OGH 9ObA13/13x

OGH9ObA13/13x21.2.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn sowie die fachkundigen Laienrichter KR Mag. Paul Kunsky und Mag. Manuela Majeranowski als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei M***** W*****, vertreten durch Dr. Stephan Rainer, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Land Tirol, *****, diese vertreten durch Dr. Josef Pfurtscheller ua, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 6.995,99 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 18. Dezember 2012, GZ 13 Ra 33/12v-17, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Nach einem Beschluss des Tiroler Landtags vom 9. Juli 1981 soll den ab 1. Juli 1983 ausgeschiedenen Landesbediensteten mit dem auf das Ende des Dienstverhältnisses folgenden Monatsersten ein Pensionszuschuss aus Landesmitteln zu der nach den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften (ASVG) zustehenden Pension mit folgender Maßgabe gewährt werden:

„2. Der Anspruch auf den Pensionszuschuss besteht, wenn

a) der Bedienstete das 60. Lebensjahr vollendet und die tatsächlich zum Land Tirol zurückgelegte Dienstzeit mindestens 15 Jahre betragen hat, oder …

d) infolge einer sonstigen Krankheit dauernd dienstunfähig geworden ist.“

Die Beklagte gewährt Pensionszuschüsse iSd Punkts 2.d) des Beschlusses dann, wenn zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Bediensteten ein Bescheid auf dauernde Gewährung einer Berufsunfähigkeits- oder Invaliditätspension vorliegt, sowie bei späterem Vorliegen eines solchen Bescheides dann, wenn der Bedienstete bis dahin im Krankenstand war oder Krankengeld, Arbeitslosengeld, Notstandhilfe oä bezogen hat.

Das Vertragsbedienstetenverhältnis der am ***** 1950 geborenen Klägerin, die vom 15. 6. 1992 bis 12. 3. 2004 im Sanitätshilfsdienst des Landeskrankenhauses Innsbruck (Pflegehelferin in der Kinderonkologie) tätig war, endete infolge eines mehr als einjährigen Krankenstandes ex lege (§ 51 Abs 8 Tiroler L-VBG [seit LGBl 2011/112: LBedG]).

Die Klägerin richtet sich mit ihrem Begehren auf Zuerkennung eines Pensionszuschusses für den Zeitraum Juni 2008 bis Februar 2012 gegen die Verknüpfung des Pensionszuschusses mit einer - ihr nicht zuerkannten - Berufungsunfähigkeits- oder Invaliditätspension. Die Klagsabweisung durch die Vorinstanzen ist jedoch nicht korrekturbedürftig:

Zur Begründung eines Ruhegeldanspruchs ist regelmäßig ein besonderer Verpflichtungstatbestand - neben dem „Grund“-Arbeitsvertrag - erforderlich. Daran hat auch das Betriebspensionsgesetz nichts geändert (9 ObA 151/00x).

Dass der Landtagsbeschluss als solcher gegenüber der Klägerin noch keine normative Wirkung entfaltet, stellt sie in der Revision zurecht nicht in Frage.

Ob und inwieweit die Gewährung einer Leistung durch betriebliche Übung (zu dieser s RIS-Justiz RS0014543) zum Inhalt eines Arbeitsvertrags wird, ist nur nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen, womit idR keine revisible Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO begründet wird (RIS-Justiz RS0014543 [T22]). Reichweite und Grenzen der Betriebsübung wurden hier vom Berufungsgericht in vertretbarer Weise dargelegt. Im Hinblick auf die Revisionsausführungen ist hervorzuheben, dass für das Entstehen eines vertraglichen Anspruchs aufgrund einer Betriebsübung entscheidend ist, welchen Eindruck die Arbeitnehmer bei sorgfältiger Überlegung von dem schlüssigen Erklärungsverhalten des Arbeitgebers haben durften. Hiebei darf der Kollektivbezug der Verpflichtung des Arbeitgebers, dem zu unterstellen ist, dass er die betroffenen Arbeitnehmer bei Vorliegen gleicher Voraussetzungen auch gleich behandeln wollte, nicht übersehen werden. Es ist daher nur objektiv zu prüfen, ob die Arbeitnehmer auf die Verbindlichkeit der Vergünstigung vertrauen durften. Ob jeder einzelne Arbeitnehmer darauf vertraut hat, ist nicht zu prüfen (RIS-Justiz RS0014489). Darauf, dass die Klägerin selbst nicht in Kenntnis der tatsächlichen Handhabung der Pensionszuschussgewährung war (Zuerkennung in Abhängigkeit von einer Berufsunfähigkeits- oder Invaliditätspension), kann es danach nicht ankommen.

Ist der Pensionszuschuss nach der betrieblichen Übung aber in jedem Fall von einer Berufsunfähigkeits- oder Invaliditätspension abhängig, ist es nicht entscheidungsrelevant, ob der Begriff der „Dienstunfähigkeit“ iSd Punktes 2.d) des Beschlusses des Tiroler Landtags arbeits- oder sozialversicherungsrechtlich zu verstehen ist.

Es kann auch dahingestellt bleiben, ob der Pensionszuschuss die Leistung einer (ASVG-)Pension zur Voraussetzung hat (arg: Pensionszuschuss) oder damit nur allgemein eine Unterstützungsleistung gemeint ist. Die Präambel des Landtagsbeschlusses, wonach ein Pensionszuschuss aus Landesmitteln „zu der nach den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften (ASVG) zustehenden Pension“ gewährt wird, spricht allerdings gegen die von der Klägerin präferierte zweite Deutung.

Auch braucht nicht weiter erörtert werden, ob und inwieweit der Umstand, dass am Landeskrankenhaus vom Sanitätshilfsdienst dem aktuellen Leistungskalkül der Klägerin noch entsprechende Tätigkeiten ausgeübt werden, gegen eine Dienstunfähigkeit der Klägerin spricht.

Mit dem Verweis auf § 7 BPG ist für sie nichts gewonnen, weil der Pensionszuschuss nicht alleine aufgrund einer unverfallbaren Anwartschaft aus einer direkten Leistungszusage begehrt werden könnte.

Für die Zuerkennung eines Pensionszuschusses „zumindest ab 1. 12. 2010“ (= Beginn der Alterspension) fehlt es an den Voraussetzungen des Punktes 2.a) des Landtagsbeschlusses (15-jährige Dienstzeit).

Die Frage nach der Unionsrechtskonformität von Punkt 3.c) des Landtagsbeschlusses vom 9. Juli 1981 - der nach Ansicht der Klägerin mit der Aliquotierung des Pensionszuschusses entsprechend dem Beschäftigungsausmaß teilzeitbeschäftigte Dienstnehmer wie sie diskriminiere - stellt sich danach nicht.

Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision daher insgesamt zurückzuweisen.

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