OGH 3Ob244/13y

OGH3Ob244/13y21.5.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Univ.‑Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D***** GmbH, *****, vertreten durch Steinacher Rechtsanwalt GmbH in Salzburg, wider die beklagte Partei Z***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Thomas Gratzl, Rechtsanwalt in Wels, wegen 288.093,89 EUR sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 14. Oktober 2013, GZ 4 R 115/13d‑35, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Wels vom 3. Mai 2013, GZ 26 Cg 122/10k‑31, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0030OB00244.13Y.0521.000

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Berufungsurteil wird aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung über die Berufung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Das Erstgericht ging vom nachstehenden wesentlichen Sachverhalt aus, der im von der Klägerin und/oder der Beklagten bekämpften Umfang kursiv gedruckt ist:

Die Klägerin betreibt ein Sägewerk in Österreich, die Beklagte ist ein Tochterunternehmen eines in Deutschland ansässigen Herstellers von Marktzellstoff und Betreiber eines Biomassekraftwerks. Die Parteien schlossen im September 2006 einen Rahmenvertrag über die Lieferung von Hackgut ohne Rinde, in dem vereinbart wurde, dass das Hackgut in Form von „Ganzzügen“, nämlich jeweils kompletter Züge mit standardmäßig 20 Waggons von der klagenden Partei als Verkäuferin im Werk Enns bereitgestellt und von der beklagten Partei als Käuferin ab Werk Enns in eigener Regie und auf eigene Kosten nach Stendal/Deutschland transportiert wird. Der Transport der Waggons wurde von einer Logistik GmbH durchgeführt. Die Abrechnung erfolgte pro Schüttraummeter (srm) ab dem Werk der Klägerin. Der Preis pro srm wurde quartalsweise vereinbart. Als „Allgemeine Rahmenbedingungen“ des Vertrags wurde vereinbart: „Es gelten ausschließlich die ÖHHU [= Österreichische Holzhandelsusancen], letztgültige Fassung sowie österreichisches Recht.“

Beim zugweisen Transport großer Mengen an Hackgut kommt es auf der Transportstrecke durch Erschütterungen und Verschubstöße zu einer Verdichtung des Schüttguts. Dies hat zur Folge, dass das Eingangsmaß im Werk der Beklagten in Deutschland niedriger ist als das Ausgangsmaß im Werk der Klägerin; die Differenz dieses Verdichtungseffekts wird als „Rüttelmaßverlust“ bezeichnet. Im Vertrag wurde dafür folgende Regelung getroffen: „Die Maßermittlung erfolgt bei den Probezügen im Werk [der Klägerin] und [im Werk der Beklagten]. Der Rüttelmaßverlust wird dabei festgestellt und dem künftig im Werk [der Beklagten] ermittelten Maß prozentuell zugeschlagen. Die waggonweisen Eingangsprotokolle werden umgehend [an die Klägerin] übermittelt (Differenzmaß zur Ladekante, wenn nötig Fotos).“ Zur Ermittlung des Rüttelmaßverlusts wurde die Durchführung von zwei Probezügen sowie weiters vereinbart, dass die Züge „gestrichen voll“ bis zur Wasserkante zu beladen sind. Bis Mitte Juli 2008 (bis einschließlich Zug EN 67/08) wurden die Waggons im Werk der Klägerin auch grundsätzlich durchgehend bis zur Wasserkante beladen. Das maximal zulässige Ladegewicht eines Waggons beträgt 51 Tonnen. Ein srm an Hackgut wiegt zwischen 265 kg und 320 kg.

Am 21. September 2006 wurde ein Probezug (EN 01/06) im Werk der Klägerin verladen, wobei - entgegen einer Ankündigung - niemand von der Beklagten anwesend war. Ein weiterer Probezug wurde nicht durchgeführt.

Beim Eingang der Waggons im Werk der Beklagten messen deren Mitarbeiter den Abstand von der Wasserkante zum Ladegut mit einer Messlatte in Zentimeter, wobei die Messung in 5er-Schritten erfolgt. Anhand der im EDV-System der Beklagten hinterlegten Waggonmaße (Wassermaße) lässt sich das Eingangsmaß in srm berechnen, wobei im System drei verschiedene Waggontypen hinterlegt waren, auf deren Grundlage die Abrechnungen erfolgten. Derart wurde im Werk der Beklagten das Eingangsmaß des Probezugs vermessen und ein Rüttelmaßverlust von 12,29 % festgestellt. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Parteien einen Rüttelmaßverlust von 12,29 % vereinbarten.

Bis April 2008 bezahlte die Beklagte stets die Menge an srm, die einem gesamten Waggonvolumen entspricht (Wassermaß). Die Abrechnungen erfolgten dergestalt, dass in den Eingangsprotokollen zunächst das Eingangsmaß angegeben und dieses verrechnet wurde, und in einem zweiten Schritt die Differenz zwischen Eingangsmaß und Wasserkante als „Mengenkorrektur“ ausgewiesen und als „Gutschrift“ abgerechnet und bezahlt wurde. Die Beklagte berechnete das variable Differenzmaß und bezahlte bis Ende April 2008 das gesamte Ladevolumen (Wassermaß) unabhängig vom Eingangsmaß. Diese Form der Abrechnung entspricht zwar nicht dem Vertrag, wurde aber von der Beklagten bis Ende April 2008 so gehandhabt und von der Klägerin nicht beanstandet.

Sofern einzelne Waggons aufgrund von Beanstandungen der ÖBB „geleichtert“ werden mussten, sind diese Umstände der Beklagten mitgeteilt worden und wurden auch von beiden Parteien in den Abrechnungen berücksichtigt.

Die Beklagte bezahlte ab Mai 2008 (ab Zug EN 30/08) nur mehr das in ihrem Werk festgestellte Eingangsmaß ohne Abgeltung des Rüttelmaßverlusts, um Druck auf die klagende Partei auszuüben, eine einvernehmliche Lösung herbeizuführen. Bei einer Besprechung zwischen den Streitteilen am 28. Juni 2008 schlug die Klägerin vor, dass zur weiteren Vermeidung von Problemen mit der Beladung entweder von der Beklagten nur mehr Wagen mit neuen Plattfedern bereitgestellt würden oder eine reduzierte Beladung vorgenommen werde. Die Parteien vereinbarten schließlich, dass die Waggons nur mehr bis 10 cm unter die Wasserkante beladen werden; die Klägerin nahm die Beladung ab Mitte Juli 2008 beginnend mit dem Zug EN 68/08 iSd Vereinbarung vor. Die Parteien einigten sich zudem zur neuerlichen Ermittlung des Rüttelmaßverlusts auf neue Probezüge; eine Vereinbarung über die Höhe des Rüttelmaßverlusts kam aber nicht zustande. Beim ersten Probezug am 26. August 2008 wurde das Ausgangsmaß im Werk der Klägerin über Auftrag der Beklagten von zwei Mitarbeitern der Logistik GmbH festgehalten, indem die Differenz zwischen Ladung und Wasserkante in Zentimeter gemessen wurde. Ein Mitarbeiter der Klägerin nahm an diesem Tag im Beisein der Mitarbeiter der Logistik GmbH mit einem Maßband Vermessungen der Waggons vor und berechnete anhand dieser Abmessungen die Waggonvolumina in srm. Die Vermessung des Volumens eines Waggons ist ohne Lasermessgerät ungenau. Die Logistik GmbH hatte keinen Auftrag, die Waggons zu vermessen.

Für die Lieferungen von Mai 2008 bis Vertragsende bezahlte die Beklagte schließlich pauschal einen Rüttelmaßverlusts-Zuschlag von 2,5 %, nämlich 48.596,41 EUR.

Am 15. April 2009 erfolgte am Geschäftssitz der Beklagten unter Beteiligung beider Parteien, sowie von zwei Mitarbeitern der Waggonvermietungsgesellschaft eine Ermittlung der Waggonvolumina. Die Beklagte hatte während der Geschäftsbeziehung sechs verschiedene Waggontypen im Einsatz, die an diesem Tag auch alle zur Vermessung bereit gestellt wurden (Berufung der Klägerin Beweisrüge Punkt 2.6). Die Maße der Waggons wurden durch zwei Lasermessgeräte ermittelt (der Höhe nach bis zur Wasserkante) und von sämtlichen Beteiligten aufgeschrieben, im Besprechungsraum die Werte verglichen und anschließend die Volumina in srm je Waggontyp berechnet. Es kann nicht festgestellt werden, dass bei diesem Vermessungstermin auch die nachträgliche Übersendung eines Protokolls durch die Beklagte an die Klägerin vereinbart wurde.

Die neu berechneten Waggonvolumina wurden letztendlich einvernehmlich zwischen den Parteien per Handschlag bekräftigt und wie folgt einvernehmlich festgelegt und von der Waggonvermietungsgesellschaft bestätigt:

Hack 1-1: Waggonvolumen neu 175,06, Waggonvolumen alt 176,24, „to sill“ 170,10 (= Waggonvolumen bei Beladung bis 10 cm unterhalb der Wasserkante);

Hack 1-2: Waggonvolumen neu 169,18 [richtig: 173,86 - vgl die Tabelle in Beilage ./5, 4. Zeile], Waggonvolumen alt 176,24, to sill 169,18;

Hack 1-3: Waggonvolumen neu 180,50, Waggonvolumen alt 176,24, to sill 175,56;

Hack 1-4: Waggonvolumen neu 181,96, Waggonvolumen alt 176,24, to sill 177,16;

Hack 2: Waggonvolumen neu 160,50, Waggonvolumen alt 151,76, to sill 155,38;

Hack 3: Waggonvolumen neu 179,43, Waggonvolumen alt 173,74, to sill 175,59 (Beilage ./5).

Das maximale Volumen eines Waggons beträgt 182 srm, ein Waggontyp mit einem Volumen von 187,08 srm kam nicht zum Einsatz (Berufung der Klägerin Beweisrüge Punkt 2.7).

Es wurde vereinbart, dass die im April 2009 neu berechneten Waggon-Volumina als Grundlage für den Lieferzeitraum Mai bis Oktober 2008 dienen. Eine Vereinbarung, dass auf Basis dieser Volumina Nachberechnungen für weitere Lieferzeiträume (vor Mai 2008) durchgeführt werden sollten, kann nicht festgestellt werden.

Im Lieferzeitraum Mitte Juli bis Oktober 2008 (beginnend mit dem Zug 68/08) wurden bei den Zügen 68/08, 80/08, 86/08 sowie 94/08 bis 99/08 Ladungskontrollen durch die Logistik GmbH durchgeführt und dabei die Ausgangsmaße einzelner Waggons in cm unter der Wasserkante festgehalten (Beilage ./W). Die genauen Ausgangsmaße der nicht kontrollierten Waggons können nicht festgestellt werden.

