OGH 5Ob124/11p

OGH5Ob124/11p13.12.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragsteller 1. Gudrun W*****, vertreten durch Dipl.-Ing. Leopold S*****, dieser vertreten durch Mag. Alexander Bauer, Rechtsanwalt in Baden, sowie 2. Mag. Hubert D*****, gegen die Antragsgegnerin Christina M*****, vertreten durch Gruböck & Lentschig, Rechtsanwälte OG in Baden, sowie sämtliche sonstige Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ 1411, GB ***** (laut Grundbuch) als Verfahrensbeteiligte wegen §§ 34 Abs 3, 52 Abs 1 Z 6 WEG 2002, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Erstantragstellerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 4. März 2011, GZ 19 R 63/10s-60, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG, § 52 Abs 2 WEG 2002 iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Der Schriftsatz zur „Berichtigung“ des Revisionsrekurses (ON 63) wird zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Mangel des Rekursverfahrens:

1.1. Die Erstantragstellerin behauptet, das Rekursgericht habe sich „nur ungenügend und in nicht nachvollziehbarer Weise mit diversen Feststellungsrügen im Rekurs gegen den erstinstanzlichen Beschluss beschäftigt“. Ein Mangel des Rekursverfahrens liegt zwar dann vor, wenn das Gericht zweiter Instanz eine im Rechtsmittel erhobene Beweisrüge überhaupt nicht oder nicht nachvollziehbar behandelte (1 Ob 219/10b; 4 Ob 91/10a; RIS-Justiz RS0043371 [T2]); dies trifft hier jedoch nicht zu, hat sich doch das Rekursgericht mit den Rechtsmittelausführungen der Erstantragstellerin, soweit diese überhaupt - gesetzmäßig ausgeführt - Tatfragen aufgreifen, eingehend auseinandergesetzt.

1.2. Im Übrigen wiederholt die Erstantragstellerin im Rahmen der Verfahrensrüge ihren ebenso in der Rechtsrüge vorgetragenen Standpunkt, wonach - zusammengefasst - keine gehörige Abrechnung des Verwalters vorliegen könne, wenn nicht einmal befugte Sachverständige (nach Ansicht der Erstantragstellerin vorliegende) Differenzen sofort hätten aufklären können. Mit diesen Ausführungen wird aber kein (primärer) Mangel des Rekursverfahrens aufgezeigt, sondern eine vermeintlich unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht.

Einen Mangel des Rekursverfahrens vermag daher die Erstantragstellerin insgesamt nicht darzulegen.

2. Rechtsrüge:

2.1. Ob die Jahresabrechnung des Verwalters eines Wohnungseigentumsobjekts den gesetzlichen Kriterien, insbesondere des § 34 WEG 2002 entspricht, erweist sich - entgegen der Ansicht der Erstantragstellerin - nicht grundsätzlich als erhebliche Rechtsfrage; eine dabei gebotene Prüfung allein von Einzelpositionen und/oder dem vom Verwalter (im Einzelfall nach Zweckmäßigkeitsüberlegungen) vorgenommenen Aufbau der Abrechnung schließt eine Rechtsfrage dieser Qualität eher aus. Dass die vom Rekursgericht zitierte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (angeblich) „den hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht zur Gänze (abdeckt)“, begründet die Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG ebenfalls nicht.

2.2. Aus der Tatsache, dass das Erstgericht zur Überprüfung der Jahresabrechnung einen Sachverständigen bestellt hat und dieser im Rahmen der mündlichen Verhandlung vermeintliche Unklarheiten nicht sofort aufklären konnte, erweist bei einem zahlreiche Wohnungseigentumsobjekte umfassenden und einer deshalb umfangreicheren Abrechnung keineswegs, dass es dieser an der notwendigen Nachvollziehbarkeit und Klarheit fehle. Es liegt vielmehr in der Natur der Sache, dass das Nachvollziehen derartiger Rechenwerke ein gewisses Maß an Einarbeitung erfordert.

2.3. Die Erstantragstellerin macht sich inhaltlich vom früheren Verwalter erstellte Saldenlisten zu eigen und will damit bei den von der Antragsgegnerin ausgewiesenen Vorschreibungen an die Wohnungseigentümer ungeklärte Differenzen aufzeigen. In diesem Punkt haben aber bereits der Sachverständige Mag. W***** (S 57 ff in Blg ./11) und das Rekursgericht die Richtigkeit der Abrechnung der Antragsgegnerin bestätigt. Im Revisionsrekurs werden zu diesem Thema inhaltlich keine neuen Sachargumente vorgetragen.

2.4. Wenn sich die Gesamtsumme der Betriebsausgaben, durch die (bloße) Addition der Ausgabengruppen ermitteln lässt, dann macht der fehlende Ausweis einer gegliederten Zusammenfassung die Abrechnung nicht unschlüssig.

2.5. Wie die Umsatzsteuer bei der Jahresabrechnung ausgewiesen werden kann, hat der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung 5 Ob 183/09m (wobl 2010/72) dargestellt. Die getrennte Anführung von Konten für die 10%igen und die 20%igen Umsätze widerspricht der genannten Entscheidung nicht. Aus dieser geht auch hervor, dass das Steuerkonto der Eigentümergemeinschaft nicht Gegenstand der Prüfung der Jahresabrechnung ist und insoweit nur - von der Erstantragstellerin aber ohnehin nicht behauptete - Leistungsvorgänge auszuweisen sind.

2.6. Die Erstantragstellerin hatte nach ihren eigenen Revisionsrekursausführungen nie Zweifel über den Vorgang zum „offenen Posten“ (470 EUR für ein angekauftes und später zurückgegebenes Schneeschild); wenn dieser Posten nicht so in die Jahresabrechnung eingestellt wurde, wie dies gerade der Erstantragstellerin logisch erscheinen mag, dann werden dadurch aber jedenfalls keine Grundsätze bei der Darstellung der Jahresabrechnung verletzt.

2.7. Mit den von der Erstantragstellerin kritisierten Übersichtlichkeitsdefiziten bei der Darstellung der Einzahlungen der Wohnungseigentümer werden ausschließlich einzelfallbezogene Zweckmäßigkeitsfragen angesprochen.

2.8. Schließlich hat das Rekursgericht auch zutreffend erkannt, dass die Abrechnungspflicht die Antragsgegnerin erst ab 1. 9. 2004 (Beginn ihrer Verwaltertätigkeit) traf (5 Ob 212/07y wobl 2008/61 [Call]). Abrechnungsmängel für den davor gelegenen Zeitraum hat die Antragsgegnerin genauso wenig zu vertreten wie daraus folgende, von der Erstantragstellerin behauptete Mängel für die Gesamtschau auf das Jahr 2004. Für die Zeit von 9-12/2004 hat das Rekursgericht das Vorliegen einer ausreichenden Abrechnung dagegen vertretbar bejaht (vgl Sachverständigengutachten S 20 in ON 19).

Eine Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG wird insgesamt nicht aufgezeigt; der Revisionsrekurs ist daher unzulässig und zurückzuweisen.

Der Schriftsatz zur „Berichtigung“ des Revisionsrekurses (ON 63) verstößt gegen den Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels (RIS-Justiz RS0041666; RS0007007) und ist deshalb ebenfalls zurückzuweisen.

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