Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 52 Abs 2 WEG und § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Text
Begründung
Zusammengefasst vertreten die Antragsteller in ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs die Ansicht, eine Zustimmung aller Wohnungseigentümer zu einer Widmungsänderung (hier von Büro in Wohnung) sei nicht Voraussetzung eines Antrags auf Neufestsetzung der Nutzwerte nach §§ 9, 10 WEG. Die Zulässigkeit der Verweigerung der Zustimmung einzelner Wohnungseigentümer zu einer Widmungsänderung sei im Nutzwert-(neu-)festsetzungsverfahren als Vorfrage nach den Kriterien des § 16 Abs 2 WEG zu prüfen.
Dem ist wie folgt zu entgegnen:
Rechtliche Beurteilung
1. Verfahren zur Neufestsetzung der Nutzwerte werden nur über Antrag (§ 10 Abs 1 WEG) eingeleitet, das Verfahren unterliegt nicht der Dispositionsmaxime der Parteien (5 Ob 22/85 MietSlg 37.658/19; 5 Ob 23/87 MietSlg 39.610/14; 5 Ob 52/00h wobl 2001/53; 5 Ob 190/10t wobl 2011/112 ua). Das Gericht hat stets über alle wohnungseigentumstauglichen Objekte einer Liegenschaft abzusprechen (5 Ob 73/99t MietSlg 51.515; 5 Ob 290/07v MietSlg 60/12), weshalb dem Verfahren stets alle Mit- und Wohnungseigentümer beigezogen werden müssen, widrigenfalls der Nutzwertfestsetzungssachbeschluss keine taugliche Eintragungsgrundlage im Grundbuchsverfahren darstellt (5 Ob 190/10t wobl 2011/112).
2. Einer Nutzwertfestsetzung ist die materielle Sach- und Rechtslage und die von Amts wegen als Vorfrage zu prüfende Widmung aller Liegenschaftsteile zugrunde zu legen. Die Festsetzung der Nutzwerte hat die Widmung nur nachzuvollziehen und schafft keinen eigenen Rechtsgrund für die Widmung (5 Ob 23/87 MietSlg 39.610/14; 5 Ob 113/07i wobl 2008/18 [Call]; 5 Ob 290/07v MietSlg 60.419/12; RIS-Justiz RS0083252).
3. Für die Frage der Widmung eines Wohnungseigentumsobjekts ist auf die privatrechtliche Einigung der Wohnungseigentümer (in der Regel im Wohnungseigentumsvertrag) abzustellen. Baurechtliche Widmungen definieren die privatrechtlichen Rechtsverhältnisse der Wohnungseigentümer untereinander nicht (RIS-Justiz RS0120725).
4. Die Widmung eines Wohnungseigentumsobjekts zu einer bestimmten Nutzung und das Festhalten an der dadurch definierten Nutzung gehört zu den absolut geschützten Rechten jedes Wohnungseigentümers. Eine Änderung dieses Rechtszustands ist nur nach Maßgabe des § 16 Abs 2 WEG im Verfahren nach § 52 Abs 1 Z 2 WEG möglich (5 Ob 241/09s wobl 2010/18 mwN), wenn sie nicht von der Zustimmung aller gedeckt ist.
5. Eine Nutzungsänderung von Wohnung auf Geschäftsräumlichkeit und umgekehrt ist eine bewilligungspflichtige Umwidmung (RIS-Justiz RS0083132). Eigenmächtige Änderungen sind unzulässig und können von den übrigen Wohnungseigentümern bekämpft werden (RIS-Justiz RS0083156).
6. Eine Umwidmung durch Zustimmung aller Wohnungseigentümer oder eine im Verfahren nach § 52 Abs 1 Z 2 WEG iVm § 16 Abs 2 WEG erwirkte Ersetzung der Zustimmung der widersprechenden Wohnungseigentümer bildet dann einen im Gesetz nicht ausdrücklich genannten, von der Rechtsprechung aber bejahten Grund für die Neufestsetzung der Nutzwerte (8 Ob 542/77 SZ 50/163; 5 Ob 23/87 MietSlg 39.610/14).
Die im außerordentlichen Revisionsrekurs aufgeworfenen Rechtsfragen sind durch die dargestellte höchstgerichtliche Rechtsprechung, der das Rekursgericht auch gefolgt ist, geklärt, sodass die Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG nicht vorliegen.
Der außerordentliche Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.
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