OGH 1Ob14/13k

OGH1Ob14/13k27.6.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden und die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. A***** A*****, 2. G***** A*****, beide *****, beide vertreten durch Dr. Thomas Herzka, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei K***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Dr. Dirk Just, Rechtsanwalt in Wien, wegen 20.640 EUR sA, über die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 24. September 2012, GZ 5 R 13/12m-51, mit dem das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 18. November 2011, GZ 20 Cg 305/08a-46, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 23. November 2011, GZ 20 Cg 305/08a-47, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die mit 1.385,39 EUR (darin 230,90 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Kaufvertrag vom 25. 6. 2008 erwarben die Kläger von der Beklagten eine Liegenschaft, auf der sich ein Einfamilienhaus befindet. Die Beklagte selbst hatte diese Liegenschaft in einem Zwangsversteigerungsverfahren erstanden. In Punkt 6. („Gewährleistung“) des Kaufvertrags wird unter anderem festgehalten:

„6.1. Verkaufende Partei und kaufende Parteien haben den Vertragsgegenstand besichtigt und begangen. Der Zustand zum Zeitpunkt der Besichtigung gilt als vereinbart und geschuldet. Die kaufenden Parteien bestätigen, eine Kopie des Schätzgutachtens des DI [...] vom 5. 1. 2007 erhalten zu haben.

[...]

6.3. Die kaufenden Parteien erklären, darüber informiert zu sein, dass die verkaufende Partei das Objekt selbst ersteigert hat und daher keinerlei Haftung für den Zustand des Gebäudes, der Einrichtungen sowie der Ver- und Entsorgungsleitungen des Kaufgegenstandes übernimmt.

6.4. Darüber hinaus trägt die verkaufende Partei keine wie immer geartete Haftung für ein bestimmtes Erträgnis, ein bestimmtes Ausmaß, eine bestimmte Beschaffenheit oder einen bestimmten Zustand des Vertragsgegenstandes.

6.5. Ausdrücklich festgehalten wird, dass den kaufenden Parteien bekannt ist, dass im Kellergeschoss Durchfeuchtungen des Mauerwerks vorhanden sind.“

Die Kelleraußenwände des Hauses weisen eine nicht den technischen Richtlinien entsprechende Feuchtigkeitsabdichtung auf, weil diese nicht über das Geländeniveau geführt und kraftschlüssig mit dem Mauerwerk verbunden ist. Dieser Umstand ist für die Durchnässung des Mauerwerks ursächlich.

Die Kläger begehren 20.640 EUR sA an Kosten für die Sanierung der Feuchtigkeitsisolierung an den Kelleraußenwänden im Wesentlichen mit der Begründung, das erworbene Haus habe entgegen der Zusicherung der Mängelfreiheit massive Feuchtigkeitsschäden aufgewiesen. Die Geltendmachung dieses Anspruchs sei durch die Vereinbarung im Kaufvertrag nicht ausgeschlossen.

Die Beklagte wendete ein, die Durchfeuchtung der Kellerwände sei bei bloßem Augenschein offenkundig gewesen und mit den Klägern besprochen worden. Diese hätten sich in Kenntnis des Mangels zum Ankauf der Liegenschaft entschlossen. Die Liegenschaft sei daher im bedungenen Zustand übergeben worden, weswegen kein Gewährleistungsfall vorliege. Darüber hinaus sei die Gewährleistung vertraglich ausgeschlossen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Zwar sei ein Verzicht auf Gewährleistungsansprüche auch wegen verborgener Mängel zulässig, sofern diese nicht arglistig verschwiegen worden seien, doch liege ein Verbrauchergeschäft vor. Nach § 9 KSchG sei ein Verzicht bzw eine Einschränkung von Gewährleistungsrechten vor Kenntnis des Mangels durch den Konsumenten unzulässig. Die Durchnässung der Mauern sei nur die Folge des Mangels, nicht der Mangel selbst, der den Klägern bei Vertragsabschluss daher unbekannt gewesen sei.

Der dagegen von der Beklagten erhobenen Berufung gab das Berufungsgericht Folge und wies das Klagebegehren ab. Die Bestimmung des Punktes 6. des Kaufvertrags könne in Verbindung mit den Feststellungen des Erstgerichts, wonach die Kläger aufgrund von Besichtigungen über die Feuchtigkeit des Mauerwerks im Keller Bescheid gewusst hätten, nur als umfassender Gewährleistungsausschluss angesehen werden. Auf § 9 KSchG könnten sich die Kläger nicht berufen, weil sie im Verfahren erster Instanz gar nicht geltend gemacht hätten, mit der Beklagten als Verbraucher ein Geschäft abgeschlossen zu haben. Der Erstkläger führe einen Gastronomiebetrieb, weswegen die Nutzung des Hauses auch für Unternehmenszwecke denkbar sei. Für die Annahme eines Verbrauchergeschäfts fehle jede Grundlage im Akt.

Die Revision, mit der die Kläger begehren, das Ersturteil wiederherzustellen, ließ das Berufungsgericht über einen an den Obersten Gerichtshof gerichteten Antrag, den es als solchen gemäß § 508 ZPO deutete, nachträglich zu, weil seine Entscheidung der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs widersprechen könnte. Danach könne nicht in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise davon ausgegangen werden, dass sich der von den Klägern abgegebene Gewährleistungsverzicht auch auf den Fall der Gewährleistung wegen der ihnen unbekannten Ursache der Feuchtigkeit infolge nicht ordnungsgemäßer Feuchtigkeitsisolierung erstrecke.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Kläger ist zur Wahrung der Rechtssicherheit zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.

1.1 Voranzustellen ist, dass das Berufungsgericht grundsätzlich zutreffend ausführt, dass derjenige der den Schutz der Bestimmungen des KSchG für sich beansprucht, die Voraussetzungen hiefür behaupten und nachweisen muss. Er muss auch erklären, dass er die Bestimmungen des I. Hauptstückes dieses Gesetzes auf ein von ihm abgeschlossenes Rechtsgeschäft angewendet haben will (RIS-Justiz RS0065220 [T1]; RS0065264). Ein ausdrückliches Vorbringen, sie hätten den Vertrag als Verbraucher abgeschlossen, haben die Kläger nicht erstattet. Auch im Revisionsverfahren machen die Kläger dazu lediglich geltend, das Erstgericht habe entgegen dem Berufungsgericht das Rechtsgeschäft zu Recht den Regeln des KSchG unterstellt.

1.2 Der Grundsatz, dass die Voraussetzungen für eine Anwendbarkeit des KSchG zu behaupten sind, gilt nur dann uneingeschränkt, wenn sich die Eigenschaft als Verbraucher nicht ohnedies ganz klar aus den Umständen ergibt (6 Ob 35/00s = MietSlg 52.231; 8 Ob 84/09z = RdW 2010/432, 399, je mwN). Ob das hier bereits der Fall ist, weil Gegenstand des Kaufvertrags, dessen Erfüllung nach den Behauptungen der Kläger mangelhaft geblieben ist, ein Einfamilienhaus ist, und die von den Klägern angegebene Wohnanschrift mit der Anschrift dieses Hauses übereinstimmt, was für dessen Nutzung zu privaten Zwecken spricht, kann aber dahingestellt bleiben, weil es zur Lösung des vorliegenden Rechtsstreits nicht darauf ankommt, ob die Kläger das Rechtsgeschäft als Verbraucher abgeschlossen haben.

2.1 Die von den Vorinstanzen erörterten Fragen im Zusammenhang mit einem vertraglich vereinbarten Gewährleistungsverzicht (§ 929 ABGB) und damit die Zulässigkeit eines solchen Verzichts im Anwendungsbereich des Konsumentenschutzgesetzes (§ 9 KSchG) knüpfen an die mangelhafte Erfüllung des Rechtsgeschäfts an, weil ein solcher Gewährleistungsausschluss nur beim Vorhandensein eines Mangels von Bedeutung ist. Eine mangelhafte Leistung liegt aber nicht vor, wenn und soweit der Übergeber nichts Besseres schuldet (P. Bydlinski in KBB³ § 928 ABGB Rz 1). Die Beklagte hat bereits im Verfahren erster Instanz sinngemäß geltend gemacht, die Übergabe des Hauses sei im vereinbarten Zustand erfolgt. Diesen Einwand hält sie auch noch im Revisionsverfahren aufrecht.

2.2 Die Vertragswidrigkeit eines Leistungsgegenstands ist nie abstrakt, sondern immer aufgrund des konkreten Veräußerungsvertrags zu beurteilen. Eine Leistung ist nur dann mangelhaft, wenn sie qualitativ oder quantitativ hinter dem Geschuldeten, also dem Vertragsinhalt, zurückbleibt (RIS-Justiz RS0018547; Reischauer in Rummel³, §§ 922, 923 Rz 3; P. Bydlinski in KBB³ § 922 ABGB Rz 1). Die Parteien des Vertrags können vereinbaren, dass eine Sache, die objektiv gesehen mangelhaft ist, als vertragsgemäß angesehen wird (RIS-Justiz RS0107681). Eine solche einschränkende Beschreibung der geschuldeten Leistung ist kein Gewährleistungsausschluss, sondern begrenzt das vertraglich Geschuldete von vornherein in qualitativer Hinsicht und ist damit auch in Verbraucherverträgen zulässig (vgl Hödl in Schwimann, ABGB-TaKom² § 923 Rz 7 und § 929 Rz 2; Krejci in Rummel³ § 9 KSchG Rz 5 ff; vgl auch Kathrein in KBB³ § 9 KSchG Rz 2 und P. Bydlinski in KBB³ § 929 ABGB). Sie steht auch mit der allerdings nur für bewegliche körperliche Gegenstände geltenden Richtlinie 1999/44/EG zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (VerbrauchsgüterRL) in Einklang, deren Umsetzung in Österreich mit dem Gewährleistungsrechts-Änderungsgesetz (GewRÄG), BGBl I 2001/48, erfolgte. Nach Art 2 Abs 3 1. Fall dieser Richtlinie begründet es keine Vertragswidrigkeit, wenn der Verbraucher zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses Kenntnis vom Mangel hatte oder vernünftigerweise darüber nicht in Unkenntnis sein konnte (Binder/Ofner in Schwimann³ § 928 ABGB Rz 8). Vereinbarungen in Verbraucherverträgen, die eine objektiv mangelhafte Sache zum Gegenstand haben, sind damit richtlinienkonform.

2.3 In concreto haben die Parteien im Kaufvertrag vom 25. 6. 2008 ausdrücklich festgehalten, dass den Klägern die Durchfeuchtung des Mauerwerks im Keller bekannt ist. Dem Rechtsgeschäft lag damit kein objektiv mangelfreier Zustand der Kellerwände zugrunde, weswegen diese Mangelhaftigkeit auch keine Vertragswidrigkeit begründet. Bei der Beurteilung, ob die subjektive Äquivalenz gestört ist, und Gewährleistungsrecht eingreift, ist damit von einer an sich (durch durchfeuchtetes Mauerwerk) mangelhaften Sache auszugehen. Dass sich die Durchfeuchtung nicht auf die hier streitgegenständlichen Kelleraußenwände bezogen hätte, haben die Beklagten weder geltend gemacht, noch hat das Verfahren Anhaltspunkte hiefür hervorgebracht.

2.4 Auch die Kläger legen ganz offensichtlich einen solchen Vertragsinhalt zugrunde, indem sie an der ihnen bekannten Durchfeuchtung der Kellerwände erkennbar ableiten, dass sich die von ihnen vertraglich akzeptierte Mangelhaftigkeit nur auf die Durchfeuchtung selbst erstrecke, nicht aber auch auf die fehlerhafte Isolierung als deren Ursache. Insoweit hätten sie wegen des im Versteigerungsverfahren erstellten Gutachtens, das sinngemäß Eingang in den Kaufvertrag gefunden habe, darauf vertrauen dürfen, dass das Haus ohne Mängel sei.

