OGH 9ObA92/13i

OGH9ObA92/13i27.8.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Ziegelbauer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Pflug und Mag. Ernst Bassler als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. W***** F*****, vertreten durch Dr. Alexandra Knell, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei U***** W*****, vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Anfechtung einer Entlassung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27. Mai 2013, GZ 7 Ra 124/12z-70, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

1. Der Kläger war von April 2004 bis Ende Oktober 2010 als direkt dem Rektorat der Beklagten unterstellter Leiter der Dienstleistungseinheit (DLE) Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungsmanagement angestellt. Zu seinen Aufgaben gehörte die Planung und Umsetzung von Kommunikationskonzepten und PR‑Kampagnen, das Projektmanagement im Bereich Öffentlichkeitsarbeit für die Beklagte sowie der Aufbau eines Veranstaltungsmanagements.

In seiner Revision richtet er sich im Wesentlichen dagegen, dass die Befürchtung der Beklagten, dass er nicht zur Umsetzung des Projekts Intranet/interne Kommunikation in der Lage sein werde, lediglich deren subjektive Beurteilung darstelle und daher keine Kündigung iSd § 105 Abs 3 Z 2 lit a ArbVG rechtfertigen könne. Eine Minderleistung sei nicht festgestellt. Das Projekt sei bei Beendigung seines Dienstverhältnisses auch nicht endgültig gescheitert gewesen.

Rechtliche Beurteilung

2. Im Rahmen der gemäß § 105 Abs 3 Z 2 lit a ArbVG vorzunehmenden Interessenabwägung reicht es zur Rechtfertigung einer Kündigung aus, dass die in der Person des Arbeitnehmers gelegenen Umstände die betrieblichen Interessen so weit nachteilig berühren, dass sie bei objektiver Betrachtungsweise einen verständigen Betriebsinhaber zur Kündigung veranlassen würden und die Kündigung als gerechte, dem Sachverhalt adäquate Maßnahme erscheinen lassen. Werden die betrieblichen Interessen in erheblichem Maße berührt, überwiegen sie das (wesentliche) Interesse des Arbeitnehmers an der Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses (RIS-Justiz RS0051888). Diese Umstände müssen nicht so gravierend sein, dass sie die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers über den Kündigungstermin hinaus unzumutbar machen (RIS-Justiz RS0051888 [T14]). Sie müssen aber eine Weiterbeschäftigung für den Arbeitgeber doch in erheblichem Ausmaß als nachteilig erscheinen lassen (Wolligger in ZellKomm II2 ArbVG § 105 Rz 191 mwN).

Sowohl bei der Beurteilung der Beeinträchtigung der Interessen des Arbeitnehmers als auch bei der Betriebsbedingtheit der Kündigung muss die künftige Entwicklung der Verhältnisse nach der Kündigung und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses herangezogen werden (RIS-Justiz RS0051785 [T1]). Die Interessenbeeinträchtigung muss im Rahmen einer rational nachvollziehbaren Prognose vorhersehbar sein (RIS-Justiz RS0051785 [T4]). Das kann für eine Kündigung, die in Umständen in der Person des Arbeitnehmers liegt, nicht anders gelten.

Dabei kann die Interessenabwägung naturgemäß nur nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls erfolgen. Sie stellt daher regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar, sofern dem Berufungsgericht keine grobe Fehlbeurteilung unterlaufen ist. Das ist hier nicht der Fall:

3. Nach den Feststellungen verrichtete der Kläger zwar die laufenden operativen Aufgaben in tadelloser Weise. Allerdings gelang es ihm nicht, als Gesamtverantwortlicher für das ‑ vom Rektorat als prioritäres Ziel erachtete ‑ Projekt Intranet/interne Kommunikation den Leitern der anderen Dienstleistungseinheiten eine konkrete Vorstellung und die Sinnhaftigkeit dieses Projekts zu vermitteln. Er setzte auch keine ausreichenden Initiativen, mit informellen Gesprächen Überzeugungsarbeit zu leisten und Akzeptanz dafür zu schaffen. Der Kläger leistete auch bei einem Großbauprojekt keine ausreichende PR-Unterstützung, sodass der Leiter der dafür zuständigen DLE aufgrund des festgestelltermaßen „weit stärker problem- als lösungsorientierten Zugangs“ des Klägers die Öffentlichkeitsarbeit letztlich selbst organisierte. Mit der Leiterin einer weiteren DLE bestand ‑ nicht zuletzt aufgrund einer vom Kläger in scharfem Ton kritisierenden E‑Mail ‑ ein persönlich gefärbter Konflikt, der zu einem formellen Schreiben der Vizerektorin an den Kläger über seine diesbezügliche Projektaufgabe führte. Wenngleich er von den ihm unterstellten Mitarbeitern zuletzt geschätzt und anerkannt war, gestaltete sich die Zusammenarbeit mit einigen Mitarbeitern auch als schwierig und war belastet. In Gesamtbetrachtung lagen damit aber sehr wohl Umstände vor, die die Annahme der Beklagten, der Kläger werde als Gesamtverantwortlicher des Intranetprojekts zu dessen Umsetzung nicht in der Lage sein, als rational nachvollziehbare Prognose der Beklagten erscheinen lassen.

4. Aufgrund des für die Beendigung des Dienstverhältnisses letztlich ausschlaggebenden mangelnden kooperativen Geschicks des Klägers bedurfte es auch keiner vorausgehenden Abmahnung (zu dieser s Wolligger aaO Rz 207).

Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte