Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 744,43 EUR (darin 124,07 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Beklagte hat im Sommer 2007 eine vom Kläger entlang der Grundstücksgrenze der Liegenschaft ***** zur Liegenschaft ***** gepflanzte Zypressenhecke zurückgeschnitten.
Der Kläger ist Miteigentümer im Ausmaß von 214/2656‑tel Anteilen an jener Liegenschaft, auf der die zurückgeschnittene Hecke gepflanzt ist. Im Grundbuch ist für den Kläger nur Wohnungseigentum an W 1 eingetragen. Nach dem Grundbuchsstand ist jener Gartenteil, auf dem sich die zurückgeschnittene Hecke befindet, nicht Zubehör der Wohnung W 1 und steht nicht in der ausschließlichen Nutzungs‑ und Verfügungsbefugnis des Wohnungseigentümers dieser Wohnung. Der betreffende Gartenteil ist dem Kläger jedoch im Angebot auf Kaufanwartschaft und in der Nutzwertfestsetzung zugeordnet.
Der Kläger begehrte von der Beklagten 8.106 EUR Schadenersatz. Infolge des Rückschnitts der Hecke bestehe kein Sichtschutz mehr, wodurch die Hecke für den Kläger wertlos geworden sei. Auch seien die im Eigentum des Klägers stehenden Zypressen durch den unsachgemäßen Rückschnitt beschädigt worden. Die Wiederherstellung des vorigen Zustands erfordere einen Aufwand in Höhe des Klagebetrags. Als Eigentümer eines Wohnhauses sowie jenes betroffenen Gartenteils, der eingezäunt sei und zu dem nur er einen Schlüssel habe, sei er zur Klage legitimiert.
Die Beklagte bestritt die Klagslegitimation. Der fragliche Gartenteil samt Hecke sei beim Miteigentumsanteil des Kläger nicht im Grundbuch einverleibt. Der Garten sei deshalb ein allgemeiner Teil der Liegenschaft, an der der Kläger nur einen Miteigentumsanteil halte. Der Rückschnitt sei maßvoll erfolgt.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der betroffene Gartenanteil des Klägers sei ungeachtet dessen Zuordnung an den Kläger im Kaufanwartschaftsvertrag sowie im Nutzwertgutachten eine allgemeine Fläche der Liegenschaft. Schadenersatzansprüche betreffend allgemeine Teile des Hauses könne nur die Mehrheit der Miteigentümer im Rahmen der ordentlichen Verwaltung verfolgen.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision mangels Rechtsprechung zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Hausgärten auch unselbstständiger Bestandteil eines Wohnungseigentumsobjekts sein könnten, zulässig sei. Gemäß § 2 Abs 3 WEG 2002 könnten nur baulich nicht verbundene Teile der Liegenschaft Zubehör‑Wohnungseigentum sein; das Gesetz nenne Hausgärten ausdrücklich als Beispiel dafür. Infolge dieser gesetzgeberischen Klarstellung verbiete sich eine Unterscheidung zwischen Hausgärten, die Zubehör‑Wohnungseigentum seien, und solchen, die ‑ weil baulich mit einem Wohnungseigentumsobjekt verbunden ‑ als dessen unselbstständiger Teil anzusehen seien. Selbst bei gegenteiliger Rechtsansicht sei die behauptete Einzäunung des Gartens keine bauliche Verbindung im Sinne des Gesetzes; die Regierungsvorlage erwähne als Beispiele Balkon oder Terrasse. Dass eine Wohnung bloß an den Garten anschließe, sei kein sicheres Kriterium; der Garten könne dessen ungeachtet auch eine bloß zufällig an die Wohnung angrenzende Allgemeinfläche sein. Eine dem § 2 Abs 3 WEG 2002 entsprechende Klarstellung fehle in dessen Vorgängerbestimmung des § 1 Abs 2 WEG 1975. Da im Anlassfall der Zeitpunkt des Abschlusses des Wohnungseigentumsvertrags nicht feststehe, sei zu prüfen, ob allenfalls nach früherer Rechtslage eine Gartenfläche als Bestandteil einer Wohnung gelten habe können. Nach § 1 Abs 2 WEG 1975 hätten ua Hausgärten mit selbstständigen Wohnungen im Wohnungseigentum stehen können, „sofern sie von der Liegenschaftsgrenze, den allgemeinen Teilen der Liegenschaft, der Wohnung oder der sonstigen Räumlichkeit aus zugänglich und deutlich abgegrenzt sind“. Auch diese Rechtslage habe demnach die Abgrenzung zwischen selbstständigen Wohnungen oder sonstigen selbstständigen Räumlichkeiten, Zubehör‑Wohnungseigentum sowie Teilen der Wohnung gekannt. Entscheidend für die Zubehörstauglichkeit von Räumlichkeiten und Flächen sei diesfalls die Verkehrsauffassung. Einem Garten könne ‑ bei ausreichender Abgrenzung ‑ Zubehöreigenschaft zukommen. Als Bestandteil einer Wohnung ‑ nicht als Zubehör ‑ könne daher auch nach dem WEG 1975 nur angesehen werden, was mit der Wohnung einen baulich abgeschlossenen Bereich eines Gebäudes bilde. Solches treffe auf einen Garten in aller Regel nicht zu. Da der betreffende Gartenteil somit weder Teil der Wohnung des Klägers noch ‑ mangels Einverleibung im Grundbuch ‑ Zubehör zu seiner Wohnung sei, handle es sich um einen allgemeinen Teil der Liegenschaft. Zufolge § 295 ABGB stünde die beschnittene Hecke im gemeinschaftlichen Eigentum aller Miteigentümer, und es komme nicht darauf an, wer die Pflanzen gekauft und eingesetzt habe. Dem Kläger allein fehle die zur Verfolgung von Schadenersatzansprüchen betreffend allgemeine Teile der Liegenschaft erforderliche Legitimation.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist unzulässig. Entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) ‑ Ausspruch des Berufungsgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ab.
1.1. Es bestehen drei grundsätzliche wohnungseigentumsrechtliche Kategorien: Wohnungseigentums‑Objekte, Zubehör und allgemeine Teile der Liegenschaft (vgl 5 Ob 29/08p).
1.2. Die sachenrechtliche Zuordnung eines Raums oder einer Fläche als Zubehör zu einem Wohnungseigentumsobjekt erfolgt durch die Einverleibung des Wohnungseigentums und des Umfangs des Zubehörs im Grundbuch. Ist die Fläche oder der Raum weder als Zubehör zu einem bestimmten Wohnungseigentumsobjekt noch als eigenes wohnungseigentumstaugliches Objekt im Grundbuch eingetragen, handelt es sich um allgemeine Teile der Liegenschaft (RIS‑Justiz RS0111616 [T1, T2]).
1.3. Zubehörwohnungseigentum kann nur an solchen Teilen der Liegenschaft begründet werden, die (sinnlich wahrnehmbar) deutlich abgegrenzt sind. Letztlich ist nach der Verkehrsauffassung zu beurteilen, ob eine Abgrenzung ausreichend deutlich ist (5 Ob 270/03x).
1.4. Die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen betreffend gemeinsame Teile und Anlagen einer Liegenschaft erfolgt im Rahmen der ordentlichen Verwaltung iSd § 833 ABGB, § 14 WEG. In diesem Rahmen bindet der Mehrheitsbeschluss, wenn alle Miteigentümer beziehungsweise Wohnungseigentümer vorher Gelegenheit zur Stellungnahme hatten, auch die Minderheit (vgl RIS‑Justiz RS0013431). Die ordnungsgemäße Mehrheitsbildung im Innenverhältnis verleiht ‑ in Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung ‑ die entsprechende Vertretungsmacht nach außen (RIS‑Justiz RS0013431 [T20]).
2. Das Berufungsgericht ist von dieser Rechtsprechung nicht abgewichen. Seine Beurteilung im Einzelfall, ein Hausgarten, der im Grundbuch nicht als Zubehör zu einem Wohnungseigentumsobjekt eingetragen ist, sei ‑ anders als ein Balkon oder eine Terrasse ‑ mangels eindeutiger baulicher Verbindung selbst dann kein unselbstständiger Bestandteil eines Wohnungseigentumsobjekts, wenn er daran unmittelbar angrenze und eingezäunt sei, sondern sei allgemeiner Teil der Liegenschaft, wird im Schrifttum aus Gründen der Rechtssicherheit geteilt (Holzner, Zubehör‑Wohnungseigentum ohne Eintragung ins Hauptbuch?, wobl 2010, 157, 160).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO. Da die Beklagte in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, diente ihr Schriftsatz der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.
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