OGH 7Ob217/13g

OGH7Ob217/13g26.2.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** E*****, vertreten durch Dr. Clemens Pichler, LL.M., Rechtsanwalt in Dornbirn, gegen die beklagte Partei A***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang W. Richter, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung und Leistung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 1. August 2013, GZ 36 R 139/13b‑29, womit das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 11. Februar 2013, GZ 27 C 1025/11d‑25, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: AT:OGH:2014:E107027

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 559,15 EUR (darin enthalten 93,19 EUR an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger wechselte am 14. 6. 2010 bei der T***** GmbH, Filiale D*****, von seinem bestehenden Internet‑Tarif ***** Breitband 3 GB 2007 auf den neuen Tarif ***** Breitband 19 GB. Der Vertrag bezieht sich auf die Einrichtung eines mobilen Internets. Es war eine Downloadmenge von 19 GB pro Monat und österreichweit zu einem Grundentgelt von 19 EUR (inklusive USt) vereinbart. Bei Überschreitung des Datenvolumens sollte die Verrechnung gemäß Tarif erfolgen. Im Antragsformular wird auf die Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen einschließlich der Leistungsbeschreibungen und der für den Kunden geltenden Entgeltbestimmungen verwiesen. Es wird (unstrittig) im Antrag auf der Seite 1 unter der Überschrift „Ihr Tarif“ und auf Seite 2 unter der Überschrift „Ihre persönlichen Daten“ die ***** Rufnummer beginnend mit „+43***** .....“ genannt.

Der Kläger erhielt auf Grund des Tarifwechsels ein *****‑Modem H*****, mit dem er die Verbindung zwischen seinem Laptop und dem Internet herstellte. Das Modem, auch (End)Gerät genannt, betrieb der Kläger nicht über das USB‑Kabel am Notebook, sondern direkt über ein Netzgerät als wireless access point im Erdgeschoss des Hauses. Das Notebook griff damit über WLAN auf das Modem zu und erlangte so den Zugang zum Internet.

Das Modem weist wichtige Betriebszustände durch vier farbige LED aus und kann ‑ nach den hier wörtlich wiedergegebenen Feststellungen ‑ auf zwei Arten konfiguriert, verbunden und überwacht werden: „ ... 1) Via Web‑Interface (dazu ist lediglich ein Browser erforderlich) und 2) via ***** Mobile Partner Software (vom Gerät über USB installierbar, das Gerät meldet sich als CD‑Laufwerk). In beiden Fällen wird unmittelbar im Eingangsfenster der Netzbetreiber leicht auffindbar angezeigt, die Namen der Netzbetreiber sind in der Regel selbsterklärend. Eine manuelle Anbieterauswahl/Einschränkung ist in den jeweiligen Einstellungen möglich, ebenfalls kann eine PIN‑Prüfung zum Verbindungsaufbau aktiviert werden.“

Im gesamten Wohnbereich im Haus des Klägers wurden folgende Netzbetreiber empfangen: A1, Drei AT, Orange AT, Orange CH, T‑Mobile Austria, Sunrise und Swisscom. Beim Herstellen der Verbindungen zum Internet verwendete der Kläger weder das Web‑Interface noch die mitgelieferte Software.

Dem Kläger standen grundsätzlich drei Möglichkeiten zur Verfügung, ein Einbuchen in ein ausländisches Netz zu verhindern. Er konnte die LED‑Anzeige auf seinem Modem beachten, auf dem im Fall von Roaming ein rotes R aufleuchtet. Er konnte mit Hilfe der mitgelieferten Software auf manuelle Netzwahl umstellen, und zwar mit oder in Kombination mit einer manuellen PIN‑Eingabe. Er konnte aber auch bei der Beklagten eine generelle Roaming‑Sperre veranlassen.

Punkt 8 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Mobil (AGB‑Mobil) der Beklagten lautet:

Roaming:

Was ist Roaming?

8.1. Mit Roaming können Sie auch in ausländischen Mobilfunknetzen unserer Partner telefonieren und sonstige Leistungen nutzen, zB Daten senden und empfangen. Voraussetzung für Roaming ist ein Roaming‑Abkommen zwischen uns und dem ausländischen Mobilfunk‑Betreiber.

