OGH 7Ob122/12k

OGH7Ob122/12k29.8.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. F***** GesmbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Gerhard Krammer und Dr. Michael Frank, Rechtsanwälte in Horn, gegen die beklagte Partei K***** GesmbH, *****, vertreten durch Mag. Gernot Strobl, Rechtsanwalt in Salzburg, und den Nebenintervenienten T*****, vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien, wegen 81.839,08 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 25. April 2012, GZ 4 R 629/11s-155, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Zwar haftet nach § 1313a ABGB derjenige nicht, dessen Leistung auf Grund vertraglicher Verpflichtung nur in der Beistellung eines Dritten bestand (RIS-Justiz RS0028713). Eine solche Haftungsbeschränkung muss sich aber aus dem Vertrag ergeben. Hat sich jemand zu einer Leistung verpflichtet, ist nicht anzunehmen, dass er nur jemand anderen auswählen soll, der die Leistung auf Grund eines eigenen Vertrags mit dem Auftraggeber erbringt (RIS-Justiz RS0028713 [T2]; 4 Ob 197/05g = JBl 2006, 653 [Haas]).

Entgegen der Ansicht der Beklagten sind die Vorinstanzen zutreffend von ihrer Passivlegitimation ausgegangen. Nach den Feststellungen beauftragte die Klägerin die Beklagte im Oktober 2003 mit der Überprüfung eines gebrauchten Kranfahrzeugs „auf Herz und Nieren“, beinhaltend die Durchführung einer Funktions- und Abnahmeprüfung. Obwohl für die Beklagte erkennbar war, dass sich im Bereich der hinteren Stützbeinträger Schweißnähte und Stützkissen befanden und auch die dicken Farbschichten über den unregelmäßig gekerbten Schweißraupen ein Indiz für verschleierte Reparaturmängel waren, unterließ sie eine genauere Untersuchung der gesamten Stützkonstruktion des Ladekrans und warnte die Klägerin auch nicht. Die Beklagte organisierte die Überprüfung durch den Nebenintervenienten, wobei der Geschäftsführer der Klägerin nicht wusste, dass die Abnahmeprüfung von diesem durchgeführt wird. Der Nebenintervenient unterließ eine ordnungsgemäße Belastungsprüfung, bei der der später eingetretene Schaden höchstwahrscheinlich bereits aufgetreten wäre, und stellte einen „Prüfbefund zur Vorlage bei der Typisierung“ mit dem Vermerk „Abnahmeprüfung durchgeführt“ aus. Wenn die Beklagte behauptet, ihre Organisation der Abnahmeprüfung durch den Nebenintervenienten sei ein Fall einer Beistellung der Leistung eines Dritten, geht sie nicht vom festgestellten Auftragsumfang des Werkvertrags aus. Überdies wurde schon die Funktionsprüfung nicht ordnungsgemäß durchgeführt. Die Beklagte hat daher nicht nur für ihre Unterlassungen, sondern gemäß § 1313a ABGB auch für die des Nebenintervenienten als ihrem Erfüllungsgehilfen einzustehen.

2. Für eine Verletzung der Schadensminderungspflicht durch den Geschädigten trifft den Schädiger die Behauptungs- und Beweislast (RIS-Justiz RS0027129). Was dem Geschädigten im Rahmen der Schadensminderungspflicht zumutbar ist, bestimmt sich nach den Interessen beider Teile und den Grundsätzen des redlichen Verkehrs. Es kommt daher wesentlich auf die Umstände des Einzelfalls an (RIS-Justiz RS0027787). Im Regelfall besteht keine Verpflichtung des Geschädigten, zur Entlastung des Schädigers die Leistungen von bloß vertraglich verpflichteten Dritten in Anspruch zu nehmen (vgl RIS-Justiz RS0108122 [T1]). Auch ist der Geschädigte nicht zu gerichtlichen Schritten verpflichtet, die mit einem bedeutenden Kostenrisiko verbunden sind oder geringe Aussicht auf Erfolg haben (RIS-Justiz RS0027787 [T15]; vgl RS0018766 [T2]).

Die Klägerin kaufte den gebrauchten Lkw samt Ladekran von einer deutschen Verkäuferin unter Ausschluss der Gewährleistung und verzichtete darauf, „den Vertrag anzufechten“. Nach dem Schadenseintritt verkaufte sie das Kranfahrzeug zum festgestellten Restwert. Die Behauptung der Beklagten, für die Klägerin bestehe die Möglichkeit der Anfechtung des Kaufvertrags oder die Geltendmachung von vertraglichen Schadenersatz- oder Gewährleistungsansprüchen gegenüber der deutschen Verkäuferin, wodurch der Schaden nicht oder geringer ausgefallen wäre, zeigt keine Verletzung ihrer Schadensminderungspflicht auf. Weder legt die Beklagte dar, welche konkret zumutbaren Maßnahmen die Klägerin setzen hätte sollen, noch, welcher Schaden nicht oder in geringerem Umfang entstanden wäre. Sie ist daher ihrer Behauptungs- und Beweislast, dass den Geschädigten eine Verletzung der Schadensminderungspflicht trifft, nicht nachgekommen.

3. Die Vorinstanzen sprachen der Klägerin die Kosten für die Miete eines Ersatzfahrzeugs zu. Die Beklagte releviert, die Kosten des eingesetzten Mietfahrzeugs seien von ihr „nicht kausal“ verursacht worden, weil der Schaden bei ordnungsgemäßer Überprüfung (Belastungsprüfung) höchstwahrscheinlich schon bei dieser Überprüfung eingetreten wäre. Das Berufungsgericht hielt dem entgegen, der Einwand basiere auf der unzutreffenden Annahme, die Beklagte wäre ihrem Überprüfungsauftrag fehlerfrei nachgekommen, wenn sie den Kran sogleich umfassend belastet und erst nach Bestehen dieses Belastungstests äußerlich auf allfällige Schwachstellen untersucht hätte. Bei richtigem Verständnis wäre es aber zum Zusammenbruch des Krans bei der an sich gebotenen „Rundum-Belastung“ gar nicht gekommen, wenn die Beklagte oder ihr Subunternehmer (Nebenintervenient) auf Grund der denklogisch vorher notwendigen optischen Untersuchung den verdächtigen Schweißspuren die erforderliche Beachtung geschenkt und deshalb noch vor der Belastung die mangelnde Standfestigkeit der Stützkonstruktion erkannt hätte. Entgegen dem Standpunkt der Beklagten wich das Berufungsgericht mit diesen Ausführungen nicht (unter Verstoß gegen § 488 ZPO) von den erstgerichtlichen Feststellungen ab. Das Erstgericht stellte nämlich fest, dass auf Grund der erkennbaren Reparaturmängel eine gewissenhafte Überprüfung der Schweißnähte erforderlich gewesen wäre, die Klägerin diese Reparatur auch durchführen hätte lassen und - disloziert in der rechtlichen Beurteilung - dass der Ladekran nach genauer Untersuchung der gesamten Stützkonstruktion durch die zeitnahe Reparatur in einen funktionsfähigen Zustand versetzt hätte werden können. Dadurch wäre der Ladekran beim darauffolgenden Einsatz nicht zusammengebrochen. Die Klägerin hatte zum Zeitpunkt der Havarie das Fahrzeug in ihrem Fuhrpark schon fix eingeplant und musste für diverse Aufträge jeweils ein Ersatzfahrzeug anmieten. Auf Basis dieses Sachverhalts bedarf der Zuspruch dieser Kosten keiner Korrektur.

4. Die außerordentliche Revision ist daher mangels einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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