OGH 7Ob208/12g

OGH7Ob208/12g19.12.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Unterbringungssache H***** S*****, geboren am *****, vertreten durch den Verein gemäß § 13 Abs 1 UbG VertretungsNetz Patientenanwaltschaft, 8053 Graz, Wagner‑Jauregg Platz 1, vertreten durch Mag. Nikolaus Weiser, Rechtsanwalt in Wien, Abteilungsleiter der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des K*****, Prim. Mag. Dr. H***** O*****, vertreten durch Dr. Ernst Maiditsch Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Klagenfurt, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vereins gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 28. September 2012, GZ 1 R 7/12a‑17, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 16. Dezember 2011, GZ 30 Ub 568/11i‑12, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluss des Rekursgerichts wird dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Der Abteilungsleiter hat seine Rekurskosten selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die damals 87‑jährige Kranke wurde am 25. 10. 2011 um 12:18 Uhr in die Abteilung gegen ihren Willen aufgenommen, weil sie ihre Mitbewohner im Heim beschimpft und sowohl diese als auch das Personal und ihre Enkelin attackiert hatte. Sie wollte aus dem Heim flüchten.

Die Kranke leidet an Demenz mit Verhaltensstörungen und fluktuierend verstärkten Verwirrtheitserscheinungen (akute exogene Psychose). Die Fluktuationen sind nicht genau berechenbar. Es können sich sehr schnell Verschlechterungen einstellen. Es bestand hohe Sturzgefahr und damit eine ernste und erhebliche Selbstgefährdung. Die Sturz‑ und Fremdgefährdung konnte durch Gespräche und Zuwendungen nicht beseitigt werden. Die Kranke musste im Verlauf ihres Aufenthalts in der Abteilung mehrfach fixiert werden. Die Fixierungen wurden entweder vom diensthabenden Arzt konkret nach einem persönlichen Eindruck angeordnet oder er ermächtigte das Pflegepersonal, bei bestimmten Situationen, die eine Selbst‑ oder Fremdgefährdung darstellten, Fixierungen vorzunehmen. Sobald als möglich suchten die diensthabenden Ärzte die Kranke auf, um sich einen persönlichen Eindruck zu verschaffen. Die „Fixierungsmeldungen“ wurden vom Pflegepersonal ausgefüllt und vom diensthabenden Arzt pro Dienstzeitraum mit einer einzigen Paraphe versehen, auch wenn es zu mehrfachen Fixierungen gekommen ist.

Die Kranke wurde am Tag ihres Eintreffens um 13:00 Uhr auf die Abteilung gebracht und um 16:20 Uhr erstmals fixiert, weil sie auf einen Stuhl stieg und akute Sturzgefahr bestand. Es erfolgte eine Drei‑Punkt‑Fixierung. Im Pflegebericht ist nur festgehalten, dass sie laut Standard fixiert werde. Ab 16:20 Uhr bis 10:45 Uhr am nächsten Tag wurde sie insgesamt sieben Mal fixiert. Es kam zu Unterbrechungen von meist nur wenigen Minuten bis zu rund einer Stunde.

Die diensthabende Ärztin verfasste eine Mitteilung an den Verein, in dem sie ein mit „fachärztliches Zeugnis“ überschriebenes Formular mit dem Text „Kranke versucht aus dem Fenster zu springen, verbale aggressive Äußerungen“ versah und insgesamt sieben Zeiträume ohne weitere Zusätze anführte. Es ist aus dem Formular nicht zu erkennen, dass sich die Zeiträume auf Fixierungen bezogen. Außerdem ist das Datum bei der Unterschrift (missverständlich) mit 25. 10. 2011 angeführt, obwohl die Mitteilung erst am 26. 10. 2011 verfasst wurde.

Die genauen Fixierungszeiten sind dem Pflegebericht nicht zu entnehmen.

Bis zur Erstanhörung am 28. 10. 2011 kam es zu vielfachen Fixierungen. Bei der Erstanhörung war auch die Patientenanwältin anwesend. Der Stationsarzt legte dar, dass die Kranke Mitpatienten und Personal attackiere und teilweise Orientierungsstörungen habe. Es liege eine ernste und erhebliche Selbstgefährdung vor. Sie werde auf Grund der massiven Sturzgefahr fixiert. Der Kreislauf sei nicht stabil. Sobald es gehe, werde die Fixierung beendet.

