OGH 5Ob23/87

OGH5Ob23/873.3.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Griehsler, Dr.Jensik, Dr.Zehetner und Dr.Klinger als Richter in der Rechtssache der antragstellenden Wohnungseigentümer 1.) N*** Niederösterreichische gemeinnützige Baugesellschaft mbH, 2344 Maria Enzersdorf-Südstadt, Südstadtzentrum 4, vertreten durch Dr. Dietbert Helbig-Neupauer, Rechtsanwalt in Wien, 2.) Maria M***-B***, 2500 Baden, Kaiser Franz Ring 12/I/8, 3.) Mag. Dr. Sylvia-Elisabeth L***, 2500 Baden, Kaiser Franz Ring 12/I/9, 4.) Dr. Kurt Josef W***, 2500 Baden, Theresiengasse 10/IV/4, der übrigen Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ 30 KG Baden, 2500 Baden, Kaiser Franz Ring 12/Theresiengasse 10 1.) Rosemarie W***, vertreten durch Dr. Helmut Steiner, Rechtsanwalt in Baden, 2.) Dr. Helmut P***,

3.) Hubert B***, 4.) Dipl.Ing. Ernst P***, 5.) Liselotte N***, 6.) Mag. Ing. Rupert W***, vertreten durch

Dr. Helmut Steiner, Rechtsanwalt in Baden, 7.) Helga M***,

  1. 8.) Dr. Heinz B***, 9.) Ljubica B***, 10.) Dr. Emil S***,
  2. 11.) Dieter B***-J***, 12.) Dkfm. Friedrich F***,
  3. 13.) Margarete F***, 14.) Ermengard G***, 15.) Ing. Herwig H***, 16.) Ing. Wilhelm M***, 17.) Herta M***, 18.) Maria E***,
  4. 19.) Werner W***, 20.) Gertrude W***, 21.) Maria S***,
  5. 22.) Ing. Kurt K***, 23.) Elfriede K***, 24.) Emma C***,
  6. 25.) Christa B***, 26.) Paul L***, 27.) Gertrude M***, vertreten durch den Sachwalter Dr. Josef Miklas, 28.) Dr. Rudolf G***, 29.) Kreszentia B***, 30.) Inge H***,
  7. 31.) Dr. Bernhard H***, 32.) Brigitte H***, 33.) Johann J***,
  8. 34.) Gerda J***, 35.) Amalia Johanna P***, 36.) Dr. Viktoria E***, 37.) Gerhard F***, 38.) Elfriede F***,
  9. 39.) Josefa K***, 40.) Aurelia L***, 41.) Brigitte F***,
  10. 42.) Dr. Helmut S***, 43.) Gertraud S***, vertreten durch Dr. Helmut Steiner, Rechtsanwalt in Baden, 44.) Dr. Edmund F***, vertreten durch Dr. Gerhard Eckart, Rechtsanwalt in Wien,

    45.) Monika F***, vertreten durch Dr. Gerhard Eckart, Rechtsanwalt in Wien, 46.) Ing. Alfred W***, 47.) Helmut S***,

