OGH 5Ob234/11i

OGH5Ob234/11i17.1.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek, sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin C***** B*****, vertreten durch Dr. Nikolaus Ender, öffentlicher Notar in Bregenz, wegen Einverleibung des Eigentumsrechts, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom 3. Oktober 2011, AZ 1 R 261/11g, womit dem Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Bregenz vom 2. September 2011, TZ 5681/11-2, nicht Folge gegeben wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 126 Abs 2 GBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 126 Abs 3 GBG).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Nach § 94 Abs 1 Z 4 GBG hat das Grundbuchsgericht das Ansuchen und dessen Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen. Es darf eine grundbücherliche Eintragung nur dann bewilligen, wenn das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet erscheint und die Urkunden in der Form vorliegen, die zur Bewilligung einer Einverleibung, Vormerkung oder Anmerkung erforderlich ist.

2. Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG ermächtigt die Länder, Regelungen zur Beschränkung des Grundstückverkehrs für Ausländer (Ausländergrundverkehr) und des Verkehrs mit bebauten oder zur Bebauung bestimmten Grundstücken („grauer Grundverkehr“) zu treffen. Macht das landesgesetzliche Grundverkehrsrecht die Zulässigkeit einer Eintragung durch das Grundbuchsgericht von der Vorlage bestimmter Urkunden abhängig, darf das Grundbuchsgericht ohne Vorlage dieser Urkunden die Eintragung des genehmigungspflichtigen Rechtserwerbs nicht bewilligen (RIS-Justiz RS0127001 = 5 Ob 89/11s).

3. Für Vorarlberg regelt § 28 des Gesetzes über den Verkehr mit Grundstücken (VlbgGVG) die Zulässigkeit von Grundbuchseintragungen. Demnach dürfen Rechte an einem Grundstück im Grundbuch nur eingetragen werden, wenn dem Grundbuchsgesuch entweder die rechtskräftige Genehmigung oder ein Vermerk gemäß § 15 Abs 4 leg cit (§ 28 Abs 1 lit a VlbgGVG) oder ein rechtskräftiger Bescheid bzw eine Bestätigung (Negativbescheinigung) der Behörde, woraus sich ergibt, dass der Rechtserwerb keiner Genehmigung bedarf, beigeschlossen ist (§ 28 Abs 1 lit b VlbgGVG). Ein solcher Bescheid bzw eine Negativbescheinigung ist jedoch nach Abs 2 dieser Bestimmung unter anderem dann nicht erforderlich, wenn dem Grundbuchsgesuch eine Bestätigung der Gemeinde, dass der Rechtserwerb an einem Baugrundstück erfolgt (Baugrundstücksbestätigung) und eine Bestätigung über die österreichische Staatsangehörigkeit des Erwerbers beigeschlossen sind (§ 28 Abs 2 lit a VlbgGVG). Vom Nachweis der Staatsangehörigkeit kann abgesehen werden, wenn das Gericht mit Sicherheit annehmen kann, dass der Rechtserwerb nicht in den Anwendungsbereich der Regelungen über den Grunderwerb durch Ausländer fällt (lit b leg cit). Damit ist gemeint, dass ein seiner Art nach nicht genehmigungspflichtiges Rechtsgeschäft vorliegt oder die Inländereigenschaft (österreichische Staatsangehörigkeit bzw die Staatsbürgerschaft zu einem Mitgliedstaat der Europäischen Union) notorisch ist (vgl 5 Ob 235/04a zu § 30 Abs 2 lit a VlbgGVG idF LGBl 28/2004).

4. Es entspricht ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung, dass das in landesgesetzlichen Bestimmungen über den Grundverkehr enthaltene Erfordernis des Staatsbürgerschaftsnachweises schon deshalb keine gemeinschaftsrechtswidrige Diskriminierung darstellt, weil diese Verpflichtung auch für Österreicher gilt (5 Ob 91/10h; 5 Ob 90/10m - beide zum vergleichbaren WrAuslGEG; RIS-Justiz RS0078981). Das trifft auch auf die nach § 28 Abs 2 VlbgGVG geforderte Baugrundstücksbestätigung zu, durch die - sofern die Inländereigenschaft des Erwerbers nicht notorisch ist - in Verbindung mit dem Nachweis der Staatsangehörigkeit dargetan werden soll, dass die Einverleibung des Eigentumsrechts weder einer rechtskräftigen grundverkehrsbehördlichen Genehmigung oder eines Vermerks gemäß § 15 Abs 4 VlbgGVG noch einer Negativbescheinigung und damit insgesamt keiner vorangehenden Befassung der Grundverkehrsbehörde bedarf. Für den vorliegenden Fall, der - wie das Rekursgericht von der Revisionsrekurswerberin unwidersprochen festgehalten hat - keinen Auslandsbezug aufweist, muss die von der Antragstellerin angesprochene Gemeinschaftsrechtswidrigkeit sowie die daraus allenfalls resultierende Frage nach dem die Kapitalverkehrsfreiheit möglichst wenig einschränkenden Mittel mangels Präjudizialität (vgl dazu RIS-Justiz RS0109025) auch unter dem Aspekt der vom Rekursgericht angesprochenen Unzulässigkeit einer Diskriminierung von Inländern gegenüber EU-Bürgern nicht untersucht werden. Die diesbezügliche Argumentation der Antragstellerin lässt nämlich unbeachtet, dass nur die der Grundbuchseintragung vorangehende materielle Prüfung des Grundverkehrs durch die Behörde der Kapitalsverkehrsfreiheit widersprechen und daher gemeinschaftsrechtswidrig sein kann (vgl 5 Ob 58/04x; 5 Ob 212/06x mwN aus Literatur und Judikatur). Davon unterscheidet sich der nach § 28 Abs 2 VlbgGVG gleichermaßen von österreichischen Staatsbürgern wie EU-Bürgern gegenüber dem Grundbuchsgericht zu erbringende Nachweis, dass eine Prüfung durch die Grundverkehrsbehörde nicht erfolgt. Bei Vorliegen einer der Tatbestände des § 28 Abs 2 VlbgGVG unterbleibt eine Befassung der Grundverkehrsbehörde überhaupt, sodass die von der Antragstellerin aus dem Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts als gelindestes Mittel abgeleitete nachträgliche Verständigung der Grundverkehrsbehörde schon deshalb nicht in Betracht kommen kann.

5. Das Rechtsmittel der Antragstellerin, das darüber hinausgehende Rechtsfragen nicht geltend macht, entspricht damit nicht den in § 62 Abs 1 AußStrG genannten Anforderungen und ist daher zurückzuweisen.

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