OGH 5Ob162/13d

OGH5Ob162/13d20.9.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr.

Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Grundbuchsache des Antragstellers Dipl.‑HTL‑Ing. H***** S*****, vertreten durch Dr. Alexander Knotek, Rechtsanwalt in Baden, wegen Grundbuchshandlungen in der EZ 1686 KG *****, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 11. April 2013, AZ 19 R 15/13m, 19 R 16/13h, womit infolge Rekurses des Antragstellers der Beschluss des Bezirksgerichts Baden vom 9. November 2012, TZ 24481/2012‑2, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0050OB00162.13D.0920.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs des Antragstellers wird nicht Folge gegeben.

Begründung

Mit dem verfahrenseinleitenden Antrag begehrte der Antragsteller hinsichtlich der in seinem Alleineigentum stehenden Liegenschaft EZ 1686 KG ***** das Wohnungsgebrauchsrecht sowie das Belastungs‑ und Veräußerungsverbot jeweils zugunsten A***** S*****, geboren am 9. 2. 1968, gemäß der Vereinbarung vom 5. 11. 2012 einzuverleiben, dies unter Vorlage bloß der Vereinbarung vom 5. 11. 2012, jedoch ohne Nachweis des zwischen ihm und A***** S***** bestehenden Angehörigenverhältnisses iSd § 364c ABGB.

Das Erstgericht bewilligte die Einverleibung des Wohnungsgebrauchsrechts, wies jedoch das Begehren, zugunsten A***** S*****, geboren am 9. 2. 1968, auch ein Belastungs‑ und Veräußerungsverbot einzuverleiben, ab.

Die Abweisung begründete es damit, dass Voraussetzung für die Einverleibung des entsprechenden Rechts im Grundbuch der Nachweis sei, dass es zwischen Ehegatten, Eltern und Kindern, Wahl‑ oder Pflegekindern oder deren Ehegatten begründet und dieses Angehörigenverhältnis dem Grundbuchsgericht durch Vorlage entsprechender Standesurkunden nachgewiesen werde.

Dagegen erhob der Antragsteller Rekurs mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss im Sinne der gänzlichen Bewilligung seines Grundbuchsgesuchs abzuändern. Dem Rekurs legte der Antragsteller eine nicht beglaubigte Kopie der Heiratsurkunde zwischen ihm und A***** S***** bei.

Diesem Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge.

Unter ausführlicher Darlegung des Erfordernisses einer entsprechenden Standesurkunde zur Verbücherung eines Belastungs‑ und Veräußerungsverbots iSd § 364c Abs 1 ABGB gelangte das Rekursgericht zur Ansicht, das Grundbuchsgericht erster Instanz hätte zwar dem Antragsteller einen Verbesserungsauftrag iSd § 82a Abs 1 bis 3 GBG erteilen müssen. Die Urkunde zum Nachweis der Angehörigeneigenschaft sei nicht Eintragungsgrundlage iSd § 87 GBG, sondern als Voraussetzung für die Verbücherung nur Bewilligungsurkunde (RIS‑Justiz RS0062140; 5 Ob 15/11h, 5 Ob 165/11t), sodass das Unterlassen der Vorlage einer derartigen Urkunde auch ohne Bezug darauf im Gesuch einen verbesserungsfähigen Mangel dargestellt habe.

Allerdings habe der Antragsteller von der ihm nach § 82a Abs 5 GBG eingeräumten Möglichkeit, seinen Antrag noch im Rekursverfahren zu verbessern, keinen Gebrauch gemacht. Die Vorlage einer unbeglaubigten Kopie der Heiratsurkunde stelle nämlich keine Beseitigung des Formgebrechens dar. Bei einer bloßen Bewilligungsurkunde reiche die Vorlage einer beglaubigten Abschrift aus, die Vorlage des Originals sei anders als bei Grundbuchsurkunden iSd § 87 Abs 1 GBG nicht erforderlich (RIS‑Justiz RS0062140 ua). Am Erfordernis einer Beglaubigung einer derartigen Urkunde sei trotz mittlerweiliger Geltung der Bestimmungen über den Elektronischen Rechtsverkehr in Grundbuchsachen festzuhalten.

Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil noch keine eindeutige höchstgerichtliche bzw nur teilweise widersprüchliche zweitinstanzliche Rechtsprechung zur Frage vorliege, ob im Fall eines weiterbestehenden Formmangels das Rekursgericht einen Verbesserungsauftrag iSd § 82a Abs 5 GBG zu erteilen habe. Darüber hinaus sei klärungsbedürftig, ob ein Verbesserungsverfahren nach § 82a GBG auch dann zulässig und erforderlich sei, wenn die entsprechende Urkunde im Grundbuchsantrag nicht genannt werde und ob auch nach Einführung des Elektronischen Rechtsverkehrs in Grundbuchsachen die Judikatur aufrechtzuerhalten sei, dass bei Bewilligungsurkunden die Vorlage einer beglaubigten Abschrift erforderlich sei.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers , der aus den vom Rekursgericht bezeichneten Gründen zulässig ist. Er ist jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Es entspricht ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung, dass das in § 364c Abs 2 ABGB normierte Angehörigenverhältnis Eintragungsvoraussetzung für ein entsprechendes Veräußerungs‑ und Belastungsverbot ist (RIS‑Justiz RS0011957), welche Tatsache mit einer Urkunde, in der Regel einer Standesurkunde, zu bescheinigen ist (RIS‑Justiz RS0010803), und dass es ausreicht, dass diese bloße Bewilligungsurkunde iSd § 26 Abs 2 GBG nur in beglaubigter Abschrift vorgelegt wird (5 Ob 2109/96z NZ 1997, 258). Ebenso entspricht es ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung, dass die Bezeichnung des Verwandtschaftsverhältnisses in der Urkunde selbst, auch in einem Notariatsakt, als nicht ausreichend anzusehen ist (5 Ob 20/90 SZ 63/84; 5 Ob 15/11h NZ 2012/93; 5 Ob 165/11t, Zak 2012/58, 35).

2. Dass diese Judikatur, welche die Beglaubigung einer Abschrift für erforderlich erachtet, angesichts der nunmehr im Regelfall erforderlichen elektronischen Einbringung von Grundbuchsanträgen nicht mehr aufrechtzuerhalten wäre, trifft nicht zu.

Abgesehen davon, dass der im erst‑ und zweitinstanzlichen Verfahren noch unvertretene Antragsteller nicht dem Kreis der in § 89c Abs 5 GOG Genannten angehört und daher zur Einbringung seines Rekurses im Elektronischen Rechtsverkehr nicht verpflichtet war, ist Folgendes zu beachten: Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit geschaffen, auch bei elektronischer Übermittlung eines Antrags Originalurkunden bzw beglaubigte Kopien vorzulegen. Der Anforderung des § 82a Abs 5 GBG, mit dem Rekurs auch das Formgebrechen zu beseitigen, hätte der Antragsteller durch eine Hinterlegung der Urkunde in einem Urkundenarchiv einer Körperschaft öffentlichen Rechts und einer Freigabebestätigung beinhaltend die Bekanntgabe des Zugriffscodes zum im Urkundenarchiv gespeicherten Original der Heiratsurkunde entsprechen können. Dieser Vorgang hätte die Vorlage des Originals bzw einer beglaubigten Urkunde ersetzt (5 Ob 38/13v = RIS‑Justiz RS0124534 [T2]).

3. Zur Frage, ob § 82a GBG auch dem Rekursgericht die Durchführung eines Verbesserungsverfahrens auferlegt, wenn ein (gebotener) Auftrag zur Beseitigung eines Formmangels durch das Erstgericht nicht erging, was zur Abweisung des Gesuchs führte, und dieser Formmangel auch nicht gleichzeitig mit dem Rekurs beseitigt wird, besteht tatsächlich weder höchstgerichtliche Rechtsprechung noch hat sich die Literatur ‑ soweit überschaubar ‑ mit dieser Frage bisher befasst.

Für den Fall unberechtigter Abweisungen wegen verbesserbarer Formmängel durch das Erstgericht ordnet § 82a Abs 5 GBG Folgendes an:

Wird in einem Rekurs gegen die Abweisung eines Antrags geltend gemacht, dass dem Antragsteller ein Auftrag im Sinn des Abs 1 zu erteilen gewesen wäre, so ist mit dem Rekurs auch das Formgebrechen zu beseitigen .

Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs ergibt sich die Lösung der vom Revisionsrekurswerber aufgeworfenen Frage schon aus dem klaren Gesetzeswortlaut: Die Beseitigung eines Formgebrechens, das zur Abweisung eines Grundbuchsantrags in erster Instanz führte, ist noch gleichzeitig mit Rekurserhebung möglich, muss aber auch gleichzeitig mit dem Rekurs erfolgen (arg „ist“).

§ 82a Abs 1 bis 3 GBG, worin es um die Beseitigung von Formgebrechen von Anträgen geht, die die ordnungsgemäße Behandlung zu hindern geeignet sind, richtet sich ausschließlich an das Grundbuchsgericht erster Instanz.

Das Rekursgericht kann und darf daher kein Verbesserungsverfahren hinsichtlich des verfahrensein-leitenden Antrags mehr durchführen.

Diese Lösung ist auch in sich schlüssig, ist doch demjenigen, dessen Antrag wegen eines Formgebrechens abgewiesen wurde, im Zeitpunkt der Rekurserhebung dieser Umstand ohnedies bekannt, sodass er weder einer Belehrung noch eines Auftrags zur Behebung des Formgebrechens bedarf.

Damit erweist sich der Revisionsrekurs des Antragstellers als insgesamt nicht berechtigt.

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