OGH 11Os120/12z

OGH11Os120/12z9.10.2012

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. Oktober 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Scheickl als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Ali M***** wegen Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 7 Hv 60/12y des Landesgerichts für Strafsachen Graz, über die Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Beschwerdegericht vom 1. August 2012, AZ 10 Bs 290/12s (ON 130 der Hv-Akten), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Grundrechtsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit Beschluss vom 19. Juli 2012 setzte das Landesgericht die über Ali M***** am 12. Mai 2011 verhängte (ON 9) Untersuchungshaft aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit a und b StPO (neuerlich) fort (ON 114).

Zugleich mit der am 24. Juli 2012 erfolgten (nicht rechtskräftigen) Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe wurde dem Ali M***** der Rest der Strafe gemäß § 265 Abs 1 StPO bedingt nachgesehen und seine - am selben Tag effektuierte - Entlassung angeordnet (ON 119 S 9 ff).

Mit dem angefochtenen Beschluss (ON 130) gab das Oberlandesgericht der gegen den genannten Fortsetzungsbeschluss erhobenen Beschwerde des Angeklagten nicht Folge. Das Beschwerdegericht bejahte zwar die Haftvoraussetzungen des § 173 StPO, setzte jedoch die Haft wegen der zwischenzeitlichen Enthaftung nicht fort.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diesen Beschluss des Oberlandesgerichts gerichtete Grundrechtsbeschwerde ist unzulässig.

Ein nach §§ 1 Abs 1, 2 Abs 1 GRBG fassbarer Beschwerdegegenstand setzt eine strafgerichtlich angeordnete Freiheitsentziehung voraus (13 Os 88/08b, 14 Os 157/09h). Aus Anlass einer die Freiheitsbeschränkung beendenden Entscheidung oder Verfügung kann Grundrechtsbeschwerde mit der Behauptung erhoben werden, dass die Entscheidung oder Verfügung zu spät getroffen worden ist (§ 2 Abs 2 GRBG).

Grundsätzlich misst der Oberste Gerichtshof mit Blick auf den - die Einhaltung aller die Haft betreffenden, vom Gericht zu beachtenden Vorschriften umfassenden - Prozessgegenstand von Haftbeschwerden auch einer nach Wegfall der Untersuchungshaft prüfenden Haftentscheidung des Oberlandesgerichts Grundrechtsbedeutung bei, sofern sich der Beschwerdeführer zum Entscheidungszeitpunkt - wenn auch nicht mehr in Untersuchungshaft, so doch weiterhin - in Haft befindet (etwa in Strafhaft zufolge § 173 Abs 4 StPO oder nach rechtskräftiger Verurteilung), in welchem Fall § 2 Abs 2 GRBG nicht zur Anwendung gelangen könnte (RIS-Justiz RS0128125; 14 Os 157/09h; Kier in WK2 GRBG § 1 Rz 10).

Weil aber eine Haft zum Zeitpunkt der Entscheidung des Oberlandesgerichts nicht mehr vorlag, ist die dagegen gerichtete Grundrechtsbeschwerde unter dem Aspekt der §§ 1 Abs 1, 2 Abs 1 GRBG unzulässig (14 Os 157/09h; vgl RIS-Justiz RS0115525 [T3]).

Soweit die Grundrechtsbeschwerde behauptet, die die Freiheitsbeschränkung beendende Entscheidung des Landesgerichts sei zu spät getroffen worden (§ 2 Abs 2 GRBG), erweist sie sich jedenfalls als verspätet, weil der Beschluss auf Enthaftung des Angeklagten am 24. Juli 2012 verkündet wurde (ON 119 S 13), die Grundrechtsbeschwerde aber erst am 6. September 2012 (ON 132) bei Gericht einlangte (§ 4 Abs 1 GRBG; vgl Kier in WK2 GRBG § 2 Rz 126).

Die Grundrechtsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) zurückzuweisen.

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