Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten wegen des Ausspruchs über die Strafe sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Wolfgang W***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB schuldig erkannt, zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und gemäß § 21 Abs 2 StGB in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher untergebracht.
Danach hat er am 8. März 2013 in W***** Eva S***** mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs oder einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung zu nötigen versucht, indem er einen Ledergürtel um ihren Hals legte, diesen zuzog und äußerte, dass er sie „ficken“ wolle.
Die dagegen vom Angeklagten aus Z 4, 5, 9 lit b, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.
Rechtliche Beurteilung
Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurde der Antrag auf „Einholung eines urologischen Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, dass der Angeklagte unter Berücksichtigung der von ihm angegebenen eingenommenen Medikamente und Alkoholmengen körperlich nicht in der Lage war, einen Beischlaf auszuführen“, zu Recht abgewiesen. Der Antrag ließ nämlich unbegründet, weshalb ein Sachverständiger ohne zeitnahe Befundung nachträglich Aussagen zur Erektionsfähigkeit des Angeklagten zum Tatzeitpunkt treffen können sollte und war solcherart auf bloße Erkundungsbeweisführung gerichtet. Im Übrigen ist eine Erektion des Gliedes beim Täter für die Erfüllung des Tatbestandes der Vergewaltigung nicht von Bedeutung (vgl RIS-Justiz RS0090720).
Das ergänzende Vorbringen der Nichtigkeitsbeschwerde unterliegt dem sich aus dem Wesen des Nichtigkeitsgrundes der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO ergebenden Neuerungsverbot und ist demnach unbeachtlich (RIS-Justiz RS0099618, RS0099117).
Entgegen der Kritik von Scheinbegründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellungen zur subjektiven Tatseite zufolge deren Ableitung aus dem äußeren Tatgeschehen ist der Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein zugrundeliegendes Wollen unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden (vgl RIS-Justiz RS0116882, RS0098671).
Mit den - einen Vergewaltigungsversuch in Abrede stellenden - Angaben des Angeklagten im Rahmen der Hauptverhandlung hat sich das Erstgericht dem Einwand von Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider auch unter Hinweis auf die Ausführungen des Sachverständigen, wonach der Angeklagte zur Bagatellisierung seiner Verhaltensweisen tendiere, auseinandergesetzt und war dem Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe folgend (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht verhalten, dessen Verantwortung, wonach er (bloß) eine Dummheit begangen habe, ausdrücklich anzuführen.
Insgesamt bekämpft der Beschwerdeführer mit diesem Vorbringen ebenso bloß nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld die Beweiswürdigung der Tatrichter, wie mit der Behauptung, nicht in der Lage gewesen zu sein, einen Beischlaf zu vollziehen.
Gegenstand von Rechts- und Subsumtionsrüge ist ausschließlich der Vergleich des zur Anwendung gebrachten materiellen Rechts, einschließlich prozessualer Verfolgungsvoraussetzungen, mit dem festgestellten Sachverhalt (RIS-Justiz RS0099810 [T31]).
Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit b) freiwilligen Rücktritt vom Versuch (§ 16 Abs 1 StGB) reklamiert und dabei jene Feststellungen übergeht, wonach der Angeklagte gerade nicht freiwillig, sondern von seinem Opfer aus Angst vor Entdeckung nach dessen massiver Gegenwehr abgelassen hat (US 3 f), verfehlt sie den Bezugspunkt.
Gleiches gilt für die eine Unterstellung der Tat als „geschlechtliche Nötigung iSd § 202 StGB“ anstrebende Subsumtionsrüge, die unter Hinweis auf die Verantwortung des Angeklagten dessen darauf gerichteten Vorsatz behauptet und solcherart die Urteilstatsache ignoriert, dass der Angeklagte bewusst Gewalt gegen Eva S***** übte, um sie zur Duldung des Beischlafs zu nötigen (US 3).
Die Anordnung einer Maßnahme nach § 21 StGB stellt einen Ausspruch nach § 260 Abs 1 Z 3 StPO dar, der grundsätzlich mit Berufung und lediglich nach Maßgabe des § 281 Abs 1 Z 11 StPO auch mit Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft werden kann. Dabei sind Überschreitung der Anordnungsbefugnis und Ermessensentscheidung innerhalb dieser Befugnis zu unterscheiden. Gegenstand der Nichtigkeitsbeschwerde nach Z 11 erster Fall ist nur die Überschreitung der Anordnungsbefugnis, deren Kriterien der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit höheren Grades beruhende Zustand und dessen Einfluss auf die Anlasstat sowie die Mindeststrafdrohung für die Anlasstat nach § 21 StGB sind. Hinsichtlich dieser für die Sanktionsbefugnis entscheidenden Tatsachen ist neben der Berufung auch die Bekämpfung mit Verfahrens-, Mängel- oder Tatsachenrüge (§ 281 Abs 1 Z 11 erster Fall iVm Z 2 bis 5a StPO) zulässig (vgl Ratz in WK-StGB2 Vor §§ 21-25 Rz 8 ff).
Indem die Sanktionsrüge (der Sache nach Z 11 erster Fall iVm Z 5 vierter Fall) unter Hinweis auf (vom Rechtsmittelwerber als unzureichend angesehene) isolierte Ausführungen des Sachverständigen die tatrichterliche Annahme einer geistigen oder psychischen Abnormität höheren Grades kritisiert, wendet sie sich erneut bloß unzulässig gegen die Beweiswürdigung der Tatrichter, die die entsprechende Urteilsfeststellung mängelfrei auf die im Gutachten des Sachverständigen dargelegten Erkenntnis-, Kommunikations-, Affekt- und Handlungsstrukturen sowie die Willensbildung des Beschwerdeführers gestützt haben (US 4 und 5; vgl ON 21 S 24 f iVm ON 32 S 16).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - ebenso wie die im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehene Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld (§ 283 Abs 1 StPO, RIS-Justiz RS0098904 und RS0100080) - schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten wegen des Ausspruchs über die Strafe sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft folgt (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO).
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