OGH 7Ob125/11z

OGH7Ob125/11z25.1.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DI W***** S*****, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei D***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Mischa Blasoni, Rechtsanwalt in Wien, wegen 35.074,69 EUR sA und Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 16. März 2011, GZ 39 R 406/10k-43, womit das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 24. August 2010, GZ 56 C 178/08d-35, in der Hauptsache bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden - soweit sie nicht bereits hinsichtlich der Abweisung des Klagebegehrens im Umfang von 21.865,77 EUR in Rechtskraft erwachsen sind - aufgehoben. Die Rechtssache wird insoweit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Dem Kläger wurde mit Bescheid vom 12. 3. 2004 die „Bewilligung für die Errichtung einer Lände zur Verheftung von Wasserfahrzeugen und Schwimmkörpern für den Fahrgastverkehr, sowie für Schulungszwecke am Donaukanal, rechtes Ufer, zwischen DK-KM ***** und DK-KM ***** in Wien *****, auf dem Grundstück Nr ***** EZ *****, KG ***** und in Wien *****, auf dem Grundstück Nr *****, EZ *****, KG *****“ erteilt. Für die Errichtung einer dem Bescheid entsprechenden Lände unter Benützung der Kaimauer am rechten Ufer des Donaukanals nahm der Kläger mit Vertrag vom 20. 12. 2004 mit Wirksamkeit vom 1. 7. 2004 die entsprechenden Teile der Liegenschaften von den Liegenschaftseigentümern auf unbestimmte Dauer in Bestand. § 7 Abs 1 Z 4 des Vertrags lautet:

„Dem Bestandnehmer ist ohne vorherige schriftliche Zustimmung der Wasserstraßendirektion (als Vertreterin der Liegenschaftseigentümer) untersagt:

4) Jede entgeltliche und unentgeltliche Überlassung des Gebrauchs der Bestandsache zur Gänze oder zum Teil einschließlich baulicher Anlagen auf der Bestandsache an Dritte (Untervermietung). …

Die Verletzung der Bestimmungen berechtigt die Wasserstraßendirektion zur Aufkündigung des Vertrags.“

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger selbst [im Sinn des Bescheids] nur zur Nutzung der Lände für den Fahrgastverkehr und für Schulungszwecke berechtigt ist. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Einschränkungen „für Schulungszwecke“ und „für den Fahrgastverkehr“ in der Folge weggefallen sind.

Die Parteien schlossen am 31. 8. 2005 eine Vereinbarung „über die Mitbenutzung einer Schifffahrtsanlage“. Darin ist geregelt:

Laut Präambel beabsichtigt die Rechtsvorgängerin der Beklagten (in der Folge auch: Beklagte), ein Schiff mit einer Schwimmbadanlage an Bord längerfristig und zwecks gewerblicher Nutzung an der Schifffahrtsanlage des Klägers abzustellen und dort zu betreiben. In Punkt 1 wird das Recht eingeräumt, die Schifffahrtsanlage des Klägers in der Weise mitzubenützen, dass das im Alleineigentum der Beklagten befindliche Fahrzeug auf deren alleiniges Risiko gegen Entgelt dauerhaft verheftet und seinem Zweck entsprechend betrieben wird. Dieses Recht erstreckt sich weder auf weitergehende Maßnahmen an, auf oder über der Kaimauer noch auf solche außerhalb oder über dem Schiffskörper. Die Schifffahrtsanlage ist nach Punkt 2 der konkret genannte Ländenabschnitt am rechten Ufer des Wiener Donaukanals. Es handelt sich um eine etwa senkrechte Ufermauer mit Nischenstiegen. Der Kläger erklärt, kraft unbefristeter schifffahrtsrechtlicher Bewilligung zur Verfügung über diese Lände berechtigt zu sein. Nach Punkt 7 gilt der Vertrag unter anderem bei Zahlungsverzug von mindestens drei Monaten oder mit dem Wegfall der Geschäftsgrundlage als einvernehmlich aufgelöst. Gemäß Punkt 9.2 wird in den Monaten November bis März an jenen Tagen, an welchen kein dem Erwerb dienender Betrieb auf dem Fahrzeug stattfindet, dann ein Winterrabatt im Ausmaß von 20 % auf das monatliche Entgelt gewährt, wenn keine fälligen Entgelte aushaften. Gemäß Punkt 10 trägt die Beklagte die Kosten für die Vertragserrichtung und Vergebührung sowie für die Behördenverfahren, die ihre Angelegenheiten betreffen. Gemäß Punkt 11 Abs 3 trägt die Beklagte alle Kosten für An- und Abtransport, für die sichere Verheftung des Schiffes sowie für die dafür erforderlichen Ufereinbauten.

