Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerinnen sind schuldig, dem Antragsgegner die mit 410,83 EUR bestimmten Kosten seiner Revisionsrekursbeantwortung (darin 68,47 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Beide Antragstellerinnen waren im Zeitpunkt der Fälligkeit ihres Anspruchs auf Legung einer Hauptmietzinsabrechnung betreffend die Liegenschaft *****, für das Kalenderjahr 2008, nämlich am 30. 6. 2009, noch Mieterinnen von Wohnungen in dem im Eigentum des Antragsgegners stehenden Haus.
Das Mietverhältnis der Erstantragstellerin endete am 31. 3. 2010, das Mietverhältnis der Zweitantragstellerin am 31. 8. 2009. Im Zeitpunkt der Sachentscheidung erster Instanz (19. 8. 2010) waren sohin beide Mietverhältnisse beendet. Das Mietverhältnis der Zweitantragstellerin war sogar schon im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung beendet.
Gegenstand des Verfahrens ist die Durchsetzung der Verpflichtung des Antragsgegners zur Legung einer Hauptmietzinsabrechnung für das Jahr 2008 (§ 20 Abs 3 und 4 MRG).
Das Erstgericht legte seiner Entscheidung zugrunde, dass die Mietverhältnisse der Antragstellerinnen bereits beendet waren, verpflichtete aber dennoch den Antragsgegner zur (neuerlichen) Legung einer Abrechnung, weil die bisher gelegte Abrechnung im Wesentlichen von ihrem Aufbau her nicht nachvollziehbar sei.
Dem dagegen vom Antragsgegner erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz Folge und wies den Antrag ab. Aufgrund der Beendigung ihrer Mietverhältnisse sei den Antragstellerinnen das Rechtsschutzinteresse an der begehrten Entscheidung abzusprechen. Aus dem Wesen einer Hauptmietzinsabrechnung ergebe sich, dass daraus für ehemalige Mieter weder ein Zahlungsanspruch noch sonst irgendeine Rechtsfolge abzuleiten sei.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR nicht übersteigt und - nachträglich über Zahlungsvorstellung der Antragstellerinnen - dass der Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur entscheidenden Frage des (Weiterbestands) der Antragslegitimation eines Mieters zur Durchsetzung von Abrechnungsansprüchen nach § 20 Abs 3 und 4 MRG nach Beendigung des Mietverhältnisses noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.
Entgegen diesem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG iVm § 37 Abs 3 MRG) - Ausspruch des Rekursgerichts ist der Revisionsrekurs der Antragstellerinnen mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig.
Rechtliche Beurteilung
Die Zurückweisung des Revisionsrekurses infolge Fehlens der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG ist wie folgt kurz zu begründen (§ 71 Abs 3 AußStrG):
1. Im Rechtsmittelverfahren gilt zufolge § 37 Abs 2 Z 14 MRG - von § 49 AußStrG abweichend - ein Neuerungsverbot, sofern Neuerungen nicht der Dartuung oder Widerlegung geltend gemachter Rechtsmittelgründe dienen.
Aus den obigen Ausführungen ergibt sich, dass schon das Erstgericht feststellte, dass die Mietverhältnisse der Antragstellerinnen (im Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz) beendet waren (AS 59). Damit geht die Behauptung des Revisionsrekurses, mit der Berücksichtigung dieses Umstands durch das Rekursgericht sei gegen ein Neuerungsverbot verstoßen worden, ins Leere.
2. § 20 Abs 3 MRG verpflichtet den Vermieter, Hauptmietzinsabrechnungen über das vergangene Kalenderjahr aufzulegen und den Hauptmietern Einsicht in die Belege zu gewähren. Diese Verpflichtung ist spätestens zum 30. 6. eines jeden Kalenderjahres zu erfüllen. Die ordnungsgemäße Legung einer Hauptmietzinsabrechnung zieht keinerlei Rechtswirkungen nach sich, auch keine Bindung für spätere Verfahren (5 Ob 198/00d wobl 2001/123). Sowohl Mietzinsreserven als auch Mietzinsabgänge sind reine Rechnungsgrößen, die bestimmen, wie weit der jeweilige Vermieter Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeiten durchzuführen hat oder ob er im Rahmen eines Verfahrens nach §§ 18 ff MRG eine Mietzinserhöhung begehren kann. Ein Mietzinsaktivum ist nicht etwa zinsbringend anzulegen, gesondert zu verwahren oder an das Eigentum des Hauses gebundenes Sondervermögen (1 Ob 126/98f immolex 1999/29; RIS-Justiz RS0070634).
