OGH 1Ob6/13h

OGH1Ob6/13h31.1.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei C***** B*****, vertreten durch Mag. Karl Komann, Rechtsanwalt in Villach, gegen den Gegner der gefährdeten Partei E***** B*****, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Christian Kleinszig/Dr. Christian Puswald Partnerschaft in St. Veit an der Glan, wegen einstweiliger Regelung der Benützung (§ 382 Z 8 lit c EO), über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Gegners der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 11. Oktober 2012, GZ 4 R 326/12a‑20, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts St. Veit an der Glan vom 14. August 2012, GZ 1 C 10/12y‑14, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0010OB00006.13H.0131.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionrekurs wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die Verfügung nach § 382 Z 8 lit c erster Fall EO dient der einstweiligen Regelung des ehelichen Gebrauchsvermögens. Sie bedarf keiner besonderen Gefahrenbescheinigung im Sinne des § 381 EO und ist zu erlassen, wenn das Ergebnis der Abwägung der einander widerstreitenden Interessen der Ehegatten den Standpunkt der gefährdeten Partei stützt (RIS‑Justiz RS0006039; RS0006043); diese Interessenabwägung ist von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls abhängig und begründet in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage (RIS‑Justiz RS0006053 [T3]; 2 Ob 72/05k).

2. Die Zugehörigkeit (hier:) der Ehewohnung zu dem der Aufteilung unterliegenden Gebrauchsvermögen im Sinne des § 81 Abs 2 EheG hat die gefährdete Partei zu behaupten und zu bescheinigen (Sailer in Burgstaller/Deixler‑Hübner, EO § 382 Rz 37 mwN). Mündet eine Lebensgemeinschaft in eine Ehe, behalten die von den Lebensgefährten gemeinsam in die Ehe eingebrachten Sachen ihre bisherige rechtliche Zuordnung und gehören im Fall der Auflösung der Ehe grundsätzlich nicht in die Aufteilungsmasse (RIS‑Justiz RS0057386). Unter bestimmten Voraussetzungen besteht jedoch für die Ehewohnung eine Ausnahme von diesem Grundsatz.

3. Eine Ehewohnung, die ein Ehegatte in die Ehe eingebracht hat, ist nach § 82 Abs 2 EheG in die Aufteilung einzubeziehen, wenn der andere Ehegatte auf ihre Weiterbenützung zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse angewiesen ist oder wenn ein gemeinsames Kind an ihrer Weiterbenützung einen berücksichtigungswürdigen Bedarf hat. Nach dem erstgenannten Fall fällt die Ehewohnung in die Aufteilungsmasse, wenn deren Weiterbenützung durch den anderen Teil für diesen eine Existenzfrage bildet (RIS‑Justiz RS0058370; RS0058382 [T1, T2]; RS0057386 [T1]). Der mit dem EheRÄG 1999, BGBl I Nr 125/1999, eingeführte zweite Ausnahmefall des § 82 Abs 2 EheG kommt auch zum Tragen, wenn der andere Ehegatte nicht in diesem Sinn auf die Weiterbenützung einer solchen Wohnung angewiesen ist.

4. Ein berücksichtigungswürdiger Bedarf eines Kindes ist, was der Revisionsrekurswerber übersieht, nicht erst dann zu bejahen, wenn durch einen Umzug das Kindeswohl gefährdet wäre (RIS‑Justiz RS0120021; vgl Stabentheiner in Rummel ABGB3 § 82 EheG Rz 14). Es genügt, wenn hinreichende Gründe dafür vorliegen, dass das Verlassen der bisherigen Wohnung mit gewissen Beeinträchtigungen des Kindes im persönlichen und sozialen Lebensalltag verbunden wäre. Das ist bei einer gravierenden Verschlechterung der Wohnsituation für die Kinder der Fall (5 Ob 20/05k = SZ 2005/68; vgl Stabentheiner aaO mit Hinweis auf die Materialien zum EheRÄG 1999).

5. Die familienrechtliche Mitbenützungs-möglichkeit eines Hauses beseitigt nicht schon per se das dringende Wohnbedürfnis des Ehegatten (9 Ob 90/08t; Deixler‑Hübner in Gitschthaler/Höllwerth, EuPR § 82 EheG Rz 32). Zu Recht räumt der Antragsgegner daher ein, dass die gefährdete Partei nicht auf ihre derzeitige Unterkunft im Haus ihrer Eltern verwiesen werden kann. Es ist auch nicht strittig, dass mit dem durch sein Verhalten veranlassten Auszug der Antragstellerin gemeinsam mit den vier Kindern aus der Ehewohnung eine erhebliche Verschlechterung der Wohnsituation für die Kinder verbunden ist. Die Verfügbarkeit der vom Antragsgegner angebotenen Ersatzwohnung ist nach den Verfahrensergebnissen aber keineswegs gesichert. Nach den Feststellungen sind die im Haus der Eltern des Gegners der gefährdeten Partei gelegenen Wohnungen vermietet und die Mietverhältnisse „in Auflösung begriffen“. Einen zwischenzeitig erfolgten Auszug der Mieter und damit die tatsächliche Verfügbarkeit dieser Wohnmöglichkeit für die Antragstellerin wird auch im Revisionrekurs nicht geltend gemacht. Schon deshalb ist die Ansicht der Vorinstanzen, die die Zugehörigkeit der vormaligen Ehewohnung zur Aufteilungsmasse als bescheinigt erachteten, nicht zu beanstanden. Darauf, ob eine Gleichwertigkeit (vgl dazu RIS‑Justiz RS0006012) der Ersatzwohnung vorliegt, wie der Revisionsrekurswerber ungeachtet des Umstands geltend macht, dass sein Angebot unter der Bedingung einer Gegenverrechnung mit allfälligen Ausgleichszahlungsansprüchen aus der nachehelichen Aufteilung steht, kommt es daher nicht mehr an.

6. Indem er auf die Abweisung seines Antrags auf Wiedereröffnung des Verfahrens Bezug nimmt, macht der Antragsgegner einen Mangel des Verfahrens erster Instanz geltend, den bereits das Rekursgericht verneint hat. Vom Gericht zweiter Instanz verneinte Verfahrensmängel können aber im Revisionsrekurs nicht mehr geltend gemacht werden (RIS‑Justiz RS0042963 [T49]). Sein Verweis auf das Vorbringen im Rekurs ist unbeachtlich (RIS‑Justiz RS0043616 [T13, T16]).

7. Mangels Relevierung erheblicher Rechtsfragen im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO ist der außerordentliche Revisionsrekurs daher zurückzuweisen.

Stichworte