Die Klägerin strebt - nach Modifikation ihres Vorbringens und Begehrens mit dem Schriftsatz ON 14 vom 7. März 2011 - die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung eines restlichen Kaufpreises von insgesamt 288.093,89 EUR sA an. Davon entfällt ein Teilbetrag von 33.544,16 EUR auf den Lieferzeitraum vom Jänner bis April 2008 und ein weiterer von 254.549,13 EUR auf den Lieferzeitraum von Mai bis Oktober 2008 (Vertragsende).

Sie begründet ihre Klageforderung im Wesentlichen damit, dass der Rüttelmaßverlust anhand des ersten Probezugs vertragsgemäß ermittelt worden sei, und zwar mit 12,29 % (ON 8 S 2; ON 10 S 2). Die Beklagte habe zwar bis einschließlich April 2008 das Eingangsmaß festgestellt und den Rüttelmaßverlust ‑ wenn auch nicht prozentuell ausgewiesen ‑ zugeschlagen (bezeichnet als „Mengenkorrektur“ und „Differenz“), also ordnungsgemäß und entsprechend dem Vertrag abgerechnet und bezahlt (ON 1 S 2; ON 14 S 10); da sich das im plausiblen Rahmen bewegt habe, sei dies von der Klägerin nicht zu bemängeln gewesen (ON 11 S 5; ON 14 S 13). Ab Mai 2008 habe die Beklagte jedoch den Rüttelmaßverlust nicht mehr zugeschlagen, verrechnet und bezahlt, sondern erst später eine Nachzahlung von nur 2,5 % an Rüttelmaßverlust im Betrag von 48.598,41 EUR geleistet, die in keiner Weise dem vertragsgemäß ermittelten Rüttelmaßverlust entspreche (ON 1 S 2; ON 8 S 4). Während ursprünglich die volle Ausladung der Waggons bis zur Höhe der seitlichen Bordwand vereinbart gewesen sei, habe man diese Vereinbarung ab Mitte Juli 2008 dahin abgeändert, dass nur bis 10 cm unterhalb der Höhe der seitlichen Bordwand zu laden sei (ON 11 S 3). Sämtliche für die Beklagte bestimmten Waggons seien dem entsprechend bis ca Mitte Juli 2008 (Zug EN 67/08) bis zur Ladekante (= Wasserkante = Oberkante der seitlichen Bordwand [ON 14 S 6]) und danach (ab Zug EN 68/08) bis rund 10 cm darunter beladen worden (ON 14 S 14 und 16). Davon sei auch mangels fristgerechter spezifizierter Mängelrüge nach § 7 ÖHHU auszugehen, weshalb der nunmehrige Einwand, die Klägerin habe nicht vereinbarungsgemäß beladen, präkludiert sei.

Erst bei einer Nachvermessung der Waggonvolumen bis zur Wasserkante (sog Wassermaß) am 26. August 2008 (für Typ 1 und 4a) und am 15. April 2009 (für 5 weitere Typen) sei zutage getreten, dass von der Beklagten insgesamt sieben verschiedene Waggontypen mit unterschiedlichen Volumina eingesetzt worden seien, während in der Abrechnung nur drei Waggontypen Berücksichtigung gefunden hätten, deren abgerechnete Wassermaße nur in zwei Fällen zu hoch, in den übrigen Fällen jedoch als zu gering angenommen worden seien. Daraus ergebe sich, dass die Abrechnungen der Beklagten unrichtig seien und von der Klägerin mehr geliefert worden sei, als von der Beklagten bezahlt, woraus sich die in einer gesondert vorgelegten Beilage (./XX „Nachverrechnung Zellulose-Hackhutlieferung für Jänner bis April 2008“ über 11 Seiten für die Züge EN 1/08 bis EN 29/08) detailliert in Tabellenform aufgeschlüsselte, nach den einzelnen Waggontypen und Zügen gegliederte Nachforderung für Jänner bis April 2008 von 33.544,16 EUR ergebe (ON 14 S 2 und 4).

Durch die Unbrauchbarkeit der von der Beklagten in ihren Abrechnungen genannten Eingangsmaße, die mit hoher Wahrscheinlichkeit aus näher dargestellten Gründen keine korrekten Messergebnisse darstellen würden, und durch deren mangelnde Überprüfbarkeit auch wegen der Nichtübermittlung der Eingangsprotokolle entgegen der Vereinbarung, sei der Klägerin eine Berechnung ihrer restlichen Forderung nach dem im Vertrag vorgesehenen Prozedere nicht zumutbar. Da von der vereinbarungsgemäßen Beladung durch die Klägerin auszugehen sei, gehe sie bei der Ermittlung ihres offenen Entgeltsanspruchs vom Ausgangsmaß laut Nachvermessung vom 15. April 2009 und 26. August 2008 aus, und zwar für Mai bis Mitte Juli 2008 von den Wassermaßen; für Mitte Juli bis Oktober 2008 (beginnend mit Zug EN 68/08) erfolge die Nachverrechnung differenziert: soweit bei Ladungskontrollen Ausgangsmaße festgestellt worden seien (Beilage ./W), erfolge die Berechnung auf deren Grundlage; für alle nicht beprobten Waggons erfolge sie unter Zugrundelegung einer Beladung von 10 cm unter der Ladekante; in allen Fällen werde die Differenz zum bereits bezahlten Eingangsmaß eingeklagt. Insgesamt errechne sich ein - in der dazu vorgelegten Beilage (./QQ „Abrechnung der Zellulose-Hackhutlieferungen nach Ausgangsmaßen Mai bis Oktober 2008“ über 22 Seiten für die Züge EN 30/08 bis EN 101/08) ähnlich der Beilage ./XX detailliert aufgeschlüsselter ‑ Gesamtbetrag von 303.147,54 EUR, der um die Nachzahlung der Beklagten von 48.598,41 EUR auf 254.549,13 EUR zu reduzieren sei (ON 14 S 3, 11 f und 16).

Die von der Beklagten eingewendete Gegenforderung bestritt die Klägerin und hielt ihr entgegen, dass diese Nachforderung ua nach § 27 ÖHHU verfristet und ausgeschlossen sei, aber auch auf einer falschen Berechnung beruhe, weil sie nicht von der bis zum Zug EN 67/08 erfolgten Beladung bis zur Oberkante der seitlichen Bordwand (= Ladekante = Wasserkante) ausgegangen sei. Das Klagebegehren werde nicht nur auf den Vertrag, sondern in eventu auch auf Bereicherung und Schadenersatz gestützt (ON 19 S 2).

Die Beklagte bestritt, wendete mehrfach die Unschlüssigkeit (auch des Zinsenbegehrens) ein und gestand zu, von September 2006 bis April 2008 ungeachtet der vertraglichen Vereinbarung das gesamte Waggonvolumen dergestalt bezahlt zu haben, dass sie dem festgestellten Eingangsmaß als sogenannte Mengenkorrektur die variable Differenz zwischen den Waggonvolumina und den Eingangsmaßen hinzugesetzt habe; darauf habe die Klägerin keinen Anspruch gehabt. Die Liefermengen hätten kontinuierlich abgenommen, weil die Klägerin die Waggons nicht bis zur Ladekante (10 cm unter der Wagenobergrenze = Wasserkante) befüllt habe. Später hätten sich die Parteien geeinigt, doch den Rüttelmaßverlust nach Durchführung von Probezügen festzusetzen, allerdings sei der Klägerin der festgestellte Wert zu gering erschienen, sodass es erneut zu keiner Einigung über die Höhe des Rüttelmaßverlusts gekommen sei. Ein gemeinsames Aufmaß der sechs Waggonausführungen habe Abweichungen zu den Volumina ergeben, die die Beklagte abgerechnet habe, weshalb Mengen verrechnet und bezahlt worden seien, die die Klägerin nicht geliefert habe. Bei der Berechnung der behaupteten Ansprüche der Klägerin seien die zwischen Parteien am 15. April 2009 ermittelten Volumina der sechs Waggontypen zu berücksichtigen. §§ 25 und 27 ÖHHU seien nicht anwendbar (ON 4 und 10). Zu einer einvernehmlichen Festlegung des Rüttelmaßverlusts sei es nie gekommen (ON 12). Auch die Berechnung des geänderten Klagebetrags sei nicht nachvollziehbar. Die eingeforderte Bezahlung des variablen Differenzmaßes anstatt des vereinbarten prozentual festen Rüttelmaßverlusts widerspreche dem abgeschlossenen Vertrag und würde die vollständige Befüllung aller Waggons durch die Klägerin bis zur Ladekante voraussetzen, die nicht erfolgt sei. Die von der Klägerin genannten Waggontypen 1 und 4a seien nie zum Einsatz gekommen, sondern nur die am 15. April 2009 gemeinsam ausgemessenen Typen Hack 1-1, 1‑2, 1-3, 1-4, 2 und 3, die die Beklagte den eingesetzten Waggonnummern zuordnete. Als Ergebnis dieser Neuberechnung der Waggonvolumina habe sich herausgestellt, dass die im System der Beklagten hinterlegten Waggonvolumina (und damit auch die Berechnungen der Eingangs- und Differenzmaße) sowohl nach oben als auch nach unten fehlerhaft gewesen seien, was eine Überprüfung der gesamten Geschäftsbeziehung erfordere. Aufgrund des tatsächlichen Einsatzes der einzelnen Waggons im gesamten Lieferzeitraum von September 2006 (Zug EN 1/06) bis Oktober 2008 (Zug EN 101/08) ergebe sich ohne Berücksichtigung der Zahlung von 48.598,41 EUR im November 2008 aus den tatsächlich gezahlten 5.424.778,96 EUR und den tatsächlich geschuldeten 4.853.058,90 EUR (Eingangsmaße basierend auf den neuen Ladekantenmaßen) eine Überzahlung der Klägerin von 571.720,06 EUR, die aufrechnungsweise eingewendet werde; zu den Einzelheiten verwies die Beklagte auf eine in den Schriftsatz integrierte, den Beilagen ./QQ und ./XX von der Gliederung (nach den einzelnen Waggontypen und Zügen) her vergleichbare Übersicht, die eine detaillierte Aufschlüsselung des genannten Betrags in tabellarischer Gestalt enthält. Diese Differenz berücksichtige zwar nicht, dass die Beklagte verpflichtet sei, den Rüttelmaßverlust zu vergüten. Der von der Klägerin dafür verlangte Prozentsatz von 12,29 ergebe aber nur eine Vergütung von 596.440,94 EUR, der von der Überzahlung von 571.720,06 EUR und der Nachzahlung von 48.598,41 EUR aufgezehrt werde, sodass der Klägerin nichts mehr zustehe (ON 16).

Das Erstgericht wies mit in sein Urteil aufgenommenem Beschluss in der letzten Tagsatzung vom 16. April 2013, ON 28, erstattetes Vorbringen der Klägerin samt Beweisanbot zurück und das Klagebegehren ab. Ausgehend von dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt erachtete es die exakten Ausgangs- und Eingangsmaße als rechtlich bedeutungslos; das Eingangsmaß sei nicht relevant, weil die Beladung bei der Klägerin für die Abrechnung maßgeblich und ein prozentueller Zuschlag des Rüttelmaßverlusts zwar angestrebt, aber nicht vereinbart und auch während der Geschäftsbeziehung nicht verrechnet worden sei. Auch die exakte Ermittlung der Ausgangsmaße sei für die Beurteilung der Klageforderung sekundär, da die Beklagte ‑ auch ab Mai 2008 ‑ keine spezifizierten Mängelrügen erhoben habe, sodass nach § 27 ÖHHU rechtlich davon auszugehen sei, dass die Beladung bis Mitte Juli 2008 bis zur Wasserkante und ab Mitte Juli 2008 bis 10 cm darunter erfolgt sei, sofern nicht aufgrund von Ladungskontrollen einvernehmlich festgelegte Ausgangsmaße einzelner Waggons vorlägen. Die Klageforderung sei aber trotz mehrfacher Neuberechnungen bis zuletzt unschlüssig geblieben. Die Klägerin habe ihren Berechnungsmodellen sieben Waggontypen zugrunde gelegt, deren Volumina nur teilweise mit den im April 2009 einvernehmlich vermessenen ‑ und von der beklagten Partei anders bezeichneten ‑ Waggontypen übereinstimmten. Für den Zeitraum ab Mitte Juli 2008 schaffe zwar die Aufstellung der Beklagten in ON 16 insofern teilweise Abhilfe, als dieser Aufstellung die Waggonvolumina gerechnet bis 10 cm unter der Wasserkante zugrunde gelegt worden seien. Für die kontrollierten Waggons sei aber von dieser Vermutung nicht auszugehen; dafür fehle es an richtigen Ausgangsmaßen in srm. Zum Lieferzeitraum Mai bis Mitte Juli 2008 sei zudem Vorbringen der Klägerin in ON 11 und ON 14 widersprüchlich. Die Klageforderung für den Zeitraum ab Mai 2008 sei deshalb unschlüssig. Für den Lieferzeitraum Jänner 2008 bis Ende April 2008 müsse die Klage abgewiesen werden, da nicht feststellbar gewesen sei, dass die im April 2009 neuberechneten Waggonvolumina auch diesem Zeitraum zugrunde zu legen seien.

Der auf Mängel-, Beweis- und Rechtsrügen gestützten Berufung, der die Beklagte mit weiteren Beweisrügen in ihrer Berufungsbeantwortung entgegentrat, gab das Berufungsgericht nicht Folge und ließ die ordentliche Revision mangels Lösung erheblicher Rechtsfragen nicht zu.

Zur Begründung führte es aus, zum einzigen Argument des Erstgerichts für die Klageabweisung, zur Schlüssigkeit, beschränke sich die Berufungsschrift auf den mit „6. Anhang: Schlüssigkeit der Klage“ überschriebenen Passus, dem ein 26 Seiten umfassendes Konvolut an „hineinkopierten“ tabellarischen Aufstellungen folge, die ebenfalls nicht den Klagsbetrag ergäben. Die Klägerin habe in erster Instanz kein einziges Vorbringen erstattet, dass es gestatten würde, das Begehren nachzurechnen oder etwa durch einen Sachverständigen oder sonstige Beweise überprüfen zu lassen. Darauf habe die Beklagte mehrfach hingewiesen, die Klägerin habe allerdings bis zum Schluss der Verhandlung in erster Instanz nicht reagiert. Die Klage sei daher zu Recht wegen Unschlüssigkeit abgewiesen worden (§ 500a ZPO). Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass weder der Verweis auf Urkunden noch auf sonstige Beweismittel (Zeugen oder Sachverständigenbeweise) fehlendes oder unschlüssiges Vorbringen ersetzen könne.

Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Klagestattgebung, hilfsweise auf Aufhebung und Zurückverweisung an die erste oder zweite Instanz. Im Rahmen der Darstellung der erheblichen Rechtsfragen macht sie ua geltend, sie habe eine genaue, nachvollziehbare und rechnerisch schlüssige Abrechnung ihrer Klageforderung in Form der Beilagen ./QQ und ./XX erstellt, die mit dem Schriftsatz ON 14 vorgelegt worden sei; eine Erörterung einer angeblichen Unschlüssigkeit habe weder in erster noch in zweiter Instanz stattgefunden.

Die Beklagte verwies in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision und trat ihr auch inhaltlich entgegen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und im Sinn des Aufhebungsantrags berechtigt, weil die Annahme der Unschlüssigkeit des gesamten Klagebegehrens ‑ ungeachtet der notwendigen Einzelfallbeurteilung ‑ eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung darstellt.

1. Vorweg ist klarzustellen, dass die Berufung eine gesetzmäßig ausgeführte Rechtsrüge enthält, weshalb das Rechtsmittelgericht die materiell-rechtliche Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nach allen Richtungen hin zu prüfen hat (RIS-Justiz RS0043352). Davon ging offensichtlich auch das Berufungsgericht aus, weil es trotz seiner Bemerkung, zur Schlüssigkeit fehle in der Berufungsschrift jegliches Vorbringen, inhaltlich dazu Stellung genommen hat.

2. Das Erstgericht hat die Klageänderung implizit und unbeanstandet durch Entscheidung über das geänderte Klagebegehren genehmigt. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts gründete es seine klageabweisende Entscheidung nicht nur auf das Argument der Unschlüssigkeit. Es hat nämlich klar nach Zeiträumen unterschieden, indem es aussprach, die Klageforderung für den Lieferzeitraum Jänner bis April 2008 „schon deshalb“ abzuweisen, weil nicht feststellbar gewesen sei, dass die im April 2009 neuberechneten Waggonvolumina auch diesem Zeitraum zugrunde zu legen seien. Dagegen wurde ‑ wenn auch knapp ‑ in der Berufung (S 29/30) erkennbar ua damit argumentiert, wegen (arglistiger) Irreführung stehe der begehrte Betrag als Schadenersatz zu; ein Rechtsgrund, der schon in erster Instanz hilfsweise geltend gemacht wurde.

Dennoch hat das Berufungsgericht dazu inhaltlich nicht Stellung genommen.

3.1. Die Unschlüssigkeit erblickt das Berufungsgericht darin, dass die Klägerin trotz der mehrfachen Bemängelungen kein ergänzendes Vorbringen erstattete, das es gestatten würde, das Begehren nachzurechnen oder überprüfen zu lassen. Die Erwähnung der Judikatur, wonach weder der Verweis auf Urkunden noch auf sonstige Beweismittel fehlendes oder unschlüssiges Vorbringen ersetzen könne (vgl vor allem RIS-Justiz RS0001252), lässt erahnen, dass es auch die von der Klägerin vorgelegten Beilagen, die in tabellarischer Form eine Berechnung der Klageteilsummen enthalten (wie ./QQ und ./XX), nicht als Bestandteil des Vorbringens erachtet, sondern als in diesem Zusammenhang unbeachtliche Beweisurkunden. Dem kann nicht gefolgt werden.

3.2. Dem Vorbringen der Klägerin ab dem klageändernden Schriftsatz ON 14 fehlt zwar eine ausdrückliche Erklärung, die beiden genannten Beilagen zum Inhalt ihres Vorbringens zu machen. Deren Vorlage - zum einen für den Zeitraum Mai bis Oktober 2008 (./QQ) und zum anderen für den Zeitraum Jänner bis April 2008 (./XX) - im Zusammenhang mit der Erläuterung der geänderten Klageforderung in ON 14, deren Bezeichnung als „Abrechnung“ und „Nachverrechnung“ und deren Inhalt, der eine für jeden einzelnen der 71/29 Züge nachvollziehbare Ermittlung der Differenz des bezahlten und begehrten Kaufpreises darstellt, die jeweils mit den im Schriftsatz behaupteten Gesamtbeträgen (für beide Zeiträume) übereinstimmt, lassen keinen Zweifel daran, dass es sich dabei um dem Klagevorbringen zuzurechnende Berechnungen handelt.

Der Umstand, dass diese ‑ aus welchen Gründen immer ‑ nicht in den Schriftsatz einbezogen wurden, sondern in Form eindeutig zuordenbarer Beilagen erfolgten, vermag an diesem Verständnis nichts zu ändern. Denn es wäre bei den vorliegenden Umständen purer Formalismus, die Qualifizierung des Inhalts der Beilagen als Vorbringen davon abhängig zu machen, dass er in den Schriftsatz ON 14 unmittelbar aufgenommen wird (vgl den Schriftsatz der Beklagten ON 16, in den die Darstellung ihrer Gegenforderung mittels einer über mehr als 80 Seiten reichenden tabellarischen Aufstellung integriert wurde), sie jedoch zu verneinen, wenn eine Gliederung in Schriftsatz und damit vorgelegte konnexe Beilage gewählt wird. Dass die Bezugnahme auf Urkunden im Zusammenhang mit der Klageführung nicht grundsätzlich unzulässig ist, zeigt schon die Judikatur, die es sogar gestattet, im Klagebegehren auch auf Urkunden oder auf andere Unterlagen zu verweisen (vgl RIS-Justiz RS0037420).

Dieser Ansicht war offensichtlich auch das Erstgericht, das nicht nur wegen der Durchführung des Beweisverfahrens ohne vorherige Aufforderung zur Vervollständigung des Vorbringens zu erkennen gab, dass es das Klagevorbringen für ausreichend erachtete (vgl RIS-Justiz RS0037300 [T35]); es argumentierte überdies in seiner rechtlichen Beurteilung mit dem Inhalt der (nicht näher bezeichneten) „Berechnungsmodelle“ der Klägerin, worunter ua auch die Beilagen ./QQ und ./XX fallen, und hat sie demnach nicht als in diesem Zusammenhang belanglose Beweismittel angesehen.

3.3. Bei Berücksichtigung des Inhalts der Beilagen ./QQ und ./XX und des weiteren, eingangs zusammenfassend dargestellten Vorbringen der Klägerin kann aber weder der Vorwurf des Berufungsgerichts, das Klagebegehren könne nicht nachgerechnet oder überprüft werden, womit die unzureichende Substantiierung des Tatsachenvorbringens angesprochen wird (RIS-Justiz RS0107229), aufrecht erhalten werden, noch der Vorwurf, das Klagebegehren könne materiell-rechtlich aus den zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachenbehauptungen nicht abgeleitet werden, sei also unschlüssig (RIS-Justiz RS0037516). Überlegungen zu allenfalls erforderlichen Verbesserungsversuchen der Vorinstanzen erübrigen sich daher.

4.1. Das Berufungsgericht hat zusätzlich zu seinen Überlegungen zur Unschlüssigkeit „gemäß § 500a ZPO auf die zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts“ verwiesen, also auch dessen (anders lautende) Begründung übernommen. Das Erstgericht erblickt die Unschlüssigkeit der Klageforderung ab Mai 2008 zusammengefasst primär darin, dass die Klägerin ihren Berechnungsmodellen sieben (statt der festgestellten sechs) Waggontypen zugrunde lege, deren Volumina nur teilweise mit den festgestellten Volumina der von der Klägerin anders bezeichneten Waggontypen übereinstimmten; eine Berücksichtigung der Aufstellung der Beklagten in ON 16 scheitere, weil darin die gemessenen Ausgangsmaße unberücksichtigt geblieben seien. Sekundär beruft sich das Erstgericht auf widersprüchliches Vorbringen der Klägerin.

Auch dieser Begründung kann nicht gefolgt werden.

4.2. Das Erstgericht leitet die Unschlüssigkeit aus einer Diskrepanz der Behauptungen der Klägerin, die der Berechnung der Klageforderung zugrunde liegen, zu den dazu getroffenen Feststellungen ab. Damit wird aber kein Problem der Schlüssigkeit angesprochen, die durch Gegenüberstellung der anspruchsbegründenden Behauptungen zum Klagebegehren zu prüfen ist.

Vielmehr geht es darum, dass der Klägerin zur Anzahl der verwendeten Waggontypen und deren Volumina - sowohl bei Beladung bis zur Höhe der seitlichen Bordwand = Wasserkante bis zum Zug EN 67/08 als auch bis 10 cm darunter ab dem Zug EN 68/08 nicht der Nachweis ihrer Behauptungen gelungen ist, weil die Feststellungen davon zum Teil abweichen. Es ist in diesem Fall zu prüfen, ob auch auf Basis des festgestellten Sachverhalts eine Berechnung der Klageforderung möglich ist. Das ist hier zu bejahen:

4.3. Für die eingesetzten (nur) sechs Waggontypen stellte das Erstgericht sowohl das von der Beklagten bei ihrer Abrechnung angenommene Waggonvolumen bis zur Ladekante („Waggonvolumen alt“) als auch das am 15. April 2009 einvernehmlich festgelegte („Waggonvolumen neu“), aber auch das Waggonvolumen bei Beladung bis 10 cm unter der Wasserkante („to sill“) fest. In ihrer Berufung erklärt die Klägerin (S 19) „nicht abgeneigt“ zu sein, die Annahmen des Erstgerichts zu den sechs verwendeten Waggontypen (Hack 1-1, 1-2, usw) und deren Volumina („alt“, „neu“ und „to sill“) außer Streit zu stellen; mit Rücksicht auf den weiteren Inhalt der Berufungsschrift unter Punkt 6. („Anhang: Schlüssigstellung der Klage“) ist die Interpretation des Berufungsvorbringens der Klägerin dahin angebracht, dass die Klägerin diese Feststellungen des Erstgerichts doch (also ungeachtet ihrer Beweisrügen Punkte 2.6 und 2.7) unbekämpft lässt. Dem genannten Anhang folgt über 26 Seiten eine tabellarische Aufstellung aller Lieferzüge (EN 1/08 bis EN 101/08), aufgegliedert nach den einzelnen Waggons, spezifiziert nach Nummern, denen jeweils die sechs festgestellten Waggontypen zugeordnet sind; weiters sind zu jedem Waggon das von der Beklagten bezahlte Maß ins srm und das festgestellte „Waggonvolumen neu“ für die Züge EN 1/08 bis 67/08, das festgestellte „Waggonvolumen to sill“ für die Züge EN 69/08 bis 78/08, 80/08 bis 85/08, 87/08 bis 93/08, 100/08 und 101/08 sowie die gemessenen Abstände der Ladungen vom oberen Ende der seitlichen Bordwand je Waggon für die Züge 68/08, 79/08, 86/08 und 94/08 bis 99/08 angeführt; pro Zug wurden die Summe der bezahlten srm, der jeweils vereinbarte Preis/srm, die Gesamtsumme der aus den festgestellten Volumina resultierende srm, die sich aus der Multiplikation mit dem jeweils vereinbarten Preis/srm errechnete Gesamtsumme und die Differenz zwischen dieser und dem bezahlten Betrag ausgewiesen.

Eine stichprobenartige Überprüfung zeigt, dass die Zuordnung der Waggonnummern zu den sechs Waggontypen einerseits in ON 16 und andererseits in der Tabelle der Berufung übereinstimmt, die Klägerin also die von der Beklagten in erster Instanz vorgenommene Zuordnung ‑ zulässig (RIS-Justiz RS0040050; RS0040051) ‑ außer Streit stellte. Für das Berufungsverfahren war daher zusammengefasst davon auszugehen, dass sowohl die Anzahl der eingesetzten Waggontypen (sechs), deren Bezeichnung (Hack 1-1 usw) und Zuordnung zu den Waggonnummern sowie die unterschiedlichen Volumina („alt“, „neu“ und „to sill“) unstrittig sind. Das gilt im Übrigen auch für die bisher geleisteten Zahlungen der Beklagten.

Ein Vergleich zwischen den Volumina „neu“ und „to sill“ ergibt die Differenz des Ladevolumens bei einem Höhenunterschied von 10 cm, sodass sich leicht die Differenz des Ladevolumens für jeden Zentimeter an Höhenunterschied für jeden Waggontyp ermitteln lässt. Dabei handelt es sich um (zwar in Summe mühsame, im Einzelnen jedoch) einfache Rechenoperationen, die die Überprüfung der Tabelle in der Berufung enthaltenen Ausgangsmaße für die Züge 68/08, 80/08, 86/08 und 94/08 bis 99/08 ermöglichen.

Jedenfalls für das Berufungsverfahren kann daher das vom Berufungsgericht übernommene Argument des Erstgerichts, der der rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legende Sachverhalt sei mit den Berechnungen der Klageforderung nicht kompatibel, nicht aufrecht erhalten werden.

