 SchG 2/10, SchiedsVZ 2010, 225 [227]: Ein Umstand, der schon an sich die Ablehnung des Schiedsrichters wegen Befangenheit eindeutig nicht begründe, dürfe nicht auf dem Weg über die Ablehnung wegen unterlassener Offenbarung dieses Umstands doch noch zur Ablehnung des Schiedsrichters führen).

(c) Eine Mittelstellung nehmen Lachmann (Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis3 [2008] Rz 1043) und Matusche-Beckmann/Spohnheimer (in FS Hoffmann 1032) ein. Nach Lachmann kann ein Verstoß gegen die Offenlegungspflicht zumindest ein „gewichtiges Indiz“ für Befangenheit sein, „in eindeutigen Fällen“ reiche er sogar für diese Befürchtung aus. Matusche-Beckmann/Spohnheimer kommen ‑ aus der anderen Richtung argumentierend ‑ zu einem ähnlichen Ergebnis: Die Ansicht, die Nichtoffenlegung von Umständen begründe an sich die Besorgnis der Befangenheit, sei überzeugend, weil bei lebensnaher Betrachtung die Nichtoffenlegung aus Sicht einer verständigen Partei den Rückschluss begründen könne, dass es dem betreffenden Schiedsrichter an der nötigen Unabhängigkeit und Unparteilichkeit fehle. Etwas anderes könne allenfalls dann gelten, wenn der Schiedsrichter plausibel darlege, weshalb er eine Tatsache nicht offen gelegt habe und dieser Vorgang objektiv geeignet sei, die berechtigten Zweifel auszuschließen. Diesem Gedanken, der sich ähnlich in BGH III ZR 72/98, NJW 1999, 2370 (2372) findet, hat Weigel (Befangenheit und Schiedsgerichtsverfahren, MDR 1999, 1360 [1362]) entgegengehalten, es erscheine unangemessen, einen relevanten Verfahrensverstoß bereits dann zu verneinen, wenn ein möglicher Befangenheitsgrund von einem Schiedsrichter deshalb nicht offengelegt worden sei, weil er ihn selbst für unerheblich gehalten habe; vielmehr müsse es darauf ankommen, ob der nicht offengelegte Umstand objektiv geeignet sei, die Besorgnis einer Partei zu rechtfertigen, der Richter könne befangen sein.

5.5. Nach Ansicht des Senats trifft die Mittellösung im Kern zu: Je stärker der Vorwurf der Nichtoffenlegung wiegt, umso eher sind Zweifel an der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit des Schiedsrichters angebracht. Zutreffend verweisen Riegler/Petsche (in Liebscher/Oberhammer/Rechberger, Schiedsverfahrensrecht [2012] I Rz 5/176) darauf, dass der Umfang der Offenlegungsverpflichtung mitunter im „Graubereich“ liegt. Zwar sind zweifellos nicht nur solche Umstände offenzulegen, die von vornherein schlagende Ablehnungsgründe sind. Dennoch kann nicht jedes einzelne Detail, das nicht offengelegt wird (etwa weil es der Schiedsrichter als unbedeutend einstufen konnte), zur berechtigten Annahme führen, der Schiedsrichter werde sein Amt nicht unparteilich und unabhängig ausüben. Vielmehr müsste sich im Einzelfall der Verdacht ergeben, dass der Schiedsrichter diesen Umstand bewusst verschwieg, um eine allfällige Ablehnung zu vermeiden.

5.6. Im konkreten Fall hat der Schiedsrichter zwar möglicherweise in einem Punkt gegen die Offenlegungspflicht verstoßen. Dies begründet aber noch nicht die Besorgnis der Befangenheit.

(a) Der (hier) Schiedsbeklagte hatte den Schiedsrichter im Schreiben vom 7. November 2012 unter anderem darum ersucht, seine Beziehungen „zu den Verfahrensbevollmächtigten“ offenzulegen. Dieser gab darauf nur bekannt, dass der aktenführende Anwalt der (dort) Beklagtenvertreter in den 1990er‑Jahren sein Assistent gewesen sei und dass er (der Schiedsrichter) Sprecher des wissenschaftlichen Kuratoriums der W* Privatstiftung sei, die im Andenken an den Gründer der Kanzlei der Klagevertreter errichtet worden sei. Hingegen unterließ er einen Hinweis auf den Umstand, dass ‑ neben ihm als Vorsitzenden ‑ ein prominentes Mitglied der Klagevertreter, RA Dr. N*, dem siebenköpfigen Beirat des von ihm gegründeten „P*-Studienfonds“ angehört.