Die Beklagte verheftete auf Grund dieser Vereinbarung zwei Schiffe. Eines war 35 m lang und 8,2 m breit, das zweite 32,5 m lang und 8,2 m breit. Die Beklagte zahlte die vertraglich vereinbarte Kaution in Höhe von 5.000 EUR, die am 6. 7. 2006 fällig gewesen ist, erst am 10. 2. 2008.

Der Kläger schrieb der Beklagten für September und Oktober 2005 je 2.032,80 EUR, von November 2005 bis März 2006 monatlich 1.626 EUR und von April 2006 bis Dezember 2007 monatlich je 2.032,80 EUR an Mietzins vor. Bis August 2006 bezahlte die Beklagte die vorgeschriebenen Beträge. Sie errechnete dann jedoch, ausgehend von der Vereinbarung und den Ausmaßen der Schiffe, einen Mietzins von monatlich lediglich 1.918,80 EUR. Dass dieser Betrag der Vereinbarung entsprach, ist im Revisionsverfahren nicht mehr strittig. Die Beklagte zog die zu viel bezahlten Beträge vom Mietzins für September 2006 ab, sodass sie nur die Differenz von 666 EUR bezahlte. Mit Schreiben vom 13. 11. 2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, den Mietzins für September 2006 mit den in der Vergangenheit zu viel geleisteten Mietzinsen aufzurechnen. Von Oktober 2006 bis Dezember 2007 bezahlte sie weiter monatlich 1.918,80 EUR. Der Kläger schrieb vom Jänner 2008 bis März 2008 monatlich 2.418 EUR und ab April 2008 monatlich 2.544,22 EUR vor. Darauf leistete die Beklagte von Jänner 2008 bis April 2008 monatlich 1.918,80 EUR, von Mai 2008 bis April 2009 jedoch monatlich 2.018,96 EUR. Ab Mai 2009 leistete sie keinen Mietzins mehr.

„Zivilingenieur A***** leistete Arbeiten betreffend Verheftungseinrichtungen für die Badeschiffe und Vorbereitungsarbeiten für eine Behördenverhandlung, die das Fundament für die Verheftung der Badeschiffe betroffen hat. Für diese Tätigkeit verrechnete er dem Kläger 1.662 EUR und 1.386 EUR. Das Behördenverfahren hat dem Kläger 168,13 EUR gekostet. Infolge der Verheftung war die Versetzung einer Ländentafel erforderlich, was 102 EUR gekostet hat“ (wörtliche Feststellungen des Erstgerichts).

Am 12. 6. 2009 schloss die Beklagte „mit der I***** einen Branding-Vertrag, dieser sollte drei Jahre laufen und verschaffte der Beklagten neben Sachleistungen ein jährliches Entgelt von 90.000 EUR“ (wörtliche Feststellungen des Erstgerichts).

Mit Schreiben vom 23. 6. 2009 kündigten die Liegenschaftseigentümer den mit dem Kläger abgeschlossenen Bestandvertrag ohne Angabe von Gründen zum 30. 9. 2009 auf. Der Kläger widersprach dieser Kündigung und räumte das Objekt nicht. Die Beklagte konnte auch nach dem 30. 9. 2009 unbehelligt ihre Schiffe verheften.

Am 31. 7. 2009 verlängerten die Parteien des Branding-Vertrags diesen bis Ende April 2010. „Der Vertrag verschaffte der Beklagten neben Sachleistungen ein Entgelt von 20.000 EUR.“ Der Vertragspartner der Beklagten war zu einer weiteren Verlängerung des Vertrags in der Folge nicht mehr bereit. „Einer der Gründe für die Weigerung war, dass I***** die rechtlichen Unsicherheiten infolge eines Zeitungsartikels, in dem auch der Kläger Stellung nahm, befürchtete und der Geschäftsführer der Beklagten diese nicht ausräumen konnte“ (wörtliche Feststellungen des Erstgerichts).

