OGH 1Ob171/13y

OGH1Ob171/13y17.10.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Herbert Laimböck, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. R***** I*****, Rechtsanwalt, *****, vertreten durch Rechtsanwälte Pieler & Pieler & Partner KG in Wien, wegen 227.368,64 EUR sA und Feststellung (Streitwert 30.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 25. Juni 2013, GZ 13 R 60/12g-86, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 24. Jänner 2012, GZ 58 Cg 191/09y-57, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Mit seinen Ausführungen, es sei ihm kein Beratungsfehler vorzuwerfen, weil die Klägerin selbst die Rückstellung des Unternehmens an die Verkäuferin ausdrücklich so schnell als möglich gewünscht habe, setzt sich der Revisionswerber, ein Rechtsanwalt, über die maßgeblichen Feststellungen der Tatsacheninstanzen hinweg. Aus den Feststellungen des Inhalts, die Klägerin hätte den restlichen Kaufpreis von 80.000 EUR bezahlt oder zumindest hinterlegt, wenn ihr der Beklagte dazu geraten hätte, und die Klägerin hätte die Mietkaution an die Vermieterin übergeben, wenn ihr der Beklagte nicht davon abgeraten hätte, ergibt sich vielmehr, dass die Klägerin bei richtiger Beratung am Vertrag festgehalten und die ihr obliegenden Verpflichtungen erfüllt hätte. Der Wunsch, das Unternehmen zur Vermeidung weiterer laufender Kosten so schnell wie möglich zurückzustellen, entstand nach den Feststellungen erst, nachdem die Klägerin in zwei Instanzen zur Rückübertragung des erworbenen Unternehmens verurteilt worden war.

2. Die Auffassung des Berufungsgerichts, dem Beklagten sei ein anwaltlicher Fehler vorzuwerfen, weil er es unterlassen habe, gegen das Begehren auf Rückübertragung des Unternehmens die Einrede zu erheben, dass die Klägerin dazu jedenfalls nur Zug um Zug gegen Rückerstattung der bereits geleisteten Kaufpreiszahlungen verpflichtet sei, entspricht der herrschenden Judikatur (vgl nur RIS-Justiz RS0020997). Im Übrigen übersieht der Revisionswerber offenbar, dass ihm als haftungsbegründend unter anderem vorgeworfen wird, der Klägerin zu Unrecht den Rat erteilt zu haben, den Restkaufpreis von 80.000 EUR nicht zu zahlen. Erst dadurch hatte die Verkäuferin die rechtliche Möglichkeit, gemäß § 918 ABGB die Vertragsauflösung zu erklären und die Rückerstattung der erbrachten Leistung nach § 921 Satz 2 ABGB zu fordern. Auch eine Verurteilung zur Leistung Zug um Zug hätte nichts daran geändert, dass die Klägerin das erworbene Unternehmen wieder verloren hätte.

3. Die Ausführungen dazu, dass die Schadensberechnung der Vorinstanzen „überholt“ sei, weil in der Zwischenzeit verschiedene Gerichtsentscheidungen ergangen seien und die Klägerin mittlerweile den Kaufpreis zurückbezahlt erhalten habe, ist als unzulässige Neuerung (§ 504 Abs 2 ZPO) unbeachtlich. Der an das Erstgericht gerichtete Vorwurf einer Mangelhaftigkeit des Verfahrens wegen unterlassener Vernehmung eines beantragten Zeugen ist in einer Revision fehl am Platze, weil lediglich die Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens einen Revisionsgrund (§ 503 Z 2 ZPO) darstellen kann (vgl dazu nur RIS-Justiz RS0043111). Mit seiner Behauptung, es liege eine Aktenwidrigkeit vor, weil es dem Akteninhalt widerspreche, dass ein Schaden der Klägerin vorliegt, verkennt der Revisionswerber den Begriff der Aktenwidrigkeit, die keinesfalls in einer (allenfalls unrichtigen) rechtlichen Subsumtion bestehen kann, sondern vielmehr nur in einem Widerspruch von tatsächlichen Annahmen des Gerichts zum Akteninhalt (RIS-Justiz RS0043347). Einen solchen macht er aber nicht geltend.

4. Mit seinem Vorwurf, das Berufungsgericht hätte bei der Schadensberechnung den Betrag von 80.000 EUR als Ersparnis berücksichtigen müssen, weil die Klägerin diesen Teil des Kaufpreises an die Verkäuferin nicht bezahlt habe, geht der Revisionswerber an der Argumentation des Berufungsgerichts vorbei. Dieses hat darauf hingewiesen, dass die Klägerin einen solchen Abzug nur im Zusammenhang mit der Geltendmachung eines behaupteten Schadens vornahm, den die Vorinstanzen gerade nicht feststellen konnten, nämlich einen der Klägerin entgangenen Kaufpreis aus der (möglichen) Weiterveräußerung des Unternehmens. Da die Vorinstanzen aber feststellten, dass die Klägerin gar nicht beabsichtigt hatte, das Unternehmen weiterzuverkaufen, wurde das Klagebegehren in Ansehung der gesamten diesbezüglichen Schadensposition abgewiesen, womit sich insoweit auch die Frage der Berechnung eines solchen Schadens und der allfälligen Berücksichtigung eines ersparten Teilkaufpreises nicht stellte.

Der Zuerkennung eines Schadenersatzbetrags von 79.453,34 EUR haben die Vorinstanzen die - von den Tatsachenfeststellungen gedeckte - Annahme zugrunde gelegt, die Klägerin hätte bei richtiger Beratung durch den Beklagten das erworbene Unternehmen behalten, die noch offenen Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag erfüllt und von den letztlich erfolglosen Prozessen Abstand genommen. Als Schadenersatz wurden ihr daher die frustrierten Aufwendungen und die aufgelaufenen Prozesskosten zuerkannt. Warum es unter diesen Umständen gerechtfertigt sein sollte, den Betrag von 80.000 EUR von diesen Schäden in Abzug zu bringen, vermag der Revisionswerber nicht zu erklären. Beim hypothetischen Kausalverlauf hätte die Klägerin zwar (auch) den Restkaufpreis von 80.000 EUR zu zahlen gehabt, befände sich aber im Besitz eines Unternehmens, das einerseits einen bestimmten Marktwert hat und andererseits zur Erzielung von regelmäßigen Einkünften betrieben werden kann. Dass die vom Beklagten verschuldete Vereitelung des endgültigen Unternehmenserwerbs der Klägerin einen Vermögensvorteil von 80.000 EUR gebracht habe, steht keinesfalls fest. Der Revisionswerber unternimmt auch keinen nachvollziehbaren Versuch, eine solche Konsequenz darzulegen.

5. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO), zumal der Revisionswerber die einzelnen vom Erstgericht dargelegten und vom Berufungsgericht zuerkannten Schadenspositionen nicht in Zweifel zieht und auch keine (zusätzlichen) inhaltlichen Einwendungen gegen den Feststellungsausspruch erhebt.

Stichworte