Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Miteigentümer der Liegenschaft EZ 929 KG Klagenfurt VIII. Bezirk, auf welcher die
7. Antragsgegnerin, die Ö*** S***
B***, Gemeinnützige registrierte Genossenschaft m.b.H. in Salzburg, in der Mitte der 70-er Jahre als damalige Alleineigentümerin dieser Liegenschaft die Wohnungseigentumsanlage Klagenfurt, Richard-Wagner-Straße 9, Hans-Sachs-Straße 31, 33 und 35
mit rund 140 Wohneinheiten errichtet hat. Der Magistrat der Landeshauptstadt Klagenfurt hat mit Bescheid vom 11.März 1976 den Nutzwert der Gesamtanlage (72.735) und der einzelnen Wohnungen und sonstigen Räumlichkeiten festgesetzt. Vom Vorhandensein einer Hausbesorgerwohnung wurde bei dieser von der 7.Antragsgegnerin beantragten Nutzwertfestsetzung nicht ausgegangen. Eine solche wurde daher auch nicht im Sinne des § 1 Abs 3 WEG der allgemeinen Benützung der Liegenschaft zugeordnet; im Gegenteil, für die Wohnung top.Nr. 101, die von Anfang an als Hausbesorgerwohnung bestimmt war und in der Folge benützt wurde, wurde der Nutzwert mit 697 festgesetzt (0,95827 Prozentanteil am gesamten Nutzwert). Die
7. Antragsgegnerin hat diese Wohnung, d.h. den entsprechenden Miteigentumsanteil, (einstweilen) behalten und die übrigen Liegenschaftsanteile (mit welchen ebenfalls Wohnungseigentum verknüpft worden ist) den Antragstellern und Antragsgegnern bzw. deren eventuellen Rechtsvorgängern verkauft. Die 7.Antragsgegnerin, welche zur Hausverwalterin bestellt worden ist, hat vereinbarungsgemäß (Punkt 23 der Kauf- und Wohnungseigentumsverträge) die grundbücherlich in ihrem Eigentum stehende Wohnung top.Nr. 101 den Miteigentümern gegen Zahlung eines Benützungsentgeltes (monatlich 2.040 S wertgesichert, Ausgangsbasis Dezember 1974) und der Betriebskosten für die Dauer ihrer Bestellung zur Hausverwalterin zur Nutzung als Hausbesorgerwohnung überlassen. Im zeitlichen Zusammenhang mit dem Verfahren Msch 2/81 des Erstgerichtes hat die 7.Antragsgegnerin die Hausverwaltung niedergelegt.
Zur Sicherung der Hausbesorgerwohnung wurde von einem Großteil der Miteigentümer der "V*** DER W*** der Richard-Wagner-Straße 9, Hans-Sachs-Straße 31, 33 und 35, Klagenfurt" (123.Antragsteller) gegründet. Dieser Verein hat mit Kaufvertrag vom 4.November 1982 von der 7.Antragsgegnerin die 697/72.735 Miteigentumsanteile, mit welchen grundbücherlich das Wohnungseigentum an der Wohnung top.Nr. 101 verbunden ist, gekauft.
Der Kaufpreis samt Nebenspesen von zusammen rund 820.000 S wurde von rund 50 % der Miteigentümer aufgebracht. Die Einverleibung des Eigentumsrechtes zugunsten des Vereines erfolgte am 5.September 1983.
Mit dem am 14. Oktober 1985 beim Erstgericht eingelangten Antrag begehrten die Antragsteller die Erlassung des nachstehenden Beschlusses:
"Der gemäß §§ 26 Abs 1 Z 1, 26 Abs 3 WEG an den Magistrat der Landeshauptstadt Klagenfurt (Bezirksgericht Klagenfurt) zu richtende Antrag auf Neufestsetzung der Nutzwerte (Neuerrechnung der Mindestanteile) ob der Liegenschaft EZ 929 KG Klagenfurt VIII. Bezirk durch Einbeziehung der 697/72.735 Miteigentumsanteile der Hausbesorgerwohnung top.Nr. 101 in den der allgemeinen Benützung dienenden Teil der Liegenschaft und damit die verhältnismäßige Aufteilung der 697/72.735 Liegenschaftsanteile der Hausbesorgerwohnung auf die Gesamtheit der Wohnungseigentümer dieser Liegenschaft bei Ausgleichspflicht gemäß § 4 Abs 3 WEG gegenüber dem "V*** DER W*** der Häuser Richard-Wagner-Straße 9, Hans-Sachs-Straße 31, 33, 35 in Klagenfurt" wird bewilligt.
