OGH 4Ob21/14p

OGH4Ob21/14p25.3.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I***** GesmbH, *****, vertreten durch Wolf Theiss Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Wien, gegen die beklagte Partei Z***** OG, *****, vertreten durch Doralt Seist Csoklich Rechtsanwalts‑Partnerschaft OG in Wien, wegen 33.062,32 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 13. November 2013, GZ 39 R 111/13g‑19, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0040OB00021.14P.0325.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1.1. Wurde die Entscheidung erster Instanz von der unterlegenen Partei nur in einem bestimmten Punkt wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten (oder die gesamte Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt), dann sind diese Versäumnisse im Revisionsverfahren nicht mehr nachholbar, und andere Punkte können in der Rechtsrüge der Revision nicht mehr geltend gemacht werden (stRsp; siehe Kodek in Rechberger , ZPO³ § 503 Rz 27; Zechner in Fasching/Konecny ² IV/1 § 503 Rz 56 iVm 191, je mwN; RIS‑Justiz RS0043573 [T29, T36, T43]).

1.2. Die Berufung der Klägerin macht in rechtlicher Hinsicht ausschließlich einen Verstoß der Beklagten gegen ihre Schadensminderungs- bzw Rettungspflicht geltend. Die Rechtsfrage, ob die den Anspruch begründende Vertragsbestimmung wegen Sittenwidrigkeit oder gröblicher Benachteiligung unwirksam ist, wurde in der Berufung nicht mehr aufgegriffen. Diese selbständigen Streitpunkte waren damit nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens und können deshalb in dritter Instanz nicht überprüft werden.

2.1. Die Rechtsprechung leitet aus § 1304 ABGB die Obliegenheit des Geschädigten ab, den Schaden möglichst gering zu halten (vgl RIS‑Justiz RS0027116, RS0027043).

Gegen die genannte Obliegenheit verstößt, wer als Geschädigter Handlungen unterlässt, die ‑ objektiv beurteilt ‑ geeignet gewesen wären, den Schaden abzuwehren oder zu verringern, und von einem verständigen Durchschnittsmenschen gesetzt worden wären, um eine nachteilige Veränderung des eigenen Vermögens hintanzuhalten (vgl RIS‑Justiz RS0023573 [T2]). Der Geschädigte hat die zur Schadensminderung erforderlichen und ihm zumutbaren Maßnahmen von sich aus und ohne Rücksicht auf das Verhalten des Schädigers zu treffen (vgl RIS‑Justiz RS0027015, RS0027173).

2.2. Was dem Geschädigten im Rahmen der Obliegenheit zur Schadensminderung zumutbar ist, bestimmt sich nach den Interessen beider Teile und den Grundsätzen des redlichen Verkehrs. Es kommt daher wesentlich auf die Umstände des Einzelfalls an (RIS‑Justiz RS0027787, RS0029874).

2.3. Nach herrschender Auffassung sind unter anderem die §§ 1117, 1118 ABGB Ausdruck des allgemeinen Grundsatzes, dass jegliches Dauerschuldverhältnis aus wichtigem Grund aufgelöst werden kann. Als ein zur vorzeitigen Auflösung berechtigender wichtiger Grund sind Umstände anzusehen, die die weitere Fortsetzung des Schuldverhältnisses unzumutbar erscheinen lassen ( Riss in Kletečka/Schauer , ABGB-ON 1.01 §§ 1118, 1119 Rz 1, 3; vgl auch RIS‑Justiz RS0021107, RS0018377).

2.4. Nach den Feststellungen ist die Klägerin als Mieterin mit der Zahlung des Bestandzinses wiederholt und über längere Zeiträume in Rückstand geraten und hat ihr eingeräumte Ratenzahlungen nicht bei Fälligkeit geleistet, weshalb die Beklagte bereits einmal die exekutive Räumung betrieben hat.

Wenn die Vorinstanzen unter diesen Umständen davon ausgegangen sind, die Beklagte habe nicht gegen die Schadensminderungsobliegenheit verstoßen, weil ihr eine Fortsetzung des Bestandverhältnisses oder eine sonstige weitere Nutzung des Bestandobjekts durch die Klägerin trotz deren Angebots, verschiedene Sicherheiten beizustellen, nicht zumutbar war, haben sie die gesetzliche Wertung des § 1118 ABGB in vertretbarer Weise auf den Einzelfall angewendet.

3. Der Einwand der Klägerin, die Vertragsstrafe wegen vorzeitiger Vertragsauflösung dürfe jenen Zeitraum nicht umfassen, in dem das Mietobjekt infolge eines Wassereintritts und der nachfolgenden Sanierungsarbeiten nicht vermietbar gewesen sei, zielt auf die mangelnde Kausalität für den Vermögensentgang (vgl RIS‑Justiz RS0111706). Eine Behauptung des Inhalts, das Bestandobjekt sei in bestimmten Zeiträumen tatsächlich in einem solchen Umfang unbrauchbar gewesen, dass der Klägerin bei hypothetisch aufrechtem Bestandverhältnis ein Zinsminderungsrecht nach § 1096 ABGB zugestanden wäre, hat diese aber nicht aufgestellt.

4. Von der behaupteten Aktenwidrigkeit hängt die Entscheidung nicht ab (vgl RIS‑Justiz RS0043265). Ob die Beklagte der Klägerin durch ihr Verhalten bewusst Schaden zufügen wollte, hat mit Inhalt und Umfang ihrer ‑ in dritter Instanz allein zu prüfenden ‑ Obliegenheit zur Schadensminderung nichts zu tun.

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