OGH 7Ob196/13v

OGH7Ob196/13v8.11.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. V***** S*****, vertreten durch Dr. Kurt Berger und Dr. Mathias Ettel, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Dr. H***** P*****, und 2. M***** K*****, vertreten durch Mag. Dr. Johann Etienne Korab, Rechtsanwalt in Wien, und die Nebenintervenienten 1. M***** GesmbH, *****, vertreten durch Mag. Dr. Johann Etienne Korab, Rechtsanwalt in Wien, und 2. Mag. Dr. *****, vertreten durch Lansky, Ganzger & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen insgesamt 40.000 EUR sA, über die außerordentlichen Revisionen der zweitbeklagten Partei und des Zweitnebenintervenienten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 6. August 2013, GZ 13 R 42/12k‑91, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentlichen Revisionen werden gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, begründet nur dann eine erhebliche Rechtsfrage, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RIS‑Justiz RS0042936; RS0042776 [T6]; RS0042871 ua). Eine solche korrekturbedürftige Fehlbeurteilung ist dem Berufungsgericht nicht unterlaufen.

In Punkt V.1. („Gewährleistung“) der Kaufverträge über die gesamte Liegenschaft ist festgehalten, dass die Verkäufer (Beklagten) dafür haften, dass die übertragenen Miteigentumsanteile „mit Ausnahme der bestehenden Bestandverträge, welche dem Käufer übergeben wurden, frei von Rechten Dritter“ sind. Der Kläger (Käufer) wurde über das einem Mieter eingeräumte Weitergaberecht nicht informiert und ihm wurde auch die mit dem Mieter geschlossene Nebenvereinbarung über dessen Weitergaberecht nicht übergeben. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die vertraglich bedungene Eigenschaft der Freiheit von Rechten Dritter auch das Nichtbestehen des Weitergaberechts eines Mieters erfasse, von dem der Kläger keine Kenntnis gehabt habe, die von den Beklagten erbrachte Leistung daher nicht vertragsgemäß gewesen sei und sie dem Kläger gegenüber gewährleistungspflichtig seien, ist jedenfalls vertretbar. Die Ansicht der Rechtsmittelwerber, die Bestimmung sehe lediglich eine Gewährleistung für dritte Personen vor, die nicht Bestandnehmer seien, übergeht den Umstand, dass ein Mieter als Dritter nicht Partei der Kaufverträge ist und sich die Ausnahme nur auf bestehende Bestandverträge bezieht, die dem Käufer übergeben wurden, was auf die gesondert geschlossene Vereinbarung über das Weitergaberecht des Mieters nicht zutrifft. Nachdem sich die nachfolgende Bestimmung im Kaufvertrag, wonach die Verkäufer unter anderem nicht für „eine sonstige bestimmte Eigenschaft“ der übertragenen Liegenschaftsanteile haften, gerade nicht auf die vertraglich zugesicherte Eigenschaft der Freiheit von Rechten Dritter bezieht, sondern auf sonstige (andere) Eigenschaften, ist die Beurteilung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden.

2. Ob es sich bei der fehlerhaften Zusage der Eigenschaft des Kaufgegenstands (Freiheit von einem Weitergaberecht eines Mieters) in Punkt V.1. der Kaufverträge um einen Sach‑ oder Rechtsmangel handelt, kann hier dahingestellt bleiben, weil diese Mängel grundsätzlich gleich behandelt werden (RIS‑Justiz RS0018480; 9 Ob 63/10w = EvBl 2012/24 [Ring]).

Selbst wenn den Kläger die Obliegenheit getroffen hätte, den Beklagten die Möglichkeit einer „Verbesserung“ in der Weise einzuräumen, dass sie selbst sich darum bemühten, dass der Mieter sein Weitergaberecht aufgibt, sodass das Bestandobjekt nach Beendigung des Mietverhältnisses an den Kläger übertragen hätte werden können, wäre für die Rechtsmittelwerber nichts gewonnen. Zu dem in § 932 Abs 2 und 4 ABGB normierten „Vorrang der Verbesserung“ judiziert der Oberste Gerichtshof, dass der Übernehmer nicht endgültig mit den gesamten Kosten der Verbesserung belastet bleiben soll, auch wenn er „voreilig“ selbst verbesserte. Hat er ‑ wie hier ‑ dem Übergeber keine Gelegenheit zur Verbesserung gegeben, kann der Übernehmer den Ersatz seines Aufwands jedenfalls insoweit ersetzt verlangen, als dieser Aufwand auch den Übergeber getroffen hätte. Sofern diesem im Einzelfall aus besonderen Gründen geringere Kosten aufgelaufen wären, ist er gehalten, dies zu behaupten und zu beweisen (RIS‑Justiz RS0123968 [T2, T3]; 1 Ob 15/09a mwN; vgl RIS‑Justiz RS0123969). Mit der erstmals im Rechtsmittelverfahren aufgestellten Behauptung, den Beklagten wären durch eine ordnungsgemäß eingeräumte Verbesserungsmöglichkeit keinerlei Kosten entstanden, wäre doch der Mieter auf ihre Initiative, ohne eine „Ablöse“ für „das Abstehen von der Inanspruchnahme“ des Weitergaberechts zu fordern, ausgezogen, sind sie schon ihrer prozessualen Obliegenheit, konkrete und dezidierte Tatsachenbehauptungen aufzustellen, nicht nachgekommen. Das im Rechtsmittelverfahren erstattete Vorbringen ist als Neuerung unbeachtlich (§ 482 Abs 1, § 504 Abs 2 ZPO). Dass der Mieter in absehbarer Zeit das „als Geschäftsadresse“ genutzte Mietobjekt nach Erreichen des Pensionsalters aufgeben hätte müssen, betrifft die Beendigung des Mietverhältnisses, nicht aber den geltend gemachten Anspruch des Klägers für den Verzicht des Mieters auf das Weitergaberecht.

3. Insgesamt wird in den außerordentlichen Revisionen keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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