Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Thomas F***** zweier Verbrechen der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 und Abs 2 dritter und vierter Fall StGB (I/A), je eines Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und Abs 2 erster, dritter und vierter Fall StGB (I/B) und der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB (II), zweier Verbrechen der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 erster Fall StGB (III/A und C), je eines Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (III/B) und des schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 1 StGB (IV) sowie des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 2 WaffG (V) schuldig erkannt.
Danach hat er in W*****
(I) Nachgenannte dadurch, dass er sie gegen ihren ausdrücklichen Willen und trotz ihres Widerstands für mehrere Stunden durch Fesselung mit Händen und Füßen an der Wand fixierte und ihnen den Mund mit einem Klebeband verklebte
A) außer den Fällen des § 201 StGB mit Gewalt und durch gefährliche Drohung zur Duldung von geschlechtlichen Handlungen genötigt, und zwar
1) am 23. Februar 2012 Natalie K*****, indem er mit einem Elektroschocker wiederholt unter Zufügung erheblicher Schmerzen ihre Brust berührte und reizte, wobei er überdies ankündigte, er werde ihre Scheide mit einer Heftmaschine „zutackern“,
2) am 17. Juni 2012 Elisabeth G*****, indem er mit einem eingeschaltenen Lötkolben und einem Elektroschocker ihre Brust und ihre Scheide wiederholt unter Zufügung erheblicher Schmerzen berührte und reizte und einen Vereisungsspray auf diese Körperpartien sprühte, wobei er überdies ankündigte, ihre Schamlippen „abzubrechen“ und äußerte: „Du hast keine Angst, weil sonst hättest du dich schon lange angeschissen und angebrunzt. Wenn du auf das Teller machst und das essen würdest, kannst gehen“,
wobei die genötigten Personen durch die Taten längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt und in besonderer Weise erniedrigt wurden;
B) Anfang September 2012 Corina J***** mit Gewalt, durch Entziehung der persönlichen Freiheit und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben zur Duldung von dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlungen genötigt, indem er ihr im wehrlosen Zustand
‑ mit brennenden Zigaretten zahlreiche Brandwunden im Bereich des Gesichts, der Arme und Beine zufügte und einen eingeschaltenen Elektrobohrer in Penetrationsabsicht an ihren Scheideneingang ansetzte,
‑ unter der Ankündigung „wenn du nicht in den Topf Lulu oder Kacki machst, dann werd ich dir noch weiter weh tun“, unter Zufügung beträchtlicher Schmerzen mehrere Nadeln durch die Brustwarzen, durch die Schamlippen und in die Scheide stieß,
wobei die Tat eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) der Corina J***** zur Folge hatte und diese durch die Tat längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt und in besonderer Weise erniedrigt wurde;
(II) Corina J***** durch die unter I/B angeführte Tat eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB), nämlich drittgradige Verbrennungen von 8 bis 10 mm Durchmesser im Bereich der Beine, absichtlich zugefügt, wobei die Tat eine auffallende Verunstaltung, sohin eine schwere Dauerfolge (§ 85 Z 2 zweiter Fall StGB), nach sich zog;
(III) Nachgenannte durch gefährliche Drohung teils mit dem Tod (A und C) zu Unterlassungen, nämlich zur Abstandnahme von strafrechtlichen Anzeigen und von der Information Dritter über die unter I und II geschilderten Taten genötigt, und zwar
A) am 23. Februar 2012 Natalie K***** durch die Ankündigung, andernfalls ihren Freund und ihre Kinder umzubringen,
B) am 17. Juni 2012 Elisabeth G***** durch das sinngemäße In‑Aussicht‑Stellen von zumindest Verletzungen am Körper, indem er äußerte, „dass er sie ansonsten finden würde, egal wo sie sei“,
C) Anfang September 2012 Corina J***** durch die Ankündigung, ansonsten ihre Familie zu töten oder töten zu lassen;
(IV) fremde bewegliche Sachen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen, und zwar
A) am 23. Februar 2012 Natalie K***** 150 Euro,
B) Anfang September 2012 Corina J***** eine Geldbörse, 160 Euro und ein Mobiltelefon,
wobei er die Diebstähle während der unter I angeführten Taten unter Ausnützung eines Zustands der Bestohlenen beging, der sie hilflos machte;
(V) bis zum 26. September 2012, wenn auch nur fahrlässig, eine verbotene Waffe (§ 17 Abs 1 Z 1 WaffG), nämlich einen als Taschenlampe getarnten Elektroschocker, unbefugt besessen.
Das Schöffengericht verhängte über Thomas F***** unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach dem ersten Strafsatz des § 201 Abs 2 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von elf Jahren und ordnete gemäß § 21 Abs 2 StGB seine Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher an.
Rechtliche Beurteilung
Die vom Angeklagten gegen die Schuldsprüche I, II, III/A und C und IV/B und gegen die Anordnung der Maßnahme aus Z 3, 4, 5, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.
Die reklamierte Nichtigkeit aus Z 3 wegen eines Verstoßes gegen § 260 StPO aufgrund eines Widerspruchs des Referats der als erwiesen angenommenen entscheidenden Tatsachen (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) zum Schuldspruch I/B und den Entscheidungsgründen liegt nicht vor. Die Rüge übergeht ‑ bei unvollständiger Wiedergabe der Urteilsfeststellungen - jene Konstatierungen, wonach der Angeklagte (dem Ausspruch nach § 260 Abs 1 Z 1 StPO entsprechend) einen eingeschalteten Elektrobohrer in Penetrationsabsicht an den Scheideneingang der Corina J***** angesetzt hat (US 10 und 26).
Der Vorschrift des § 439 Abs 2 StPO wurde dem weiteren Vorbringen zuwider durch Beiziehung von Univ.‑Prof. Dr. Manfred W***** (vgl ON 77, 79, 85 S 3 ff) entsprochen. Dass ein Sachverständiger ‑ wie hier laut ON 81 ‑ in der Liste der Gerichtssachverständigen eingetragen sein muss, sieht das Gesetz nicht vor, wobei im Übrigen auch eine Verletzung des § 126 Abs 2 StPO nicht mit Nichtigkeit bedroht wäre (Hinterhofer, WK‑StPO § 126 Rz 27). Bleibt aber anzumerken, dass Univ.‑Prof. Dr. Manfred W***** vor Eintragung in die Sachverständigenliste ohnedies den erforderlichen Eid abgelegt hat (§ 5 Abs 1 SDG) und vom Vorsitzenden an diesen erinnert wurde (ON 85 S 3), womit dem Zweck der Informationspflicht des § 126 Abs 2 StPO ‑ auch im Fall erfolgter Streichung des Genannten aus der Liste (vgl ON 89 S 5 f und ON 90 S 1) ‑ Rechnung getragen wurde.
Weshalb die ‑ behauptete ‑ Kenntnis des Univ.‑Prof. Dr. Manfred W***** vom Gutachten eines im Verfahren wegen Befangenheit (aufgrund von Vorkommnissen in der Hauptverhandlung am 9. April 2013 [ON 73 S 24 ff, ON 75] nach Erstattung des schriftlichen Gutachtens ON 41) enthobenen (ON 77), früher tätig gewesenen Sachverständigen Ersterem „volle Vertrauenswürdigkeit“ nehmen sollte, bleibt unerfindlich, wobei im Übrigen die Gutachten des Genannten und jenes von Univ.‑Doz. Dr. Karl D***** in Betreff der diagnostizierten Persönlichkeitsstörung auch gar nicht restlos übereinstimmen (vgl ON 41 S 125 und ON 79 S 2 iVm ON 85 S 3 ff).
Ebenso wenig zeigt die ‑ allein auf den Umstand, dass sich Univ.‑Prof. Dr. Manfred W***** wegen einer Vorlage zu einem standardisierten und in der Hauptverhandlung thematisierten Test (SORAG; vgl ON 79 S 74) an den dort anwesenden Univ.‑Doz. Dr. Karl D***** gewandt hat (ON 85 S 75 f) gegründete ‑ Kritik eines „Verstoßes gegen § 252 Abs 1 und 4 StPO“, weil „eine hohe Wahrscheinlichkeit“ bestehe, dass das ‑ gerade nicht verlesene (ON 90 S 4) ‑ „Gutachten des Sachverständigen Dr. D***** im Umweg über das Gutachten des SV Prof. W***** Eingang in die Hauptverhandlung gefunden habe“, eine nach § 252 Abs 4 StPO mit Nichtigkeit bewehrte Umgehung des Abs 1 des § 252 StPO auf.
Die Verfahrensrüge (Z 4) kritisiert zu Unrecht die Abweisung (ON 86 S 5) des Antrags auf „Verschriftung sämtlicher auf Tonband aufgezeichneter Aussagen des Herrn F***** gegenüber dem Sachverständigen Prof. W***** sowie der Sachverständigen Mag. R***** zum Beweis dafür, dass nicht sämtliche Aussagen des Herrn F*****, welche in wissenschaftlicher Hinsicht relevant sind, einerseits der Verteidigung nicht zugänglich waren, dadurch das Gutachten nicht entsprechend hinterfragt werden konnte, andererseits die Aussagen des Gutachtens nicht nachvollziehbar sind und in eventu ebenfalls das Gutachten verfehlt ist“ (ON 85 S 44).
Denn im Antrag unterblieben erforderliche Ausführungen, warum die begehrte Beweisaufnahme ‑ ungeachtet der Angaben des Sachverständigen, dass das von ihm diktierte (ON 79 S 25) Tonbandprotokoll nicht sämtliche Angaben des Untersuchten enthält (ON 85 S 41 f) ‑ das behauptete Ergebnis erwarten lasse (RIS‑Justiz RS0118444). Das den Antrag ergänzende Beschwerdevorbringen auch zu Vorkommnissen vor der abweisenden Beschlussfassung, jedoch nach der Antragstellung (ON 85 S 47, 48, 49, 50) ist unbeachtlich (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 325; RIS‑Justiz RS0099618, RS0099117).
Zudem besteht ein durch Z 4 garantiertes Überprüfungsrecht von Befund und Gutachten eines Sachverständigen nur dann, wenn ein im § 127 Abs 3 erster Satz StPO angeführter Mangel (im Rahmen fundierter Antragstellung; vgl Hinterhofer, WK‑StPO § 127 Rz 16) aufgezeigt wird und das dort beschriebene Verbesserungsverfahren erfolglos geblieben ist (vgl RIS‑Justiz RS0117263), was hier nicht der Fall ist. Davon abgesehen ist es dem pflichtgemäßen (also nur auf Willkür überprüfbaren; vgl Murschetz, WK‑StPO § 429 Rz 12) Ermessen der Tatrichter anheimgestellt, neue Befunde oder Gutachten zur Überprüfung früherer abzufordern (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 351). Ein Recht, eine über die Befragung von Sachverständigen hinausgehende Beweisaufnahme über die Befundgrundlagen zu erwirken, ist weder in der StPO vorgesehen, noch durch Art 6 Abs 3 lit d MRK oder Art 6 Abs 1 MRK garantiert (vgl auch RIS‑Justiz RS0117263 [T14]). Die Überzeugungskraft eines im Sinn des § 127 Abs 3 erster Satz StPO mängelfreien Befundes oder Gutachtens unterliegt nämlich der freien Beweiswürdigung des erkennenden Gerichts (erneut Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 351; RIS‑Justiz RS0097433).
Der Kritik an der Begründung für die (im Übrigen mit Recht erfolgte) Abweisung des Antrags auf „Enthebung des Sachverständigen Prof. W*****“, ist zu erwidern, dass die Richtigkeit einer solchen Begründung nicht unter Nichtigkeitssanktion steht (RIS‑Justiz RS0121628).
Das ‑ entgegen dem entsprechenden Erfordernis ohne Angabe einer genauen Fundstelle im Akt und demnach auch nicht prozessordnungskonform (vgl RIS‑Justiz RS0124172) erstattete ‑ Vorbringen zur Abweisung des Antrags auf Beiziehung eines psychiatrischen Sachverständigen zur „Überprüfung der Aussagefähigkeit und ‑tüchtigkeit der Zeuginnen Corina J***** und Elisabeth G***** zu den Zeitpunkten ihrer kontradiktorischen Vernehmung“ und „vor der Polizei“ würde auch deshalb scheitern, weil im Rahmen der Antragstellung nicht dargelegt wurde, warum anzunehmen sei, dass sich die Genannten zu einer Befundaufnahme bereit finden würden (vgl RIS‑Justiz RS0118956).
Erneut zu Unrecht kritisiert die Rüge die Abweisung (ON 86 S 4) des Antrags auf Ladung der Sachverständigen Mag. R***** „zum Beweis dafür, dass das ausgeschlossene Gutachten Dr. D***** und Mag. Fr***** zur Bewertung der einzelnen Items und zur Schlussfolgerung bzw conclusio für das Gutachten W*****-R***** herangezogen wurde. Die Begründung und Relevanz ergibt sich daraus, dass eine Testreliabilität im Allgemeinen aus wissenschaftlicher Erfahrung oder aus wissenschaftlicher Empirie mit 80 % geschätzt wird. Eine 100%ige Übereinstimmung, wie dies im vorliegenden Fall gegeben ist, ist rein aus statistischen Gründen nahezu unmöglich bzw denkunmöglich. Um die Ursachen einer 100%igen Übereinstimmung zu überprüfen, ist die Sachverständige Mag. R***** zu laden. Zum Beweis dafür, dass in das Gutachten Mag. Fr***** Einsicht genommen wurde und diesbezüglich sind die Protokolle Mag. Fr***** vorzulegen. Ferner ist die Ladung der Sachverständigen Mag. R***** beantragt, zum Beweis dafür, dass der Sachverständige Prof. W***** nicht angeben konnte, wie Mag. R***** auf welcher Grundlage zu den Testergebnissen gekommen ist, insbesondere konnte der Sachverständige Mag. W***** nicht im Konkreten darlegen, aufgrund welcher Angaben der Angeklagte die Schlussfolgerungen der Sachverständigen gefolgt sind, und insbesondere nicht, warum die Persönlichkeitstests nicht durchgeführt wurden, obwohl zwingend eine Notwendigkeit bestand, um den Narzismus und Sadismus und die Devianz in sexuellen Angelegenheiten dokumentieren zu können. Ferner wird die Ladung der Frau Mag. R***** beantragt, zum Beweis dafür, dass das Gutachten unschlüssig ist. Diesbezüglich wird auf den Soragtest (S 75 ff des Gutachtens) verwiesen, wo entgegen den Ausführungen des Angeklagten verneint wurde, dass er bis zum 16. Lebensjahr mit beiden biologischen Elternteilen zusammengelebt hat. Es wird die Sachverständige zu befragen sein, wie sie dennoch annimmt, dass das nicht der Fall gewesen ist. Ferner, dass die Vorgeschichte von Sexualstraftaten ausschließlich zum Nachteil von Mädchen unter 14 Jahren, und mit nein beantwortet, also massiv negativ für die Rückfallswahrscheinlichkeit gewertet wurde, dies absolut keinen Sinn ergibt, und auch der Sachverständige keine Antwort geben konnte und lediglich auf den Test verwiesen hat, aber natürlich es keinen Sinn ergeben kann, dass wenn jemand keine Sexualstraftaten an Kindern verübt hat, dies dennoch massiv negativ gewertet wird. Ferner, dass in einem Test (Score S 70) die Jugenddelinquenz mit einem Punkt bewertet wurde und im Statiktest S 78 mit null Punkten bewertet wurde, die frühere Verurteilung aufgrund nicht sexueller Gewalt mit null Punkten, und in einem Test eben mit einem Punkt, wobei die Fragestellung dieselbe war, denn ob frühere Verurteilungen aufgrund nicht sexueller Gewalt und Jugenddelinquenz die gleichen Antworten ergeben muss, das ist auch zwingend“ (ON 86 S 1 ff).
