OGH 15Os68/13h

OGH15Os68/13h26.6.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. Juni 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Dr. Michel-Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Bitsakos als Schriftführer in der Strafsache gegen Adnan S***** wegen des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 5. April 2013, GZ 20 Hv 8/13d-51, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Adnan S***** des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (II/1) sowie der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (I/1), der sexuellen Belästigung und öffentlichen geschlechtlichen Handlungen nach § 218 Abs 1 Z 1 StGB (I/2), der Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs 1 StGB (I/3), der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (I/4) und der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB (II/2) schuldig erkannt.

Danach hat er

I) am 26. November 2012 in R***** „oder andernorts“

1) Lisa B***** durch die Äußerung, er werde sie, wenn sie in R***** seien, nicht mehr gehen lassen und sie werde sowieso von ihm vergewaltigt, er werde noch seine Freunde holen und dann werde ihr das passieren, gefährlich mit zumindest einer Verletzung an der Freiheit, nämlich mit einem Eingriff in die sexuelle Selbstbestimmungsfreiheit bedroht, um Lisa B***** in Furcht und Unruhe zu versetzen;

2) Lisa B***** durch geschlechtliche Handlungen an ihr, und zwar dadurch, dass er über der Kleidung ihre Brüste berührte und sie in ihren Busen zwickte, belästigt;

3) Lisa B***** durch Versetzen eines Fußtritts gegen ihren Unterschenkel am Körper zu verletzen versucht;

4) Fabian F***** durch die Äußerung, er solle jetzt Ruhe geben, weil er sonst morgen tot sei, sohin durch gefährliche Drohung mit zumindest der Zufügung einer Körperverletzung, zu einer Unterlassung, und zwar dazu, es zu unterlassen, ihn wegen der unter I) 1) bis 3) angeführten strafbaren Handlungen zur Rede zu stellen (und ihn in Ruhe zu lassen), genötigt;

II) am 30. November 2012 in R*****

1) Lisa B***** durch die Äußerung, wenn sie ihn noch einmal anzeige, werde er sie und ihren Freund umbringen, sohin durch gefährliche Drohung mit dem Tod, zur Unterlassung einer weiteren Anzeigeerstattung zu nötigen versucht;

2) Lisa B***** durch die mehrmalige Äußerung, er werde ihren Freund umbringen, er werde dies mit seinem Cousin machen, er habe immer ein Butterfly-Messer oder einen Schlagring dabei, sohin mit dem Tod eines „nahen Angehörigen“ gefährlich bedroht, um Lisa B***** in Furcht und Unruhe zu versetzen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene, auf § 281 Abs 1 Z 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.

Der formelle Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5a StPO greift seinem Wesen nach erst dann, wenn aktenkundige Beweisergebnisse vorliegen, die nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen - wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt - wird dadurch nicht eröffnet (RIS-Justiz RS0119583, RS0118780).

Die Tatsachenrüge (Z 5a) reklamiert, aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen Dris. G*****, der dem Angeklagten (unter anderem) impulsartige Äußerungen im Zusammenhang mit einem Gilles de la Tourette-Syndrom bescheinigt, sowie aufgrund der Aussagen der Zeugen Lisa B***** und Fabian F*****, sie hätten nicht damit gerechnet, dass der Angeklagte sie auch umbringen werde, hätten zu II bloß Feststellungen in Richtung einer unqualifizierten Drohung und damit (bloß) jeweils des Grunddelikts nach § 105 Abs 1 StGB (II/1) und nach § 107 Abs 1 StGB (II/2) getroffen werden dürfen. Damit gelingt es der Beschwerde jedoch nicht, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen hervorzurufen, zumal es nicht darauf ankommt, ob die Bedrohte die ausgesprochene Todesdrohung als solche ernst nahm (vgl RIS-Justiz RS0092878, RS0092160, RS0092102). Denn die Tatrichter berücksichtigten in ihren Erwägungen zu der Annahme, dass der Angeklagte bei Lisa B***** zu II) (auch) Furcht vor einem Anschlag auf ihr Leben sowie auf jenes ihres Freundes hervorrufen wollte (US 2 und 5 f), die besonderen Tatumstände vom 30. November 2012, nämlich die erst wenige Tage zuvor erfolgte Anzeigenerstattung, die polizeiliche Ermittlungen gegen den Angeklagten (zu I) in Gang setzte, die Bezugnahme des Angeklagten auf die Hinzuziehung eines Dritten sowie auf ein Messer und einen Schlagring (US 12 f), welchen das Rechtsmittel bloß eine eigenständige Bewertung der Beweisergebnisse entgegenstellt.

Soweit der Nichtigkeitswerber darüber hinaus auch einen Freispruch von sämtlichen Anklagefakten und eventualiter eine gänzliche Urteilsaufhebung begehrt, unterlässt er die deutliche und bestimmte Bezeichnung von Tatumständen, die einen der in § 281 Abs 1 StPO angegebenen Nichtigkeitsgründe bilden sollen (§ 285a Z 2 StPO).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte