Spruch:
In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der in Punkt 1./ des Schuldspruchs vorgenommenen Subsumtion auch unter § 129 Z 1 StGB und § 130 vierter Fall StGB, demzufolge auch in der Subsumtionseinheit nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 vierter Fall StGB sowie im Strafausspruch einschließlich der Vorhaftanrechnung aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.
Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.
Die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte Krzysztof G***** werden mit ihren Berufungen auf diese Entscheidung verwiesen.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Krzysztof G***** des Verbrechens des (richtig:) schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 vierter Fall StGB (I./) sowie der Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (II./) und der dauernden Sachentziehung nach § 135 Abs 1 StGB (III./) schuldig erkannt.
Danach hat er in W*****
I./ fremde bewegliche Sachen in einem insgesamt 3.000 Euro übersteigenden Wert, nämlich Autoreifen samt Felgen, den nachstehend angeführten Personen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz großteils durch Einbruch weggenommen, wobei er die Diebstähle durch Einbruch in der Absicht begangen hat, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar
A./ in der Nacht zum 27. August 2012 der Ewa M*****, indem er durch das offene Garagentor ihres Wohnhauses gelangte und dort die Reifen samt Felgen im Gesamtwert von ca 2.000 Euro von ihrem Fahrzeug abmontierte;
B./ durch Einsteigen in Garagen von Wohnhausanlagen, indem er das verschlossene Garagentor anhob und sich darunter hindurch in die Garage rollte, somit durch Einbruch, nämlich
1./ in der Nacht zum 27. August 2012 vier Reifen samt Felgen im Wert von 2.496 Euro vom Fahrzeug des Markus H*****;
2./ in der Nacht zum 3. September 2012 vier Reifen samt Felgen in nicht mehr feststellbarem, 3.000 Euro jedoch übersteigendem Wert vom Fahrzeug des Harald K*****;
3./ in der Nacht zum 3. September 2012 vier Reifen samt Felgen im Wert von ca 1.600 Euro vom Fahrzeug des Bogdan R*****;
II./ fremde bewegliche Sachen zerstört bzw beschädigt, und zwar
A./ in der Nacht zum 27. August 2012 die Autoscheibe des Fahrzeugs des Bernd J*****, indem er die Fahrerscheibe einschlug, wobei ein nicht mehr feststellbarer Schaden entstand;
B./ in der Nacht zum 3. September 2012 die Autoscheibe des Fahrzeugs des Oliver T*****, indem er die Scheibe der linken hinteren Türe mit einem Radmutterschlüssel einschlug, wobei ein nicht mehr feststellbarer Schaden entstand;
C./ in der Nacht zum 3. September 2012 die Autoscheibe des Fahrzeugs des Michael L*****, indem er die Scheibe der linken hinteren Seite mit einem Radmutterschlüssel einschlug, wobei ein nicht mehr feststellbarer Schaden entstand;
D./ in der Nacht zum 3. September 2012 die Autoscheibe des Fahrzeugs der Sara B*****, indem er die Scheibe der linken hinteren Seite einschlug, wobei ein nicht mehr feststellbarer Schaden entstand;
III./ andere dadurch geschädigt, dass er fremde bewegliche Sachen, nämlich Funkfernbedienungen, aus deren Gewahrsam dauernd entzog, ohne die Sachen sich oder einem Dritten zuzueignen, indem er diese auf die in Punkt II./ beschriebenen Weise aus deren Fahrzeugen entnahm, in der Folge die Garagentore öffnete und die Geräte nach Verlassen der Garage wegwarf, und zwar
A./ in der Nacht zum 27. August 2012 jene des Bernd J*****,
B./ in der Nacht zum 3. September 2012 jene des Oliver T*****, und
C./ in der Nacht zum 3. September 2012 jene der Sara B*****.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Schuldspruch aus Z 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt zum Teil Berechtigung zu:
Der von der Mängelrüge behaupteten Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider bedurfte es der Erörterung einzelner Details der Aussagen des zum Anklagevorwurf vollinhaltlich geständigen Angeklagten nicht (vgl US 9 [iVm ON 2 S 89 f, ON 4 S 3 und insbesondere die Einlassung des Angeklagten in der Hauptverhandlung ON 20 S 3]).
Soweit die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) weiters behauptet, zu Punkt I./ des Schuldspruchs läge keine Begründung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite (insbesondere zum auf die Qualifikation des § 128 Abs 1 Z 4 StGB gerichteten Vorsatz) vor, zeigt sie gleichfalls keinen Begründungsmangel auf, ignoriert sie doch, dass sich die Tatrichter auch insoweit auf die geständige Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung und überdies auf den Umstand stützen konnten, dass er durchwegs hochpreisige Reifen samt Felgen auswählte (US 9).
Diese Erwägungen gelten auch für die Punkt III./ des Schuldspruchs betreffende Mängelrüge, die sowohl die Konstatierungen zum objektiven als auch zum subjektiven Tatbestand als nicht bzw offenbar unzureichend begründet bekämpft (Z 5 vierter Fall). Die subjektive Tatseite wurde im Übrigen formal einwandfrei - auch - mit Bezugnahme auf das objektive Tatgeschehen begründet (US 9; RIS-Justiz RS0098671). Dem Beschwerdestandpunkt zuwider kann somit vom Vorliegen einer bloßen Scheinbegründung keine Rede sein.
Zur prozessförmigen Ausführung einer Rechtsrüge (Z 9 lit a) genügt es nicht, die angestrebte Konsequenz bloß zu behaupten, diese ist vielmehr methodisch vertretbar aus dem Gesetz abzuleiten (RIS-Justiz RS0116569).
Indem der Rechtsmittelwerber zu Punkt III./ ohne inhaltliche Argumentation bloß ausführt, eine Subsumtion unter den Tatbestand des § 135 Abs 1 StGB sei nicht möglich, weil das Erstgericht „keinerlei Feststellungen zum Ort, wo die Funkfernbedienungen weggeworfen wurden“, getroffen habe, wird er dem genannten Erfordernis nicht gerecht. Weshalb die Urteilsannahmen zur subjektiven Tatseite (US 9) undeutlich (der Sache nach Z 5 erster Fall) sein bzw über den „erforderlichen Vorsatz“ nichts aussagen sollten und welche weiteren Konstatierungen, über die Getroffenen hinaus, für die rechtsrichtige Subsumtion des Sachverhalts unter den Tatbestand des § 135 Abs 1 StGB noch erforderlich gewesen wären, legt die Rechtsrüge (Z 9 lit a) gleichfalls nicht prozessordnungsgemäß aus dem Gesetz abgeleitet dar.
Die Subsumtionsrüge (Z 10) behauptet zu Punkt I./ des Schuldspruchs, es liege ein Rechtsfehler mangels Feststellungen vor, weil kein auf die Qualifikation des § 128 Abs 1 Z 4 StGB gerichteter Vorsatz festgestellt worden sei. Dies ist mit Blick auf den diesbezüglich eindeutigen Inhalt der Gründe (US 8, 9) nicht nachvollziehbar. Solcherart verfehlt die Rüge erneut die gesetzlichen Anfechtungskriterien, weil Gegenstand einer materiell-rechtlichen Rüge ausschließlich der Vergleich des zur Anwendung gebrachten materiellen Rechts mit dem festgestellten Sachverhalt ist (RIS-Justiz RS0099810).
Das Vorbringen der Subsumtionsrüge (Z 10) zu Punkt I./A./ des Schuldspruchs übersieht, dass insoweit ohnedies nicht von der Begehung eines Einbruchsdiebstahls und somit vom Vorliegen der Qualifikation nach § 129 Z 1 StGB ausgegangen wurde. Zufolge § 29 StGB sind jedoch alle in einem Verfahren demselben Täter angelasteten gleichartigen Vermögensstraftaten, mögen sie auch weder örtlich noch zeitlich zusammenhängen und jede für sich rechtlich verschiedener Art sein, bei der rechtlichen Beurteilung zu einer Subsumtionseinheit zusammenzufassen; Unterschiede hinsichtlich der rechtlichen Qualifikation einzelner Diebstähle sind dabei nicht zu treffen (RIS-Justiz RS0114927; Ratz in WK² § 29 Rz 6).
Die Subsumtion der zu Punkt I./B./ festgestellten Taten ist hingegen - wie der Angeklagte zutreffend aufzeigt - mit Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO) behaftet:
Nach den Urteilsannahmen hob der Angeklagte jeweils das Garagentor von unten nach oben an, legte sich sodann zu Boden und rollte sich durch die durch das Anheben des Garagentors entstandene Öffnung, um in das Innere der Garage zu gelangen (US 6 f); (nur) zu III./B./1./ wurde das Garagentor als zuvor „verschlossen“ beschrieben (US 6 f), was die relevante Frage, ob das Tor versperrt war und nur mit nicht ganz unerheblicher Körperkraft zur Überwindung des Verschlusses anzuheben und zu öffnen war (s sogleich unten), auch in diesem Fall unbeantwortet lässt.
Die rechtliche Annahme der Begehung eines Einsteigdiebstahls iSd § 129 Z 1 StGB setzt ua das Benützen einer zum Zutritt nicht bestimmten Öffnung voraus (RIS-Justiz RS0093722; Bertel in WK² StGB § 129 Rz 5; Kienapfel/Schmoller StudB BT II § 129 Rz 31).
Die Subsumtionsrüge (Z 10) weist zutreffend darauf hin, dass der Angeklagte vorliegend jeweils durch ein Garagentor in das Innere eines umschlossenen Raumes gelangte und ein solches gerade dazu bestimmt ist, den Durchgang oder die Durchfahrt in den Innenraum der Garage zu ermöglichen.
Klärende Feststellungen dahin, ob die in Rede stehenden Garagentore auch versperrt waren oder ob zur Beseitigung eines dem Diebstahl sonst entgegenstehenden Öffnungshindernisses jeweils nicht ganz unerhebliche körperliche Kraft erforderlich war und ob der Angeklagte die Überwindung dieses Hindernisses in seinen auf Diebstahl gerichteten Vorsatz aufnahm (RIS-Justiz RS0093960, RS0093786; Bertel in WK² StGB § 129 Rz 3; Kienapfel/Schmoller StudB BT II § 129 Rz 29), sind den Entscheidungsgründen des Urteils nicht zu entnehmen. Demgemäß kann die Frage, ob der Angeklagte in die (bzw allenfalls eine der) Garagen eingebrochen ist (§ 129 Z 1 StGB; die in § 129 Z 1 StGB angeführten Tathandlungen stellen rechtlich gleichwertige Begehungsformen ein und desselben Deliktstypus dar [alternatives Mischdelikt]; RIS-Justiz RS0119965) mangels Vorliegens entsprechender Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden. Bloß der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass der Umstand, wonach der Angeklagte jeweils den Tatort durch Öffnen des Garagentors mittels einer widerrechtlich erlangten Funkfernbedienung verließ, die Annahme der Qualifikation des § 129 Z 1 StGB nicht rechtfertigt, weil dieser Qualifikationstatbestand ausschließlich auf das Eindringen mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel abstellt (vgl 15 Os 161/11g).
Da der vom Nichtigkeitswerber aufgezeigte Rechtsfehler mangels Feststellungen in Ansehung des Schuldspruchs I./ die Aufhebung der Qualifikation des § 129 Z 1 StGB sowie - zufolge des sachverhaltsmäßigen untrennbaren Zusammenhangs (§ 289 StPO) - auch der Qualifikation des § 130 vierter Fall StGB bereits bei der nichtöffentlichen Beratung unumgänglich machen (§ 285e StPO), erübrigt sich eine Erörterung der (weiteren) darauf bezogenen Beschwerdeargumente.
Das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt zu bleiben hatte, war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Krzysztof G***** in der rechtlichen Unterstellung der Punkt I./ des Schuldspruchs zu Grunde liegenden Taten (auch) unter die Qualifikationen des § 129 Z 1 StGB und des § 130 vierter Fall StGB, demzufolge auch in der (durch Teilrechtskraft zerschlagenen [vgl Ratz, WK-StPO § 289 Rz 10]) Subsumtionseinheit nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 vierter Fall StGB sowie im Strafausspruch einschließlich der Vorhaftanrechnung aufzuheben. Die Sache war demnach im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen (§ 285e StPO).
Im Übrigen war die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten teils als offenbar unbegründet, teils als nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt in nichtöffentlicher Sitzung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
Mit ihren Berufungen waren sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft auf die (teil-)kassatorische Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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