  1. 48.) Gertraud S***, 49.) Herta H***, 50.) Dr. Willi F***,
  2. 51.) Johann S***, 52.) Martha S***, 53.) Ingrid K*** und der Wohnungseigentumsbewerber 1.) Ingrid B***, 2.) Franz S***, wegen Neufestsetzung des Nutzwertes gemäß § 3 Abs 2 WEG infolge Revisionsrekurses der unter 1, 6, 28, 42, 43 und 50 genannten übrigen Wohnungseigentümer gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Rekursgerichtes vom 14.Juli 1986, GZ R 149/86-74, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Baden vom 2.Dezember 1985, GZ 3 Nc 6/83-60, unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 28. Februar 1978, 3 Nc 49/77-13, wurden auf Antrag der erstantragstellenden Wohnungseigentümerin als Wohnungseigentumsorganisatorin unter Beteiligung des Mag. Ing. Rupert W*** als Wohnungseigentumsbewerber die Nutzwerte der Wohnungen und sonstigen Räumlichkeiten der Liegenschaft EZ 30 KG Baden gemäß § 3 Abs 1 WEG festgesetzt. Für die PKW-Abstellplätze bzw. Garagenplätze wurde kein eigener Nutzwert festgesetzt; die PKW-Abstellplätze bzw. Garagenplätze wurden auch nicht bei der Berechnung des Nutzwertes der Wohnungen und sonstigen Räumlichkeiten berücksichtigt. Dies geschah deswegen, weil die PKW-Abstellplätze bzw. Garagenplätze nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien nicht im Wohnungseigentum stehen sollten. Nunmehr begehrte die erstantragstellende Wohnungseigentümerin die Neufestsetzung des Nutzwertes mit dem Vorbringen, daß die PKW-Einstellplätze in der Tiefgarage seinerzeit nicht bestimmten Wohnungen zugeordnet hätten werden können, weil noch keine Bewerbungen für Wohnungen und Einstellplätze vorhanden gewesen seien. Anläßlich des Abschlusses der Kaufanwartschaftsverträge sei aber bereits auf die Notwendigkeit einer Abänderung der Nutzwertfestsetzung hingewiesen worden; die Kaufanwärter hätten in den Anwartschaftsverträgen auch ihre Zustimmung zur Umparifizierung erteilt. Es werde daher beantragt, die Wohnungen unter Berücksichtigung der Garageneinstellplätze als Zubehör neu zu bewerten; hinsichtlich dieser Einstellplätze sei einstimmig eine Umwidmung von allgemeinen Flächen des Hauses auf ausschließlich durch die jeweiligen Wohnungseigentümer zu nutzende Abstellflächen gemäß § 1 Abs 2 WEG vorgenommen worden.

Die zweit- bis viertantragstellenden Wohnungseigentümer begehrten die Neufestsetzung des Nutzwertes ihrer Wohnungen mit dem Vorbringen, daß diese Wohnungen durch Abtrennung bzw. Einbeziehung von Teilen in ihrem Bestand geändert worden seien.

Von den übrigen Wohnungseigentümern brachten die unter 19, 20, 22, 23, 44 und 45 genannten nachstehendes vor: Der Wohnungseigentümer Paul L*** nutze einen Keller im Ausmaß von rund 70 m 2 , der als allgemeiner Teil des Hauses gewidmet gewesen sei, ausschließlich; er habe außerdem einen Teil des Ganges sowie eine als Wohnung gewidmete Räumlichkeit in sein Geschäftslokal einbezogen. Auch die Wohnungseigentümer Dr. Willi F***, Mag. Ing. Rupert W*** und Dr. Kurt W*** hätten eine Gangfläche, die als allgemeiner Teil des Hauses gewidmet sei, in ihren Wohnungsverband einbezogen. Die vom Sachverständigen ermittelten Nutzwerte berücksichtigten daher die tatsächlichen Gegebenheiten nicht vollständig.

Das Erstgericht setzte die Nutzwerte der Liegenschaft EZ 30 KG Baden in Stattgebung des Begehrens der antragstellenden Wohnungseigentümer gemäß § 3 Abs 2 WEG neu fest. Es traf folgende Feststellungen:

Der Punkt VI der Anwartschaftsverträge lautet: "Gemäß Beschluß des BG Baden vom 28.2.1978, 3 Nc 49/77, betragen die Mindestanteile für die in Punkt II dieses Vertrages angeführten Objekte: Wohnung ... Dieser Nutzwert unterliegt insoweit einer Änderung, da die geplanten Einstellplätze erst dann parifiziert werden können, wenn feststeht, mit welcher Wohnung bzw. Geschäftslokal an ihnen Wohnungseigentum begründet werden wird. Der/die WEB stimmen einer Änderung des Nutzwertes auch dann zu, falls dies erforderlich sein sollte, wenn sich dadurch am Bestand der von ihm/ihnen erworbenen Einheit nichts ändert. Die Änderung des Wohnnutzwertes bewirkt jedenfalls keine Änderung des Gesamtkaufpreises nach Punkt III."