3. Es bedarf keiner weiteren Erörterung, dass eine Durchfeuchtung von Kellerwänden auch für einen Laien grundsätzlich ein deutliches Indiz für einen Mangel der Feuchtigkeitsisolierung ist. Gilt ein solcher Zustand als vereinbart, kann sich der Übernehmer daher nicht darauf berufen, ihm sei die für die Durchfeuchtung maßgebliche Ursache unbekannt gewesen. Diese ist ebenso wie die nach außen in Erscheinung getretene Folge Vertragsinhalt. Auch für das Vorliegen eines offenkundigen Mangels (§ 928 ABGB) genügt es, dass die äußere Beschaffenheit des Objekts auf den Mangel schließen lässt, selbst wenn dessen Ursache, Wirkung und Umfang für den Laien nicht erkennbar ist. Die Kenntnis der inneren Ursachen eines Mangels ist in der Regel nicht erforderlich, es reicht aus, wenn der Mangel an sich bekannt ist (vgl zum offenkundigen Mangel: 2 Ob 887/34 = KRES 5/19; 6 Ob 390/97i; Reischauer aaO § 928 Rz 1; Binder/Ofner aaO § 928 Rz 5; Hödl aaO § 928 Rz 3). Diese Grundsätze kommen auch hier zum Tragen, wäre doch die Beklagte sonst sogar verpflichtet, mit der Ursache der Mauerfeuchte auch den von den Klägern ausdrücklich akzeptierten objektiv mangelhaften Zustand, nämlich die Durchfeuchtung des Mauerwerks, zu beseitigen. Das bedeutete im vorliegenden Fall aber nicht die Beseitigung einer Leistungsstörung, sondern würde auf eine Vertragsänderung zu Gunsten der Kläger hinauslaufen.

4. Ihren Vorwurf, die Beklagte hätte die Ursache des durchfeuchteten Mauerwerks gekannt und ihnen bewusst (arglistig) verschwiegen, halten die Kläger zu Recht nicht mehr aufrecht.

5. Es trifft auch nicht zu, dass den Klägern die Mangelfreiheit des Vertragsgegenstands ausdrücklich zugesagt worden wäre, wie sie in ihrer Revision geltend machen. Es ist zwar richtig, dass das im Zwangsversteigerungsverfahren erstellte Schätzgutachten den Klägern ausgehändigt worden war, was in Punkt 6.1. des Kaufvertrags festgehalten wird. Dass demnach keine wesentlichen substanzgefährdenden Baumängel augenscheinlich gewesen seien, mag zutreffen. Der vom Sachverständigen im vorangegangenen Zwangsversteigerungsverfahren beschriebene Zustand hat aber gegenüber ihrer eigenen Wahrnehmung vor Vertragsabschluss und dem Vertragsinhalt in den Hintergrund zu treten. Jedenfalls soweit sie abweichend vom Gutachten einen objektiv mangelhaften Zustand ausdrücklich vertraglich akzeptiert haben, können sie sich nicht mehr darauf berufen, es sei ein dem Inhalt des Gutachtens entsprechender Zustand des Hauses vereinbart worden.

6. Als Ergebnis ist daher festzuhalten, dass die ganz offenkundig (§ 928 ABGB) mangelhaften Kellerwände Vertragsinhalt geworden sind. Insoweit handelt es sich um den vertragskonformen Zustand des Kaufgegenstands, sodass kein Mangel vorliegt. Auf die Kenntnis des genauen Ursachenzusammenhangs kommt es nicht an. Das gälte auch, wenn man von einem Verbrauchergeschäft ausginge. Ob ein im Lichte des § 9 KSchG wirksamer Gewährleistungsverzicht vorliegt, kann daher dahingestellt bleiben.

7. Der Revision ist damit im Ergebnis nicht Folge zu geben.

8. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1 iVm 50 Abs 1 ZPO.

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