OGH 3Ob6/12x

OGH3Ob6/12x22.2.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Pflegschaftssache der am ***** geborenen J***** M*****, vertreten durch die Mutter G***** M*****, beide: *****, vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger ua Rechtsanwälte in Wien, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters M***** M*****, vertreten durch Putz‑Haas & Riehs‑Hilbert, Rechtsanwälte OG in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 7. November 2011, GZ 43 R 588/11f‑51, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Liesing vom 14. September 2011, GZ 8 PU 128/11h‑42, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Die Minderjährige beantragte, ihren Vater ab 1. Oktober 2006 zu monatlichen Unterhaltsleistungen von 800 EUR zu verpflichten.

Das Erstgericht setzte die Unterhaltspflicht des Vaters wie folgt fest:

Vom 1. 10. bis 31. 12. 2006 monatlich 405 EUR

vom 1. 1. bis 31. 12. 2007 monatlich 395 EUR

vom 1. 1. bis 31. 8. 2008 monatlich 405 EUR

vom 1. 9. bis 31. 12. 2008 monatlich 440 EUR

vom 1. 1. bis 31. 3. 2009 monatlich 490 EUR

vom 1. 4. bis 31. 12. 2009 monatlich 535 EUR und

ab 1. 1. 2010 laufend monatlich 495 EUR.

Im Leistungsbefehl in Ansehung der binnen 14 Tagen nach Rechtskraft des Beschlusses fällig werdenden Beträge berücksichtigte es Leistungen des Vaters von 13.669 EUR und wies das jeweilige Mehrbegehren ab.

Der Vater bekämpfte die Unterhaltsverpflichtung, soweit von ihm geleistete Kreditrückzahlungen bei der Unterhaltsbemessungsgrundlage nicht berücksichtigt wurden, ohne aber ein konkretes Herabsetzungsbegehren zu beziffern.

Das Rekursgericht bestätigte die erstgerichtliche Unterhaltsverpflichtung und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfragen nach § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig sei.

Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich das als außerordentlicher Revisionsrekurs bezeichnete Rechtsmittel des Vaters, in dem er sich sowohl gegen die Beurteilung der Zulässigkeit des Revisionsrekurses als auch gegen die rechtliche Beurteilung des Rekursgerichts wendet. Das Erstgericht legte die Akten daraufhin dem Obersten Gerichtshof vor.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsmittelvorlage unmittelbar an den Obersten Gerichtshof widerspricht der Rechtslage; eine Entscheidungskompetenz des Obersten Gerichtshofs ist im derzeitigen Verfahrensstadium nicht gegeben.

Nach § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld‑ oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht den Revisionsrekurs nicht für zulässig erklärt hat (§ 59 Abs 1 Z 2 AußStrG). Unter diesen Voraussetzungen kann eine Partei nur einen Antrag an das Rekursgericht (Zulassungsvorstellung gemäß § 63 Abs 1 und 2 AußStrG) stellen, den Zulässigkeitsausspruch dahin abzuändern, dass der Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde; mit dieser Zulassungsvorstellung ist der ordentliche Revisionsrekurs zu verbinden.

Für die Berechnung des Entscheidungsgegenstands des Rekursgerichts sind gesetzliche Unterhaltsansprüche gemäß § 58 Abs 1 JN mit dem 36‑fachen Betrag jenes monatlichen Unterhaltsbeitrags zu bewerten, der zum Zeitpunkt der Entscheidung zweiter Instanz noch strittig war (RIS‑Justiz RS0122735). Dabei ist regelmäßig auf den laufenden Unterhalt abzustellen, sofern der Durchschnitt dreier Jahre bereits fälligen Unterhalts nicht höher ist als das Dreifache der Jahresleistung des laufenden Unterhalts (RIS‑Justiz RS0103147).

Die Vorinstanzen haben den laufenden vom Vater zu leistenden Unterhaltsbeitrag mit 495 EUR festgelegt; nur gegen diesen Unterhaltszuspruch richtet sich der Rekurs des Vaters, der in zweiter Instanz ‑ ungeachtet des unbezifferten Rekursantrags ‑ maximal den gänzlichen Entfall seiner Unterhaltsverpflichtung anstrebt. Dies ergibt bei Zugrundelegung des 36‑fachen strittigen Jahresunterhalts 17.820 EUR als Entscheidungsgegenstand zweiter Instanz. Da somit die maßgebliche Wertgrenze von 30.000 EUR nicht erreicht wird, kommt ein außerordentlicher Revisionsrekurs nicht in Betracht. Das Rechtsmittel des Vaters ist daher ‑ auch wenn es an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist ‑ nicht dem Obersten Gerichtshof, sondern zunächst dem Rekursgericht vorzulegen, weil derartige Rechtsmittel als Anträge iSd § 63 AußStrG zu werten sind. Ob der dem Rekursgericht vorzulegende Schriftsatz den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RIS‑Justiz RS0109623 [T8]; RS0109516 [T10]).

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