Der Punkt III der abgeschlossenen Kaufverträge lautet: "Die Wohnung ... besteht aus ... Die Käufer kennen Lage, Beschaffenheit und Zustand der kaufgegenständlichen Wohnung. Die Käufer sind in Kenntnis, daß durch Zusammenlegung von Wohnungen bzw. Zuschlag einzelner Räume zu anderen Wohnungen sowie durch den Umstand, daß die Tiefgarage bei der bestehenden Nutzwertfestsetzung nicht bewertet wurde, eine neue Festsetzung der Nutzwerte erforderlich sein wird. Der Kaufpreis für die gegenständliche Wohnung samt allfälligen Abstellplätzen ändert sich dadurch nicht. Die Käufer erteilen schon jetzt ihre Zustimmung, nach Neufestsetzung der Nutzwerte unentgeltlich die zur Erlangung der Mindestanteile gemäß § 3 des Wohnungseigentumsgesetzes 1975 notwendigen Anteile zu erwerben bzw. abzutreten."

Sämtliche Wohnungseigentümer haben Anwartschaftsverträge bzw. Kaufverträge mit diesem Inhalt unterfertigt.

Die Wohnungen der zweit- bis viertantragstellenden Wohnungseigentümer grenzen räumlich unmittelbar aneinander. Diese Wohnungen wurden durch Abtrennung bzw. Einbeziehung von Teilen in der im Gutachten des Sachverständigen näher beschriebenen Weise in ihrem Bestand geändert.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus:

Die Aufzählung der Änderungstatbestände des § 3 Abs 2 WEG sei nicht taxativ. Sachverhaltsänderungen, und zwar auch Umwidmungen von allgemeinen Teilen der Liegenschaft in § 1 Abs 1 oder 2-Objekte, könnten zur Neufestsetzung der Nutzwerte führen. Solche Umwidmungen bedürften der Einstimmigkeit aller Miteigentümer; zur Antragstellung sei in diesen Fällen jeder Miteigentümer allein berechtigt. Im vorliegenden Fall handle es sich um eine Umwidmung von allgemeinen Teilen der Liegenschaft in 40 PKW-Abstellplätze, also in § 1 Abs 2-Objekte. Es hätten sämtliche Wohnungseigentümer in den Anwartschaftsverträgen bzw. Kaufverträgen dieser Umwidmung zugestimmt. Es sei daher auf Antrag der erstantragstellenden Wohnungseigentümerin eine Neufestsetzung der Nutzwerte hinsichtlich der Wohnungen, mit denen nunmehr Abstellflächen für Kraftfahrzeuge als Zubehör im Wohnungseigentum stünden, vorzunehmen gewesen. Da alle drei betroffenen Wohnungseigentümer die Neufestsetzung des Nutzwertes ihrer räumlich unmittelbar aneinander grenzenden Wohnungen (auch) auf Grund der festgestellten Bestandänderungen begehrt hätten, seien die Nutzwerte dieser Wohnungen gemäß § 3 Abs 2 Z 2 WEG auch im Hinblick auf diese Bestandänderungen neu festzusetzen gewesen.

Zum Vorbringen der unter 19, 20, 22, 23, 44 und 45 genannten übrigen Wohnungseigentümer sei zu bemerken, daß für eine Umwidmung weiterer allgemeiner Teile der Liegenschaft (Gangflächen, Kellerabteile) in § 1 Abs 2-Objekte ebenso wie für die Widmungsänderung hinsichtlich der Wohnung des Wohnungseigentümers Paul L*** nicht die erforderliche Zustimmung aller Miteigentümer vorliege; daher habe auch eine diesbezügliche Neufestsetzung der Nutzwerte nicht erfolgen können.