Die Summe der Nutzwerte aller Wohnungen und sonstigen Räumlichkeiten der Liegenschaft wird hiedurch nicht geändert." Die Antragsteller brachten vor, daß der Verein der Wohnungseigentümer beschlossen habe, die Hausbesorgerwohnung (die 697/72.735 Miteigentumsanteile an der Liegenschaft) zum Selbstkostenpreis an sämtliche Miteigentümer, d. h. in den der allgemeinen Benützung dienenden Teil der Liegenschaft EZ 229
KG Klagenfurt VIII.Bezirk, zu übertragen. Dies solle im Wege einer Neufestsetzung der Nutzwerte erfolgen. Die 697/72.735 Miteigentums- bzw. 697 Nutzwertanteile sollten auf die Miteigentumsanteile sämtlicher Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis ihrer bisherigen Miteigentumsanteile bei anteiliger Ausgleichspflicht (§ 4 Abs 3 WEG) übertragen werden, wobei auf die einzelnen Wohnungseigentümer überwiegend Beträge unter 10.000 S entfallen würden. Die Antragsgegner hätten dem gemäß § 26 Abs 3 WEG beim Magistrat der Landeshauptstadt Klagenfurt einzubringenden Antrag auf Neufestsetzung des Nutzwertes nach § 3 Abs 2 Z 2 WEG aber nicht zugestimmt. Die Antragsteller begehrten daher unter Berufung auf § 835 ABGB die gerichtliche Bewilligung des von ihnen zu den angeführten Bedingungen und Rechtsfolgen an den Magistrat der Landeshauptstadt Klagenfurt zu richtenden Antrages auf Neufestsetzung der Nutzwerte.
Die 8., 9. und 13.Antragsgegner sprachen sich gegen den Antrag aus (ON 4 und 6). Die 12.Antragsgegnerin erklärte sich mit dem Antrag einverstanden (ON 5). Die 7.Antragsgegnerin zog nach Ergehen der rekursgerichtlichen Entscheidung sämtliche im erstinstanzlichen Verfahren gegen den Antrag erhobenen Einwendungen zurück (ON 40).
Das Erstgericht wies den Antrag aus folgenden Erwägungen ab:
An der Hausbesorgerwohnung als einem der allgemeinen Benützung dienenden Liegenschaftsbestandteil könne Wohnungseigentum nicht bestehen. Dieser Umstand hätte bei der Parifizierung berücksichtigt werden müssen; eine Berichtigung sei daher zulässig. Zur Antragstellung auf Neufestsetzung der Nutzwerte sei jeder Wohnungseigentümer berechtigt; einer gerichtlichen Bewilligung bedürfe es nicht. Der Ausgleichsanspruch werde im Klagewege geltend zu machen sein.
Das Rekursgericht bestätigte den erstgerichtlichen Sachbeschluß und erklärte den Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Es führte im wesentlichen aus:
Eine Neufestsetzung des Nutzwertes sei gemäß § 3 Abs 2 Z 2 WEG auch im Falle einer bloßen Umwidmung eines Objektes nach § 1 Abs 1 und 2 WEG in einen allgemeinen Teil der Liegenschaft (§ 1 Abs 3 WEG) möglich (Faistenberger-Barta-Call, WEG 1975, 119, Anm. 23 zu § 3; Derbolav in ImmZ 1979, 4 f; SZ 50/163 u.a.). Die notwendige grundbücherliche Änderung der Eigentumsverhältnisse (die Miteigentumsanteile der verbleibenden Miteigentümer würden anteilig um den ausgeschiedenen Anteil vergrößert) aufgrund einer außerstreitigen Neufestsetzung der Nutzwerte wäre kaum möglich, weil der Fall nach § 3 Abs 2 Z 1, § 12 Abs 3 WEG nicht gegeben sei. Eine rechtsgestaltende vertragliche Regelung bzw. rechtsdurchsetzende Feststellung durch den Streitrichter (wobei alle Miteigentümer als notwendige Streitgenossen einbezogen werden müßten; vgl. MietSlg. 34.694) könne wegen der notwendigen Ordnung des Grundbuchstandes, welche nur über Nachweis der Rechtsnachfolge zustandekomme, kaum entbehrt werden (vgl. Würth in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 4 WEG; Derbolav, ImmZ 1979, 7). Nicht übersehen würden dabei die Ausführungen des Obersten Gerichtshofes, wonach die Hausbesorgerwohnung, die infolge deren rechtsgeschäftlicher oder tatsächlicher Zweckbestimmung einer ausschließlichen Benützung durch einen Wohnungseigentümer entzogen sei, (bereits) im schlichten Miteigentum der Teilhaber der Liegenschaft stehe (MietSlg. 33.454/11), ebenso, daß die Nutzwerte mit der materiellen Rechtslage übereinzustimmen hätten, wobei diese materielle Rechtslage im Nutzwertfestsetzungsverfahren als Vorfrage zu prüfen sei (MietSlg. 34.526 u.a.).
Alle diese Fragen brauchten im gegenständlichen Verfahren aber schon deshalb nicht abschließend beantwortet zu werden, weil auch bei einem Zutreffen der von den Antragstellern verfochtenen Annahme, daß die Wohnung top.Nr. 101 keinen allgemeinen Teil der Liegenschaft darstelle, also noch nicht im schlichten Miteigentum der (übrigen) Liegenschaftseigentümer stehe, die Voraussetzungen für eine antragstattgebende Entscheidung durch den Außerstreitrichter nicht vorlägen.
Wohl habe der Außerstreitrichter gemäß § 26 Abs 1 Z 3 WEG über die Beteiligung der Minderheit an der Verwaltung (§ 15 Abs 1 WEG) einschließlich der sonstigen Angelegenheiten der Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft zu entscheiden, über die nach dem 16. Hauptstück des zweiten Teils des ABGB (§§ 825-858, insbes. §§ 833-838) zu entscheiden sei. Gemäß § 14 Abs 1 WEG gelte aber für die Verwaltung der Liegenschaft das 16. Hauptstück des zweiten Teiles des ABGB mit den im Wohnungseigentumsgesetz bestimmten Besonderheiten. Hinsichtlich der nützlichen Verbesserungen ordne das Wohnungseigentumsgesetz eine gegenüber den Bestimmungen des ABGB wesentlich geänderte Vorgangsweise an. Das ABGB (§§ 834, 835) wende hier im wesentlichen das Mehrheitsprinzip an, mit Sicherungsmitteln (über welche in der Regel der Außerstreitrichter zu entscheiden habe) und Austrittsrechten für die überstimmte Minderheit. § 14 Abs 3 WEG fordere hingegen für nützliche Verbesserungen grundsätzlich die Zustimmung aller Miteigentümer. Für jegliche Veränderungen gemeinsamer Liegenschaftsteile, die nicht mehr unter den Begriff ordnungsgemäßer Erhaltung fielen, fordere § 14 Abs 3 WEG im Gegensatz zu § 834 ABGB also grundsätzlich die Einstimmigkeit; es genüge nicht die Genehmigung eines Mehrheitsbeschlusses durch das Gericht (Würth, aaO Rz 9 zu § 14 WEG; Faistenberger-Barta-Call, 385 f).
Der Ankauf der Wohnung top.Nr. 101 durch die übrigen Liegenschaftseigentümer zwecks Umwidmung und Einbeziehung in den der allgemeinen Benützung dienenden Teil der Liegenschaft sei als nützliche Verbesserung im Sinne des § 14 Abs 3 WEG anzusehen; es könne ein Unterschied zu einem neu zu errichtenden entsprechenden Zubau oder dgl. nicht erkannt werden. Ausnahmen vom Einstimmigkeitsgrundsatz des § 14 Abs 3 WEG für nützliche Verbesserungen bestünden nur dann, wenn 1. die Verbesserung von der Mehrheit beschlossen werde, 2. diese allein die Kosten trage oder die Kosten aus der Rücklage gedeckt werden könnten und Arbeiten, die der ordnungsgemäßen Erhaltung dienten, in absehbarer Zeit nicht erforderlich seien und 3. die Überstimmten durch die Verbesserung nicht übermäßig beeinträchtigt würden. Eine Zahlungspflicht der Überstimmten (ausgenommen die Verwendung der Rücklage) sei daher ausgeschlossen (Würth aaO Rz 10 zu § 14 WEG;
Faistenberger-Barta-Call, 387; MietSlg. 36.620 u.a.). Die von den Antragstellern angestrebte Neufestsetzung des Nutzwertes unter Zugrundelegung der Übernahme der Wohnung top.Nr. 101 in den der allgemeinen Benützung dienenden Teil der Liegenschaft und der Aufteilung dieses Liegenschaftsanteiles auf die sodann verbleibenden Liegenschaftseigentümer solle jedoch nach dem eigenen Vorbringen der Antragsteller nur gegen entsprechende Ausgleichszahlung erfolgen (überwiegend bis zu 10.000 S je Wohneinheit). Die Verbesserung solle also zugleich auch eine Zahlungspflicht der überstimmten Minderheit begründen. Dies sei aber nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes nicht möglich. Das Begehren der Antragsteller entbehre sohin schon aus diesen Gründen einer gesetzlichen Grundlage. Das Erstgericht sei im Ergebnis zu Recht mit einer Abweisung des Antrages vorgegangen. Aus diesen Gründen brauche auch auf die Frage, ob ein die Voraussetzungen der Z 1 bis 3 des § 14 Abs 3 WEG erfüllender Mehrheitsbeschluß zu seiner Rechtswirksamkeit überhaupt der Genehmigung durch den Außerstreitrichter bedürfe, nicht abschließend eingegangen zu werden (vgl. Faistenberger-Barta-Call, 387 f; Würth in ImmZ 1980, 183 f; Würth in Rummel, ABGB, Rz 10 zu § 14 WEG; MietSlg. 35.614; dagegen MietSlg. 31.524/43).
