Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Teilurteil wird aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Gericht zweiter Instanz zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden weitere Kosten des Berufungsverfahrens.
Text
Begründung
Am 23.Februar 1993 mietete die des Schilaufs damals unkundige Klägerin ein Paar Schier im Sportgeschäft der Beklagten, um damit den Schisport in einem Kurs für Anfänger zu erlernen. Dabei teilte die Klägerin der Beklagten mit, noch nie auf Schiern gestanden zu sein. Bei der Auswahl von Schiern und Bindung nahm die Beklagte auf diese Information Bedacht und wählte ein entsprechendes Sportgerät aus. Sie stimmte dann die Sicherheitsbindung (Auslösebindung) auf die Schischuhe der Klägerin ab, stellte dabei aber den Anpreßdruck zu stark ein. Diese unrichtige Justierung führte dazu, daß das Öffnen des Vorderbackens einer höheren Krafteinwirkung bedurfte, als es der dort gewählte Auslösewert bedingte. Die Klägerin hatte von dieser unrichtigen Einstellung und deren Folge keine Kenntnis.
Als die Klägerin im Rahmen ihrer Schiausbildung einen leichten Übungshang mit einer ihrem Fahrkönnen angepaßten langsamen Geschwindigkeit abfuhr, kam sie ausgangs einer Linkskurve zu Sturz und fiel dabei schräg zur Fahrtrichtung über ihr rechtes Knie, ohne daß sich die Sicherheitsbindung im Zuge des Sturzgeschehens geöffnet hatte. Als Sturzfolge zog sich die Klägerin eine Seitenbandruptur im rechten Knie und dabei auch eine Ruptur der hinteren Kapselschale, also eine Bänderverletzung an der Knieinnenseite zu. Eine derartige Verletzung ist typisch für das dargestellte Sturzgeschehen. Als Voraussetzung dafür bedarf es weder einer großen Geschwindigkeit noch einer besonderen Wucht. Selbst ein Sturz aus dem Stand oder nach kurzem Anfahren kann die Ursache einer solchen Verletzung sein. Art und Ausmaß der Verletzung wurden zunächst weder am Unfallsort noch vom behandelnden Arzt erkannt. Die richtige Diagnose ergab sich erst später aufgrund einer im Krankenhaus durchgeführten Arthroskopie. Die Klägerin war bis 20.Juni 1993 arbeitsunfähig und unterzog sich danach einer intensiven Krankengymnastik. Verletzungsspätfolgen sind nicht auszuschließen. Die Klägerin hatte infolge ihrer unfallkausalen Verletzungen zwei bis drei Tage starke, zwei Wochen mittelstarke und neun bis zehn Wochen leichte Schmerzen zu erdulden.
Die Klägerin begehrte den Zuspruch von 100.000 S sA (Schmerzengeld 68.314,68 S, Auslagen für eine Haushaltshilfe 10.080 S, Rezeptgebühren 3.059,10 S, Fahrtkosten 15.170,40 S, weitere Behandlungs- und Fahrtkosten 3.375,82 S) und brachte vor, die Beklagte habe die Sicherheitsbindung an den gemieteten Schiern nicht fachgemäß eingestellt. Diese habe deshalb bei dem für die Verletzungen ursächlichen Sturz nicht ausgelöst. Ohne das Versagen des Auslösemechanismus wären keine Verletzungen eingetreten.
Die Beklagte wendete ein, die Sicherheitsbindung korrekt eingestellt zu haben. Die von der Klägerin als Sturzfolge erlittenen Verletzungen könnten ihre Ursache daher nicht in einer unrichtigen Bindungseinstellung haben. Eine sachgemäße Justierung der Bindung könne allerdings Verletzungen, wie sie die Klägerin erlitten habe, auch nicht verhindern.
Das Erstgericht konnte nicht feststellen, daß „sich die an den von der Klägerin gefahrenen Schiern montierte Sicherheitsbindung aufgrund einer falschen Einstellung von Anpreßdruck oder Auslösemechanismus nicht gelöst“ habe oder „die gegenständliche Verletzung durch ein Öffnen der Sicherheitsbindung“ hätte verhindert werden können. Es wies das Klagebegehren daher mit der Begründung ab, der Klägerin sei der Beweis des Kausalzusammenhangs zwischen ihren Sturzverletzungen und dem Verhalten der Beklagten nicht gelungen.
Das Berufungsgericht gab dagegen dem Klagebegehren teilweise Folge und hob das Ersturteil im übrigen auf. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision gegen das Teilurteil nicht zulässig sei, und legte seiner Entscheidung nach Durchführung einer Beweiswiederholung - abgesehen von den bereits eingangs dargestellten Tatsachen - noch folgenden Sachverhalt zugrunde:
Richtig funktionierende Sicherheitsbindungen könnten Verletzungen, wie sie die Klägerin erlitt, „nicht absolut“ verhindern. Jene seien nämlich „auf das Knochenbruchmoment hin abgestimmt“. Eine „Einstellung auf Bandrißmomente“ sei nicht durchführbar. Es sei „jedoch möglich und jedenfalls nicht ausschließbar“, daß die Sturzverletzungen der Klägerin im Falle einer korrekt justierten Sicherheitsbindung nicht eingetreten wären.
In rechtlicher Hinsicht beurteilte das Berufungsgericht den Sachverhalt dahin, daß die Beklagte durch die fehlerhafte Bindungseinstellung vertragliche Schutz- und Sorgfaltspflichten verletzt habe. Wenn auch die Klägerin nicht „mit Sicherheit“ habe beweisen können, daß deren Sturzverletzungen durch das Nichtauslösen der fehlerhaft eingestellten Sicherheitsbindung verursacht worden seien, ergäbe sich „doch mit Sicherheit“, daß die Verletzungswahrscheinlichkeit durch die unrichtige Bindungsjustierung „nicht bloß unwesentlich erhöht“ worden sei. Demnach hätte die Beklagte den „vollen Beweis“ des Gegenteils erbringen müssen. Dieser Entlastungsbeweis sei ihr jedoch mißlungen, weshalb sie für den unfallkausalen Schaden der Klägerin einzustehen habe. Über den Schmerzengeldanspruch könne bereits abschließend durch Teilurteil entschieden werden. Für eine Beurteilung der restlichen Teile des Klagebegehrens fehle es dagegen an Feststellungen, sodaß das Ersturteil soweit aufzuheben und die Rechtssache in diesem Umfang zur Behebung der bestehenden Feststellungsmängel an das Erstgericht zurückzuverweisen sei.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision der Beklagten ist zulässig und im Sinne deren Aufhebungsbegehrens auch berechtigt.
Die Revisionswerberin rügt die vom Gericht zweiter Instanz getroffene Feststellung, sie habe den Anpreßdruck der Sicherheitsbindung „zu stark eingestellt“, als aktenwidrig. Die Rechtsmittelausführungen weisen in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, daß ein den Prozeßstandpunkt der Beklagten stützender Zeuge das Gegenteil dessen aussagte, was vom Berufungsgericht gegen dessen Glaubwürdigkeit ins Treffen geführt wurde. Der Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit liegt aber dennoch nicht vor, weil der dem Berufungsgericht in der Darstellung eines bestimmten Beweisergebnisses unterlaufene Irrtum keine wesentliche Bedeutung für das gefällte Urteil hatte (allgemein dazu: Kodek in Rechberger, Kommentar zur ZPO Rz 4 zu § 503 mN aus der Rsp). Die als aktenwidrig gerügte Feststellung findet nämlich Deckung in anderen Ergebnissen des Beweisverfahrens, die für die Begründung des Berufungsurteils maßgebend waren. Dabei war vor allem der Inhalt des Protokolls über ein auf Tonband aufgezeichnetes Telefongespräch (Beilage ./D) von Bedeutung, das geeignet ist, die Aussage des genannten Zeugen auch dann zu widerlegen, wäre sie vom Berufungsgericht richtig zitiert worden. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist in der unrichtigen Wiedergabe der Zeugenaussage durch das Berufungsgericht aber auch kein Begründungsmangel erkennbar, ohne den streitentscheidende Tatsachenfeststellungen nicht getroffen worden wären. Den weiteren Erörterungen ist daher auch jene Tatsachenfeststellung zugrundezulegen, die der Beklagten Anlaß gab, die Revisionsgründe der Aktenwidrigkeit und der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens auszuführen.
In der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs finden sich zwei unveröffentlichte Entscheidungen, in der die rechtlichen Voraussetzungen einer Schadenersatzhaftung wegen der fehlerhaften Montage und Einstellung von Schisicherheitsbindungen behandelt werden.
In 7 Ob 639/81 ging es um nicht näher bezeichnete Verletzungen, die die Klägerin aufgrund eines Sturzes beim Schifahren erlitten hatte. Diese hatte als Klagegrund geltend gemacht, ihre Verletzungen seien durch eine fehlerhafte Montage der Sicherheitsbindung im Betrieb der Beklagten verursacht worden, weil die Bindung deshalb beim Sturz nicht ausgelöst habe. Der Oberste Gerichtshof legte aus Anlaß dieses Falls dar, daß der Händler, der den Auftrag zur Montage und Einstellung einer Schibindung übernehme und ausführe, für die „unsachgemäße Ausführung des Werkes nach den allgemeinen Regeln des Schadenersatzes“ hafte. Der Sportartikelhändler, der sich zur Bindungsmontage und Einstellung anbiete und solche Aufträge übernehme, gebe damit zu erkennen, dieses Geschäft zu verstehen und es wie ein Fachmann ausführen zu wollen; er sei daher als Sachverständiger im Sinne des § 1299 ABGB anzusehen. Er bzw seine Gehilfen hätten sich die notwendigen Kenntnisse des jeweiligen Stands der Montage- und Einstelltechnik zu verschaffen. Werde diese Sorgfaltspflicht verletzt und erleide der Vertragspartner wegen der fehlerhaften Bindungsmontage oder Einstellung einen Schaden, so habe der Sportartikelhändler für das eigene Verschulden und das seiner Leute wegen Nichterfüllung des Vertrags gemäß § 1313a ABGB einzustehen. Nach allgemeinen Beweislastregeln habe der Kläger neben der fehlerhaften Montage und Einstellung der Bindung durch den Händler auch zu beweisen, daß diese für den Schadenseintritt mit hoher Wahrscheinlichkeit ursächlich gewesen sei. Der beklagte Händler könne dann den Entlastungsbeweis gemäß § 1298 ABGB antreten, nämlich daß weder ihn noch seine Gehilfen ein Verschulden an der fehlerhaften Montage oder Einstellung treffe. Gelinge es ihm statt dessen darzutun, daß der Schaden auch bei einer fachgemäßen Bindungsjustierung eingetreten wäre, fehle es an dem für eine Haftungsbejahung erforderlichen Rechtswidrigkeitszusammenhang. Es könne jedoch „zu einer Art Umkehr der Beweislast kommen, wenn der Geschädigte den Ursachenzusammenhang zwischen Verhalten des Schädigers und Eintritt des Schadens bis zu einem gewissen Grad wahrscheinlich“ mache. Dieses Erfordernis sei aber erst dann erfüllt, wenn „schwerwiegende Gründe“ die Schlußfolgerung rechtfertigten, der Schade sei durch das Verhalten des Beklagten verursacht worden, worauf es dann Sache des Ersatzpflichtigen sei, einen anderen Ursachenzusammenhang noch wahrscheinlicher zu machen.
In 2 Ob 533/84 ging es um einen Drehbruch des rechten Schienbeins, den sich der damals 12 Jahre alte Kläger als ungeübter Schifahrer wenige Wochen nach dem Kauf der montierten Sicherheitsbindung beim Schilauf als Sturzfolge zuzog. Dabei hatte die Bindung des rechten Schis beim Sturz nicht ausgelöst. Die Bindung war im Geschäft der Beklagten an sich ordnungsgemäß montiert und auf den niedrigsten Auslösewert eingestellt worden. Allerdings waren die Schischuhe des Klägers sehr weich, was wegen des Mangels eines Spielraums zwischen Sohlenhalterung und Sohlenhöhe und der Weichheit des Materials zu einer Erhöhung des Reibwerts und damit zu einer faktischen Auslösefestigkeit der Bindung führte, die über den Angaben des Erzeugers und den Sollwerten der Ö-Normen lag. Darüber wurde der Vater des Klägers nicht aufgeklärt. Dem Klagebegehren lag die Behauptung zugrunde, die Beklagte habe für den durch die unsachgemäße Montage der Sicherheitsbindung entstandenen Schaden einzustehen. Hier kam der Oberste Gerichtshof zum Ergebnis, daß die Vereinbarung über die Montage der Sicherheitsbindung mangels eines dafür bedungenen besonderen Entgelts nicht als Werkvertrag anzusehen sei. Werde bei Abschluß eines Kaufvertrags über eine Sicherheitsbindung auch deren unentgeltliche Montage vereinbart, werde damit eine vertragliche Nebenpflicht des Verkäufers begründet. Es stehe zwar nicht fest, daß der Kläger auch dann Sturzverletzungen erlitten hätte, wenn dessen Schuhe normgerecht und daher der tatsächliche Auslösewert der Sicherheitsbindung niedriger gewesen wäre. Das ändere jedoch nichts daran, daß dem Kläger prima facie der Beweis eines typischen, zur Schädigung führenden Geschehnisablaufs gelungen sei, weil sich die Bindung nicht geöffnet habe und eine typische Verletzung (Drehbruch) eingetreten sei, die durch eine fachgemäß eingestellte Sicherheitsbindung vermieden werden solle. Die Frage der Zulässigkeit eines prima facie-Beweises sei keine Frage der Beweiswürdigung, sondern eine solche der Beweislast und damit der rechtlichen Beurteilung.
Die Darlegungen in 7 Ob 639/81 und 2 Ob 533/84 über den prima facie-Beweis beruhen auf einem Aufsatz Pichlers (Haftungsfragen rund um die Schibindung, ÖJZ 1976, 421 und 458). Die dort im einzelnen begründete Rechtsansicht übernahmen dann Pichler/Holzer (Handbuch des österreichischen Skirechts [1987], 121 ff). Dabei wurde im großen und ganzen die herrschende Ansicht zu den Voraussetzungen des prima facie-Beweises (Reischauer in Rummel, ABGB2 Rz 4 zu § 1296; Rechberger in Rechberger aaO Rz 22 je mzwN) für die behandelte spezielle Fallgestaltung nutzbar gemacht. Von diesen allgemeinen Grundsätzen im Kern abzugehen, besteht hier kein Anlaß. Die Klägerin muß daher als eine der Voraussetzungen der behaupteten Ersatzpflicht der Beklagten beweisen, daß die fehlerhafte Justierung des Anpreßdrucks und der deshalb erhöhte Auslösewert der Sicherungsbindung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit - in diesem Detail also entgegen 7 Ob 639/81 und Pichler/Holzer (aaO 122) nicht erst mit hoher Wahrscheinlichkeit - geeignet ist, beim Schifahren typischerweise solche Sturzverletzungen, wie sie die Klägerin beim festgestellten Bewegungsablauf erlitt, zu verursachen. Vermag die Klägerin das darzutun, kann die Beklagte dieses Ergebnis nur dadurch erschüttern, daß sie Tatsachen beweist, die einen anderen verletzungskausalen Geschehnisverlauf auch hier entgegen 7 Ob 639/81 und Pichler (ÖJZ 1976,461) nicht nur noch wahrscheinlicher, sondern zumindest gleich wahrscheinlich machen. Anders als das Berufungsgericht darlegte, genügt also für die Erbringung des prima facie-Beweises nicht schon eine nicht bloß unwesentliche Erhöhung der Wahrscheinlichkeit des Verletzungseintritts durch eine fehlerhafte Bindungseinstellung, weil diese Formel keine Beurteilung erlaubt, ob Verletzungen, wie sie die Klägerin erlitt, als typische Folgen der hier nicht fachgerecht justierten Sicherheitsbindung bei den festgestellten Bewegungsabläufen (langsame Fahrt und Sturzrichtung) überwiegend wahrscheinlich sind. Eine Schlußfolgerung in dieser Richtung läßt sich auch aus den Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts nicht ableiten. Danach werden Sicherheitsbindungen „auf das Knochenbruchmoment hin abgestimmt“. Eine „Einstellung auf Bandrißmomente“ ist dagegen nicht durchführbar. Es ist im übrigen bloß möglich und nicht ausschließbar, daß die Sturzverletzungen der Klägerin bei einer „korrekt eingestellten Sicherheitsbindung.... nicht eingetreten“ wären. Diese Zusammenhänge werden durch das schriftliche Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen noch deutlicher, soweit dieser dort ausführte, Knieverletzungen - vor allem mediale Seitenbandzerrungen oder Läsionen im Sinne eines Außenrotations- oder Valgustraumas - seien nicht vermeidbar bzw es könne dieses Risiko auch bei gut eingestellten Bindungen nicht signifikant vermindert werden (ON 21 Seite 6). Pichler (ÖJZ 1976, 421, 461) und Pichler/Holzer (aaO 117) bezeichnen zwar auch Bänderrisse als typische Verletzungsfolgen, die durch das Nichtauslösen einer fehlerhaften Sicherheitsbindung verursacht würden, es fehlt jedoch an Belegen für eine überwiegende Wahrscheinlichkeit in dieser Richtung. Das bezieht sich besonders auch auf Bewegungsabläufe, die den Sturz ähnlich wie hier auslösten und in seinem Verlauf gestalteten.
Im einschlägigen Schrifttum findet sich - soweit überblickbar - auch kein unmittelbarer Beleg dafür, daß Kniebandverletzungen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eintretende und daher typische Folgen einer fehlerhaften Justierung des Anpreßdrucks für Schischuhe seien. Wittmann (Experimentelle und angewandte Biomechanik des menschlichen Beins, in: Skifahren und Sicherheit, Forum Davos 1973, 39) befaßt sich mit Fragen des Festhalte- und Auslösegrenzwerts einer richtig eingestellten Schisicherheitsbindung und den von einer solchen zu genügenden technischen Anforderungen, um gegen typische Schiverletzungen Schutz zu gewähren, ohne jedoch, wie die Klägerin darlegt, etwa auch Kniebandrupturen als solche zu bezeichnen. Huber (Zur Haftung des gewerbsmäßigen Skivermieters bei Skiunfällen infolge fehlerhafter Einstellung der Sicherheitsbindung, NJW 1980, 2561 [2562]) spricht nur davon, eine fehlerhaft eingestellte und deshalb bei einem Sturz nicht auslösende Sicherheitsbindung könne prima facie als Ursache von Unterschenkelverletzungen angesehen werden. Gelehrter (Möglichkeiten und Aussagen medizinischer Untersuchungen des alpinen Schilaufs, in: Sicherheit im Bergland, Jahrbuch 1979, 46 ff) weist darauf hin, das Problem der typischen Schiverletzungen wäre im wesentlichen gelöst, wenn die Sicherheitsbindung zuverlässig unterhalb der Verletzungsgrenze der Knochen, Sehnen und Bänder das Bein freigeben dürfte. Deren Einstellung sei aber zumindest auf die Festigkeit des Schienbeinknochens abzustimmen, obwohl ua auch Knöchelbrüche, Achillessehnen- und Kniebandrisse zu den typischen Schiverletzungen gehörten. Berghold (Unfallforschung und Unfallverhütung im alpinen Schilauf [1988], 65 ff) will durch statistisches Datenmaterial ein relatives Ansteigen von Knieverletzungen im Zeitalter der Sicherheitsbindungen belegen und erwähnt Kniebandverletzungen, die beispielsweise durch Schischuhe verursacht werden können. Stiffler (Schweizerisches Skirecht2 [1991] Rz 1326) hebt hervor, daß die Festhaltekraft der Sicherheitsbindung die „Knochenbruchfestigkeit“ nicht übersteigen dürfe. Hauser (Entwicklungen der Schiunfälle in den letzten 20 Jahren, in: Sicherheit im Bergland, Jahrbuch 1993, 70 ff) versucht den statistischen Nachweis zu führen, daß Knieverletzungen derzeit überhaupt die häufigste Art von Schiverletzungen darstellten, diese im Verlauf der Jahre zugenommen hätten, ein Trend zu schweren Knieverletzungen bestehe, sich der Anteil der multiplen Bandverletzungen mehr als verdoppelt habe und die Ergebnisse der Untersuchung die Vermutung widerlegten, daß sich die Verletzungsgefahr aufgrund des hohen Schischuhschaftes lediglich vom Unterschenkel auf das Kniegelenk verlagert habe. Das gelte besonders für die Verletzung des medialen Seitenbands. Vor allem höhere Spitzengeschwindigkeiten verursachten beim Schilauf auch ein höheres Risiko für Kniebandrupturen.
Dieser Überblick zeigt, daß für die richtige Justierung der Sicherheitsbindung vor allem die Knochenbruchfestigkeit maßgebend ist. Wie sich aber dazu die Festigkeit der Kniebänder verhält, wird nicht erörtert. Schischuhschäfte könnten im ursächlichen Zusammenhang mit Kniebandverletzungen stehen. Hohe Fahrgeschwindigkeiten dürften auf solche Rupturen einen besonderen Einfluß haben und die Kniebandverletzungen scheinen im Zeitalter der Sicherheitsbindungen auch erheblich zugenommen zu haben. Dieser Befund entspricht im grundsätzlichen dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen, das den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen zugrunde liegt. Der festgestellte Sachverhalt erlaubt aber, wie bereits dargelegt wurde, noch keine abschließende Beurteilung der streitentscheidenden Frage, ob die fehlerhafte Einstellung der Sicherheitsbindung durch die Beklagte prima facie als überwiegend wahrscheinliche Ursache der dem Schadenersatzbegehren der Klägerin zugrunde liegenden Verletzungen angesehen werden kann.
Das Berufungsgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren eine Ergänzung des Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen zu veranlassen haben. Dabei wird zu klären sein, ob die Ruptur des Seitenbands und der hinteren Kapselschale an der Innenseite des rechten Knies der Klägerin mit überwiegender Wahrscheinlichkeit dadurch verursacht wurde, daß die Schisicherheitsbindung während des festgestellten Sturzgeschehens unter Berücksichtigung der dieses einleitenden Bewegungsabläufe nicht auslöste. Sollte die Ergänzung des Beweisverfahrens zur Verneinung dieser Frage führen, wäre der Klägerin der von ihr zu führende Kausalitätsbeweis mißlungen und das Klagebegehren abzuweisen.
Es ist daher vorerst auch nicht von Bedeutung, ob die Klägerin dieselben Sturzverletzungen aufgrund der festgestellten Einzelheiten des Sturzgeschehens auch dann erlitten hätte, wenn die Schisicherheitsbindung fachgerecht eingestellt gewesen wäre. Diese Frage könnte sich erst stellen, wenn der Klägerin der Kausalitätsbeweis in der zuvor dargestellten Art gelingen sollte und die Beklagte dann den Gegenbeweis anträte, daß vertragsgemäßes Verhalten die später eingetretenen Knieverletzungen der Klägerin mit zumindest gleicher Wahrscheinlichkeit nicht hätte verhindern können. Auch wenn der Beklagten dieser Beweis gelänge, wäre das Klagebegehren abzuweisen.
Abschließend sei angemerkt, daß die hier dargestellte Beweislastverteilung von jener im Falle einer Schutzgesetzverletzung abweicht. Eine solche kann der Beklagten nämlich nicht vorgeworfen werden, weil die für die fachgerechte Einstellung von Schisicherheitsbindungen maßgebenden Richtlinien keine Schutzgesetze im Sinne des § 1311 ABGB sind (Pichler/Holzer aaO 119).
Eine Korrektur des aufhebenden Teils der Entscheidung des Berufungsgerichts ist dem Obersten Gerichtshof verwehrt, weil der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluß nicht zugelassen wurde (§ 519 Abs 1 Z 2 ZPO). Das Erstgericht ist jedoch an die im Teilurteil des Berufungsgerichts zum streitentscheidenden Kausalitätsbeweis ausgesprochene Rechtsansicht, die auch dem Aufhebungsbeschluß zugrunde liegt, nicht gebunden, weil der Oberste Gerichtshof diese bereits anläßlich der Behandlung der Revision gegen das Teilurteil überprüfte und nicht billigte (EvBl 1995/170 = ZVR 1996/37).
Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.
Der Kostenvorbehalt stützt sich auf § 52 Abs 1 ZPO.
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