Die Beklagte beauftragte Rechtsanwälte mit der Klärung der Rechtsfrage, welche Folgen die Aufkündigung des Bestandvertrags durch die Liegenschaftseigentümer habe. Dafür wendete sie 2.949,48 EUR auf. Sie führte auch direkte Vertragsverhandlungen mit den Eigentümern der Ländenliegenschaften, wofür Rechtsanwaltskosten in der Höhe von 2.337,96 EUR und 7.116,12 EUR aufliefen.

Es steht nicht fest, dass der Kläger die für die Beklagte Handelnden vor oder bei Vertragsabschluss über Tatsachen vorsätzlich getäuscht hat.

Im Winter 2006/2007 gab es keinen Betrieb auf dem Badeschiff. In den Wintermonaten der Jahre 2007/2008 und 2008/2009 gab es durchschnittlich eine Veranstaltung in der Woche, im nächsten Winter zwei bis drei Veranstaltungen.

Der Kläger begehrt die Zahlung der Differenz zwischen den vorgeschriebenen und den ausstehenden Benützungsentgelten und den Ersatz der Kosten für die Leistungen des Zivilingenieurs, der Versetzung der Ländentafel sowie der Gebühren für das Behördenverfahren und weiters die Räumung der Schifffahrtsanlage.

Die Beklagte wendet ein, dass die vorgeschriebenen monatlichen Entgelte überhöht gewesen seien. Die Beklagte habe die zu Recht bestehenden Beträge geleistet, sodass kein Mietzinsrückstand bestehe. Der Kläger habe dem Geschäftsführer der Beklagten zugesichert, dass er zur Verfügung über den Ländenabschnitt berechtigt sei. Dies sei aber nicht zutreffend gewesen, weil er nur berechtigt gewesen sei, eine Lände „für den Fahrgastverkehr und für Schulungszwecke“ zu errichten. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Beklagte das Entgelt für die Leistungen des Zivilingenieurs und die Kosten für die Versetzung der Ländentafel zu zahlen habe. Die Beklagte habe darüber geirrt, dass der Kläger zum Vertragsabschluss berechtigt gewesen sei. Sie fechte den Vertrag wegen Irrtums an.

Die Beklagte wendet weiters eine Gegenforderung bis zur Höhe des Klagsbetrags ein. Die Beklagte erziele Einkünfte daraus, dass sie die beiden Schiffe als Werbeträger zur Verfügung stelle. Dieser Werbevertrag sei angesichts der Rechtsunsicherheit, ob die Beklagte die Betriebsanlage weiter am Standort betreiben dürfe, nicht verlängert worden. Hätte sich der Kläger vertragskonform verhalten und der Beklagten bis 2016 den vereinbarten Gebrauch verschafft, wäre der Vertrag verlängert worden. Die Beklagte habe auf Grund der zweifelhaften Situation eine rechtliche Vertretung in Anspruch nehmen müssen, was bei vertragskonformen Verhaltens des Klägers nicht notwendig gewesen wäre. Es sei der Beklagten dadurch ein Schaden in der Höhe von insgesamt 35.000 EUR entstanden.

Der Kläger bestreitet die Gegenforderung. Er habe sich vertragskonform verhalten.

