OGH 9ObA76/13m

OGH9ObA76/13m24.7.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Rolf Gleißner und Mag. Ernst Bassler als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei P***** S*****, vertreten durch Dr. H. Burmann ua, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagten Parteien 1. B***** GmbH & Co KG, 2. B***** GmbH, beide *****, vertreten durch Dr. Helmut Atzl ua, Rechtsanwälte in Kufstein, wegen Kündigungsanfechtung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 7. Mai 2013, GZ 13 Ra10/13p-28, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die vermeintlichen Aktenwidrigkeiten liegen nicht vor: Erwägungen der Tatsacheninstanzen, weshalb ein Sachverhalt als erwiesen angenommen oder bestimmte Feststellungen nicht getroffen werden können, fallen in das Gebiet der Beweiswürdigung, können daher weder eine Aktenwidrigkeit bilden noch gegen den Dispositionsgrundsatz verstoßen (RIS-Justiz RS0043347). Mit seinen gegen die Würdigung der Aussagen von Herbert G***** und dem Geschäftsführer der Beklagten gerichteten Ausführungen zeigt der Kläger demnach keinen Revisionsgrund auf.

2. Steht fest, dass durch die Kündigung wesentliche Interessen des gekündigten Arbeitnehmers beeinträchtigt sind und andererseits in der Person des Arbeitnehmers liegende Umstände betriebliche Interessen nachteilig berühren, dann sind diese Voraussetzungen zueinander in eine Wechselbeziehung zu setzen und eine Abwägung dieser sich gegenüberstehenden Interessen vorzunehmen, um den Zweck des Kündigungsschutzes, nämlich Schutz vor sozial ungerechtfertigten Kündigungen, erfüllen zu können. Die Abwägung der Interessen kann naturgemäß nur nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls erfolgen und stellt regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (RIS-Justiz RS0051818 [T8]). Das ist auch hier nicht der Fall:

Selbst wenn man von einer kündigungsbedingten Beeinträchtigung wesentlicher Interessen des Klägers ausgeht, so ist für ihn nichts gewonnen, weil hier die betrieblichen Interessen der Erstbeklagten an der in seiner Person begründeten Beendigung des Dienstverhältnisses jedenfalls überwiegen:

Der Kläger, der bei der Beklagten von 1996 bis 2011 als Buchhalter beschäftigt war, hatte etwa 1996 seine Anmeldung zur Sozialversicherung unter falschem Namen herbeigeführt, um einer Lohnpfändung zu entgehen. Er legte immer wieder „Eigenmächtigkeiten“ an den Tag (kostenpflichtige Anmeldung der Erstbeklagten zum Branchenverzeichnis; Unterzeichnung eines Versicherungsantrages für sie trotz bestehender Versicherung; Selbstauszahlung einer steuerfreien Prämie etc). Er hielt häufig Vorlage- und Abgabetermine nicht ein, was wiederholt zu Strafverhängungen gegen die Beklagten führte. Wegen unterbliebener Unterlagenvorlagen wiederholt verhängte Zwangsstrafen verbuchte er nicht. Er meldete einen Mitarbeiter zu spät bei der Mitarbeiter-Vorsorgekasse an. Für die Kündigung ausschlaggebend war schließlich der Umstand, dass für eine Halbtagskraft keine Krankenversicherungsbeiträge abgeführt worden waren, wodurch ihr zustehende Zahlungen während des Mutterschutzes gefährdet waren. Wenn die Vorinstanzen hier von einem sukzessive eingetretenen Vertrauensverlust gegenüber dem Kläger ausgingen, der Ansicht waren, dass seine Weiterbeschäftigung zu weiteren materiellen und auch immateriellen (Image-)Schäden der Beklagten führen könnte und die Kündigung des Klägers daher infolge Überwiegens betrieblicher Interessen der Beklagten gerechtfertigt sei, so ist dies nicht weiter korrekturbedürftig.

Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision zurückzuweisen.

Stichworte