Für Roaming‑Leistungen sind in der Regel wir Ihr direkter Vertragspartner. Detaillierte Informationen zu unseren Roaming‑Partnern und den Entgelten, die wir für Roaming‑Leistungen verrechnen, finden Sie in den für Sie geltenden Entgeltbestimmungen und im Internet unter www.*****

...

Wie können Sie unnötige Kosten vermeiden?

8.3. Bitte beachten Sie: In grenznahen Gebieten kann es vorkommen, dass sich Ihr Endgerät bei der üblicherweise eingestellten Funktion „automatische Netzsuche“ in ein ausländisches Mobilfunknetz einbucht. Das erkennen Sie auf dem Display Ihres Handys oder der Benutzeroberfläche Ihrer Datenkarte. Wenn sich Ihr Handy in ein ausländisches Mobilfunknetz einbucht, fallen Roaming‑Entgelte an, obwohl Sie sich in Österreich aufhalten ‑ auch für Rufumleitungen zur Mailbox.

8.4.Tipp: Sie können unerwünschte Roaming‑Verbindungen in grenznahen Gebieten vermeiden, indem sie Ihr Endgerät auf „manuelle Netzwahl“ stellen und das ***** Netz wählen oder indem Sie von uns eine Rufsperre setzen lassen. Details dazu finden Sie in der Bedienungsanleitung Ihres Endgeräts bzw erhalten Sie sie bei unserer Serviceline.“

Auch auf ihrer Homepage weist die Beklagte an mehreren Stellen auf die Gefahr hin, dass die mobile Einwahl zum Datentransfer in ein ausländisches Netz erfolgt und dadurch ungewollt Roaming‑Gebühren entstehen, sie bietet als Lösung die Roaming‑Sperre oder das selbständige Wählen des Netzbetreibers durch manuelles Einbuchen an.

„Der Kläger wusste über die Gefahr im grenznahen Bereich, mit seinem Gerät in ein ausländisches Mobilfunknetz zu geraten, daher hat er auf seinem Handy die manuelle Einwahl aktiviert, um zu verhindern, dass er unbeabsichtigt in ein fremdländisches Netz gerät“ (wörtliche Feststellung).

Der Kläger verwendete sein Modem während ca eines Jahres am selben Ort und in derselben Weise, ohne dass es sich automatisch in ein ausländisches Netz einbuchte. Das Modem wählte sich aber am 21. und 22. 8. 2011 und am 1. und 2. 9. 2011 in das Netz der Swisscom ein. Die Beklagte verrechnete diese Roaming‑Leistungen und begehrte für den Zeitraum 19. 8. 2011 bis 18. 9. 2011 den Betrag von 761,98 EUR. Da sich der Kläger weigerte, mehr als das vereinbarte Grundentgeld von 19 EUR zu bezahlen, sperrte die Beklagte seinen Internetzugang.

Der Kläger begehrt 1. die Feststellung, dass er der Beklagten aus dem Abrechnungszeitraum 19. 8. 2011 bis 18. 9. 2011 ausschließlich das Grundentgelt von 19 EUR (inklusive USt) schulde und 2. die Beklagte schuldig zu erkennen, die gegen ihn verfügte Sperre des Internets unverzüglich aufzuheben. Der Kläger habe keine Roaming‑Leistungen in Anspruch genommen, weil er im Abrechnungszeitraum das mobile Internet nur von zu Hause aus benützt habe. Sein Surf‑ und Downloadverhalten habe sich im Verhältnis zum Vorzeitraum, in dem es keinen Roaming‑Fall gegeben habe, nicht geändert. Die Beklagte habe ihre Schutz‑ und Sorgfaltspflichten verletzt. Er sei bei Tarifwechsel nicht darüber aufgeklärt worden, dass er aufgrund der Grenznähe auch ins Schweizer Netz geraten könne und dadurch Roaming‑Kosten entstehen könnten, und auch nicht darüber, wie eine unbeabsichtigte Einwahl in ein ausländisches Netz verhindert hätte werden können. Punkt 8 der AGB‑Mobil sei intransparent, weil die Klausel für den Kunden nachteilig und sie ihm nicht deutlich vor Augen geführt worden sei. Der enthaltene Hinweis reiche nicht aus, um den Verbraucher deutlich auf die Roaming‑Kosten hinzuweisen. Während die Beklagte für ein Datenvolumen von 19 GB nur 19 EUR, sohin für 1 MB 0,001 EUR verlange, würden für Roaming‑Verbindungen mehr als 2,70 EUR pro MB in Rechnung gestellt. Das Entgelt für Roaming‑Leistungen pro MB betrage „mehr als das 3.000‑fache“ des Grundentgelts. Durch Punkt 8 der AGB‑Mobil werde der Kunde nicht über die für Roaming‑Verbindungen zu erwartenden Kosten aufgeklärt. Die Entgeltbestimmungen seien auch aus diesem Grund intransparent. Die Beklagte dürfe daher kein Roaming‑Entgelt verlangen. Der Kläger schulde nur das Grundentgelt. Die Beklagte habe zu Unrecht den Internetzugang gesperrt.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Sie habe die vom Kläger in Anspruch genommenen Leistungen vereinbarungsgemäß in Rechnung gestellt. Auch wenn sich der Kläger nicht im Ausland befunden habe, könne sein Endgerät, falls es auf automatische Netzwahl eingestellt sei, in das grenznahe Schweizer Netz geraten. Hätte der Kläger das Endgerät mit der mitgelieferten Software aktiviert, hätte er jederzeit erkennen können, in welchem Netz er sich befinde. Ein unbemerkter Netzwechsel sei nicht möglich. Es könne mittlerweile allgemein als bekannt vorausgesetzt werden, dass Roaming‑Entgelte anfielen, wenn sich das Gerät automatisch in ausländische Netze einbuche, weil es nicht auf manuelle Netzauswahl eingestellt sei. Die Beklagte habe ausreichend auf ihrer Homepage und in ihren AGB‑Mobil auf diese Gefahr hingewiesen. Der Kläger habe es selbst zu vertreten, wenn er höherpreisige Roaming‑Leistungen in Anspruch nehme.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es habe im Jahr 2011 zum Allgemeinwissen gehört, dass die Inanspruchnahme von Mobilfunkleistungen eines ausländischen Anbieters mit höheren Entgelten verbunden sei, dass sich Mobilfunkwellen ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen ausbreiteten und es daher im grenznahen Bereich bei automatischer Netzwahl vorkomme, dass sich ein mobiles Gerät automatisch in ein fremdes Netz einbuche, weil dieses besser empfangen werde als das inländische. Auch der Kläger, der im grenznahen Gebiet wohne, sei sich dieser Gefahr bewusst gewesen. Er sei zusätzlich durch die AGB‑Mobil darauf hingewiesen worden. Der Beklagten könne kein Vorwurf der Verletzung von vertraglichen Nebenpflichten gemacht werden.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil. Dem Kläger sei die Roaming‑Problematik im grenznahen Bereich bekannt gewesen und er habe sein Handy auf manuelle Einwahl eingestellt. Dieser minimale technische Aufwand hätte auch hier den Anfall der Roaming‑Gebühren verhindert, weshalb nicht einzusehen sei, warum er nicht zumindest diese bekannte Schutzmaßnahme ergriffen habe. Das Schutz‑ und Aufklärungsbedürfnis des Konsumenten habe sich grundsätzlich nach seinem Wissensstand zu richten. Damit erübrige sich die Prüfung, ob die Ausführungen in den AGB‑Mobil und die Hinweise auf der Homepage der Beklagten zum unfreiwilligen Roaming ausgereicht hätten, um den Kläger aufzuklären. Dem durchschnittlichen Internetbenutzer sei überdies bekannt, dass Telekom‑Unternehmen für Roaming‑Leistungen überdurchschnittliche Entgelte verlangten. Vor diesem Hintergrund sei die Klausel 8.1 der AGB‑Mobil nicht unklar oder unverständlich im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG. Der vom Kläger geltend gemachte Wuchertatbestand scheitere schon daran, dass der Kläger nicht vorgebracht habe, inwiefern seine freie Willensbildung gestört und die begünstigte Partei diesen Umstand zumindest fahrlässig ausgenützt habe. Es sei auch kein Vorbringen erstattet worden, aus dem sich ein Anspruch nach § 934 ABGB ableiten ließe.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Entscheidungsgegenstand 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. „Schockrechnungen“ würden im Telekommunikationsbereich immer mehr ein Massenphänomen werden. Die Roaming‑Gebühren seien meist um mehr als das 1.000‑fache höher als die Inlandstarife. Es fehle Judikatur, wie streng die Anforderungen an die Schutz‑ und Sorgfaltspflichten von Telekom‑Unternehmen seien und ob der Verweis in den AGB‑Mobil auf die Abrufbarkeit der Entgeltbestimmungen für Roaming‑Leistungen im Internet den Anforderungen des Konsumentenschutzes entsprächen.

