OGH 10ObS83/12x

OGH10ObS83/12x26.6.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Fellinger und die Hofrätin Dr. Fichtenau sowie die fachkundigen Laienrichter MMag. DDr. Herbert Fuchs (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und KR Karl Frint (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei S*****, vertreten durch Dr. Stephan Messner, Rechtsanwalt in Schwanenstadt, gegen die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1200 Wien, Adalbert-Stifter-Straße 65, wegen Versehrtenrente, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25. April 2012, GZ 11 Rs 38/12f-25, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die Bestimmung des § 209 ASVG über die vorläufige Versehrtenrente bezweckt, einem Versehrten rasch und ohne weitläufiges Verfahren eine Rente zukommen zu lassen, wenn die Berechtigung dem Grunde nach feststeht. Gerade wegen des vorläufigen Charakters einer solchen Rente hat der Gesetzgeber normiert, dass die Feststellung der Dauerrente spätestens nach Ablauf des zweiten Jahres nach dem Eintritt des Versicherungsfalls eine Änderung der Verhältnisse (§ 183 Abs 1) nicht voraussetzt (10 Ob S 16/89; SSV-NF 3/18). Aus dem letzten Satz des § 209 Abs 1 ASVG folgt, dass bei der erstmaligen Feststellung der Dauerrente der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit völlig neu bestimmt werden kann. Eine Bindung an die Umstände zum Zeitpunkt der Gewährung der vorläufigen Rente besteht nicht (RIS-Justiz RS0084336).

Im vorliegenden Fall wurde keine Dauerrente gewährt, sondern die am 19. 5. 2010 vorläufig im Ausmaß von 35 vH der Vollrente gewährte Versehrtenrente ab 1. 5. 2011 auf 25 vH der Vollrente herabgesetzt, ohne dass es schon zur Feststellung als Dauerrente gekommen wäre. Es wäre nun ein Wertungswiderspruch, wenn man die Herabsetzung der - im zulässigen Zeitrahmen des § 209 Abs 1 ASVG - vorläufig weiter gewährten Rente an strengere Voraussetzungen (= die Änderung der Verhältnisse iSd § 183 Abs 1 ASVG) knüpfen wollte als die Festsetzung der Dauerrente. Auch im vorliegenden Fall muss nämlich der Grundsatz Anwendung finden, dass der Zeitraum von zwei Jahren ausgeschöpft werden kann, um eine allfällige Konsolidierung der Unfallfolgen abzuwarten (vgl 10 ObS 149/02p, SSV-NF 16/89 uva). Demzufolge kann auch dem Erstbescheid über die (nur) vorläufig gewährte Rente im Falle der Herabsetzung derselben ohne gleichzeitige Feststellung einer Dauerrente keine materielle Rechtskraftwirkung zukommen, deren Durchbrechung an die Voraussetzungen des § 183 ASVG gebunden wäre. Damit bedurfte es keiner Feststellungen darüber, welche Änderungen in den Unfallsfolgen sich seit dem für die Gewährung der vorläufigen Rente maßgeblichen Zeitpunkt ergeben haben. Nur bei Zuerkennung einer Dauerrente bleibt der Versicherungsträger an die bescheidmäßig erfolgte Zuerkennung einer Rente und an den zugrundegelegten Sachverhalt auch dann gebunden, wenn sich die dem Bescheid zugrundeliegende ärztliche Beurteilung als unrichtig erweist.

2. Ein (primärer) Verfahrensmangel liegt nur dann vor, wenn er geeignet ist, eine unrichtige Entscheidung zu bewirken (RIS-Justiz RS0043049). Sind die vom Revisionswerber vermissten Feststellungen zur Änderung des Gesundheitszustands im Vergleich zum Zeitpunkt der Feststellung der vorläufigen Rente aber nicht entscheidungswesentlich (siehe oben Pkt 1), begründet die Abweisung entsprechender Beweisanträge auch keine primäre Mangelhaftigkeit des Verfahrens.

Mangels erheblicher Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision zurückzuweisen.

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