Am 28. 10. 2011 wurde die Kranke von 06:45 Uhr bis 07:45 Uhr, von 08:15 Uhr bis 10:00 Uhr, von 11:00 Uhr bis 13:00 Uhr, von 13:10 Uhr bis 16:00 Uhr und von 16:10 Uhr bis 18:30 Uhr fixiert. Im Pflegebericht wird zu 15:00 Uhr vermerkt, dass sie am Vormittag sehr gangunsicher und wackelig gewesen sei und daher mit Sitzhose im Relaxer gesichert gewesen sei; weiters, dass sie eine Infusion erhalten habe, weil sie zu wenig trinke. Ihr Verhalten sei nicht aggressiv, sondern zugänglich. Um 17:00 Uhr habe der Turnusarzt einen Venenweg zur Flüssigkeitszufuhr legen wollen, die Kranke habe die Situation verkannt und sei aggressiv gegen ihn und das Pflegepersonal vorgegangen. Sie sei zu Bett gebracht und wegen Sturz‑ und Verletzungsgefahr fixiert worden. Weiters wurde die Kranke von 18:30 Uhr bis 21:00 Uhr, von 21:15 Uhr bis 05:15 Uhr und 05:30 Uhr bis 06:45 Uhr fixiert. Im Pflegebericht ist dazu vermerkt, dass die Kranke um 18:30 Uhr bereits gesichert „laut Standard“ übernommen worden sei und sie um 20:00 Uhr bei der Medikamentenausgabe schlafe. Um 06:00 Uhr wird festgehalten, dass sie die ganze Nacht geschlafen habe.

Am 29. 10. 2011 wurde die Kranke von 06:45 Uhr bis 08:00 Uhr, von 08:10 Uhr bis 10:00 Uhr, 11:00 Uhr bis 13:10 Uhr, von 13:40 Uhr bis 16:00 Uhr, von 16:10 Uhr bis 18:30 Uhr fixiert. Im Pflegebericht ist festgehalten: „16:00 Uhr Kranke wird vom Pflegepersonal geduscht, desorientiert, ganztags im Rollator mittels Brustgurt fixiert (wegen Sturz‑ und Verletzungsgefahr), mehrmals in Begleitung des Pflegepersonals auf der Toilette.“

In der Nacht vom 29. 10. auf den 30. 10. 2011 wurde sie von 18:00 Uhr bis 20:00 Uhr, von 21:20 Uhr bis 02:00 Uhr, 02:40 Uhr bis 06:00 Uhr und am 30. 10. 2011 von 06:45 Uhr bis 09:00 Uhr fixiert. Im Pflegebericht ist dazu vermerkt, dass die Kranke wegen Sturz‑ und Verletzungsgefahr „laut Standard“ fixiert worden sei. Hinsichtlich der Fixierung am 30. 10. 2011 findet sich im Pflegebericht kein Eintrag.

Ab dem 26. 10. 2011 wurde in einem Formular, das mit „Sammelfixierung der Station 09“ überschrieben ist, die Fixierungsdauer (von / bis) eingetragen. Als Grund und Art der Fixierung wurde angegeben „Sturz‑ und Verletzungsgefahr (laut Standard)“. Für den 26. 10. 2011 wurde „(Brustgurt) von 14:15 Uhr bis 16:00 Uhr, 16:50 Uhr bis 18:30 Uhr“ angeführt. Im Pflegebericht wird (abweichend) eine Fixierung im Relaxer genannt.

Der Verein beantragt die Überprüfung der Fixierungen vom 25. 10. bis 30. 10. 2011.