Das von den unter 44 und 45 genannten übrigen Wohnungseigentümern angerufene Rekursgericht hob den erstgerichtlichen Sachbeschluß auf und trug dem Erstgericht unter Rechtskraftvorbehalt eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es führte, soweit dies im Revisionsrekursverfahren noch von Bedeutung ist, aus:

Das Wohnungseigentumsgesetz gehe grundsätzlich davon aus, daß die Widmung von Hausflächen zur Sondernutzung und zur Allgemeinnutzung durch die Miteigentümer erfolge. In den Fällen, in denen ein Wohnungseigentumsorganisator die Nutzwertfestsetzung herbeiführe, werde die Widmung zwangsläufig von diesem vorgenommen, sofern keine entsprechende, alle Wohnungseigentumsbewerber bindende (auch konkludente) Vereinbarung vorliege (MietSlg 35.600). Grundsatz jeder Nutzwertfestsetzung sei, daß die Nutzwerte mit der materiellen Rechtslage übereinstimmen sollen, wobei sich die Festsetzung an den Vereinbarungen zwischen dem Wohnungseigentumsorganisator und den Wohnungseigentumsbewerbern zu orientieren habe. Diese materiellen Vereinbarungen seien als Vorfrage im Nutzwertfestsetzungsverfahren zu klären (MietSlg 34.526, 34.527, 36.608). Da im Nutzwertfestsetzungsverfahren die Offizialmaxime herrsche (MietSlg 33.503), bestehe keine Bindung an den Antrag und sei auch das Vorbringen von (nicht den Antrag stellenden) Parteien des Verfahrens zu beachten.

Was nun die von Paul L*** angeblich benutzten Kellerräumlichkeiten anlange, so gehe schon aus dem Anwartschaftsvertrag zwischen der erstantragstellenden Wohnungseigentümerin als Wohnungseigentumsorganisatorin und Paul L*** als Wohnungseigentumsbewerber vom 22.Mai 1978 hervor, daß ein Kellerraum Gegenstand des Vertrages sei, wobei die Diktion des Punktes II des Anwartschaftsvertrages - vergleiche man ihn mit den anderen Anwartschaftsverträgen - so gehalten sei, daß es sich bei diesem Kellerraum nicht um einen solchen handeln könnte, wie er offenbar auch allen anderen Wohnungseigentumsbewerbern als Nebenraum (Kellerabteil) zugesagt worden sei. Welche Pläne dem Anwartschaftsvertrag seinerzeit zugrundegelegen seien, sei aus der Aktenlage nicht ersichtlich. Die Erstparifizierung zu 3 Nc 49/77 des Erstgerichtes weise einen Keller für L*** nicht als Zubehör aus. Der im nunmehrigen Verfahren vorgelegte Bestandsplan (Auswechslungsplan) über das Kellergeschoß sehe neben allgemeinen Kellerräumlichkeiten auch ein Magazin und einen Keller für L*** vor, was auf eine diesbezügliche Widmung zur Sondernutzung schließen ließe. Eine Zubehörseigenschaft dieser Räumlichkeiten sei daher naheliegend. Einem Magazin käme eine wirtschaftliche Selbständigkeit zu (MietSlg 35.599). Sollte schon in der Planung und Widmung, die der Erstparifizierung und den Anwartschaftsverträgen zugrundegelegen sei, von einem Magazin die Rede gewesen sein, so hätte es schon zu 3 Nc 49/77 des Erstgerichtes einen Nutzwert zugewiesen erhalten müssen und läge zumindest insoweit keine nachträgliche Widmung des Wohnungseigentumsorganisators vor, die im Widerspruch zu den von der erstantragstellenden Wohnungseigentümerin als Wohnungseigentumsorganisatorin geschlossenen Einzelverträgen stünde. Diesfalls könnte die Parifizierung nachgeholt werden. Vorstehendes wäre als Vorfrage für die Neufestsetzung der Nutzwerte zu klären. Da dies nicht geschehen sei, sei das Verfahren mangelhaft geblieben. Was die angebliche Einbeziehung der Wohnung des Paul L*** in dessen Geschäftslokal anlange, so lägen - vergleiche man insbesondere die Flächenausmaße im Bestandsplan 1981 Nr. 72.046/110 und in dem einen im Akt befindlichen Anwartschaftsvertrag des Paul L*** - offenkundig zwar getrennte Anwartschaftsverträge über Wohnung und Geschäftslokal vor; im Gegensatz dazu sehe der vorgenannte Plan vom 14.Februar 1981, Nr. 42.046/110, der auch das Erdgeschoß erfasse, nur ein Geschäftslokal, aber keine Wohnung mehr für L*** vor. In Anbetracht der im Plan ausgewiesenen Größe des Lokals nehme dieser offenkundig auf die Zusammenlegung von Lokal und Wohnung Bedacht. Dem Rekursgericht erscheine es vertretbar, eine solche Zusammenlegung als vom Punkt III der Kaufverträge erfaßt anzusehen, auch wenn dort nur von der Zusammenlegung von Wohnungen die Rede sei. Damit wäre aber die Zustimmung zur Neuparifizierung schon vorweg erklärt. Die Nutzwerte von Räumlichkeiten, die als Geschäftslokal verwendet würden, seien in der Regel höher als bei Verwendung als Wohnung. Darauf könnte bei Neufestsetzung der Nutzwerte Bedacht genommen werden.

Gegen den unter Rechtskraftvorbehalt ergangenen Aufhebungsbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der unter 1, 6, 28, 42, 43 und 50 genannten übrigen Wohnungseigentümer mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Sachbeschlusses.

Die erstantragstellende Wohnungseigentümerin sowie die unter 44 und 45 genannten übrigen Wohnungseigentümer beantragen in ihren Revisionsrekursbeantwortungen, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zwar zulässig, aber nicht berechtigt. Die Revisionsrekurswerber machen zusammengefaßt geltend, der Berücksichtigung der von Paul L*** in Sondernutzung genommenen Kellerräumlichkeiten und der von diesem durchgeführten Einbeziehung seiner Wohnung in sein Geschäftslokal bei der Neufestsetzung der Nutzwerte stünden die fehlende Zustimmung aller übrigen Miteigentümer sowie - wegen Nichteinhaltung der einjährigen Antragsfrist und Nichterreichen der 2 %-Grenze - § 3 Abs 2 Z 1 WEG entgegen. Dazu ist wie folgt Stellung zu nehmen:

Wie der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen hat (MietSlg XXXVII/19 mwN; 5 Ob 153/86), ist Grundlage der Nutzwertfestsetzung gemäß §§ 3 ff, 26 Abs 1 Z 1 WEG, die in einem zwar nur über (Verfahrens-)Antrag einzuleitenden, aber im übrigen jeder Dispositionsbefugnis der Parteien entzogenen amtswegigen Verfahren zu erfolgen hat (siehe jedoch einschränkend § 26 Abs 2 WEG iVm § 37 Abs 3 Z 12 MRG), die der jeweiligen materiellen Rechtslage entsprechende konkrete Widmung; der Außerstreitrichter (die Schlichtungsstelle: § 26 Abs 3 WEG) hat diese Rechtslage von Amts wegen als Vorfrage zu prüfen. Das gilt nicht nur für die erstmalige Nutzwertfestsetzung, sondern auch für die Neufestsetzung des Nutzwertes gemäß § 3 Abs 2 WEG, der die Fälle der Neufestsetzung nicht taxativ aufzählt (Würth in Rummel, ABGB, Rz 5 zu § 3 WEG mwN; Meinhart, WEG 1975, 71; Faistenberger-Barta-Call, WEG 1975, Rz 28 zu § 3; Derbolav in ImmZ 1979, 6; 5 Ob 153/86). Grundsätzlich hat die Neufestsetzung des Nutzwertes zwar eine nachträgliche Änderung des Sachverhaltes zur Voraussetzung; es kann aber auch das nachträgliche Hervorkommen des wahren Sachverhaltes, der dem Gericht (der Schlichtungsstelle) bei der erstmaligen Nutzwertfestsetzung verborgen blieb, zur Antragstellung nach § 3 Abs 2 WEG berechtigen (Zingher. MG 18 , 260; 5 Ob 153/86; vgl. auch Würth aaO Rz 5 zu § 3 WEG).

