OGH 5Ob174/13v

OGH5Ob174/13v30.6.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Lovrek, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Eigentümergemeinschaft *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. G***** B*****, vertreten durch Urbanek & Rudolph Rechtsanwälte OG in St. Pölten, wegen (zuletzt) 47.554,71 EUR sA, über die (richtig) außerordentlichen Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 12. Juni 2013, GZ 12 R 161/12b‑93, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Beide außerordentlichen Revisionen werden gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Beide Rechtsmittel sind wegen des (insgesamt) 30.000 EUR übersteigenden Entscheidungsgegenstands als außerordentliche Revisionen zu behandeln (RIS‑Justiz RS0123405).

A. Zur Revision der Klägerin:

Nach Ansicht des Klägers sei die vermeintlich erhebliche Rechtsfrage zu klären, ob nicht auch vorliegend eine notwendige und nützliche Erhaltungsmaßnahme (Sanierung einer Dippelbaumdecke als Abschluss durch Herstellung einer schubsteifen Verbunddecke) im Sinne des „dynamischen Erhaltungsbegriffs“ zu verstehen und daher von der beklagten Miteigentümerin anteilsmäßig mitzutragen sei.

Die Ausführungen des Klägers zum sogenannten „dynamischen Erhaltungsbegriff“ mögen grundsätzlich zutreffend sein, doch sind diese wie auch die bezogenen Entscheidungen nicht für den hier zu beurteilenden Sachverhalt einschlägig. Nach den bindenden Feststellungen des Erstgerichts, über die sich der Kläger durch den Verweis auf partiell zitierte Passagen des Sachverständigengutachtens hinwegsetzt, ist zur Sanierung der Dippelbaumdecke im Sinne der Herstellung einer ausreichend tragfähigen Konstruktion die Herstellung einer Verbunddecke in schubsteifer Ausführung, wie sie vom Mehrheitseigentümer geplant ist, gerade nicht erforderlich. Die Herstellung einer solchen Decke ist vielmehr nur eine baubehördliche Auflage für den vom Mehrheitseigentümer betriebenen Dachgeschossausbau. Wenn daher das Berufungsgericht auf der Grundlage des hier festgestellten Sachverhalts in der besonderen, vom Mehrheitseigentümer angestrebten Deckenausführung keine Maßnahme der Erhaltung allgemeiner Teile der Liegenschaft gesehen hat, ist darin keine unvertretbare Rechtsansicht zu erkennen (vgl die zwischen den Wohnungseigentümern ergangene Entscheidung 5 Ob 16/12g immolex 2012/69 [Cerha]). Die Frage nach dem sogenannten „dynamischen Erhaltungsbegriffs“ stellt sich dann nicht.

B. Zur Revision der Beklagten:

1. Die Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation der Eigentümergemeinschaft mit der Behauptung, es habe nicht diese, sondern der Mehrheitseigentümer die Erhaltungsarbeiten und damit eine fremde Schuld bezahlt. An eine Einlösungserklärung (§ 1422 ABGB) seien keine hohen Ansprüche zu stellen. Die Rückgriffsansprüche gegenüber der Beklagten als der materiell verpflichteten Miteigentümerin seien auf den Mehrheitseigentümer übergegangen.

Die Behauptung einer (schlüssigen) Einlösungserklärung geht nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, nach dem eine Kreditaufnahme der Klägerin erfolgte. Eine solche Maßnahme ist im Außenverhältnis durch die Verwaltervollmacht gedeckt (§ 20 Abs 1 Satz 2 1. HS WEG 2002). Auf eine das Innenverhältnis betreffende Beschlussfassung kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.

2. Die Sanierung der Dippelbaumdecke ‑ (nur) in dem vom Berufungsgericht angenommenen Umfang (siehe Punkt A.) ‑ war eine Erhaltungsarbeit an einem allgemeinen Teil des Hauses, daher eine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung (§ 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002), die der Verwalter mangels entgegenstehender Weisungen der Mehrheit der Wohnungseigentümer ‑ auch ohne vorhergehenden Beschluss der Eigentümergemeinschaft (Etzersdorfer in Illedits/Reich‑Rohrwig, Wohnrecht, § 28 WEG in Rz 1) ‑ und unabhängig davon, unter welchen spezifischen Umständen sich der Sanierungsbedarf zeigte, in eigener Verantwortung zu führen hat (Würth in Rummel³ § 28 WEG Rz 3). Daraus resultierende, der Eigentümergemeinschaft erwachsende Aufwendungen haben letztlich die Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zu tragen (§ 32 Abs 1 WEG 2002; E. M. Hausmann in Hausmann/Vonkilch³ § 32 WEG Rz 20). Diesen Grundsätzen entspricht die Entscheidung des Berufungsgerichts.

