OGH 5Ob102/12d

OGH5Ob102/12d12.6.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*****, vertreten durch Stix Rechtsanwälte Kommandit‑Partnerschaft in Wien, gegen die beklagte Partei U***** AG, *****, vertreten durch Dr. Walter Heel, Mag. Christof Heel, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 97.078 EUR sA und Feststellung (Streitwert 5.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 28. März 2012, GZ 4 R 54/12s‑14, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Das Berufungsgericht hat ein direktes Klagerecht des geschädigten Klägers gegen die beklagte Berufshaftpflichtversicherung des behandelnden Zahnarztes, der nach dem Vorbringen des Klägers bereits im November 2008 aus der von der Österreichischen Zahnärztekammer geführten Zahnarztliste gestrichen wurde, mit der Begründung verneint, dass § 26c Abs 6 Zahnärztegesetz (ZÄG) idF BGBl 2010/61 (Inkrafttreten 19. 8. 2010) für den aus einer zahnärztlichen Behandlung im Mai 2007 resultierenden Schadenersatzanspruch nicht anwendbar sei. Das vom Kläger behauptete schlüssige Anerkenntnis der Beklagten liege nicht vor.

Rechtliche Beurteilung

In der gegen die Berufungsentscheidung erhobenen außerordentlichen Revision zeigt der Kläger keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf:

1. § 26c Abs 6 ZÄG idF BGBl 2010/61 regelt, dass „der/die geschädigte Dritte den ihm/ihr zustehenden Schadenersatzanspruch im Rahmen des betreffenden Versicherungsvertrags auch gegen den Versicherer geltend machen kann. Der Versicherer und der/die ersatzpflichtige Versicherte haften als Gesamtschuldner“.

1.1 Richtig ist, dass nach ständiger Rechtsprechung, wenn im Übergangsrecht ‑ wie hier zu § 26c Abs 6 ZÄG ‑ nichts anderes vorgesehen ist, die Rechtsfolgen des neuen Gesetzes für einen Dauertatbestand ab seinem Inkrafttreten gelten (RIS‑Justiz RS0008732).

1.2 Es entspricht ebenfalls ständiger Rechtsprechung, dass nur der in den zeitlichen Geltungsbereich der neuen Rechtslage reichende Teil des Dauertatbestands nach dem neuen Gesetz zu beurteilen ist, während vorher verwirklichte Sachverhalte weiterhin dem alten Gesetz unterworfen bleiben (4 Ob 192/06y SZ 2006/172 mwN; 2 Ob 73/10i).

1.3 Auch zur vergleichbaren Bestimmung des § 26 KHVG 1994, deren Wortlaut mit § 26c Abs 6 ZÄG nahezu ident ist und die nach den Materialien Vorbild für die Direktklage des Geschädigten war (ErlRV 779 BlgNR 24. GP 22), wurde judiziert, dass dem Geschädigten ein direktes Klagerecht nur für Ersatzansprüche zusteht, die aus nach dem Inkrafttreten des Gesetzes eingetretenen Schadensereignissen abgeleitet werden (1 Ob 9/96 SZ 69/189; ebenso zu § 63 Abs 1 KFG 1967 RIS‑Justiz RS0008718).

1.4 Das Fehlen von Rechtsprechung zum zeitlichen Anwendungsbereich des § 26c Abs 6 ZÄG idF BGBl 2010/61 wirft im Hinblick auf die dargestellte klare Rechtslage keine Frage erheblicher Bedeutung auf. Zutreffend hat das Berufungsgericht somit eine direkte Klagebefugnis des Klägers für den bereits 2007 durch den behandelnden Zahnarzt verursachten Schaden verneint.

2. Eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung ist in der auf den konkreten Umständen des Einzelfalls beruhenden Auffassung des Berufungsgerichts, ein schlüssiges Anerkenntnis der Beklagten liege nicht vor, nicht zu erkennen:

2.1 Zutreffend verwies das Berufungsgericht darauf, dass der Haftpflichtversicherer regelmäßig nur als Vertreter des Geschädigten handelt (RIS‑Justiz RS0080760). Dass ein Versicherer mit einem Zahlungsversprechen ‑ das hier überdies ausschließlich auf ein von einem Sachverständigen ermitteltes Schmerzengeld beschränkt war, das ohnedies bezahlt wurde ‑ eine Eigenverpflichtung eingeht, ist im Zweifel nicht zu vermuten (7 Ob 65/78 SZ 51/156; 7 Ob 95/10m).

2.2 Das Berufungsgericht hat sich auch mit den in der Revision zitierten Entscheidungen 7 Ob 65/78 und 7 Ob 95/10m auseinandergesetzt und die Unterschiede, die eine andere Behandlung als der vorliegende Fall rechtfertigen, deutlich herausgearbeitet.

3. Eine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO wird damit insgesamt nicht aufgezeigt; die Revision ist daher nicht zulässig und zurückzuweisen.

Stichworte