Dagegen richtet sich die Revision des Klägers mit einem Abänderungsantrag, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof hat sich bereits im Zusammenhang mit § 15 KSchG mit der Rechtsnatur des Mobilfunkvertrags auseinandergesetzt. Danach ist dieser ein Mischvertrag sui generis mit dienstvertraglichen und mietvertraglichen Elementen. Selbst wenn man in der Verpflichtung des Netzbetreibers, dem Kunden auf Vertragsdauer den Zugang zum öffentlichen Telekommunikationsnetz und so die Möglichkeit zum Austausch von Sprache und Daten zu eröffnen, einen vom Unternehmer herzustellenden Erfolg und damit ein werkvertragliches Element erblickte, tritt dieses Element deutlich hinter dem mietrechtlichen Vertragselement zurück. Die Vollautomation der bestehenden Netzinfrastruktur erfordert keine Leistungsakte des Betreibers. Der wesentliche Leistungsinhalt besteht darin, dass der Betreiber dem Kunden das gesamte Funknetz samt technischen Einrichtungen, das als unverbrauchbare Gesamtsache im Sinn des § 1090 ABGB zu qualifizieren ist, zum Gebrauch zur Verfügung stellt. Dem Verbraucher werden auf Vertragsdauer gegen Entgelt Nutzungsrechte eingeräumt. Darin liegt das prägende Leistungselement im Sinn des Überwiegens eines Elements bei Mischverträgen. Die Gesetzesterminologie des Telekommunikationsgesetzes (TKG) 2003 spricht dafür, dass der Gesetzgeber von Dienstleistungen des Betreibers gegenüber Nutzern oder Teilnehmern ausgeht, was eine Einordnung des Mobilfunkvertrags in den freien Dienstvertrag, wie dies der BGH judiziert, nahelegt, aber er gibt auch einen Hinweis auf das bestandrechtliche Element (Zurverfügungstellung des Netzes). Es wurde offen gelassen, ob das Schwergewicht des Mischvertrags im dienstvertraglichen oder im mietrechtlichen Element zu erblicken ist (6 Ob 69/05y).

Fest steht, dass Gegenstand der Vereinbarung zwischen den Parteien ein mobiler Internetanschluss war, also kein Anschluss über eine Standleitung (Festnetzanschluss), sondern über eine „0*****‑er“ Rufnummer, also eine Handynummer. Zum Wesen des mobilen Internets gehört es, dass der Netzzugang nicht von einem bestimmten Ort (Wohnung/Haus und nahe Umgebung) abhängig ist, sondern überall gegeben ist, wo die entsprechenden Funkverbindungen vorhanden sind. Weiters steht (vom Kläger auch zugestanden) fest, dass ihm die in grenznahen Bereichen (wie seinem Wohnort) bestehende Gefahr bekannt war, dass sich bei automatischer Netzwahl ein Endgerät auch bei Aufenthalt in Österreich in ein ausländisches Mobilfunknetz einbuchen kann. Er war sich dieser Gefahr so weit bewusst, dass er deshalb bei Verwendung seines Handys die manuelle Einwahl aktivierte, um zu verhindern, dass er unbeabsichtigt in ein fremdländisches Netz gerät.

Das Argument der Revision, diese Kenntnis habe nur in Bezug auf das Handy, nicht jedoch hinsichtlich des Modems bestanden, überzeugt nicht. Dem Kläger musste schon auf Grund des von ihm unterfertigten Antrags auf Tarifwechsel bekannt sein, dass er mittels einer Handynummer die Verbindung zum mobilen Netz herstellte. Er verfügte nicht über eine Standleitung. Sind dem Kläger die Gefahren von Roaming beim mobilen Netzzugang beim Handy bekannt, umfasst diese Kenntnis auch das mobile Internet, zu dem er über ein Modem mit Handynummer gelangt.