3. Auch die Sanierung des Daches war eine Erhaltungsarbeit an einem allgemeinen Teil des Hauses. Die Behauptung der Beklagten, dass es insoweit an einem Sanierungsbedarf gefehlt habe und die Dacherneuerung nur infolge Umgestaltung des Dachbodens zu einer Dachgeschosswohnung durch den Mehrheitseigentümer erforderlich gewesen wäre, widerspricht den gegenteiligen Feststellungen des Erstgerichts (Ersturteil S 14 f). Die Revision ist insofern nicht gesetzmäßig ausgeführt.

4. Das Berufungsgericht hat einen Teil der von der Beklagten im Zusammenhang mit der Sanierung des Objekts Top 2 erhobenen Gegenforderung als zu Recht bestehend erkannt. Soweit die Beklagte in der Revision weitere angebliche Sanierungsmaßnahmen als Gegenforderung anspricht, hat diese das Berufungsgericht deshalb für nicht berechtigt erachtet, weil es aufgrund des ‑ detailliert beschriebenen ‑ wechselseitigen Prozessvorbringens beider Parteien als von der Beklagten zugestanden ansah, dass es sich bei diesen „Arbeiten, soweit sie nicht ausschließlich der Mauertrockenlegung dienten, um mit der Umwidmung des Objekts in ein Büro verbundene Baumaßnahmen handelte, zu deren Kostentragung sich die Beklagte (verpflichtet hatte)“ (Berufungsurteil S 49). Fragen der Auslegung des Parteivorbringens kommt aber keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu. Gegenteiliges gilt im Interesse der Wahrung der Rechtssicherheit nur dann, wenn die Auslegung des Parteivorbringens mit seinem Wortlaut unvereinbar ist oder gegen die Denkgesetze verstieße (vgl RIS‑Justiz RS0042828; 5 Ob 31/13i; 5 Ob 48/13i). Diese Voraussetzungen zeigt die Beklagte nicht auf.

5. Die von der Beklagten reklamierten Kosten für das gegen den Mehrheitseigentümer gerichtete Beweissicherungsverfahren und für von ihr eingeholte Gutachten sind nach dem eigenen Prozessstandpunkt der Beklagten durch das Verhalten des Mehrheitseigentümers ausgelöst worden. Warum dann diese Kosten die hier klagende Eigentümergemeinschaft ersetzen soll, vermag die Beklagte nicht schlüssig zu begründen.

6. Nach Ansicht der Beklagten stehe ihr für das Objekt Top 2 Mietzinsentgang zu, weil der Mehrheitseigentümer notwendige Arbeiten, die ihm seit Jahren bekannt gewesen seien, nämlich die Errichtung der Fundamentplatte, nicht umgesetzt habe und sich dabei hinter der (klagenden) Eigentümergemeinschaft verschanze.

Mit dieser Argumentation geht die Beklagte nicht von Feststellungen des Erstgerichts aus. Nach diesen wurden nämlich die von der Klägerin im Objekt Top 2 begonnenen Sanierungsarbeiten deshalb nicht zum Abschluss gebracht, weil die Behörde einen Baustopp betreffend den Dachgeschossausbau verfügte und nicht abschließend geklärt war, ob dafür Fundamentplatten herzustellen waren, die dann auch im Objekt Top 2 notwendig gewesen wären. Außerdem waren keine ausreichenden finanziellen Mittel zum Abschluss der Sanierungsarbeiten in Top 2 vorhanden, weil sich die Beklagte weigerte, den auf sie entfallenden Anteil betreffend die beschlossene Sanierung der Fassade zu leisten (Ersturteil S 19 f). Die Revision ist in diesem Punkt nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Beide Revisionen sind damit mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO unzulässig und folglich zurückzuweisen.

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