OGH 5Ob73/99t

OGH5Ob73/99t23.3.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Kurt S*****, vertreten durch Dr. Manfred Trentinaglia, Dr. Clemens Winkler, Rechtsanwälte in Kitzbühel, wider die beklagte Partei Anton P*****, vertreten durch Dr. Christian Harisch, Mag. Franz J. Teufl, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Feststellung (Streitwert S 300.000,--), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 22. Jänner 1999, GZ 4 R 341/98y-18, womit das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 22. Oktober 1998, GZ 10 Cg 108/98t-12, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Kläger ist Mit- und Wohnungseigentümer von vier Wohnungseigentumseinheiten der Liegenschaft EZ ***** GB *****, so auch der Wohnung top 4 in diesem Haus. Die Beklagte ist Mit- und Wohnungseigentümerin der genannten Liegenschaft, womit Wohnungseigentum an der Wohnung top 5 verbunden ist.

Mit Beschluß vom 5. 1. 1989 erfolgte zu Msch 1/89 des Bezirksgerichtes K***** eine Nutzwertfestsetzung hinsichtlich dieser Liegenschaft. Grundlage der Nutzwertfestsetzung war ein Nutzwertgutachten des Dipl.-Ing. M*****. Darin findet sich in der Beschreibung der Vorgaben für die Parifizierung die Feststellung, daß der Dachboden des Hauses der Wohnung top 4 zugeordnet werden soll (S 11 des Gutachtens). Bei Dartuung der spezifischen Bewertungskriterien (S 19 des Gutachtens) findet sich der Satz, daß die Dachbodenräume aufgrund des schwierigen Zugangs und der niedrigen Raumhöhe bei der Bewertung außer Betracht bleiben und implizit als werterhöhendes Kriterium in der Bewertung der Einheit top 3 mitberücksichtigt werden. Dabei handelt es sich um einen offenkundigen Irrtum, weil es top 4 zu heißen hat. Bei der Aufstellung sämtlicher Nutzflächen und Nutzwerte (S 21 f des Gutachtens) wurde der Dachboden nicht erwähnt, er findet sich auch nicht unter den allgemeinen Räumen oder Allgemeinflächen. In der Zusammenfassung und Bewertung der Ergebnisse der Parifizierung ist der Dachboden der top 4 zugeordnet, wobei das Gutachten unverändert in den Nutzwertfestsetzungsbeschluß Eingang gefunden hat.

Mit der Begründung, dem Nutzwertfestsetzungsbeschluß sei eine Zuordnung des Dachbodens als Wohnungseigentumszubehör zur top 4 des Klägers nicht zu entnehmen, bestritt die Beklagte dessen Recht zur Alleinbenützung des Dachbodens und drohte dem Kläger Rechtsfolgen an.

Mit der Begründung, diese Vorgangsweise begründe ein rechtliches Interesse, erhob der Kläger eine Klage mit dem Begehren, festzustellen, daß die Dachbodenräumlichkeiten im Haus W*****straße ***** in ***** K***** der im Eigentum des Klägers stehenden Wohneinheit top 4 zugeordnet sind.

Zur Begründung dieses Anspruchs berief sich der Kläger auf den rechtskräftigen Nutzwertfestsetzungsbeschluß, aus dem in Zusammenhang mit dem Gutachten Dipl.-Ing. M*****s die Zubehörswidmung hervorgehe sowie auf die mit dem Rechtsvorgänger des Beklagten, Dr. F*****, getroffene Vereinbarung über die Widmung des Dachbodens als Zubehörwohnungseigentum zur Wohnung top 4. Der Dachboden erfülle die Voraussetzungen des § 1 Abs 2 WEG, weil er von allgemeinen Räumlichkeiten aus zugänglich und deutlich abgegrenzt sei. Der Kläger habe den Dachboden auch stets allein genützt.

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren und beantragte Abweisung der Klage. Dem Kläger fehle das rechtliche Interesse an der begehrten Feststellung. Das Begehren sei aber auch nicht berechtigt. Die Zuordnung des Dachbodens zur Wohnung top 4 sei vom Nutzwertfestsetzungsbeschluß nicht umfaßt. Sie habe auch damals nicht der materiellen Rechtslage entsprochen, weil im Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag mit dem Rechtsvorgänger der Beklagten der Dachboden nicht erwähnt sei. Auch könne am Dachboden nach den Kriterien des § 1 WEG Wohnungseigentum nicht erworben werden. Der Dachboden sei daher allgemeine Fläche der Liegenschaft.

Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren statt, bejahten, daß im Zeitpunkt der Nutzwertfestsetzung die Zuordnung des Dachbodens zu der Wohnung top 4 der materiellen Rechtslage entsprochen habe, weil zwischen dem Rechtsvorgänger der Beklagten und dem Kläger Einigung über die Widmung des Dachbodens als Zubehör zur Wohnung des Klägers bestanden habe. Der Dachboden erfülle auch rechtlich die Voraussetzungen des § 1 Abs 2 WEG. Das Schriftlichkeitserfordernis des § 2 Abs 2 WEG beziehe sich nicht auf die Widmung als Wohnungseigentumszubehör.

Das Berufungsgericht bewertete den Streitgegenstand mit einem S 260.000,-- übersteigenden Betrag und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht vorlägen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen von der beklagten Partei erhobene außerordentliche Revision ist nicht zulässig.

Nach welchem Rechtsakt eine wenigstens obligatorisch verbindliche Zuordnung (Widmung) eines Raums oder einer Fläche als Zubehör im Wohnungseigentum mit einem Wohnungseigentumsobjekt erfolgt, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Jedenfalls durch eine § 2 Abs 1 Z 1 WEG entsprechende schriftliche Vereinbarung (vgl Würth in Rummel Rz 6 und 7 zu § 1 WEG). Die sachenrechtliche Zuordnung erfolgt jedenfalls durch Einverleibung des Wohnungseigentums und des Umfangs des Zubehörs im Grundbuch. Dann teilt das Zubehör notwendig das Schicksal des Wohnungseigentumsobjekts. Eine Absonderung mit dinglicher Wirkung ist nur durch einen entsprechenden Vertrag, neuerliche Nutzwertfestsetzung und Einverleibung möglich (vgl Würth aaO; WoBl 1990/9).

Daß im vorliegenden Fall die bücherliche Einverleibung des Wohnungseigentums der Streitteile bzw des Rechtsvorgängers der Beklagten aufgrund der getroffenen Nutzwertfestsetzung erfolgte, ist unstrittig.

Es kommt daher nur mehr darauf an, ob die Ergebnisse der rechtskräftigen Nutzwertfestsetzung eine bestehende Widmung des Dachbodens als Zubehör-Wohnungseigentum zur Wohnung top 4 des Klägers bewirkten.

Grundlage einer Nutzwertfestsetzung ist die der jeweiligen Rechtslage entsprechende konkrete Widmung. Der Außerstreitrichter hat die rechtlich wirksame Widmung der Zubehörteile zu einzelnen Objekten zu prüfen. Dies in einem jeder Dispositionsbefugnis der Parteien entzogenen, jedoch nur über Antrag einzuleitenden Außerstreitverfahren, in dem stets über alle als Wohnungseigentumsobjekte in Betracht kommenden Objekte einer Liegenschaft abzusprechen ist. Sodann bindet die Rechtskraft einer derartigen Entscheidung und wirkt auch gegen alle späteren Beteiligten bis zu einer Neufestsetzung der Nutzwerte. Dabei wurde ein Vertragsabschluß aufgrund einer Nutzwertfestsetzung sogar als Verzicht auf deren Bekämpfung gewertet (vgl Würth in Rummel Rz 2 und 3 zu § 3 WEG; SZ 58/197 = MietSlg 37.611/19; 39.610/14 ua; RIS-Justiz RS0083252; MietSlg 37.213). Daß die im Nutzwertfestsetzungsverfahren zu klärende Widmung auch im Rechtsweg geprüft werden kann und der Außerstreitrichter an eine solche Entscheidung gebunden ist, dies auch aufgrund eines Verfahrens zur Neufestsetzung der Nutzwerte (WoBl 1990/44; SZ 58/197 = MietSlg 37.611/19; ImmZ 1988, 356 = MietSlg XL/14; MietSlg 39.610/14), bedeutet aber nicht, daß über die in einem rechtskräftigen Nutzwertfestsetzungsbeschluß vorge- nommene Beurteilung über bestehende Widmungen ohne Beachtung einer Bindungswirkung jederzeit neu entschieden werden könnte, ohne daß die Voraussetzungen einer Neufestsetzung der Nutzwerte vorlägen.

Im vorliegenden Fall sind die Begehren auf Festsetzung der Nutzwerte nach § 26 Abs 1 Z 1 WEG und das Begehren auf Feststellung der Zubehörseigenschaft des Dachbodens zur Wohnung top 4 nicht ident. Doch handelt es sich bei der Frage der Widmung eines Raumes oder einer Fläche im Sinn des § 1 Abs 2 WEG nicht nur um eine Vorfrage für die Nutzwertfestsetzung sondern um ein das Ergebnis der Nutzwertfestsetzung unmittelbar beeinflussendes Moment. Dies aufgrund der gesetzlichen Anordnung des § 5 WEG iVm § 3 WEG. Fließt also in die Nutzwerte, die vom Gericht festgesetzt werden, auch das gewidmete Zubehör als wertbestimmend ein, wird auch die Entscheidung darüber der materiellen Rechtskraft teilhaft.

Die Vorinstanzen hätten daher nur zu prüfen gehabt, ob und inwieweit eine Bindungswirkung der rechtskräftigen Entscheidung über die Nutzwertfestsetzung gegeben ist, ohne sich auf die Prüfung der materiellrechtlichen Fragen der seinerzeitigen Nutzwertfestsetzung einzulassen.

Es erhebt sich daher allein die Frage, ob im bezeichneten Nutzwertfestsetzungsbeschluß über die Widmung des Dachbodens als Zubehör zum Wohnungseigentum an der Wohnung top 4 abgesprochen wurde. Diese Frage ist nach den eingangs wiedergegebenen Feststellungen über den Inhalt des Nutzwertfestsetzungsbeschlusses zu bejahen. Maßgeblich ist dabei, daß in der Zusammenfassung der Mindestanteile hinsichtlich der einzelnen top-Nummern bei der Wohnung top 4 der Dachboden als Zubehör angeführt ist. Wenn auch in der Begründung der Ermittlung dieser Nutzwerte sich bei top 4 kein Hinweis auf den Dachboden findet, geht doch aus der Unterlassung der Aufzählung bei "allgemeinen Räumen" und "Allgemeinflächen" unzweifelhaft hervor, daß eine andere Zuordnung unterblieb.

Im Ergebnis zu Recht haben die Vorinstanzen dem zulässigen Feststellungsbegehren des Klägers stattgegeben, ohne daß auf die von der Revisionswerberin aufgeworfene Frage der Formgebundenheit einer vertraglichen Vereinbarung über die Widmung als Zubehör einzugehen wäre. Dieser Frage kommt keine Qualität iSd § 502 Abs 1 ZPO zu, weshalb die Revision zurückzuweisen war.

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