Das Erstgericht erkannte die Klagsforderung mit 13.209,19 EUR als zu Recht bestehend, die Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend und verpflichtete die Beklagte, 13.209,19 EUR sA zu bezahlen und die Schifffahrtsanlage dem Kläger geräumt zu übergeben. Das Mehrbegehren von 21.865,77 EUR wies es ab. Die Höhe des Mietzinses sei nach den tatsächlichen Abmessungen der verhefteten Schiffe zu errechnen. Dem Kläger gebühre (wie von der Beklagten ermittelt) daher ein monatliches Entgelt von 1.918,80 EUR. Weiters sei ein Winterrabatt zu gewähren, weil die Beklagte bis zu und in den Wintersaisonen 2006/2007, 2007/2008 und 2008/2009 die der Vereinbarung entsprechenden Entgelte geleistet habe. Dies ergebe bis April 2009 ein Guthaben von 3.982,08 EUR. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte ab Mai 2008 freiwillig einen (höheren) Betrag von 2.018,96 EUR auf die Vorschreibung geleistet habe, sodass davon auszugehen sei, dass sie diesen Betrag als berechtigt anerkannt habe. Dadurch sei das Entgelt für Mai 2009 in der Höhe von 2.018,96 EUR und das Entgelt für Juni 2009 bis zu einem Betrag von 1.963,12 EUR gedeckt. Ab dem 10. 6. 2009 habe daher ein Rückstand von 55,84 EUR bestanden. Die weiteren Entgelte in der Höhe von jeweils 2.018,96 EUR für Juli bis Oktober 2009 und - bei Berücksichtigung des Winterrabatts für vier von fünf Tagen pro Woche - für den Zeitraum November und Dezember 2009 in der Höhe von jeweils 1.759,38 EUR habe die Beklagte bis zum Schluss der mündlichen Streitverhandlung nicht geleistet. Der Kläger habe die vertraglichen Leistungen erbracht, sodass keine Mietzinsminderung zustehe. Die Kosten des Zivilingenieurs und jene für die Versetzung der Ländentafel und des Behördenverfahrens seien gemäß Punkt 10 des Vertrags zu ersetzen. Die Gegenforderungen bestünden nicht zu Recht, weil der Kläger den Vertrag nicht verletzt habe. Es fehle am rechtswidrigen Verhalten des Klägers. Die Anfechtung des Vertrags wegen Irrtums sei bereits verjährt. Bei dem Vertrag zwischen den Parteien handle es sich nicht um einen Untermietvertrag betreffend die vom Kläger angemietete Lände, weil zwischen den Streitteilen nur ein Vertrag hinsichtlich der Verheftung der Schiffe geschlossen worden sei. Es habe zwar im Zeitpunkt der Klagseinbringung kein Mietzinsrückstand bestanden, dieser sei aber während des Verfahrens aufgelaufen. Die Argumentation der Beklagten, der Kläger habe ihr den Bestandgegenstand nicht verschafft und sie sei zu einer 100%igen Mietzinsminderung berechtigt, sei nicht schlüssig.

Das Berufungsgericht bestätigte das angefochtene Urteil in der Hauptsache und änderte es nur im Kostenpunkt ab. Soweit dies für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung ist, führte es aus, dass sich die Beklagte (nach einer von ihr vorgelegten Urkunde) in Kenntnis des Inhalts der schifffahrtsrechtlichen Bewilligung auf den Vertrag eingelassen habe und ihr daher kein Entgeltminderungsanspruch zustehe. Sie habe den Nutzungsvertrag in Kenntnis der tatsächlichen Verhältnisse geschlossen. Eine Irreführung liege nicht vor. Im Übrigen sei die Irrtumseinrede verjährt. Die Beklagte habe auf Grund des Punkts 10 des Vertrags auch alle Kosten für die Vertragserrichtung, die Vergebührung sowie die Behördenverfahren in Angelegenheiten des Nutzers zu tragen und auch alle Kosten für die erforderlichen Ufereinbauten. Die vom Kläger geltend gemachten Zusatzkosten bestünden zu Recht. Nicht feststehe, dass die Kündigung des Bestandrechts des Klägers wirksam geworden und die Räumung veranlasst worden sei. Der Kläger übe nach wie vor seine Bestandrechte aus und könne auch der Beklagten die Ausübung ihres Rechts weiter gewähren, weil die dem Kläger bescheidmäßig eingeräumten Rechte nicht widerrufen worden seien. Die Gegenforderungen bestünden daher nicht zu Recht. Die Beklagte habe sich nur darauf berufen, außergerichtlich mit zu viel geleisteten Entgelten vor dem September 2006 aufgerechnet zu haben. Ein derartiges Vorbringen sei hinsichtlich der späteren Entgeltüberzahlungen nicht erstattet worden, weshalb schon aus diesem Grund allfällige spätere Überzahlungen nicht berücksichtigt werden müssten. Darüber hinaus habe die Beklagte, die ohne Vorbehalt gezahlt habe, ihre Behauptungs- und Beweispflicht für ihren Anspruch nach § 1431 ABGB nicht erfüllt. Sie habe nicht bewiesen, dass sie die Leistung zum Zweck der Erfüllung einer Schuld, die in Wirklichkeit nicht bestanden habe, erbracht habe und dass sie sich dabei in einem Irrtum befunden habe. Im Ergebnis zu Recht habe daher das Erstgericht ab Mai 2008 angenommen, dass die Beklagte keine die Klagsforderungen mindernden Überzahlungen geleistet habe.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu klären sei.

Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten mit einem Abänderungsantrag, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt in der ihm vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Die Revision ist zulässig, sie ist auch im Sinn des Aufhebungsantrags berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Häfen und Länden stellen spezifische Formen von Schifffahrtsanlagen dar, die zum kurz- oder längerfristigen Festmachen von Schiffen dienen (10 Ob 23/11x). Ein „Hafen“ ist eine Schifffahrtsanlage, die aus mindestens einem Becken besteht (§ 2 Z 20 SchifffahrtsG [SchFG]). Eine „Lände“ ist ein Landungsplatz mit Einrichtungen zum Festmachen von Fahrzeugen oder Schwimmkörpern, ausgenommen Häfen (§ 2 Z 23 SchFG). Ein „Landungsplatz“ ist jeder Platz, an dem eine mechanische Verbindung zwischen einem Fahrzeug oder Schwimmkörper und dem Ufer hergestellt wird (§ 2 Z 21 SchFG). „Verfügungsberechtigter“ ist ein auf Grund eines Rechtstitels zur Benützung einer Sache Berechtigter wie zB Eigentümer, Bestandnehmer, Leasingnehmer, Entlehner (§ 2 Z 27 SchFG).

Schifffahrtsanlagen sind entweder öffentliche oder nicht öffentliche (private) Anlagen (§ 46 Abs 1 SchFG). Private Schifffahrtsanlagen dürfen nur entsprechend der Entscheidung der darüber Verfügungsberechtigten benützt werden (§ 46 Abs 2 SchFG). Wer eine bewilligungspflichtige Schifffahrtsanlage neu errichten, wieder verwenden oder wesentlich ändern will, hat bei der Behörde die Erteilung einer Bewilligung zu beantragen (§ 48 SchFG). Diesem Antrag sind unter anderem nach § 48 Z 3 SchFG die Zustimmungserklärungen der Liegenschaftseigentümer anzuschließen. Zum Entstehen einer Privatlände ist die Einräumung der Verfügungsberechtigung an den Ländenerrichtungsberechtigten durch die Eigentümer der Ländengrundstücke notwendig (Regner, Zur Rechtsnatur des schifffahrtsanlagenrechtlichen Rechtsinstituts der „Privatlände“ in ÖZW 2008, 110 ff).

Im SchFG ist nicht ausdrücklich geregelt, welche Wirkung der Wegfall des Bestandvertrags in schifffahrtsanlagenrechtlicher Hinsicht hat. Nach Ansicht Regners (aaO S 114 f), verbleibt dem ehemals Verfügungsberechtigten ein „nacktes“ Privatländenerrichtungsrecht, das jedoch Sperrwirkung dahingehend entfaltet, dass eine Weiterverwendung der Privatlände durch einen anderen Ländenerrichtungserwerber nicht bewilligbar ist. Der Autor zeigt damit auf, dass eine Sperrwirkung für einen „neuen“ Verfügungsberechtigten besteht. Dieses verwaltungsrechtliche Problem betrifft aber nicht den vorliegenden Fall. Hier gibt es keinen „neuen“ Bestandnehmer, sondern der Kläger als bisheriger Bestandnehmer übt weiter seine strittige Verfügungsberechtigung aus und gibt die Bestandsache nicht auf. Abgesehen davon, dass sich (wie noch auszuführen sein wird) aus den Feststellungen nicht ergibt, dass die Kündigung rechtswirksam erfolgte, besteht das Privatländenerrichtungsrecht, wie dargelegt, auch im Fall einer Kündigung weiter und wird vom Kläger auch ausgeübt. Aus den Bestimmungen des SchFG ergeben sich in diesem Punkt keine privatrechtlichen Auswirkungen.