3. Im Verfahren zur Durchsetzung des Abrechnungsanspruchs ist die materielle Richtigkeit der Hauptmietzinsabrechnung nicht zu überprüfen, sondern nur, ob eine wenigstens formell vollständige und nachvollziehbare Abrechnung vorliegt (RIS-Justiz RS0106492).
4. Die Legitimation zur Durchsetzung des Abrechnungsanspruchs nach § 20 Abs 3 MRG kommt als Individualrecht jenem zu, der im Zeitpunkt der Rechnungslegungspflicht Hauptmieter ist (vgl E. M. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht § 20 MRG Rz 64).
5. Der Grundsatz, dass das Recht zur Klagsführung nicht vom materiellen Recht getrennt werden kann, wird für den Zivilprozess durch die Anordnung des § 234 ZPO durchbrochen.
Im Außerstreitverfahren ist die Bestimmung des § 234 ZPO allerdings nicht anzuwenden (RIS-Justiz RS0005786), weshalb ein Wechsel in der Parteistellung vor Schluss des Verfahrens erster Instanz beachtlich ist (RIS-Justiz RS0005764; für das wohnrechtliche Außerstreitverfahren: 5 Ob 59/11d; Klicka in Fasching/Konecny², § 234 ZPO Rz 27 mwN). Ein früherer Mieter kann allerdings noch aufrechte Ansprüche, etwa auf Überprüfung der Zulässigkeit des Mietzinses, auch nach Wegfall des Mietverhältnisses noch im Außerstreitverfahren geltend machen (5 Ob 72/83 SZ 56/183) oder die Feststellung seines Betriebskostenanteils (5 Ob 87/89 WoBl 1990/6) begehren. Bei in die Zukunft weisenden Begehren, etwa in einem Verfahren nach § 6 MRG (vgl RIS-Justiz RS0108771), ist von Amts wegen der Rechtsnachfolger beizuziehen (5 Ob 355/97k immolex 1998/41). Besitzt ein Antrag Wirkung für die Zeit sowohl vor als auch nach der Übertragung des Mietrechts, kommt beiden Mietern Parteistellung zu (so schon 5 Ob 87/89 WoBl 1990/6 [Würth]; 5 Ob 155/10w wobl 2011/50: Verfahren nach § 16 Abs 8 MRG).
6. Die Entscheidung des Rekursgerichts, dass die Durchsetzung einer nicht in die Zukunft weisenden, weil keinerlei Rechtsfolgen nach sich ziehenden Verpflichtung, eine Hauptmietzinsabrechnung über das vergangene Jahr zu legen, nur jenem Mieter zusteht, dessen Mietverhältnis im Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz noch aufrecht war, steht in Einklang mit der dargestellten höchstgerichtlichen Judikatur. Der Verlust der Sachlegitimation führt dementsprechend zur materiell-rechtlichen Abweisung des Antrags.
7. Das Argument der Revisionsrekurs-werberinnen, ihr Anspruch auf Legung der Hauptmietzinsabrechnung des Jahres 2008 sei trotz Beendigung ihrer Mietverhältnisse noch aufrecht, weil aus der Abrechnung ersichtlich sei, ob der Antragsgegner eine unzulässige Provision richtig verrechnet habe, versagt im Hinblick darauf, dass eine inhaltliche Überprüfung der Hauptmietzinsabrechnung im Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 11 MRG ohnedies nicht erfolgt (vgl Punkt 3).
Die aufgeworfenen Rechtsfragen sind von der dargestellten höchstgerichtlichen Rechtsprechung ausreichend geklärt. Der Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG. Der Antragsgegner hat auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels der Antragstellerinnen hingewiesen.
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