Das Erstgericht sprach aus, dass die Fixierungen nicht dem Gesetz entsprachen. Es habe zwar erhebliche und ernste Selbst‑ und Fremdgefährdung bestanden und die Beschränkungen der Bewegungsfreiheit seien zur Abwendung notwendig gewesen. Es seien aber nicht die formellen Voraussetzungen des § 33 Abs 3 UbG eingehalten worden. Zwar könne das Pflegepersonal im Notfall selbst die Fixierungen vornehmen und sich auf rechtfertigenden Notstand berufen, doch seien die Dokumentations‑ und Mitteilungspflicht verletzt worden. Es sei den Mitteilungen nicht zu entnehmen, welche Gründe für die Fixierung jeweils vorlagen. Zum Teil seien Fixierungen in der Sammelmeldung gemeldet worden, die im Pflegebericht nicht enthalten gewesen seien, zum Teil seien im Pflegebericht Fixierungen beschrieben, die in der Meldung fehlten. Die Versuche, gelindere Mittel (wie Gespräche und Zuwendung) anzuwenden, seien in der Dokumentation nicht ersichtlich. Den gemeldeten Zeiten vom 25. 10. bis zum Vormittag des 26. 10. 2011 sei kein Hinweis auf eine Fixierung zu entnehmen. Für die Fixierungen in der Nacht vom 28. 10. auf den 29. 10. 2011 sei in der Pflegedokumentation kein Grund (Notwendigkeit der Verabreichung der Infusion) ersichtlich. Eine Qualifizierung der Sturzgefahr sei im Pflegebericht nicht erkennbar. Bei der Bezeichnung der Fixierung „laut Standard“ sei nicht nachvollziehbar, ob es sich um eine Drei‑Punkt‑Fixierung, eine Fixierung mit der Sitzhose im Relaxer oder um eine Fixierung mittels Brustgurt im Rollator handle. Die Dokumentation müsse aber nachvollziehbar sein und es müsse ihr entnommen werden, auf Grund welcher Umstände welche Beschränkungen von wem für welche Dauer angeordnet worden seien und dass gelindere Mittel versucht worden seien.

Das Rekursgericht änderte den Beschluss des Erstgerichts dahin ab, dass es die Fixierungen für zulässig erklärte. Die Mitteilung der Fixierungen vom 25. 10. 2011 sei dem Verein ‑ allenfalls unter Verwendung eines unrichtigen Formulars ‑ zugegangen. Der Sammelfixierungsbericht für die Nacht vom 28. 10. auf den 29. 10. 2011 weise die Fixierung der Kranken wegen Sturz‑ und damit verbundener Verletzungsgefahr aus. Das Erstgericht habe weitere Tatsachenfeststellungen zur Begründung der Gefahr anhand der Aussagen der behandelnden Ärzte getroffen. Nicht die festgestellte Aggressivität der Kranken habe die Sturz‑ und damit einhergehende Verletzungsgefahr begründet, sondern ihr unsicherer und wackeliger Gang. Richtig sei, dass die jeweilige Art der Fixierung den Pflegedokumentationen nicht in jedem Einzelfall zweifelsfrei entnommen werden könne. Dieser Mangel mache sie jedoch nicht unzulässig, zumal sich im Verfahren herausgestellt habe, dass die Fixierungen der jeweils gegebenen Situation angepasst worden seien.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig sei.

Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Vereins mit einem Abänderungsantrag, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, er ist auch berechtigt.

Auf Antrag des Kranken oder seines Vertreters hat das Gericht nachträglich über die Zulässigkeit der Beschränkung der Bewegungsfreiheit nach § 33 UbG auch zu entscheiden, wenn diese bereits beendet ist (§ 38a Abs 1 UbG).

Beschränkungen des Kranken in seiner Bewegungsfreiheit sind nach Art, Umfang und Dauer nur insoweit zulässig, als sie im Einzelfall zur Abwehr einer Gefahr im Sinn des § 3 Z 1 UbG sowie zur ärztlichen Behandlung oder Betreuung unerlässlich sind und zu ihrem Zweck nicht außer Verhältnis stehen (§ 33 Abs 1 UbG). Beschränkungen der Bewegungsfreiheit auf einen Raum oder innerhalb eines Raumes sind vom behandelnden Arzt jeweils besonders anzuordnen, in der Krankengeschichte unter Angabe des Grundes zu beurkunden und unverzüglich dem Vertreter des Kranken mitzuteilen. Auf Verlangen des Kranken oder seines Vertreters hat das Gericht über die Zulässigkeit einer solchen Beschränkung unverzüglich zu entscheiden (§ 33 Abs 3 UbG).

Die Einhaltung der formellen Voraussetzungen der Beschränkung der Bewegungsfreiheit gemäß § 33 Abs 3 UbG, wie die unverzügliche Mitteilung an den Vertreter des Kranken, unterliegen der Überprüfung durch das Gericht (RIS‑Justiz RS0121011). Bei der Verpflichtung, eine Beschränkung des Kranken in seiner Bewegungsfreiheit unverzüglich dessen Vertreter mitzuteilen, handelt es sich nicht um eine bloße Ordnungsvorschrift. Sie hat den Zweck, es dem Vertreter des Kranken zu ermöglichen, eine Entscheidung des Gerichts über die Zulässigkeit einer solchen Beschränkung zu verlangen (3 Ob 179/05b). Dies entspricht der Judikatur zu § 7 Abs 2 HeimAufG, wonach die Unterlassung der Verständigung die Unzulässigkeit der Maßnahme bewirkt. Die Unzulässigkeit dauert nur bis zu jenem Zeitpunkt, in welchem der Bewohnervertreter tatsächlich Kenntnis von der angegebenen Freiheitsbeschränkung erlangt. Ab Kenntnis ist die Unterlassung der Verständigung saniert, sodass die vorangegangene Unzulässigkeit hinsichtlich nachfolgender Zeiträume nicht entgegensteht (RIS‑Justiz RS0121228). Diese Grundsätze sind auf die Mitteilung nach § 33 Abs 3 UbG zu übertragen.

Im vorliegenden Fall wurde die Kranke bereits kurz nach ihrer Einlieferung am 25. 10. 2011 fixiert. Die Abteilung hätte diese Beschränkung der Bewegungsfreiheit unverzüglich dem Verein mitteilen müssen. Dies ist mit dem mit „fachärztlichem Zeugnis“ bezeichneten Schreiben nicht geschehen. Es ist daraus nämlich nicht zu entnehmen, dass zu den angegebenen Zeiträumen Fixierungen stattfanden. Die Zeiträume erstrecken sich außerdem eindeutig über eine Nacht. Wegen des Datums „25. 10. 2011“ ist zu Unrecht anzunehmen, dass sich die ersten Zeiträume bereits auf den 24. 10. 2011 beziehen.

Dem Verein wurde der Zustand der Kranken und die Notwendigkeit von Fixierungen wegen Sturzgefahr (Selbstgefährdung) und auch Fremdgefährdung erst bei der Erstanhörung am 28. 10. 2011 bekannt. Es werden aber keine genauen Zeiträume angeführt und es wird nicht dargelegt, in welchen Pflegesituationen welche Maßnahmen ergriffen worden seien. Eine weitere Mitteilung erfolgte erst mit der sogenannten Sammelmeldung zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt nach dem 30. 10. 2011. Der Verein räumt ein, dass die Mitteilung am 31. 10. 2011 erfolgt sei. In dieser Mitteilung, die jedenfalls erst nach Beendigung der Maßnahmen erfolgte, sind Zeiträume der Fixierungen angeführt und es wird als Grund „Sturz‑ und Verletzungsgefahr“ genannt; bei Art der Fixierung steht: „(laut Standard)“.

Es stellt sich die sowohl für die Anordnung als auch für die Mitteilung nach § 33 Abs 3 UbG wesentliche Frage, ob die wiederholten Beschränkungen als eine einheitliche Beschränkung aufzufassen sind, die bei der Erstanhörung dem Verein bekannt wurde, oder als mehrere aufeinanderfolgende Beschränkungen. Eine einheitliche Beschränkung liegt jedenfalls dann vor, wenn gleichartige, eine sachliche Einheit bildende, Maßnahmen ergriffen werden, die Einzelschritte von vornherein als Einheit geplant sind und daher ihre regelmäßige Wiederholung wahrscheinlich ist, wie etwa eine wiederholte Medikation (Kopetzki, Grundriss des Unterbringungsrechts³, Rz 730/3). So können etwa immer wiederkehrende gleichartige Beschränkungen als Einheit aufgefasst werden, wenn sie bis zur kurzfristig erreichbaren Besserung der Erkrankung gesetzt wurden, die den selbst- und fremdgefährdenden Zustand ausgelöst hat. Ob eine einheitliche Beschränkung durch bestimmte notwendige Maßnahmen vorliegt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

Weder bei der Erstanhörung noch in der Pflegedokumentation findet sich ein Anhaltspunkt dafür, dass die freiheitsbeschränkenden Maßnahmen insgesamt zur Erreichung eines konkreten Zwecks vorgesehen und angeordnet wurden. Es ist daher von keiner einheitlichen Beschränkung auszugehen. Daher hätte zwar nicht von jeder einzelnen der so häufig gesetzten Beschränkungen, aber doch eine tägliche Sammelmitteilung an den Verein erfolgen müssen, um den Vertreter des Kranken über das Ausmaß und die Dauer der Beschränkungen zu informieren. Dies wurde unterlassen. Die Sammelmeldung nach Beendigung der Beschränkungen erfüllte ihren Zweck nicht mehr. Schon wegen der Verletzung der Mitteilungspflicht sind die Beschränkungen daher unzulässig.

