OGH 1Ob221/11y

OGH1Ob221/11y24.11.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E*****, vertreten durch Dr. Katharina Sedlazeck-Gschaider, Rechtsanwältin in Salzburg, gegen die beklagte Partei L*****-Betriebsgesellschaft - *****, vertreten durch Mag. Ernst Maiditsch M.B.L.HSG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Klagenfurt am Wörthersee, wegen 55.000 EUR sA und Feststellung, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 16. September 2011, GZ 2 R 147/11x-101, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 18. Oktober 2011, GZ 2 R 147/11x-103, womit über Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 20. Juni 2011, GZ 24 Cg 49/06x-94, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor. Obgleich diese Beurteilung nach § 510 Abs 3 dritter Satz ZPO keiner Begründung bedürfte, ist den Revisionsausführungen kurz entgegenzuhalten, dass die in der Berufung als Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz gerügte Abstandnahme von der Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens bereits vom Berufungsgericht inhaltlich behandelt worden ist. Nach ständiger Rechtsprechung können Mängel des Verfahrens erster Instanz, die - wie hier - vom Berufungsgericht nicht als solche anerkannt worden sind, nicht als Revisionsgrund nach § 503 Z 2 ZPO geltend gemacht werden (Kodek in Rechberger³ § 503 ZPO Rz 9; RIS-Justiz RS0042963; RS0043086 [T3]; RS0043061).

2. Zutreffend hat das Berufungsgericht auch die Ansicht vertreten, dass die in der Berufung enthaltene Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt wurde. In diesem Fall kann die rechtliche Beurteilung auch im Revisionsverfahren nicht mehr bekämpft werden (RIS-Justiz RS0043480; RS0043573 [insb T1]).

2.1 Die gesetzmäßige Ausführung des Rechtsmittelgrundes der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erfordert, dass dargelegt wird, aus welchen Gründen die rechtliche Qualifikation des vom Erstgericht festgestellten Sachverhalts unrichtig erscheint. Eine Rechtsrüge entspricht daher nur dann den gesetzlichen Anforderungen, wenn sie vom festgestellten Sachverhalt ausgeht (Kodek aaO § 471 Rz 9). Die pauschale Behauptung, die Klägerin sei „sehr wohl umfänglich aufgeklärt worden“, ignoriert den festgestellten Sachverhalt, nach dem eine Aufklärung der Klägerin sowohl über bestimmte, mit dem Eingriff verbundene Risiken als auch über alternative Möglichkeiten einer konservativen Behandlung unterblieb. Auch mit ihren allgemeinen Erwägungen zur Dokumentationspflicht nach § 51 Abs 1 ÄrzteG hat die Beklagte in ihrer Berufung nicht dargelegt, inwieweit der festgestellte Sachverhalt vom Erstgericht rechtlich unrichtig beurteilt sein soll (vgl dazu RIS-Justiz RS0043480 [T2]).

2.2 Wurden zu einem bestimmten Thema Tatsachenfeststellungen getroffen, mögen diese auch von den Vorstellungen des Rechtsmittelwerbers abweichen, können diesbezüglich auch keine rechtlichen Feststellungsmängel erfolgreich geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0053317 [T1]; RS0043480 [T15]). Die Beklagte hat eingangs ihrer Rechtsrüge auf ihr Vorbringen zum Berufungsgrund der unrichtigen Tatsachenfeststellung verwiesen und meint nunmehr, darin liege eine ordnungsgemäße Ausführung der Rechtsrüge. Die Berufung auf die in der Beweisrüge anstelle der bekämpften Sachverhaltselemente geforderten Ersatzfeststellungen zeigt aber entgegen den Revisionsausführungen nicht das Fehlen von rechtlich relevanten Sachverhaltselementen (vgl dazu Kodek aaO § 496 Rz 4) und damit gerade keine sekundären Feststellungsmängel auf. Auch darin liegt keine ordnungsgemäße Ausführung der Rechtsrüge.

3. Ganz allgemein ist die Revisionswerberin noch darauf hinzuweisen, dass es nach ständiger Rechtsprechung unzulässig ist, bei der Ausführung eines Rechtsmittels auf den Inhalt anderer Schriftsätze oder pauschal auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen; nur die im Rechtsmittel selbst enthaltenen Ausführungen und Argumente können Berücksichtigung finden (RIS-Justiz RS0043616). Soweit die Revisionswerberin „zur Begründung der geltend gemachten Revisionsgründe sowie zur Dartuung der Richtigkeit dieser Revisionsgründe auf das gesamte bisherige Vorbringen im Verfahren erster und zweiter Instanz“ verweist, ist auch die Revision nicht ordnungsgemäß ausgeführt.

4. Das außerordentliche Rechtsmittel der Beklagten bietet daher insgesamt keinen Anlass zu einer Auseinandersetzung mit Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung und ist daher zurückzuweisen.

Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Stichworte