Was nun die Vorgänge betrifft, deren Eignung, eine Neufestsetzung der Nutzwerte herbeizuführen, im gegenständlichen Revisionsrekursverfahren noch strittig ist, so wäre diese bei Zustimmung aller Miteigentümer zu den betreffenden Änderungen (oder bei Vorliegen einer entsprechenden Entscheidung nach § 13 Abs 2, § 26 Abs 1 Z 2 WEG; vgl. MietSlg 35.606) - und bei Zutreffen der Voraussetzungen des § 3 Abs 2 WEG (soweit einer der darin genannten Fälle vorliegt) - sowohl hinsichtlich der behaupteten (von § 3 Abs 2 WEG nicht unmittelbar erfaßten) Umwidmung der von Paul L*** benützten Kellerräumlichkeiten von allgemeinen Teilen der Liegenschaft - die bei der Nutzwertfestsetzung außer Betracht zu bleiben haben - in § 1 Abs 1 oder 2-Objekte - für die gemäß § 5 WEG ein eigener Nutzwert festzusetzen oder ein Zuschlag zu berücksichtigen ist - (Faistenberger-Barta-Call aaO Rz 28 aE zu § 3 WEG) als auch hinsichtlich der behaupteten Zusammenlegung des Geschäftslokals und der Wohnung des Paul L*** unter Umwidmung der Wohnung in ein Geschäftslokal zu bejahen; die Zusammenlegung fällt unter § 3 Abs 2 Z 2 WEG (Meinhart aaO 70; Faistenberger-Barta-Call aaO Rz 24 zu § 3 WEG; bei der Neufestsetzung des Nutzwertes ist § 5 Abs 3 WEG zu beachten), die Umwidmung der Wohnung in ein Geschäftslokal je nach dem Zeitpunkt der Umwidmung - unter Bedachtnahme auf die einschlägigen Bestimmungen der niederösterreichischen Bauordnung - unter die Z 1 oder 3 des § 3 Abs 2 WEG, wobei § 5 Abs 3 WEG insoweit nicht gilt (zu § 3 Abs 2 Z 1 und 3 WEG vgl. Würth aaO Rz 6 zu § 3 WEG; die zu § 2 WEG 1948 ergangene Rechtsprechung - MietSlg 17.705/14, 20.628/29 -, wonach Änderungen der Zweckbestimmung/Umwidmungen eine Neuparifizierung nicht zu rechtfertigen vermögen, ist überholt: Meinhart aaO 68; aM Faistenberger-Barta-Call aaO Rz 12 zu § 3 WEG; siehe auch Würth aaO Rz 2 zu § 5 WEG).

Da sich aus diesen Ausführungen ergibt, daß das Rekursgericht den Sachverhalt - von einer zutreffenden Rechtsansicht ausgehend - noch nicht für genügend geklärt erachtete und der Oberste Gerichtshof dieser Auffassung auch in einem Verfahren nach § 26 WEG nicht entgegentreten kann, war dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen. Das Erstgericht wird im fortgesetzten Verfahren unter Zugrundelegung der vorstehenden Rechtsausführungen auch auf die in der Revisionsrekursbeantwortung der unter 44 und 45 genannten übrigen Wohnungseigentümer enthaltene Behauptung einzugehen haben, der Wohnungseigentümer Mag. Ing. Rupert W*** habe eine Terrasse von 24,53 m 2 überdacht und daraus ein Wohnzimmer hergestellt.

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