Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Der Kläger ist Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der F. L***** GmbH (in der Folge: Pächterin), die das Erdgeschoss eines Gebäudes der Beklagten beginnend mit 4. 10. 2004 gepachtet hat. Nach dem Pachtvertrag ist die Pächterin verpflichtet, das Objekt zu erhalten, zu warten und zu erneuern und diese Arbeiten - ausgenommen ernste Schäden an der Substanz - unter Ausschluss des § 1096 ABGB auf eigene Kosten durchzuführen. Die beklagten Verpächter gaben einen Kündigungsverzicht für zehn Jahre ab. Nach Ablauf von zehn Jahren sollten Investitionen in das Pachtobjekt ins Eigentum der Beklagten übergehen. Für den Fall der Kündigung durch die Verpächter nach Ablauf von zehn Jahren wurde eine Investitionskostenablöse vereinbart. Für den Fall einer Kündigung durch die Pächterin nach Ablauf von zehn Jahren sollten Investitionen nicht abgegolten werden. Bei Vertragsabschluss gingen beide Seiten davon aus, dass die Pacht mindestens zehn Jahre dauern wird; was im Fall einer Kündigung durch die Pächterin innerhalb von zehn Jahren geschehen solle, wurde nicht erörtert. Die Pächterin führte bauliche Veränderungen durch und errichtete ua einen Zubau. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die Pächterin kündigte der Kläger den Pachtvertrag und übergab das Objekt zum 30. 9. 2010.
Der Kläger begehrt mit Klage vom 10. 2. 2011 70.000 EUR sA an Investitionskostenersatz. Das Pachtverhältnis habe keine zehn Jahre gedauert. Die Pächterin habe aufwendige Investitionen getätigt, die mit der Liegenschaft fest verbunden seien und den Verpächtern zum klaren und überwiegenden Vorteil gereichten, weil die Liegenschaft dadurch eine objektive Wertsteigerung erfahren habe. Der Pachtvertrag stehe der begehrten Investitionskostenablöse bei einer Kündigung vor Ablauf von zehn Jahren nicht entgegen; die Berechnung der Wertsteigerung sei nach den Bestimmungen des Pachtvertrags vorzunehmen. Auch wenn der Pachtvertrag die Anwendbarkeit des § 1096 ABGB ausdrücklich ausschließe, bedeute dies nach der Rechtsprechung (vgl 3 Ob 514/88) keinen Verlust des Rechts, nach Ende des Bestandverhältnisses den Ersatz des Restwerts der nützlichen Aufwendungen zu begehren.
Das Erstgericht wies die Klage ab.
Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil dahingehend ab, dass es mit einem Zwischenurteil die Haftung der Beklagten als dem Grunde nach zu Recht bestehend feststellte und dem Erstgericht ergänzende Feststellungen auftrug, die eine Beurteilung ermöglichten, ob die Pächterin nützliche Aufwendungen iSd § 1097 ABGB getätigt habe; das Berufungsgericht sprach weiters aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Mangels vertraglicher Regelung und gemeinsamer Parteienabsicht liege zur Frage, ob bei Beendigung des Pachtverhältnisses innerhalb von zehn Jahren eine Investitionsablöse gebühre, eine Vertragslücke vor, die in erster Linie mit dispositivem Recht zu schließen sei. § 1097 ABGB behandle den Bestandnehmer wie einen Geschäftsführer ohne Auftrag, wenn er auf die Liegenschaft einen nützlichen Aufwand tätige. Der Ersatz müsse binnen sechs Monaten nach Rückstellung begehrt werden, was hier erfolgt sei. Der Anspruch sei durch den tatsächlich getätigten Aufwand des Pächters einerseits und den klaren und überwiegenden Vorteil des Verpächters andererseits begrenzt. Die Parteien hätten die Anwendung dispositiven Rechts nicht ausgeschlossen, dies wäre auch nicht unbillig. Der Kläger habe in erster Instanz inhaltlich zu den Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 1097 ABGB vorgebracht und sich nicht ausdrücklich auf einen vertraglichen Anspruch beschränkt. Das Erstgericht werde daher im fortgesetzten Verfahren den Vorteil der Beklagten iSd § 1097 ABGB zu ermitteln haben.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision der Beklagten ist mangels erheblicher Rechtsfrage unzulässig.
1. Unzutreffend machen die Rechtsmittelwerber geltend, der Kläger habe seine Ansprüche allein auf den Pachtvertrag gestützt und kein Tatsachenvorbringen zu einem anderen Anspruchsgrund erstattet, weshalb das Berufungsgericht seine Entscheidung unzulässig mit § 1097 ABGB begründet habe.
2. Klagegrund ist das tatsächliche Vorbringen, nicht die rechtliche Beurteilung dieses Vorbringens (RIS-Justiz RS0037551).
Hat sich der Kläger nicht auf einen bestimmten Rechtsgrund festgelegt, hat das Gericht den ihm vorgetragenen einheitlichen Sachverhalt nach allen rechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilen (RIS-Justiz RS0037593).
Ist kein bestimmter Rechtsgrund geltend gemacht worden, dann verstößt das Gericht nicht gegen die Vorschrift des § 405 ZPO, wenn es unter den in concreto möglichen Ansprüchen die Wahl trifft (RIS-Justiz RS0037610). Wenn der Klage nicht unzweifelhaft entnommen werden kann, dass der Kläger eine andere rechtliche Beurteilung ausschließen wollte, kann im Berufungsverfahren die rechtliche Qualifikation geändert werden, wenn dies das Tatsachenvorbringen in erster Instanz zulässt und die tatsächlichen Behauptungen keine Änderung erfahren haben (RIS-Justiz RS0037610 [T12]). Im Zweifel ist die Beschränkung auf einen von mehreren nach dem Sachvortrag in Frage kommenden Rechtsgründen nicht anzunehmen (RIS-Justiz RS0037610 [T36], zuletzt 4 Ob 174/11h).
3. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Kläger mache nach dem Inhalt seines Vorbringens nicht nur vertragliche Ansprüche, sondern (auch) Aufwandersatz des Pächters nach §§ 1037, 1097 ABGB geltend, findet im Akteninhalt ausreichende Deckung und ist nicht zu beanstanden. Behauptet wurde ja ein für den Bestandgeber nützlicher Aufwand auf das Bestandstück, durch den die Liegenschaft eine objektive Wertsteigerung erfahren habe. Auch die vom Kläger in diesem Zusammenhang angeführte Entscheidung 3 Ob 514/88 hat einen Anspruch nach §§ 1037, 1097 ABGB zum Gegenstand.
4. Wie ein bestimmtes Begehren beziehungsweise das dazu erstattete Prozessvorbringen zu verstehen ist, hängt regelmäßig von den Umständen des Einzelfalls ab (RIS-Justiz RS0042828). Die Beurteilung eines Vorbringens dahin, auf welchen Rechtstitel Klageansprüche gestützt werden, ist daher - von einer hier zweifellos nicht vorliegenden krassen Fehlbeurteilung abgesehen - keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (RIS-Justiz RS0113563).
5. Gegen den Umstand, dass das Berufungsgericht eine ergänzende Vertragsauslegung vorgenommen und die Vertragslücke durch § 1097 ABGB geschlossen hat, bringt die Revision nichts vor. Im Übrigen ist sowohl die Frage, wie ein Vertrag auszulegen ist, als auch jene, ob und wie eine ergänzende Vertragsauslegung wegen einer Vertragslücke zu erfolgen hat, eine solche des Einzelfalls (vgl RIS-Justiz RS0042936 [T41]).
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