OGH 4Ob50/14b

OGH4Ob50/14b23.4.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen A***** U*****, vertreten durch die Mutter K***** U*****, diese vertreten durch Mag. Gerald Gerstacker, Rechtsanwalt in Mödling, über den Revisionsrekurs der Minderjährigen gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 28. November 2013, GZ 16 R 259/13x‑52, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Mödling vom 14. Juni 2013, GZ 7 Pu 228/09z‑41, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0040OB00050.14B.0423.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

Das Rekursgericht hat die Unterhaltsverpflichtung des Vaters gegenüber seiner 14‑jährigen Tochter in teilweiser Stattgebung seines Unterhaltsherabsetzungsantrags in Minderung der ihm mit Beschluss vom 1. September 2010 auferlegten monatlichen Unterhaltsverpflichtung von 790 EUR ab 1. Februar 2013 bis auf Weiteres, längstens jedoch bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit der Minderjährigen, auf 670 EUR herabgesetzt. Den ordentlichen Revisionsrekurs ließ es (nachträglich) mit der Begründung zu, weil Rechtsprechung zur Frage fehle, ob aus einem unter Anwendung des § 17 AußStrG festgesetzten Unterhaltsbetrag sich ergebende Relationen zwischen Unterhaltsbetrag und Regelbedarf beizubehalten seien, wenn sich in der Folge nur das Kontaktrecht verändere, alle anderen maßgeblichen Bemessungsgrößen aber unverändert geblieben seien.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Minderjährigen, mit dem sie die Aufrechterhaltung einer monatlichen Unterhaltsverpflichtung von 750 EUR anstrebt, ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruchs (RIS‑Justiz RS0042392) nicht zulässig.

Die Revisionsrekurswerberin vermag keine erheblichen Rechtsfragen im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG aufzuzeigen.

Dem Begehren, die Unterhaltsverpflichtung im Hinblick auf eine (wesentliche) Änderung der Verhältnisse in anderer Weise festzusetzen, steht die Rechtskraft der vorangegangenen Unterhaltsbemessung nicht entgegen (RIS‑Justiz RS0007161). Gesetzliche Unterhaltsansprüche unterliegen der Umstandsklausel. Der Anspruch kann daher im Falle einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse neu festgelegt werden (4 Ob 203/07t ua; RIS‑Justiz RS0007161 [T1]). Eine allgemein gültige Regel, ab wann von einer solchen Änderung der Verhältnisse auszugehen ist oder nicht, lässt sich nicht aufstellen, weil die Umstände des Einzelfalls von wesentlicher Bedeutung sind (7 Ob 44/12i).

Wurde ein Beteiligter nach § 17 AußStrG zur Äußerung aufgefordert und kam er dieser Aufforderung nicht nach, ist es ihm verwehrt, dem Sachverhaltsbild, von dem das Gericht bei seiner Entscheidung ausging, in einem Rekurs neue Tatsachen hinzuzufügen (RIS‑Justiz RS0006783). Dies bedeutet einen Einwendungsausschluss auf Tatsachenebene, jedoch keine Anerkenntnisfiktion (3 Ob 43/07f mwN, vgl RIS‑Justiz RS0006941).

Die Rechtsprechung, wonach bei geänderten Verhältnissen Unterhaltsbeträge in der Regel so zu bemessen sind, dass die einmal festgelegte Relation zwischen Einkommenshöhe und Unterhaltshöhe gewahrt bleibt (RIS‑Justiz RS0019018), auf die sich die Revisionsrekurswerberin offenbar stützt, bezieht sich auf Unterhaltsvereinbarungen also nach der Parteienabsicht auszulegende vertragliche Regelungen der Unterhaltspflicht. Selbst für diesen Bereich wurde wiederholt ausgesprochen, dass bei einem späteren Abänderungsbegehren ausschließlich von der gesetzlichen Regelung auszugehen ist, wenn die Parteien eine für spätere Zeiträume verbindliche feste Relation zwischen dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen und den Unterhaltsleistungen nicht herstellen wollten (RIS‑Justiz RS0019018 [T3, T6]). Das seinerzeitige Verhältnis zwischen Unterhalt und Einkommen des Unterhaltspflichtigen spielt für eine Neubemessung dann keine Rolle, wenn die Änderung der Umstände nicht oder nicht nur in einer Änderung des Einkommens des Unterhaltspflichtigen besteht (RIS‑Justiz RS0105944 [T3]).

Es entspricht daher den Grundsätzen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, wenn das Rekursgericht seiner Unterhaltsbemessung zugrunde legte, dass hier keine Vereinbarung über den Unterhalt zu beurteilen ist und die Nichtäußerung des Vaters zu dem der früheren gerichtlichen Unterhaltsbemessung zugrunde liegenden Antrag der Tochter nur bedeutete, dass das dem Tatsachenbereich zuzuordnende Vorbringen nicht bestritten wurde, nicht aber ein Einverständnis, dass der ohne gesetzmäßige Anrechnung der Familienbeihilfe festgesetzte Unterhalt als bindende Relation auch zukünftigen Unterhaltsbemessungen zugrunde zu legen wäre und der Vater daher auf eine steuerliche Entlastung auch für die Zukunft verzichtet habe.

Die Auslegung des Antragsvorbringens der Parteien beruht auf den konkreten Umständen des Einzelfalls und wirft daher ‑ von hier nicht vorliegender ‑ vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifender Fehlbeurteilung abgesehen keine erheblichen Rechtsfragen im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG auf. Dass das Vorbringen des unvertretenen Vaters vom 6. Mai 2013 (ON 36) ungeachtet aus juristischer Sicht unpassender Wortwahl als Antragsmodifikation zu verstehen ist, ist nicht korrekturbedürftig.

Es trifft zwar zu, dass das Rekursgericht die Höhe des Abzugs zwecks Anrechnung der Familienbeihilfe (150 EUR monatlich) nicht begründet, die Revisionsrekurswerberin unterlässt aber jede nähere Ausführung, warum der vom Vater vorgebrachte und mit Ausdrucken des Unterhaltsrechners der österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Jugendwohlfahrt untermauerte und im bisherigen Verfahren nicht substanziiert bestrittene Abzug (rechnerisch) unrichtig sein sollte. Die Rechtsrüge ist in diesem Punkt daher als nicht gesetzmäßig ausgeführt zu beurteilen (RIS‑Justiz RS0043605).

Stichworte