Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.189,44 EUR (darin enthalten 198,24 EUR an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
I. Die ordentliche Revision wurde vom Berufungsgericht mit der Begründung zugelassen, dass eine Rechtsprechung zur Frage fehle, ob die Übertragung von Abfertigungsanwartschaften in eine betriebliche Pensionskasse wegen Irrtum oder Arglist anfechtbar ist, wenn eine Vertragspartei die andere über die bestehende Absicht täuscht, das Arbeitsverhältnis zu kündigen.
Die Beklagte hat in ihrer Revisionsbeantwortung darauf hingewiesen, dass die Revision diese Frage gar nicht weiter releviere und eine erhebliche Rechtsfrage nicht aufgezeigt werde und daher die Zurückweisung der Revision mangels Darstellung einer erheblichen Rechtsfrage beantragt werde.
II. Der Oberste Gerichtshof ist bei Prüfung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden (§ 500a Abs 1 ZPO). Gemäß § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa, weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist. Der Oberste Gerichtshof hat auch bereits wiederholt ausgesprochen, dass es darauf ankommt, ob von der Revision tatsächlich eine erhebliche Rechtsfrage releviert wird (RIS‑Justiz RS0102059 mwN). Dies ist hier nicht der Fall.
Die Zurückweisung der ordentlichen Revision kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).
III.1. Zum besseren Verständnis werden Auszüge aus den wesentlichen Sachverhaltsfeststellungen vorangestellt.
Der vorweg bei einer Vorgängergesellschaft der Beklagten selbst als Geschäftsführer beschäftigte und auch beteiligte Kläger sprach bereits im Zuge der Verschmelzung und im Dezember 2011 den Geschäftsführer der Beklagten hinsichtlich des Systems der Abfertigung „neu“ an und dass man einmal darüber reden müsse. Konkret begehrte der Kläger am 10. 1. 2012 vom Geschäftsführer den Wechsel in das Abfertigungssystem neu und wollte eine Leistung der Beklagten von 25.000 EUR. Der Geschäftsführer erklärte sich bereit, 20.000 EUR in die Mitarbeitervorsorgekasse einzuzahlen, womit sich der Kläger zufrieden gab. Der Geschäftsführer sagte zum Kläger: „Davonrennen darfst du mir aber nicht gleich“ worauf der Kläger erwiderte: „Nein das ist eh klar“. Die Übertragungsvereinbarung wurde noch am selben Tag unterfertigt. Der Kläger hatte zu diesem Zeitpunkt bereits vor, das Dienstverhältnis zur Beklagten durch Kündigung aufzulösen, während der Geschäftsführer der Beklagten davon ausging, dass das Dienstverhältnis noch längere Zeit fortgesetzt werde. Der Kläger wusste, dass sich der Geschäftsführer aufgrund seiner vorausgegangenen Zusicherung in einem Irrtum über den längerfristigen Fortbestand des Dienstverhältnisses befand und deshalb dem Vertragsabschluss zustimmte. Nachdem der Geschäftsführer ab dem 14. Jänner 2012 eine Woche auf Urlaub gewesen war, kündigte der Kläger gleich am ersten Arbeitstag des Geschäftsführers danach das Dienstverhältnis auf. Irgendwelche Auseinandersetzungen zwischen den Streitteilen, die dafür maßgeblich gewesen wären, waren nicht feststellbar. Jedoch wurde klar festgestellt, dass der Geschäftsführer dann, wenn er gewusst hätte, dass der Kläger das Dienstverhältnis bereits wenige Tage nach Abschluss der Übertragungsvereinbarung aufkündigt, diese Vereinbarung nicht geschlossen hätte.
III.2. Der Kläger begehrt nun im Wesentlichen die Zahlung entsprechend der Übertragungsvereinbarung bzw die Feststellung der dahingehenden Verpflichtung.
III.3. Die Beklagte beantragte die Abweisung und wendete zusammengefasst ein, dass die Vereinbarung auf Initiative des Klägers geschlossen worden sei und dieser zugrundegelegen sei, dass der Kläger wider besseren Wissens zugesichert habe, noch längere Zeit nicht kündigen zu wollen, obwohl er bereits die Kündigung beabsichtigt habe. Die Vereinbarung werde wegen arglistiger Täuschung gemäß § 870 ABGB angefochten, weil der Kläger die Beklagte arglistig in Irrtum geführt habe.
III.4. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es erachtete als erwiesen, dass der Kläger bereits bei Abschluss der Übertragungsvereinbarung vorhatte, das Dienstverhältnis durch Kündigung aufzulösen und die Beklagte darüber arglistig in die Irre geführt habe. Ohne diesen Irrtum hätte die Beklagte die Vereinbarung nicht abgeschlossen. Der Kläger habe auch vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt. Mit der erfolgreichen Anfechtung des Rechtsgeschäfts falle die Rechtsgrundlage für die Zahlung des Übertragungsbetrags an die Mitarbeitervorsorgekasse weg.
III.5. Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung des Klägers nicht Folge. Es komme entgegen der Ansicht des Klägers nicht darauf an, ob eine allfällige Vereinbarung, nach der das Selbstkündigungsrecht des Arbeitnehmers zum Verlust des Übertragungsbeitrags führt, wegen Erschwerung des Kündigungsrechts unzulässig wäre, sondern auf das Vorliegen der Anfechtungsvoraussetzungen nach § 870 ABGB. Es gehe also nicht um die Kündigung an sich, sondern vielmehr um die Täuschung des Geschäftsführers darüber, dass der Kläger bereits im Zeitpunkt der Vereinbarung die Kündigung des Arbeitsverhältnisses beabsichtigt habe. Die Anfechtung einer Übertragungsvereinbarung unter anderem wegen List sei allgemein anerkannt. Grundsätzlich sei auch ein Verzicht des Arbeitnehmers auf sein Kündigungsrecht zulässig. Eine solche Vereinbarung hätte auch eine entsprechende Beschränkung der Beklagten bewirkt. Der Kläger habe mit seinen Ausführungen die Beklagte getäuscht und die Voraussetzungen für die Anfechtung wegen Arglist erfüllt. Ein allgemeiner Anspruch auf Übertragung bestehe nicht.
IV.1. Die Revision stellt die allgemeine Möglichkeit der Anfechtung einer solchen Vereinbarung wegen List nicht in Frage (vgl dazu etwa Mayr/Resch, Abfertigung neu, BMSVG² § 47 Rz 35; Gruber, Abfertigung neu, 85 f; Eypeltauer, Abfertigung neu: Zwei ausgewählte Rechtsfragen, RdW 2003, 26).
IV.2. Konkret macht der Kläger nur geltend, dass seine Äußerungen zur mangelnden Kündigungsabsicht erst nach der Vereinbarung gefallen seien. Dabei übergeht der Kläger allerdings, dass die Vereinbarung nach § 47 BMSVG der Schriftform bedarf und seine Äußerungen eindeutig vor der schriftlichen Unterfertigung gefallen sind (vgl zum Schriftformerfordernis Mayr/Resch aaO Rz 2 f).
IV.3. Die weiters relevierte Frage zur Auslegung der Äußerungen des Klägers und seines Verhaltens beziehen sich allein auf den Einzelfall und vermögen keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO darzustellen (RIS‑Justiz RS0044088 uva).
IV.4. Soweit sich der Kläger auf einen Charakter des Übertragungsgeschäfts als „Glücksgeschäft“ bezieht, so setzt er sich offensichtlich mit dem Inhalt des Rechtsgeschäfts auseinander, aber nicht mit der Frage inwieweit dessen Abschluss wegen eines vom Kläger listig herbeigeführten Willensmangels der Beklagten anfechtbar ist.
IV.5. Es geht hier auch nicht darum, ob es zulässig gewesen wäre, eine Vereinbarung zu einem Kündigungsverzicht zu treffen, sondern allein um die Darstellung der konkreten Absichten des Klägers. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung zwar die Anfechtungsmöglichkeit nach § 871 ABGB wegen Irrtums das Vorliegen eines Geschäftsirrtums voraussetzt und damit auch die Frage, inwieweit ein allfälliger Kündigungsverzicht zulässiger Geschäftsinhalt ist, rechtlich relevant sein könnte, nicht aber bei der Anfechtung wegen Arglist nach § 870 ABGB. Diese ist bereits dann zulässig, wenn der Vertragspartner arglistig über Umstände getäuscht wurde, die für seine Willensbildung maßgeblich waren, mögen diese auch nur Beweggründe oder Eigenschaften umfassen, die nicht Vertragsinhalt sind (vgl etwa Bollenberger in KBB³ § 871 Rz 9; Rummel in Rummel ABGB³ § 870 Rz 3; Apathy/Riedler in Schwimann ABGB³ § 870 Rz 5 uva; RIS-Justiz RS0014920). Ausgehend davon stellt sich aber auch die vom Kläger aufgeworfene Frage der Zulässigkeit einer Vereinbarung über einen Kündigungsverzicht nicht. Vielmehr geht es nur darum, dass der Kläger die Beklagte über seine konkreten Absichten im Zeitpunkt der von ihm initiierten Vertragsunterfertigung getäuscht hat. Auch wenn also wesentliche Argumente dafür sprechen, dass es unzulässig wäre, dass der Arbeitnehmer einseitig auf sein Kündigungsrecht verzichtet (vgl dazu etwa § 20 Abs 4 AngG), so steht dies doch einer Information des Arbeitgebers über allfällige bestehende konkrete Kündigungsabsichten im Zeitpunkt der Übertragungsvereinbarung nicht entgegen. Genau von dieser sind aber die Vorinstanzen in vertretbarer Weise ausgegangen ebenso wie davon, dass diese Information unzutreffend war und bewusst den Arbeitgeber über die wahre Absicht des Klägers täuschte.
IV.6. Wenn der Kläger letztlich darauf Bezug nimmt, dass ihm bei einem Übertritt in das Abfertigungssystem „neu“ diese auch bei einer gerechtfertigten Entlassung erhalten geblieben wäre, so entfernt er sich von dem konkreten Prozessgegenstand, da es ja darum geht, ob die Vereinbarung über die Übertragung an einem vom Kläger listig herbeigeführten Willensmangel der Beklagten leidet. Wenn dies die Vorinstanzen ausgehend von den konkreten Sachverhaltsannahmen bejaht haben, so liegt darin jedenfalls keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung.
V. Insgesamt war daher die Revision des Klägers mangels Darstellung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.
VI. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die § 2 ASGG, §§ 50 und 41 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen (RIS-Justiz RS0035979).
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