Gemäß § 26 Abs 2 WEG, § 37 Abs 3 Z 18 Satz 3 MRG sei der Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig zu erklären gewesen, weil die Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung sei. Insbesondere das Verhältnis der (zwingenden ?) Bestimmung des § 1 Abs 3 WEG zu entgegenstehenden vertraglichen Regelungen (mit davon abhängenden finanziellen Auswirkungen !) und vor allem zu den erforderlichen grundbücherlichen Änderungen, weiter die Frage, ob überstimmte Wohnungseigentümer auch hinsichtlich solcher nützlicher Verbesserungen keine Zahlungspflicht treffe, welche einer Notwendigkeit nahekämen, wobei die Zahlung außerdem durch einen dadurch bewirkten Wegfall anderer Zahlungen (Mietzins) einen weitgehenden Ausgleich erfahre, schließlich die Frage, ob eine Beschlußfassung nach § 14 Abs 3 WEG der Genehmigung durch den Außerstreitrichter bedürfe, hätten noch keine für die Rechtssicherheit ausreichende Klärung gefunden.
Gegen den rekursgerichtlichen Sachbeschluß richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß im Sinne des Antrages abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die 8.- und 9.Antragsgegner beantragen, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zwar zulässig, aber nicht berechtigt. Gemäß § 1 Abs 3 WEG kann an Teilen der Liegenschaft, die der allgemeinen Benützung dienen oder deren Zweckbestimmung einer ausschließlichen Benützung entgegensteht, Wohnungseigentum nicht bestehen. Zu den Teilen der Liegenschaft, die infolge deren rechtsgeschäftlicher oder tatsächlicher Zweckbestimmung einer ausschließlichen Benützung durch einen Wohnungseigentümer entzogen sind, gehört, wie der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen hat, die Hausbesorgerwohnung (MietSlg. 33.454/11 mwN; Würth in Rummel, ABGB, Rz 3 und 9 zu § 1 WEG). Die Begründung von Wohnungseigentum an einer Wohnung, die zur Unterbringung des für die Liegenschaft bestellten Hausbesorgers bestimmt ist, ist rechtlich unmöglich. Entgegenstehende Vereinbarungen sind rechtsunwirksam. Aufgrund solcher Vereinbarungen durchgeführte Grundbuchseintragungen sind unheilbar nichtig (Faistenberger-Barta-Call, WEG 1975, Rz 56 zu § 1 mwN; Wachter in JBl 1978, 20; vgl. auch Ehrenzweig 2 I/2, 268 f). Die Festsetzung der Nutzwerte hat durch das Gericht (im Rahmen des § 26 Abs 3 WEG durch die Schlichtungsstelle) in einem jeder Dispositionsbefugnis der Parteien entzogenen, jedoch nur über Antrag einzuleitenden Verfahren für alle als Wohnungseigentumsobjekt in Betracht kommenden Objekte einer Liegenschaft unter Anführung der Summe der Nutzwerte, ausgehend von der jeweiligen materiellen Rechtslage entsprechend der konkreten Widmung, zu geschehen (Würth aaO, Rz 3 zu § 3 WEG mwN; Eckharter-Hauswirth-Meinhart-Rollwagen,
Die Nutzfläche im Wohnrecht 86; 5 Ob 22/85). Für die Hausbesorgerwohnung und für andere dauernd zum Gemeingebrauch gewidmete Räume ist - weil es sich dabei um von der Wohnungseigentumsbegründung ausgeschlossene Objekte handelt - kein Nutzwert festzusetzen (Würth aaO; Zingher, MG 18 , 259 f; Wachter in JBl 1978, 22). Wurde im Zuge der Nutzwertfestsetzung für die wohnungseigentumstauglichen Objekte einer Liegenschaft auch für eine Wohnung, deren Widmung als Hausbesorgerwohnung unbekannt