OGH 7Ob117/13a

OGH7Ob117/13a3.7.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr.

Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Dehn und Mag. Malesich als weitere Richter in der Unterbringungssache der B***** H*****, geboren am *****, vertreten durch den Verein gemäß § 13 Abs 1 UbG, VertretungsNetz Patientenanwaltschaft, 8053 Graz, Wagner‑Jauregg‑Platz 1, vertreten durch Mag. Nikolaus Weiser, Rechtsanwalt in Wien, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vereins gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 14. März 2013, GZ 1 R 53/13s‑35, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0070OB00117.13A.0703.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Ein ‑ wie hier ‑ in zweiter Instanz nicht geltend gemachter Mangel des Verfahrens erster Instanz (keine Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens) ist in dritter Instanz nicht mehr aufzugreifen (RIS‑Justiz RS0043111).

2. Auf Antrag des Kranken oder seines Vertreters hat das Gericht nachträglich über die Zulässigkeit der Unterbringung zu entscheiden, wenn diese bereits beendet ist (§ 38a Abs 1 UbG).

Die Begründungs‑ und Dokumentationspflicht dient der Nachvollziehbarkeit und der Überprüfbarkeit der Maßnahme. Die Bedeutung der im UbG vorgesehenen Aufzeichnungen liegt vor allem in der Dokumentation einzelner Verfahrensschritte bei der Durchführung von Beschränkungen. Sie dienen der Nachvollziehbarkeit von Akten der Anstalt, insbesondere im Hinblick auf die nachträgliche Prüfung der Zulässigkeit durch das Gericht nach dem UbG ( Kopetzki , Grundriss des Unterbringungsrechts 3 Rz 559 und 688; RIS‑Justiz RS0108525). Es muss der Grund für die konkrete Beschränkung in einer Weise angeführt werden, dass beurteilt werden kann, ob die Zulässigkeitsvoraussetzungen im Einzelfall vorliegen. Wie detailliert dies geschehen muss, um den Sachverhalt ausreichend beurteilen zu können, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Mängel in der Dokumentation können nachträglich nur so weit beseitigt werden, als der Grund für die Beschränkung aus anderen Urkunden objektivierbar ist und es in der Krankengeschichte nur unterlassen wurde, auf diese zu verweisen. Ergibt sich in der Zusammenschau der Bestandteile der Krankengeschichte und der Mitteilung kein Zweifel am zugrunde liegenden Sachverhalt, so liegt kein relevanter Dokumentationsmangel, der zur Unzulässigkeit der Maßnahme führen muss, vor (7 Ob 235/11a, 7 Ob 208/12g, RIS‑Justiz RS0127659). Das Ergebnis eines Beweisverfahrens kann nicht herangezogen werden, um Mängel der Pflegedokumentation/Krankengeschichte auszugleichen (7 Ob 208/12g).

Im vorliegenden Fall ergibt sich ‑ entgegen der Ansicht des Rekurswerbers ‑ bereits aus der Dokumentation hinreichend deutlich das Vorliegen der letztlich festgestellten ‑ wenn auch begrifflich nicht konkret bezeichneten ‑ psychischen Erkrankung, die sich in einer akuten Überforderungssituation mit Affektlabilität und einer ausgeprägten Konversionsstörung (körperliche Störung, die durch psychische Ursachen hervorgerufen wird) äußerte, wobei insbesondere die ausgeprägte Konversionssymptomatik mit einer ernstlichen und erheblichen Eigengefährdung (Sturzgefahr) der Patientin verbunden war, die eine Observanz erforderlich machte.

Stichworte