OGH 1Ob23/12g

OGH1Ob23/12g1.3.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. P***** S*****, vertreten durch Dr. Gerhard Ebenbichler, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 41.904,20 EUR und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 21. Dezember 2011, GZ 14 R 108/11x-13, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 13. Mai 2011, GZ 31 Cg 4/11b-9, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Kläger (Beamter seit 1988) war 1993 stellvertretender Leiter einer Abteilung des (damaligen) Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten. In einem Schreiben vom 19. 10. 1993 ersuchte er um eine Änderung der Dienstzuteilung unter Wahrung seiner dienstrechtlichen Stellung als Abteilungsleiterstellvertreter. Das genannte Ministerium teilte dem Kläger schriftlich mit, dass er unter gleichzeitiger Aufhebung seiner bisherigen Dienstzuteilung mit Wirksamkeit vom 15. 2. 1994 einem anderen Referat zur Dienstleistung zugeteilt werde. Ab diesem Zeitpunkt war er nicht mehr stellvertretender Leiter, sondern Referent.

Mit Schreiben vom 18. 2. 2010 an das Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend machte der Kläger geltend, dass es sich um eine qualifizierte Dienständerung gehandelt habe, die einer Versetzung gleichkomme, und über die mit Bescheid hätte abgesprochen werden müssen. Deshalb fordere er die Wiederherstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustands und seiner Abteilungsleiterstellvertreterfunktion sowie den Ersatz der mit dem Verlust der Stellvertreterfunktion verbundenen finanziellen Einbußen. Das genannte Bundesministerium wies diesen Antrag mit Bescheid vom 10. 8. 2010 zurück. Diese Zurückweisung hob die Berufungskommission beim Bundeskanzleramt mit Bescheid vom 3. 12. 2010 ersatzlos mit der Begründung auf, die schriftliche Erledigung über die Dienstzuteilung des Klägers sei kein Bescheid, sondern ein bloßes Dienstschreiben gewesen. Mit Bescheid vom 10. 2. 2011 wies das zuständige Bundesministerium den Antrag des Klägers auf Wiederherstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustands und seiner Abteilungsleiterstellvertreterfunktion ab.

Der Kläger begehrte mit der im Jahr 2011 eingebrachten Klage (zuletzt) 41.904,20 EUR und die Feststellung der Haftung der beklagten Republik Österreich für den monatlichen Differenzbruttobetrag von 184,60 EUR 14 x jährlich.

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren wegen Verjährung ab.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision des Klägers zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.

Amtshaftungsansprüche verjähren nach § 6 Abs 1 Satz 1 AHG in drei Jahren nach Ablauf des Tags, an dem der Schaden dem Geschädigten bekannt geworden ist, keinesfalls aber vor einem Jahr nach Rechtskraft einer rechtsverletzenden Entscheidung oder Verfügung. Ist dem Geschädigten der Schaden nicht bekannt geworden oder ist der Schaden aus einer gerichtlich strafbaren Handlung, die nur vorsätzlich begangen werden kann und mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist, entstanden, so verjährt der Ersatzanspruch erst nach zehn Jahren nach der Entstehung des Schadens (Satz 2 leg cit). § 6 Abs 1 Satz 1 AHG sieht ähnlich wie die Vorschrift des § 1494 ABGB bloß eine Ablaufhemmung vor (RIS-Justiz RS0114221), die auch für die zehnjährige Verjährungsfrist gilt (RIS-Justiz RS0050336).

Der Kläger vertritt in seiner außerordentlichen Revision die Auffassung, mangels Vorliegens eines (seiner Auffassung nach zwingend zu erlassenden) rechtskräftigen Bescheids über den 1993 gestellten Antrag komme ihm diese Ablaufhemmung zu Gute. Seine Ansprüche auf Ersatz des Schadens, den ihm Organe der Republik Österreich durch die 1994 erfolgte Verwendungsänderung zugefügt hätten, seien demnach nicht verjährt. Damit stellt er selbst klar, dass die angeblich rechtsverletzende Handlung gerade nicht die Erlassung eines von den Verwaltungsbehörden noch überprüften bzw zu überprüfenden Bescheids war. Seine Auffassung hätte die Konsequenz, dass Amtshaftungsansprüche aus einem Organverhalten (hier Änderung der Dienstzuteilung mit Gehaltseinbußen), das für den Geschädigten eindeutig erkennbar bereits zum Eintritt eines (Primär-)Schadens führte, nie verjähren könnten, wenn die Behörde (rechtswidrig) keinen Bescheid erlässt. Dieses Ergebnis lässt sich mit der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung, die den Beginn der Verjährung eines Amtshaftungsanspruchs mit dem Zeitpunkt ansetzt, zu dem der Geschädigte weiß, dass er ohne eigene Aktivität, zu der dann auch die Einholung sachverständigen Rats gehört, seinen Wissenstand nicht mehr erhöhen kann (RIS-Justiz RS0050360 [T2]; vgl Schragel AHG³ Rz 223 mwN), nicht in Einklang bringen, ebensowenig mit dem Zweck einer absoluten Verjährungsfrist, wie sie § 6 Abs 1 Satz 2 AHG vorsieht. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass allfällige Amtshaftungsansprüche verjährt seien, ist somit nicht zu korrigieren.

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