Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Josef H***** mehrerer Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach §§ 207 Abs 1, 15 Abs 1 StGB (I./) und des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (II./) schuldig erkannt.
Danach hat er im Zeitraum von zumindest Jänner 2013 bis 23. April 2013 in T*****
I./ außer dem Fall des § 206 StGB geschlechtliche Handlungen an einer unmündigen Person, nämlich an der am 26. September 2000 geborenen Marta W***** teils vorgenommen, teils vorzunehmen versucht, indem er
1./ sie in zumindest 20 Angriffen unter ihrer Kleidung an der nackten, bereits ansatzweise entwickelten Brust betastete oder zu betasten versuchte, wobei es bei einem Teil der Vorfälle nur deshalb beim Versuch blieb, weil sie seine Hand vor dem Erreichen der Brust unter ihrem Oberteil wieder hervorziehen konnte;
2./ in drei bis vier Angriffen seine Hand von oben unter ihre (Unter‑)Hose schob und sie im Bereich der Schamhaare betastete;
II./ Marta W***** mit Gewalt zu einer Duldung genötigt, indem er sie fest an sich drückte, ihren Kopf mit beiden Händen umfasste und sie gegen ihren Willen küsste.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen vom Angeklagten erhobenen, auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.
Entgegen dem Vorbringen der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) blieb die erstgerichtliche Konstatierung zur bei den Angriffen bereits ansatzweise entwickelten Brust des Opfers keineswegs unbegründet, konnten sich die Tatrichter diesbezüglich doch auf die Angaben des Mädchens selbst stützen (US 7). Im Übrigen spricht der Rechtsmittelwerber keinen entscheidenden Umstand (vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 399) an, weil selbst bei Nichtannahme eines zur Tatzeit bereits eingetretenen Pubertätsbeginns beim Tatopfer Deliktsbegehung durch (bloß relativ untauglichen) Versuch anzunehmen wäre (12 Os 32/11i, EvBl 2011/101, 681; RIS‑Justiz RS0122138).
Auch betreffend den Punkt I./2./ des Schuldspruchs zu Grunde liegenden Feststellungen wirft der Rechtsmittelwerber dem Schöffengericht offenbar unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) vor, bekämpft aber mit seinen Ausführungen bloß nach Art einer ‑ im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen ‑ Schuldberufung die dem Erstgericht vorbehaltene Beweiswürdigung. Er verkennt, dass die Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit eines Zeugen aufgrund des in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks als kritisch‑psychologischer Vorgang der Anfechtung mit Mängelrüge entzogen ist (RIS‑Justiz RS0099419).
Mit geringfügigen Abweichungen der Aussage des Tatopfers vor der Polizei von den Angaben bei der kontradiktorischen Vernehmung hat sich das Erstgericht entgegen dem diesbezüglichen Vorwurf des Nichtigkeitswerbers (Z 5 zweiter Fall) sehr wohl auseinandergesetzt, ist jedoch zum Ergebnis gelangt, dass diese ihre Glaubwürdigkeit nicht zu erschüttern vermögen (US 6). Ebenso hat das Schöffengericht die teilweise leugnende Verantwortung des Angeklagten erörtert, sie jedoch für unglaubwürdig erachtet (US 10 ff).
Indem die Beschwerde ausführt, die Begründung des Erstgerichts sei „nicht zwingend und daher auch nicht ausreichend“ (Z 5 vierter Fall), verkennt sie, dass eine Urteilsbegründung nicht auf logisch‑zwingenden Ableitungen beruhen muss. Auch in freier Beweiswürdigung gezogene Wahrscheinlichkeitsschlüsse sind zur Begründung von Tatsachenfeststellungen geeignet, sofern nur der solcherart getroffenen Konstatierung die richterliche Überzeugung von der Richtigkeit der Tatsache im Sinn des § 258 Abs 2 StPO zu Grunde liegt. Eine Beschränkung auf geradezu zwingende Beweise wäre mit dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung nicht vereinbar (RIS‑Justiz RS0098471).
Soweit sich die Mängelrüge auf die Feststellung bezieht, wonach es aufgrund der gegenständlichen Angriffe beim Opfer zu einer „psychischen Alteration“ gekommen ist, spricht sie neuerlich keine entscheidende Tatsache an.
Der Vorwurf, das Schöffengericht habe keine ausreichenden Konstatierungen zur subjektiven Tatseite getroffen und sich mit dem substanzlosen Gebrauch der verba legalia begnügt, übergeht, dass ein Rechtsmangel infolge fehlender Feststellungen nur gegeben ist, wenn die verba legalia zirkulär verwendet werden, keinerlei Sachverhaltsbezug hergestellt wird und daher Recht besehen gar keine Feststellungen vorliegen (RIS‑Justiz RS0119090, RS0098936). Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) legt nicht dar, weshalb die vorliegenden Feststellungen nicht genügen sollten. Demnach hielt es der Angeklagte bei den geschilderten Angriffen „jeweils zumindest ernstlich für möglich und fand sich auch billigend damit ab, dadurch jeweils geschlechtliche Handlungen an einer unmündigen Person vorzunehmen“ (US 4 zu Punkt I./ des Schuldspruchs), ebenso hielt er es „zumindest ernstlich für möglich und fand sich auch billigend damit ab, Marta W***** durch den Einsatz nicht unerheblicher physischer Kraft zur Überwindung eines wirklichen bzw erwarteten Widerstands, somit durch Gewalt, namentlich dadurch, dass er die Genannte ganz fest an sich drückte, ihren Kopf mit beiden Händen fasste und sie gegen ihren Willen auf den Mund küsste, wobei er seine Lippen auf die Lippen des Mädchens presste, die ihrerseits ihre Lippen nach innen zog und ihren Mund ganz fest zusammendrückte, weil der Angeklagte im Zuge seines Kusses auch versuchte, mit seiner Zunge in ihren Mund einzudringen, gegen ihren Willen zur Duldung des vorstehend geschilderten Kusses zu nötigen“ (US 5 zu Punkt II./ des Schuldspruchs).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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