OGH 4Ob215/12i

OGH4Ob215/12i28.11.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Unterhaltssache der Antragstellerin L***** H*****, geboren am *****, wider den Antragsgegner Ing. D***** H*****, vertreten durch Mag. Klemens Mayer und Mag. Stefan Herrmann, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterhalt, über den Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 27. September 2012, GZ 43 R 475/12i‑61, mit welchem der Beschluss des Bezirksgerichts Liesing vom 19. Juli 2012, GZ 12 FAM 52/11a‑55, mit einer Maßgabe bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Die Antragstellerin begehrt vom Antragsgegner die Erhöhung des bisher mit 209 EUR titulierten Unterhalts. Im ersten Rechtsgang bestätigte das Rekursgericht die Entscheidung des Erstgerichts, dass der Antragsgegner folgenden zusätzlichen Unterhalt zu leisten habe:

8/2007 ‑ 12/2007: 411 EUR

1/2008 ‑ 12/2008: 416 EUR

1/2009 ‑ 12/2009: 451 EUR

1/2010 ‑ 06/2010: 341 EUR

ab 7/2010: 391 EUR

Der Oberste Gerichtshof wies den dagegen gerichteten Revisionsrekurs des Antragsgegners zurück (4 Ob 63/12m), sodass insofern Rechtskraft eintrat. Den in der erstinstanzlichen Entscheidung enthaltenen Leistungsbefehl hob das Rekursgericht auf, weil darin die vom Antragsgegner auf den Erhöhungsbetrag bereits geleisteten Zahlungen nicht ziffernmäßig genannt waren.

Im zweiten Rechtsgang nahm das Erstgericht als erwiesen an, dass der Antragsgegner von August 2007 bis Juli 2010 monatlich 141 EUR mehr als den titulierten Betrag gezahlt habe, und formulierte einen entsprechenden Leistungsbefehl. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung mit einer sprachlichen Präzisierung. Es sprach aus, dass der Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Mit seinem gegen diese Entscheidung gerichteten Revisionsrekurs strebt der Antragsgegner ‑ die in diesem Punkt eingetretene Rechtskraft nicht beachtend ‑ weiterhin die Abweisung des Unterhaltserhöhungsantrags ab, hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

Das Erstgericht legt die Akten zur Entscheidung vor. Diese Vorgangsweise entspricht nicht dem Gesetz.

1. Nach § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs ‑ außer im Fall des § 63 Abs 3 dieses Gesetzes ‑ jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei nach § 63 Abs 1 und 2 AußStrG einen ‑ binnen 14 Tagen nach der Zustellung der Entscheidung des Rekursgerichts ‑ beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde (Zulassungsvorstellung). Die Zulassungsvorstellung, die mit der Ausführung des ordentlichen Revisionsrekurses zu verbinden ist, muss hinreichend erkennen lassen, warum der ordentliche Revisionsrekurs für zulässig erachtet wird. Der Revisionsrekurs ist in diesem Fall dem Rekursgericht, nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen.

2. Bei der Ermittlung des Entscheidungsgegenstands in Unterhaltsverfahren kommt es dann, wenn (auch) laufende Ansprüche zu beurteilen sind, grundsätzlich auf den 36-fachen Betrag jenes monatlichen Unterhaltsbeitrags an, der zum Zeitpunkt der Entscheidung der zweiten Instanz zwischen den Parteien noch strittig war; der neben dem laufenden Geldunterhalt geltend gemachte Rückstand ist aufgrund gefestigter jüngerer Rechtsprechung der dreifachen Jahresleistung nicht hinzuzurechnen (RIS‑Justiz RS0114353 [T1]; RS0103147 [T6, T12, T14]; RS0122735; RS0042366).

3. Der im zweiten Rechtsgang erlassene Leistungsbefehl des Erstgerichts betraf im Umfang der jeweiligen Erhöhung sowohl den bis Rechtskraft fällig gewordenen als auch den laufenden Unterhalt. Da der Antragsgegner diesen Beschluss zur Gänze bekämpfte, hatte auch das Rekursgericht darüber zu entscheiden. Sein Entscheidungsgegenstand erfasste daher auch den laufenden Unterhalt. Die diesbezügliche Erhöhung betrug 391 EUR, die für den Wert des Entscheidungsgegenstands maßgebende dreifache Jahresleistung daher 14.067 EUR.

4. Da der Entscheidungsgegenstand, über den das Rekursgericht entschieden hat, somit unter 30.000 EUR liegt, wäre das Rechtsmittel ‑ auch wenn es als „außerordentliches“ bezeichnet wird ‑ nicht dem Obersten Gerichtshof, sondern vielmehr dem Rekursgericht vorzulegen gewesen. Dies wird das Erstgericht nachzuholen haben. Ob der im Rechtsmittel gestellte Antrag, der Oberste Gerichtshof möge den Revisionsrekurs für zulässig erachten, den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RIS-Justiz RS0109505 [T34]; RS0109516).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte