OGH 5Ob244/11k

OGH5Ob244/11k20.3.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache des Antragstellers S***** H*****, vertreten durch Mag. Sammra El Fohail, Mietervereinigung Österreichs, 1010 Wien, Reichsratsstraße 15, gegen den Antragsgegner P***** B*****, vertreten durch Dr. Gernot Nachtnebel, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 und Z 12a MRG iVm §§ 16, 25 MRG über den ordentlichen Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 23. August 2011, GZ 40 R 320/11x-50, mit dem infolge Rekurses des Antragsgegners der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Favoriten vom 8. April 2011, GZ 5 Msch 28/09b-43, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten seiner Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Das Rekursgericht hat in teilweiser Abänderung des erstgerichtlichen Sachbeschlusses ausgesprochen, dass der gesetzlich zulässige Hauptmietzins (Richtwertmietzins) für das vom Antragsteller gemietete Bestandobjekt zum Stichtag 1. 4. 2007 monatlich netto 256,08 EUR beträgt, die Mietzinsvereinbarung von monatlich 385,27 EUR im Umfang von 129,19 EUR unwirksam ist (Punkt 1.) und der Antragsgegner durch die Vorschreibung von 385,27 EUR von 1. 4. 2007 bis 4. 5. 2009 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß um 129,19 EUR pro Monat überschritten hat (Punkt 2.).

Das Rekursgericht hat ausgesprochen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR nicht übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Zur Anwendung des RückzahlungsbegünstigungsG 1971 (RBG 1971; BGBl 1971/336) liege - soweit ersichtlich - keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur hier relevanten Frage vor, ob übergangsrechtlich auf den Zeitpunkt der Erlassung des Bescheids über die Zusicherung des Darlehens oder des Endbescheids über die endgültige Festsetzung des Darlehens abzustellen sei.

Entgegen diesem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG iVm § 37 Abs 3 MRG) - Ausspruch des Rekursgerichts liegen der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG (iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG) nicht vor:

Rechtliche Beurteilung

1. Unter dem Revisionsrekursgrund der Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens wendet sich der Antragsgegner gegen die Negativfeststellung des Erstgerichts, wonach nicht feststehe, dass in der fraglichen Wohnung vor dem 1. 10. 1993 standardanhebende Maßnahmen durchgeführt worden seien. Ein Mangel des Rekursverfahrens liegt zwar dann vor, wenn das Gericht zweiter Instanz eine im Rechtsmittel erhobene Beweisrüge überhaupt nicht oder nicht nachvollziehbar behandelte (1 Ob 219/10b; 4 Ob 91/10a; RIS-Justiz RS0043371 [T2]); dies trifft hier jedoch nicht zu, hat sich doch das Rekursgericht mit den Rechtsmittelausführungen des Antragsgegners, soweit diese - gesetzmäßig ausgeführt - Tatfragen aufgriffen, substanziell auseinandergesetzt.

2. Unstrittig ist hier übergangsrechtlich (Wohnhaus-Wiederaufbaugesetznovelle 1952, BGBl 1952/106 Art II Z 18) relevant, ob „über das Ansuchen um Fondshilfe … noch vor dem 1. September 1952 entschieden“ wurde. Das Rekursgericht hat insoweit die Rechtsfrage für erheblich erachtet, ob dafür der Zeitpunkt der Erlassung des Bescheids über die Zusicherung des Darlehens oder des Endbescheids über die endgültige Festsetzung des Darlehens maßgeblich sei. Der Rechtsansicht des Rekursgerichts, wonach es auf den erstgenannten Zeitpunkt der Erlassung des Bescheids über die Zusicherung des Darlehens ankomme, hält der Antragsgegner lediglich entgegen, dass deshalb der Endbescheid maßgeblich sei, weil es sich bei einem Darlehen um einen Realkontrakt handle. Dieser komme durch Hingabe der Darlehensvaluta zustande und diese sei erst auf der Grundlage des Endbescheids erfolgt. Mit diesen Ausführungen macht der Antragsgegner aber schon deshalb keine erhebliche Rechtsfrage geltend, weil seine Rechtsansicht dem klaren Wortlaut der gesetzlichen Regelung widerspricht, die auf den Zeitpunkt der Entscheidung über das Ansuchen, mit dem der Bewerber im Übrigen bereits einen Anspruch erwarb (§ 19 Abs 1 Wohnhaus-WiederaufbauG, BGBl 1948/130), und nicht auf die Zuzählung der Fondsmittel abstellt (5 Ob 235/11m). Die Behauptung des Antragsgegners, dass mit dem erstgenannten Bescheid Fondsmittel nur in Aussicht gestellt worden seien, ist feststellungswidrig. Sonstige Argumente zu der vom Rekursgericht für erheblich erachteten Rechtsfrage trägt der Antragsgegner nicht vor.

3. Das Erstgericht hat festgestellt, dass die fragliche Wohnung durch bauliche Zusammenlegung ehemals getrennter Wohnungen entstanden ist. Die Behauptung des Antragsgegners, es sei zur Neuschaffung von Mietgegenständen gekommen, weil „die bisherigen Wohnungen aufgelassen worden (seien)“, ist eine unzulässige Bekämpfung der Beweis- und Tatfrage (RIS-Justiz RS0112460; RS0040196; RS0022624 [T1]).

4. Die vom Antragsgegner reklamierte „Möbelmiete“ war nach den Feststellungen des Erstgerichts nicht vereinbart (s dazu 5 Ob 129/09w wobl 2010/13 = MietSlg 61.341). Zur fraglichen Relevanz der (Möbel-)Ausstattung als Zuschlag beim Richtwertmietzins folgte das Rekursgericht vorliegender höchstgerichtlicher Rechtsprechung (5 Ob 296/02v wobl 2004/14 [Dirnbacher] = MietSlg 55.296/9 = immolex 2004/27), von welcher abzugehen die Revisionsrekursausführungen keinen Anlass bieten.

5. Die Beurteilung des zeitlichen Umfangs des Schlichtungsstellenantrags des Antragstellers erweist sich als typische Einzelfallbeurteilung des Parteivorbringens, welcher keine erhebliche Bedeutung zukommt (5 Ob 139/11v; 5 Ob 108/11k; 5 Ob 256/98b). Eine als mit dem Wortlaut des Sachantrags und/oder des Vorbringens des Antragstellers unvereinbare oder gegen die Denkgesetze verstoßende (RIS-Justiz RS0042828 [T11]) und deshalb als unvertretbar aufzugreifende Fehlbeurteilung liegt nicht vor.

6. Der Antragsgegner macht damit insgesamt keine Rechtsfrage mit der in § 62 Abs 1 AußStrG beschriebenen Qualität geltend. Der Revisionsrekurs ist daher unzulässig und zurückzuweisen.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG. Der Antragsteller hat auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses nicht hingewiesen.

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