Der Kläger wirft der Beklagten nur die Verletzung von vorvertraglichen Schutz‑ und Sorgfaltspflichten vor. Sie hätte ihn aufklären müssen, dass sich sein Gerät, auch wenn es in Österreich betrieben wird, in ein Fremdnetz einbuchen könne und dadurch erhöhte Roaming‑Gebühren entstehen würden. Abgesehen davon, dass keine vorvertragliche Aufklärungspflichtverletzung vorliegt, wie gleich gezeigt wird, leitet der Kläger daraus keinen Schadenersatzanspruch ab. Er macht weder einen solchen in der Klage geltend, noch stützt er sich auf eine außergerichtliche, zum Erlöschen der über das Grundentgelt hinausgehenden Forderung der Beklagten aus der genannten Rechnung führenden Aufrechnung.

Bei Verletzung einer Aufklärungspflicht kann auch ein Geschäftsirrtum durch Schweigen veranlasst werden (RIS‑Justiz RS0108051). Die Beklagte muss den Vertragspartner über solche Umstände aufklären, deren Bedeutung dieser mangels Fachkenntnis nicht erkennt, deren Kenntnis aber für seine Entscheidung von maßgeblichem Einfluss gewesen wäre (vgl RIS‑Justiz RS0014823). Art und Ausmaß der Aufklärungspflicht richten sich nach dem Vertragsgegenstand und nach dem vorauszusetzenden (vgl RIS‑Justiz RS0048335) und tatsächlichem Wissensstand des Vertragspartners und damit nach den Umständen des Einzelfalls.

Dass der Kläger ausdrücklich eine Beratung für die Verwendung des mobilen Geräts ausschließlich zu Hause (im Grenzbereich) gewollt hätte, wird von ihm ohnehin nicht behauptet. Ein aus Irreführung über Roaming abgeleiteter Anspruch des Klägers scheitert schon daran, dass die Beklagte den Kläger gar nicht in Irrtum führen konnte, weil ihm die entsprechenden Tatsachen schon bekannt waren. Zusätzlich wurde er auf die (ihm schon bekannte) Gefahr in den AGB‑Mobil, in der Gebrauchsanweisung für das Modem und durch die LED‑Anzeige des Modems hingewiesen. Eine Aufklärungspflichtverletzung liegt nicht vor. Überdies halten beide Parteien nach ihrem Vorbringen am Vertrag fest. Die Beklagte übt ein Leistungsverweigerungsrecht wegen nicht gehörig erfüllten Vertrags nach § 1052 ABGB aus, weil der Kläger die Rechnung nicht vollständig bezahlte; der Kläger will sie veranlassen, den Internetzugang wieder zu öffnen. Er ficht den Vertrag wegen Irrtums nicht an.

Das Grundentgelt bezog sich nach der Vereinbarung zwischen den Parteien nur auf Downloadmengen pro Monat österreichweit aus dem Netz der Beklagten. Die Möglichkeit, Roaming‑Leistungen in Anspruch zu nehmen, das heißt, auch in einem Fremdnetz Mobilfunkdienstleistungen abzurufen, war dem Kläger aus der Natur des Vertragsinhalts, der sich auf den Zugang zum mobilen Internet bezog, im Zusammenhalt mit seinem Wissen aus dem Umgang mit seinem Handy jedenfalls bekannt. Dennoch ließ er die Einstellung „automatische Netzwahl“ bestehen und wählte damit den Empfang des „stärksten“ Netzes, auch wenn es nicht das der Beklagten war. Der Kläger rief damit in Ausübung seines Nutzungsrechts Roaming‑Leistungen der Beklagten ab. Sollte er trotz seines Wissensstands darüber geirrt haben, so ist dieser Irrtum von der Beklagten (und ihr allenfalls zurechenbaren Personen) nicht im Sinn von § 871 ABGB veranlasst worden. Der Kläger brachte nicht vor, aus welchen Gründen der Beklagten ein Irrtum offenbar aus den Umständen hätte auffallen müssen, noch wurde der Irrtum rechtzeitig aufgeklärt. Der Kläger war darüber informiert, dass durch Einstellung auf „händische Wahl des Netzbetreibers“ die abgerufene Leistung auf jene der Beklagten beschränkt hätte werden können. Er hätte dazu die mitgelieferte Software installieren oder sich über die Betriebsanleitung des Modems Kenntnis über Kontrollmöglichkeiten verschaffen können. Auch aus der LED‑Anzeige des Modems war das Roaming ersichtlich. Dadurch, dass er das Modem nicht an seinen Laptop ansteckte, sondern mittels Netzgerät fernab stationär betrieb, verlor das Gerät nicht die technischen Eigenschaften als mobiles Modem. Außerdem hätte er bei der Beklagten eine generelle Roaming‑Sperre veranlassen können, worauf in den AGB‑Mobil hingewiesen wurde.