blieb, ein Nutzwert festgesetzt, so kann im Interesse der Herstellung eines der zwingenden Rechtslage entsprechenden Zustandes ungeachtet der Rechtskraft dieser Nutzwertfestsetzung unter Hinweis auf die wahre Sachlage eine Neufestsetzung der Nutzwerte beantragt werden (Zingher, MG 18 , 260; Wachter in JBl 1978, 23 f), zumal die Fälle der Neufestsetzung der Nutzwerte im § 3 Abs 2 WEG ohnehin nicht taxativ aufgezählt sind (Würth aaO Rz 5 zu § 3 WEG mwN; Meinhart, WEG 1975, 71; Faistenberger-Barta-Call, Rz 28 zu § 3 WEG; Derbolav in ImmZ 1979, 6). Die bei der Neufestsetzung der Nutzwerte gebotene Berücksichtigung des Umstandes, daß eine Wohnung, für die seinerzeit ein Nutzwert festgesetzt wurde, als Hausbesorgerwohnung gewidmet war, weshalb für sie nunmehr kein Nutzwert mehr festzusetzen ist, führt dazu, daß sich die Summe der Nutzwerte um den für die Hausbesorgerwohnung zu Unrecht festgesetzten Nutzwert vermindert und der zum Erwerb des Wohnungseigentums an den übrigen Wohnungseigentumsobjekten der Liegenschaft gemäß § 3 Abs 1 Satz 1 WEG erforderliche Mindestanteil erhöht. (Wird der Mindestanteil in Form eines Bruches ausgedrückt - Meinhart aaO 73; Zingher aaO 259 -, so bleibt zwar der Nutzwert der einzelnen Wohnung oder sonstigen Räumlichkeit als Zähler gleich, während sich die Summe der Nutzwerte aller wohnungseigentumstauglichen Wohnungen und sonstigen Räumlichkeiten der Liegenschaft als Nenner um den für die Hausbesorgerwohnung nicht mehr festgesetzten Nutzwert vermindert.) Da alle Miteigentümer und Wohnungseigentumsbewerber der Liegenschaft von der hier in Rede stehenden Neufestsetzung der Nutzwerte betroffen sind, ist jeder von ihnen im Sinne des § 4 Abs 1 Satz 1 WEG berechtigt, den entsprechenden Antrag nach § 26 Abs 1 Z 1 und Abs 3 WEG zu stellen (vgl. Wachter in JBl 1978, 23 f; siehe auch Würth aaO Rz 1 zu § 4 WEG). Der Sonderfall der § 3 Abs 2 Z 2, § 4 Abs 1 Satz 2WEG liegt nicht vor; es sind auch die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung der erwähnten Bestimmungen auf den vorliegenden Fall nicht gegeben.
Der Oberste Gerichtshof gelangt demnach gleich dem Erstgericht zu der Auffassung, daß die Antragsteller - und zwar auch der
123. Antragsteller, der V*** DER W***, als Miteigentümer - zu der von ihnen beabsichtigten Antragstellung auf Neufestsetzung der Nutzwerte einer Genehmigung des Außerstreitrichters wegen des Fehlens des Einverständnisses aller Antragsgegner nicht bedürfen, sodaß zu Recht mit einer Antragsabweisung vorgegangen wurde. Die von ihnen angestrebte entgeltliche anteilsmäßige Übertragung des bisher der Wohnung top.Nr. 101 zugeordneten 697/72.735 Miteigentumsanteile des
123. Antragstellers auf die übrigen Miteigentümer der Liegenschaft ist weder eine unter § 14 Abs 3 WEG zu subsumierende Maßnahme, wie das Rekursgericht meint, noch eine wichtige Veränderung im Sinne des § 834 ABGB, welchen Standpunkt die Antragsteller vertreten, sondern ein Ausfluß der im § 4 Abs 2 WEG normierten, auch im gegenständlichen Fall in Betracht kommenden Ausgleichspflicht (Zingher, MG 18 , 261 f; Derbolav in ImmZ 1979, 7; vgl. aber Würth aaO Rz 2 zu § 4 WEG).
Es war daher dem Revisionsrekurs im Ergebnis ein Erfolg zu versagen.
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