OGH 3Ob204/13s

OGH3Ob204/13s19.12.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Univ.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Univ.-Prof. DDr. W*****, vertreten durch Dr. Petra Patzelt, Rechtsanwältin in Salzburg, gegen die beklagte Partei Dr. F*****, wegen 62.769,86 EUR sA, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz vom 28. August 2013, GZ 4 Nc 18/13b-3, mit welchem der Delegierungsantrag der klagenden Partei abgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.693,98 EUR (darin 283,33 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger brachte gegen den in Graz ansässigen Beklagten beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz eine Schadenersatzklage über 62.769,86 EUR ein und beantragte gleichzeitig die Delegierung gemäß § 31 JN an das Landesgericht Klagenfurt. Aufgrund seiner multiplen Erkrankungen und seiner Gehbehinderung sei für ihn eine Fahrt (mit dem Pkw) nach Graz nicht möglich, wohl aber nach Klagenfurt.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren und sprach sich auch gegen die Delegierung aus. Abgesehen davon, dass der Kläger auch nach Klagenfurt weit anreisen müsse, müsse er selbst ebenfalls weit anreisen.

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz gab eine Äußerung dahin ab, dass eine Delegierung nicht zweckmäßig erscheine.

Das Oberlandesgericht Graz wies den Delegierungsantrag des Klägers ab. Eine Delegierung sei nicht zweckmäßig, weil keiner der Streitteile seinen Wohnsitz im Sprengel des Landesgerichts Klagenfurt habe. Für den in E***** bei Salzburg wohnhaften Kläger liege in einer Delegierung kein erheblicher Vorteil, wohl aber ein erheblicher Nachteil für den Beklagten.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs des Klägers, mit dem er weiterhin die Delegierung an das Landesgericht Klagenfurt anstrebt. Der Beklagte beantragt in seiner Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist unabhängig vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage zulässig, weil das Oberlandesgericht funktional in erster Instanz entschieden hat (RIS-Justiz RS0116349). Er ist aber nicht berechtigt.

Nach § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Eine Delegierung ist zweckmäßig, wenn die Rechtssache von einem anderen als dem zuständigen Gericht aller Voraussicht nach rascher und mit geringerem Kostenaufwand zu Ende geführt werden kann (RIS-Justiz RS0053169). Zweckmäßigkeitsgründe sind insbesondere der Wohnort der Parteien und der zu vernehmenden Zeugen (RIS-Justiz RS0046540). Weiters kann für eine Delegierung die Möglichkeit sprechen, mehrere gleich gelagerte Rechtssachen bei einem Gericht zu verbinden (RIS-Justiz RS0046528). Die Übertragung der Zuständigkeit muss im Interesse beider Parteien liegen (RIS-Justiz RS0046471); kann die Frage der Zweckmäßigkeit nicht eindeutig zugunsten beider Parteien beantwortet werden und widerspricht eine von ihnen, so ist von der Delegierung abzusehen (RIS-Justiz RS0046589, RS0046455).

Wie diese Rechtsprechungslinie zeigt, soll die Delegierung die Ausnahme bilden; keinesfalls soll durch eine großzügige Handhabung der Delegierungsmöglichkeiten eine faktische Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung hervorgerufen werden (RIS-Justiz RS0046589 ua). In diesem Sinn wurde eine Delegierung aus Zweckmäßigkeitsgründen abgelehnt, obwohl eine Partei vorbrachte, aus gesundheitlichen Gründen wegen ständiger Krankheit leichter zum delegierten Gericht kommen zu können (RIS-Justiz RS0046203 [T2]).

Auf dieser Grundlage ist die angefochtene Entscheidung nicht zu beanstanden, weil keine ausreichenden Gründe für ein Abweichen von der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung vorliegen.

Das nunmehrige Rekursvorbringen, dass in der Nähe von Klagenfurt Angehörige wohnen, wodurch seine gesundheitliche Versorgung nach der Verhandlung gewährleistet wäre, verstößt gegen das Neuerungsverbot.

Der Rekurs muss daher erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 Satz 2 iVm § 41 Abs 1 ZPO. Im Verfahren über einen Delegierungsantrag sind, soweit § 31 JN keine Sonderregelungen enthält, die Regelungen jenes Verfahrens anzuwenden, dessen Delegierung beantragt wird (RIS-Justiz RS0043970 [T1]). Daher ist das Rekursverfahren nach § 521a ZPO idF der ZVN 2009 zweiseitig (RIS-Justiz RS0119172 [T1]).

Stichworte