Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass als Besitzer im Sinn des § 1319 ABGB der Bauführer zu betrachten ist, wenn er das Werk noch nicht an den Bauherrn übergeben hat (2 Ob 282/67 SZ 40/136 [mit Balken abgedeckte Künette im Zuge von Straßenbauarbeiten]; 7 Ob 215/98p [Baugrube]; 9 Ob 79/06t [Abbruchmaterial]). Dabei kommt es zwar nicht auf die Tätigkeit der Bauführung an sich an, sondern auf die mangelhafte Beschaffung des Werks (9 Ob 79/06t); im vorliegenden Verfahren behauptet die Klägerin aber ohnehin eine Mangelhaftigkeit der frei stehenden Feuermauer auf der Liegenschaft der Beklagten.
Die dargestellte Rechtsprechung wird damit begründet, dass Besitzer derjenige ist, der in der Lage war, durch die erforderlichen Vorkehrungen die Gefahr rechtzeitig abzuwenden, und hiezu auch durch eine Beziehung zum Werk verpflichtet war (RIS‑Justiz RS0010100). Die Auffassung des Berufungsgerichts, Besitzer sei im gegenständlichen Fall die Bauführerin trotz des Umstands gewesen, dass die Baubehörde etwa vier Monate vor dem Umfallen der Mauer infolge des Sturms Kyrill eine Baueinstellung auf der Liegenschaft der Beklagten verfügt hatte, erscheint vertretbar: Die Baueinstellung war nicht wegen Einsturzgefahr der Mauer, sondern wegen deren nicht der Bauordnung entsprechenden Situierung erfolgt; bei der Bauführerin handelte es sich um ein befugtes Bauunternehmen, welchem die Baubehörde anlässlich der Baueinstellung konkrete Maßnahmen zur Absicherung der Baustelle aufgetragen hatte; die Bauführerin war diesen Anordnungen nachgekommen und hatte darüber hinaus der Beklagten Verhaltensanweisungen betreffend die Baustelle vor Anbruch des Winters gegeben; weder für einen Fachmann noch für einen Laien, also auch nicht für die Beklagte, war erkennbar, dass die Mauer Windgeschwindigkeiten über 100 km/h (wie sie der Sturm Kyrill tatsächlich erreichte) nicht standhalten könnte.
Den Feststellungen der Vorinstanzen und den Behauptungen der Parteien ist nicht zu entnehmen, dass die Beklagte das Vertragsverhältnis mit der Bauführerin nach der Baueinstellung aufgelöst hätte. Vielmehr stellte das Erstgericht fest, es sei auf diese Baueinstellung mit einer Änderung der Pläne und deren Neueinreichung reagiert worden; zu einer (sofortigen) Baufortsetzung sei es sodann aufgrund des einbrechenden Winters nicht mehr gekommen. Bei dieser Sachlage ist dann aber der Vorwurf der Klägerin verfehlt, die Beklagte hätte nicht vom ordnungsgemäßen Zustand der Feuermauer ausgehen dürfen, habe sie doch beobachten können, dass diese „ungesichert stehengeblieben“ ist. Davon kann jedenfalls bei einem Zeitraum von rund vier Monaten und einem aufrechten Vertragsverhältnis mit der Bauführerin, die auch entsprechende Sicherungsmaßnahmen auf der Baustelle vorgenommen hatte, nicht ausgegangen werden. Dass die Beklagte wusste oder jedenfalls hätte wissen müssen, dass die Bauführerin „nicht alle notwendigen Vorsichten beobachtet“, wie die außerordentliche Revision meint, widerspricht den Feststellungen der Vorinstanzen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)