Nach § 33 Abs 3 UbG ist die Beschränkung vom behandelnden Arzt jeweils besonders anzuordnen und in der Krankengeschichte unter Angabe des Grundes zu beurkunden. Wie dies zu geschehen hat, ergibt sich aus dem Zweck der ärztlichen Dokumentationspflicht ganz allgemein, nämlich der Therapiesicherung, Beweissicherung und Rechenschaftslegung (RIS‑Justiz RS0108525). Die Begründungs‑ und Dokumentationspflicht dient der Nachvollziehbarkeit und der Überprüfbarkeit der Maßnahme. Die Bedeutung der im UbG vorgesehenen Aufzeichnungen liegt vor allem in der Dokumentation einzelner Verfahrensschritte bei der Durchführung von Beschränkungen. Sie dienen der Nachvollziehbarkeit von Akten der Anstalt, insbesondere im Hinblick auf die nachträgliche Prüfung der Zulässigkeit durch das Gericht nach dem UbG (Kopetzki, Grundriss des Unterbringungsrechts³, Rz 559 und 688).

Zur Beantwortung der Frage nach dem notwendigen Inhalt der Dokumentation kann auch auf die Rechtsprechung zur Dokumentation nach § 6 HeimAufG zurückgegriffen werden. Es muss der Grund für die konkrete Beschränkung in einer Weise angeführt werden, dass beurteilt werden kann, ob die Zulässigkeitsvoraussetzungen im Einzelfall vorliegen. Wie detailliert dies geschehen muss, um den Sachverhalt ausreichend beurteilen zu können, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Je absehbarer und gleichbleibender die zur Beschränkung führenden Verhaltensweisen des Bewohners verlaufen, desto geringere Anforderungen sind an die Spezifikation in der Dokumentation zu stellen (vgl RIS‑Justiz RS0127656). Mängel in der Dokumentation können nachträglich nur soweit beseitigt werden, als der Grund für die Beschränkung aus anderen Urkunden objektivierbar ist und es in der Krankengeschichte nur unterlassen wurde, auf diese zu verweisen. Ergibt sich in der Zusammenschau der Bestandteile der Krankengeschichte und der Mitteilung kein Zweifel am zu Grunde liegenden Sachverhalt, so liegt kein relevanter Dokumentationsmangel, der zur Unzulässigkeit der Maßnahme führen muss, vor (vgl 7 Ob 235/11a; RIS‑Justiz RS0127659).

Im Gegensatz zur Rechtsansicht des Rekursgerichts kann daher das Ergebnis eines Beweisverfahrens nicht herangezogen werden, um Mängel der Pflegedokumentation/Krankengeschichte auszugleichen. Wie sich aus den Feststellungen ergibt, stimmen hier die Angaben in der Sammelfixierung und im Pflegebericht nicht immer überein. In den wenigen Fällen, in denen die Art der Fixierung genannt ist, bestehen Zweifel, auf welche Zeiträume sich dies bezieht. Es ist auch nicht ersichtlich, aus welchen Gründen welche Fixierungen notwendig waren und ob diese jeweils die gelindesten Mittel waren, um den konkreten Gefährdungszustand zu unterbinden. Die Anforderungen an die Dokumentation dürfen zwar nicht überspannt werden, aber es muss sich nachvollziehbar daraus ergeben, welche gelinderen Maßnahmen versucht oder warum sie nicht versucht wurden und welche Fixierung aus welchem Grund vom Arzt angeordnet wurde (oder bei Vorliegen eines Notfalls vom Pflegepersonal vorgenommen, aber vom Arzt ehestmöglich nachträglich genehmigt wurde).

Im vorliegenden Fall wurde die Mitteilung nach § 33 Abs 3 UbG unterlassen und die Dokumentation unzureichend geführt. Es lagen damit die formellen Voraussetzungen für die Beschränkungen der Kranken nicht vor, mögen sie auch materiell gerechtfertigt gewesen sein. Die Beschränkungen der Bewegungsfreiheit der Kranken sind daher für unzulässig zu erklären.

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