Denn schon die Prämisse einer 100%igen Übereinstimmung der psychologischen Testergebnisse des ‑ im Übrigen in der Hauptverhandlung nicht vorgekommenen (ON 90 S 4) ‑ schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Univ.‑Doz. Dr. Karl D***** (ON 41) mit jenem von Univ.‑Prof. Dr. Manfred W***** ist aktenfremd, was sich auch an den Ergebnissen des standardisierten PCL‑R‑Tests zur Persönlichkeit, der dem Gutachten zur geistigen oder seelischen Abartigkeit zu Grunde gelegt wurde (ON 79 S 90 f; Z 11 erster Fall iVm Z 4), zeigt (Gutachten Dris. D*****: Gesamtwert 20 von 36 Punkten [ON 41 AS 121], Gutachten Dris. W*****: Gesamtscore 20 von 40 Punkten [ON 79 S 73]).
Die weiteren psychologischen Testungen wurden ausschließlich der mit Nichtigkeitsbeschwerde nicht bekämpfbaren Ermessensentscheidung zur Gefährlichkeits-prognose (Ratz in WK² StGB Vor §§ 21‑25 Rz 11) zugrunde gelegt, wobei im Übrigen auch die psychologischen Testungen SORAG (ON 41 AS 123, ON 79 S 77) und Stable 2007 (ON 41 AS 79, ON 79 S 84) unterschiedliche Ergebnisse erbrachten.
Das die Anträge ergänzende Beschwerdevorbringen unterliegt dem sich aus dem Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes ergebenden Neuerungsverbot und ist daher unbeachtlich (neuerlich RIS‑Justiz RS0099618, RS0099117).
Der Mängelrüge zum Schuldspruch I/B/2 zuwider haben die Tatrichter die festgestellte Absicht des Angeklagten, Corina J***** durch Zufügen von Brandwunden mit dem Glutkegel von Zigaretten schwer zu verletzen (US 13), aus dem äußeren Tatgeschehen unter besonderer Berücksichtigung der ‑ flüchtige Berührungen der Haut ausschließenden ‑ Tiefe der Brandwunden abgeleitet (US 25), was unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) nicht zu beanstanden ist (RIS‑Justiz RS0116882).
Gleiches gilt für die Feststellungen zu den Schuldsprüchen III/A und C, wonach sich der Vorsatz des Angeklagten betreffend Natalie K***** und Corina J***** jeweils auf eine Drohung mit dem Tod erstreckte (US 12 und US 13), die das Erstgericht ebenso aus dem objektiven Geschehensablauf unter Berücksichtigung des zuvor stattgefundenen Martyriums abgeleitet hat. Dabei war es der Rüge zuwider zu einer Erörterung, „welchen realistischen Hintergrund die beiden Ankündigungen hatten“, mangels Entscheidungsrelevanz nicht verhalten, weil die Frage ob der Drohende seine ‑ hier qualifizierten ‑ Drohungen tatsächlich wahrmachen will oder dazu im Stande ist, kein Kriterium der Drohung ist, es genügt vielmehr, dass diese ernst gemeint und verwirklichbar erscheint (Jerabek in WK2 StGB § 74 Rz 23).
Soweit der aus Z 3 behauptete Widerspruch auch zum Gegenstand der Mängelrüge (Z 5 dritter Fall) erhoben wird, wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.
Indem die Rüge (nominell Z 5, der Sache nach Z 9 lit b) zum Schuldspruch I/B eine Auseinandersetzung mit einem „allfälligen Rücktritt des Angeklagten vom Versuch der Vergewaltigung gem. § 16 Abs 1 StGB“ vermisst, hält sie nicht am Bezugspunkt der Urteilsfeststellungen fest (vgl RIS‑Justiz RS0099810), wonach der Angeklagte den Elektrobohrer bereits am Scheideneingang mit Penetrationsabsicht anhielt und demzufolge die Tat bereits unternommen war (Philipp in WK2 StGB § 201 Rz 43).