4.4. Ein allfälliger, derzeit wegen der unterbliebenen Auseinandersetzung mit allen in beiden Rechtsmittelschriften geltend gemachten Berufungsgründen noch nicht abschließend beurteilbarer, Zuspruch auf dieser Basis würde nicht gegen § 405 ZPO verstoßen. Denn dass die Beklagte ihren Berechnungen des Kaufpreises unrichtige Waggonvolumina (und zwar zum überwiegenden Teil der Waggontypen zu Lasten der Klägerin) zugrunde legte, ist unstrittig. Geringfügige Unterschiede zwischen Behauptungen und Feststellungen zu einzelnen für die Berechnung der restlichen Kaufpreisforderung der Klägerin erforderlichen Parametern halten sich aber im Rahmen des Klagebegehrens. Das ist hier nämlich grundsätzlich so zu verstehen (vgl RIS‑Justiz RS0037440; RS0025188), dass die Klägerin den nach dem Vertrag geschuldeten restlichen Kaufpreis verlangt, weil die Beklagte bei ihrer Berechnung des Kaufpreises von unrichtigen Waggonvolumina ausgegangen ist und ‑ unabhängig davon ‑ teilweise den Rüttelmaßverlust nicht vollständig abgegolten hat. Abgesehen davon bringt eine Prozesspartei mit der Offenlegung einer Rechenoperation noch keineswegs zum Ausdruck, sie wolle das Begehren ausschließlich auf diese Berechnungsweise geprüft wissen, sodass sich die Kognition der Gerichte nicht darauf zu beschränken hat (3 Ob 133/13z; 1 Ob 239/99z).

4.5. Der von den Vorinstanzen erkannte Widerspruch im Vorbringen der Klägerin (ON 11/ON 14) liegt nicht vor und vermag daher eine Unschlüssigkeit ebensowenig zu begründen. Dabei wird nämlich übersehen, dass in ON 14 eine Klageänderung einschließlich der Neuberechnung der Nachforderung für den Lieferzeitraum von Mai bis Oktober 2008 vorgenommen wurde; das vorangehende Vorbringen in ON 11 war damit überholt.

5. Nachdem alle vom Berufungsgericht genannten Gründe für eine Unschlüssigkeit verfehlt sind, bedarf es einer Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurückverweisung der Rechtssache an die zweite Instanz zur Nachholung der Behandlung aller Berufungsgründe und der Beweisrügen in der Berufungsbeantwortung.

6. Im fortzusetzenden Berufungsverfahren wird auch noch Folgendes zu beachten sein:

Es steht unbekämpft fest, dass die Beklagte ‑ entgegen der vertraglichen Einigung ‑ von September 2006 bis April 2008 stets die Menge an srm ‑ unabhängig vom Eingangsmaß ‑ bezahlte, die einem gesamten Waggonvolumen entspricht (Wassermaß). Diese, über etwa 20 Monate und 77 Züge (s ON 16: 2006 ‑ 7; 2007 ‑ 41; bis einschließlich April 2008 ‑ 29) praktizierte Art der Abrechnung, die der grundsätzlichen Übereinkunft entsprach, das Ausgangsmaß der Hackschnitzellieferungen der Klägerin zu honorieren und die einfachste Form der Berücksichtigung des Rüttelmaßverlusts darstellt, wurde von der Klägerin nicht beanstandet.

Es wäre naheliegend und jedenfalls vertretbar, darin aus der Sicht eines redlichen Erklärungsempfängers ein schlüssiges Anbot der Beklagten zu erblicken, den ohnehin nicht konsequent umgesetzten, vertraglich vorgesehenen Abrechnungsmodus idS abzuändern, also (ursprünglich) das jeweilige Waggonvolumen bis zur Wasserkante als für den Kaufpreis wesentlich anzusehen; in der unterbliebenen Beanstandung durch die Klägerin könnte die schlüssige Annahme dieses Anbots gesehen werden, weshalb das Zustandekommen einer stillschweigenden Vertragsänderung im Sinn der gelebten Praxis zu unterstellen wäre; diese würde (ursprünglich) mit der Verpflichtung der Klägerin korrespondieren, die Waggons bis zur Wasserkante zu befüllen (die vom Erstgericht ‑ von der Beklagten bekämpft ‑ ebenso festgestellt wurde, wie deren Einhaltung durch die Klägerin). In der während des Lieferzeitraums geäußerten Absicht der Parteien, doch noch die Festlegung des Rüttelmaßverlusts in Angriff zu nehmen, wäre eine neuerliche Abänderung des Vertrags nicht zu erblicken, weil dazu keine Einigung erzielt wurde. Sollte - wie vom Erstgericht (bekämpft) festgestellt - für den Zeitraum ab Mitte Juli 2008 (Zug EN 68/08) vereinbart worden sein, dass die Klägerin die Waggons nur bis 10 cm unter der Wasserkante zu beladen hatte, wäre der Anknüpfungspunkt für die Berechnung des Kaufpreises entsprechend reduziert worden.

Diese Rechtsansicht wird vom Berufungsgericht mit den Parteien in einer anzuberaumenden Berufungsverhandlung zu erörtern sein (§ 182a ZPO), ehe sie der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden kann.

Unterstellt man diese Rechtsansicht, so bedarf es Feststellungen zur vereinbarten und zur tatsächlich erfolgten Beladung, die vom Erstgericht zwar getroffen, von der Beklagten aber zum Teil bekämpft wurden und derzeit - mangels Erledigung der Beweisrügen ‑ in bindender Form noch nicht vorliegen.

Da noch gar nicht geklärt ist, ob die Klageforderung (zum Teil) zu Recht besteht, braucht zur von der Beklagten eingewendeten Gegenforderung noch nicht Stellung genommen werden.

7. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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