Feststeht, dass der Bestandvertrag mit dem Kläger von den Liegenschaftseigentümern gekündigt wurde und dass sich der Kläger dieser Kündigung widersetzte. Ein Vorbringen, das die Beurteilung zuließe, die Kündigung sei wirksam erfolgt, wurde von der Beklagten nicht erstattet. Die Ausführungen der Beklagten dazu, warum die Liegenschaftseigentümer die Räumung unterlassen hätten, entfernen sich vom festgestellten Sachverhalt und sind insofern unbeachtlich. Überdies sind sie auch nicht relevant. Eine Kündigung hätte auch keinen Einfluss auf die Lösung des Falls:

Die mit „Mitbenützung einer Schifffahrtsanlage“ überschriebene Vereinbarung zwischen den Parteien nennt als Vertragsgegenstand, der Beklagten solle gestattet werden, die Schifffahrtsanlage des Klägers als Landungsplatz zu benützen, also eine mechanische Verbindung zwischen dem Schiff und dem Ufer herzustellen. Es handelt sich insofern um einen Bestandvertrag, weil der Kläger gegen Entgelt der Beklagten das Ufer samt Ufereinbauten zur dauernden Verheftung von zwei Schiffen zur Benützung zur Verfügung stellt. Soweit (was die Liegenschaftsanteile betrifft) von einem Unterbestandvertrag auszugehen ist, steht fest, dass die Beklagte im vereinbarten Ausmaß ihre (Unter-)Bestandrechte dennoch ausüben kann, der Kläger also seine vertraglichen Pflichten erfüllt. Durch die aus welchen Gründen immer eintretende Beendigung der Hauptmiete endet zwar auch die Untermiete (RIS-Justiz RS0062380), sodass der Vermieter direkt mit Räumung gegen den Unterbestandnehmer vorgehen kann, doch bleibt der Untermieter mangels Räumung dem Hauptmieter zur Bezahlung von Benützungsentgelt genauso weiter verpflichtet, wie dieser gegenüber dem Liegenschaftseigentümer, solange der Untermieter den bedungenen Gebrauch der Bestandsache hat (vgl RIS-Justiz RS0020641). Die Beklagte wäre daher auch im Fall einer wirksamen Kündigung zur Bezahlung von Benützungsentgelt verpflichtet.

Eine Irreführung durch den Kläger über die Beschaffenheit des Bestandobjekts steht nicht fest. Vielmehr wendet sich die Beklagte in der Revision nicht dagegen, dass ihr der Inhalt der verwaltungsbehördlichen Bewilligung ohnehin bekannt war. Den Parteien bleibt es grundsätzlich überlassen, das Maß der Gebrauchsfähigkeit des Bestandobjekts zu bestimmen (RIS-Justiz RS0021044). Feststeht, dass die Beklagte zum Abschluss des Vertrags bereit war und damit den Bestandgegenstand offenbar für geeignet erachtet hat. Der zugesicherte Gebrauch wurde auch gewährt. Insofern ist der Rechtsansicht der Vorinstanzen zuzustimmen, dass die Beklagte (auch im Fall einer wirksamen Kündigung des Bestandvertrags durch die Liegenschaftseigentümer) zur Mietzinszahlung an den Kläger verpflichtet ist. Abgesehen davon führt der Verlust der privatrechtlichen Verfügungsberechtigung - wie dargelegt - nicht automatisch zum Erlöschen der schifffahrtsrechtlichen Berechtigung. Vom Wegfall der Geschäftsgrundlage kann keine Rede sein.

Zur Höhe des Rückstands kommt der Revision allerdings Berechtigung zu. Der Rechtsansicht des Berufungsgerichts, man brauche sich mit den Einwänden der Beklagten deshalb nicht auseinandersetzen, weil eine Aufrechnung mit allfälligen Überzahlungen mangels Behauptung einer irrtümlichen Zahlung und mangels der Abgabe einer Aufrechnungserklärung nicht erfolgen könne, kann nicht gefolgt werden. Es ist dem Berufungsgericht zwar zuzugestehen, dass das Vorbringen der Beklagten dazu (Schriftsatz ON 21) ergänzungsbedürftig ist. Daraus geht jedoch eindeutig die Behauptung hervor, sie habe zu viel geleistet und wolle diesen Betrag bei der Berechnung des Mietzinsrückstands als mindernd berücksichtigen. In diesem Sinn hat das Erstgericht das Vorbringen verstanden und es hat (zum Teil) seiner Entscheidung eine außergerichtliche Aufrechnung zu Grunde gelegt.

Das Vorbringen der Beklagten ist daher nicht unbeachtlich, sondern erörterungs- und ergänzungsbedürftig. Es muss zunächst geklärt werden, ob die Beklagte sich auf eine (weitere) außergerichtliche Aufrechnungserklärung nach dem 13. 11. 2006 stützt, die zum Erlöschen der Klagsforderung führen würde, oder eine (noch nicht ausdrücklich erklärte) gerichtliche Aufrechnung durch Einwenden einer Gegenforderung vornehmen will (vgl 4 Ob 72/11h mwN). Weiters muss erörtert werden, inwiefern die behaupteten „Überzahlungen“ zu einer Rückforderung berechtigen, sie also auf einem Irrtum beruhen (vgl RIS-Justiz RS0033607). Wer eine Leistung erbracht hat, die er nicht schuldig war und deshalb zurückfordert, hat seinen Irrtum zu beweisen, es sei denn, dass nach der Sachlage die wissentliche Zahlung einer Nichtschuld nicht in Frage kommt (RIS-Justiz RS0033558). Es ist auch zu erörtern und allenfalls dazu Beweis aufzunehmen, warum die Beklagte den Winterrabatt bei ihren Zahlungen selbst nicht berücksichtigt hat und sie für den Zeitraum ab Mai 2008 einen höheren monatlichen Mietzins von 2.018,96 EUR leistete. Erst wenn (im Fall eines schlüssigen Vorbringens) der Sachverhalt verbreitert wird, kann beurteilt werden, ob der Beklagten eine Forderung nach § 1431 ABGB zusteht und ob die Beklagte die Erhöhung des Mietzinses für die Zeit ab Mai 2008 anerkannt hat oder nicht.

Weiters ist der Beklagten einzuräumen, dass das Erstgericht seine Berechnung des Guthabens per April 2009 in der Höhe von 3.982,08 EUR nicht offengelegt hat und diese auch nicht nachvollzogen werden kann. Das Erstgericht wird sich daher im zweiten Rechtsgang mit den Argumenten der Beklagten zur Berechnung der Höhe des Winterrabatts für die Saisonen 2006/2007, 2007/2008 und 2008/2009 auseinandersetzen und nachvollziehbar seine Berechnungen darlegen müssen. Sollten sich im zweiten Rechtsgang allenfalls Abweichungen in der Berechnung des Guthabensstands der Beklagten ergeben, wäre auf die bereits in Rechtskraft erwachsene Teilabweisung der Mietzinsforderung des Klägers Bedacht zu nehmen.

Zur Beurteilung der weiteren Forderungen des Klägers (Kosten für Zivilingenieur, Behördenverfahren, Ländentafel) ist auf die Punkte 10 und 11 Abs 3 der Vereinbarung zwischen den Parteien zurückzugreifem. Danach hat die Beklagte die Kosten für Behördenverfahren, die ihre Angelegenheiten betreffen, für die sichere Verheftung des Schiffs sowie für die dafür erforderlichen Ufereinbauten zu tragen. Auch insoweit ist der Revision zu folgen, dass die Feststellungen des Erstgerichts nicht ausreichen, um die Zahlungsverpflichtung der Beklagten verlässlich beurteilen zu können. Es bedarf genauerer Feststellung, worauf sich die verrechneten Leistungen im Einzelnen bezogen, um beurteilen zu können, ob sie unter die in den Punkten 10 und 11 Abs 3 der Vereinbarung genannte Kostentragungspflicht zu subsumieren sind.

Erst nach Ergänzung der Sachverhaltsgrundlage wird über die Höhe der Klagsforderung abschließend entschieden werden können, wobei - wie oben dargelegt - auf die bereits eingetretene Rechtskraft hinsichtlich der Abweisung eines Betrags von 21.865,77 EUR Bedacht zu nehmen sein wird.

Über die bis zur Höhe der Klagsforderung eingewandten Gegenforderungen ist erst abzusprechen, wenn ausgesprochen wird, dass die Klagsforderung zu Recht besteht. Bereits jetzt wird aber darauf hingewiesen, dass - wenn die Klagsforderung (mit einem Teil) zu Recht bestehend erkannt werden sollte - die Rechtsansicht der Vorinstanzen, die Gegenforderungen der Beklagten bestünden nicht zu Recht, geteilt wird, weil der Kläger der Beklagten bis zum Schluss der Verhandlung erster Instanz die vertraglich zugesagte Nutzung gewähren konnte. Überdies steht nicht fest, dass die Diskussion über die Bestandrechte der einzige Grund war, den Branding-Vertrag nicht mehr zu verlängern.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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