Der Einwand (Z 5 vierter Fall), das Gericht habe sich in seiner Urteilsbegründung beweiswürdigend auf das nicht verlesene (vgl ON 90 S 4) Gutachten von Univ.‑Prof. Dr. Manfred W***** gestützt, übersieht, dass der Sachverständige eingangs der mündlichen Gutachtenserörterung sein schriftliches Gutachten vollinhaltlich aufrecht hielt (ON 85 S 3), womit es zum Gegenstand der Hauptverhandlung und gemäß § 258 Abs 1 StPO zulässig zur Begründung herangezogen wurde.
Mit dem allgemeinen Hinweis auf „die von der Verteidigung reklamierten Ungereimtheiten der Gutachtenserstattung“ wird Nichtigkeit nicht deutlich und bestimmt bezeichnet; die Kritik an der Auswertung des ausschließlich der Gefährlichkeitsprognose zu Grunde gelegten SORAG‑Tests („vide oben“) stellt ein Berufungsvorbringen dar (vgl Ratz in WK² StGB Vor §§ 21‑25 Rz 8 ff).
Entgegen dem Einwand (Z 5 zweiter Fall) zum Schuldspruch IV/B haben die Tatrichter das Eigentum des Angeklagten an einem sichergestellten Mobiltelefon in ihre Überlegungen (US 20) einbezogen. Die in diesem Zusammenhang behauptete Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) ist mangels unrichtiger oder unvollständiger Wiedergabe des Inhalts einer Aussage oder Urkunde im Urteil (RIS‑Justiz RS0099547) nicht gegeben.
Die Subsumtionsrüge (Z 10), die zum Schuldspruch I/A/1 eine Subsumtion „als Freiheitsentziehung gem. § 99 StGB“ anstrebt und in diesem Zusammenhang ‑ im Übrigen ohnedies getroffene (US 2 iVm US 10 f) - Feststellungen zu den von Natalie K***** erlittenen Schmerzen vermisst, legt nicht dar, weshalb eine derartige Empfindung beim Opfer für die Erfüllung des Tatbestands der geschlechtlichen Nötigung entscheidend sein sollte. Die weiters als fehlend reklamierte Feststellung, wonach Natalie K***** durch die Ankündigung des „Zutackerns“ der Scheide zur Duldung weiterer Elektroschocks veranlasst werden sollte, findet sich im Übrigen auf US 12.
Soweit die Rüge zum Schuldspruch I/B fehlende Berührung der Scheide der Corina J***** durch den Bohrerkopf behauptet und damit eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung in Abrede stellt, ignoriert sie die bereits angeführten Urteilskonstatierungen, wonach der Angeklagte in Penetrationsabsicht einen Elektrobohrer an den Scheideneingang der Genannten anhielt, während er den Bohrerkopf zum Drehen brachte (US 10 und 26). Das Vorbringen, das Einstechen von Nadeln in Brustwarzen, Schamlippen und Scheide sei keine dem Beischlaf gleichzusetzende Handlung, sagt nicht, weshalb es darauf im Hinblick auf das Ansetzen des Elektrobohrers für die Tatbildlichkeit des zu I/B angelasteten Verhaltens ankommen soll.
Die zum Schuldspruch II vermisste Feststellung, wonach der Angeklagte bei Zufügen der Brandwunden mit dem Glutkegel einer Zigarette in der Absicht handelte, Corina J***** dadurch schwer, in Form von drittgradigen Verbrennungen zu verletzen, findet sich in US 11 iVm US 13.
Der Sanktionsrüge (Z 11) genügt zu erwidern, dass die Frage der Beurteilung der Gefährlichkeit („Rückfallswahrscheinlichkeit“) nach § 21 Abs 2 StGB ‑ trotz der gemäß § 439 Abs 2 StPO bei sonstiger Nichtigkeit gebotenen Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Gebiet der Psychiatrie ‑ letztlich allein dem Ermessen des Gerichts anheimgestellt ist. Ein derartiger ‑ wie hier auf den gesetzlichen Kriterien beruhender ‑ Ausspruch kann daher ausschließlich mit Berufung angefochten werden (vgl Ratz in WK² StGB Vor §§ 21‑25 Rz 8 ff).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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