(b) Diese Nahebeziehung wäre wohl aufgrund der Nachfrage des Schiedsbeklagten, die sich auf alle Mitglieder der die Schiedskläger vertretenden Anwaltskanzlei bezogen hatte, offenzulegen gewesen. Dafür spricht auch ein Blick auf § 80b IO über die „Unabhängigkeit des Insolvenzverwalters“. In § 80b Abs 3 IO wird von einer juristischen Person, die zur Insolvenzverwalterin bestellt wurde, verlangt, das sie die nach § 80b Abs 2 Z 1 bis 3 IO offenzulegenden Aspekte „auch hinsichtlich der Gesellschafter, der zur Vertretung nach außen berufenen sowie der maßgeblich an dieser juristischen Person beteiligten Personen dem Insolvenzgericht bekannt“ gibt (zu den Gründen dafür siehe ErläutRV 988 BlgNR 21. GP  24).

(c) Damit stellt sich die Frage, ob die Nichtoffenlegung geeignet ist, berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit des Schiedsrichters zu wecken. Hätte der Schiedsrichter in seiner Offenlegungserklärung darauf hingewiesen, dass Dr. N* dem Beirat angehört, hätte dieser Umstand nicht ausgereicht, um seine Ablehnung nach § 588 Abs 2 ZPO zu rechtfertigen (oben Punkt 4.2.). Wie unter 5.5. dargestellt wurde, ist ein Zusammenhang zwischen dem Gewicht des Verstoßes gegen die Offenlegungspflicht und der Tauglichkeit als Ablehnungsgrund herzustellen. Je mehr der Charakter des (bewussten) Verschweigens in den Vordergrund rückt, umso eher muss ein Ablehnungsgrund angenommen werden. Je eher angenommen werden kann, dass der Schiedsrichter den betreffenden Umstand als unbedeutend ansehen konnte, umso weniger ist ein Grund für eine Befangenheit verwirklicht.

(d) Im konkreten Fall ist das Gewicht des nicht offengelegten Umstands als gering einzustufen: Es gibt keine Hinweise darauf, dass RA Dr. N* N*‑ als Mitglied einer größeren Anwaltssozietät ‑ im vorliegenden Verfahren in irgendeiner Form persönlich als Parteienvertreter aufgetreten ist. Die Zusammenarbeit mit dieser Person im Rahmen des siebenköpfigen Beirats des „P*-Studienfonds“ kann ‑ mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ‑ als sachlich und beruflich qualifiziert werden, ohne dass von einer verständigen Person angenommen werden müsste, dass diese Kooperation Auswirkungen auf die Entscheidung im Schiedsverfahren haben könnte. Dass der Schiedsrichter gerade diesen Punkt verschwiegen hätte, um nicht abgelehnt zu werden, ist bei realistischer Betrachtung geradezu ausgeschlossen. Damit kann die Nichtoffenlegung noch nicht den Anschein der Befangenheit begründen.

5.7. Andere Verletzungen der Offenlegungspflicht liegen nicht vor. Dass eine Gesellschaft, der mehrere Schiedskläger angehören, Rechnungsprüferin eines Vereins (Bankrechtsinstitut) ist, dem der Schiedsrichter als Ehrenmitglied angehört, ist mangels erkennbarer (gegenwärtiger) Berührungspunkte nicht geeignet, auch nur einen entfernten Anschein der Befangenheit zu begründen. Die Publikation des Vortrags, den der Schiedsrichter auf der von Dr. L* veranstalteten Tagung gehalten hatte, ist eine im Wissenschaftsbetrieb selbstverständliche Vorgangsweise; es war daher nicht notwendig, darauf gesondert hinzuweisen.

6. Als Ergebnis ist festzuhalten, dass die vom Schiedsbeklagten geltend gemachten Umstände keine berechtigten Zweifel an der Unabhängigkeit oder Unbefangenheit des Schiedsrichter erwecken. Die Ablehnung ist daher zurückzuweisen.

7. Die Entscheidung über die Verpflichtung des Schiedsbeklagten zum Ersatz der Kosten des gerichtlichen Ablehnungsverfahrens beruht auf § 78 Abs 2 Satz 1 AußStrG.

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