Der Kläger vertritt den Standpunkt, die Beklagte hätte ihm die wirtschaftlichen Nachteile durch Roaming wegen der überaus hohen Gebühren deutlich vor Augen führen müssen. Der Kläger fordert keine Vertragsanpassung wegen eines unwesentlichen, von der Beklagten veranlassten Geschäftsirrtums (§ 872 ABGB), die ohnehin nur möglich wäre, wenn der Vertrag bei Kenntnis der wahren Umstände mit einem anderen Entgelt geschlossen worden wäre (RIS‑Justiz RS0016262). Der Kläger will für die in Anspruch genommenen Roaming‑Leistungen gar kein Entgelt leisten. Dass die Beklagte im Zeitpunkt des Kontrahierens hypothetisch den Willen gehabt hätte, gegebenenfalls auch zu diesen Bedingungen abzuschließen (RIS‑Justiz RS0016237), ergibt sich nicht. Die Beklagte hat mit dem Roaming Zusatzleistungen erbracht, die grundsätzlich nicht vom Grundentgelt gedeckt sind. Sie verweist in ihren AGB‑Mobil auf Entgeltbestimmungen.

Ein Querverweis in einem Klauselwerk oder ein Verweis auf Preislisten führt an sich noch nicht zur Intransparenz im Sinn von § 6 Abs 3 KSchG. Allerdings kann im Einzelfall unklar sein, welche Rechtsfolgen sich aus dem Zusammenwirken der aufeinander bezogenen Bestimmungen ergeben (RIS‑Justiz RS0122040).

Die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob die Parteien wirksam bestimmte Tarife für die erbrachten Roaming‑Leistungen vereinbart haben oder ob die AGB‑Mobil intransparent sind, müssen nicht abschließend geprüft werden. Auch für den Fall, dass die Entgeltbestimmungen nicht zur Anwendung gelangten, ist die in Anspruch genommene Zusatzleistung nicht unentgeltlich, wie der Kläger meint. Ist in einem Geschäft mit einem Unternehmer nämlich kein Entgelt bestimmt und auch nicht Unentgeltlichkeit vereinbart, so gilt ein angemessenes Entgelt als bedungen (§ 354 Abs 1 UGB). Die Beklagte hätte in diesem Fall nach dem Gesetz einen Anspruch auf ein angemessenes Entgelt. Wie hoch dieses wäre, ist ebenfalls nicht zu prüfen. Das Begehren des Klägers zielt nämlich darauf ab, dass er nicht mehr als das Grundentgelt zu zahlen habe und die Beklagte die Internet‑Sperre aufheben müsse, weil er nichts schulde. Dem kann nicht gefolgt werden. Die Beklagte hat die abgerufenen Zusatzleistungen erbracht und diese sind nicht unentgeltlich (die Beklagte nimmt selbst Fremdleistungen in Anspruch). Unabhängig davon, wie hoch oder niedrig das zulässige und für die Roaming‑Leistungen angemessene Entgelt ist, steht der Beklagten jedenfalls ein höherer Betrag als das Grundentgelt zu. Da das Begehren des Klägers ausschließlich auf das Grundentgelt abstellt, besteht es nicht zu Recht.

Auch die Frage, ob die Beklagte allenfalls auf Grund von Schutz‑ und Sorgfaltspflichten verpflichtet gewesen wäre, den Kläger von einer Überschreitung des Grundentgelts wegen Roaming ab einem gewissen Ausmaß in Kenntnis zu setzen, stellt sich nicht. Der Kläger macht, wie gesagt, keinen Schadenersatzanspruch (und dessen außergerichtliche Aufrechnung) geltend.

Darauf, ob das Verhalten der Mitarbeiter der T***** GmbH der Beklagten zuzurechnen ist, kommt es daher ebenfalls nicht an.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.

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