OGH 2Ob98/11t

OGH2Ob98/11t10.11.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Erwin S*****, vertreten durch Mag. Petra Herbst-Pacher, Rechtsanwältin in Villach, gegen die beklagten Parteien 1.) Agrargemeinschaft „W*****“*****, vertreten durch Dr. Ludwig Druml, Rechtsanwalt in Villach, und 2.) Agrargemeinschaft “K*****“, *****, vertreten durch Mag. Dr. Michael Michor, Rechtsanwalt in Villach, wegen 5.000 EUR sA und Unterlassung (Streitwert 5.000 EUR), über die Rekurse und Revisionsrekurse der beklagten Parteien sowie den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 17. März 2011, GZ 2 R 276/10f-17, womit (ua) das Teilurteil des Bezirksgerichts Villach vom 10. September 2010, GZ 9 C 355/10z-12, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Rechtsmittel werden, soweit sie Nichtigkeit geltend machen, zurückgewiesen.

Im Übrigen wird ihnen nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Kläger ist Alleineigentümer einer Liegenschaft, bestehend aus zwei Waldgrundstücken.

Aufgrund eines als „Dienstbarkeitsurkunde (Regelungsplan)“ bezeichneten Bescheids der Agrarbezirksbehörde Villach vom 31. 12. 1930, Zl 1953, besteht gemäß § 46 des Kärntner Gesetzes betreffend die Ablösung, Regelung und Neuregelung der Wald-, Weide- und Feldservituten (ARLG), LGBl Nr 41/1920, am sogenannten „Sonnseitigen P*****wald“ ein Weiderecht zugunsten von 149 Liegenschaften aus verschiedenen Ortschaften. Das aufgrund dieser Dienstbarkeitsurkunde weideservitutsbelastete Gebiet bildet in der Natur ein süd- bzw südwestexponierten Berghang in einem Ausmaß von ca 380 ha und ist nahezu zur Gänze bewaldet. Die Grundstücke des Klägers liegen inmitten dieses Gebiets. In der Dienstbarkeitsurkunde ist eine Aufstellung der weidebelasteten Grundstücke enthalten, in der die beiden im Eigentum des Klägers stehenden Grundstücke nicht aufscheinen. In den Punkten 5. und 6. des Bescheids wird zur Verwaltung der Weiderechte im Servitutsgebiet der Wirtschaftsausschuss des Gemeinschaftsbesitzes „K*****“ ermächtigt.

Die zweitbeklagte Agrargemeinschaft „K*****“ ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts iSd § 48 des Kärntner Flurverfassungs-Landesgesetzes, LGBl 64/1979 (K-FLG). Sie ist ein selbständiges Rechtssubjekt, ihre Organe sind die Vollversammlung, der Vorstand und der Obmann. Ein „Wirtschaftsausschuss“ ist in ihrer Satzung nicht vorgesehen. Die Satzung wurde mit Bescheid der Agrarbezirksbehörde Villach vom 15. 6. 2009 agrarbehördlich genehmigt. In einem Bescheid vom 20. 1. 2009 hat die Agrarbezirksbehörde Villach festgehalten, dass die Weiderechte in den letzten Jahren gemeinsam mit der erstbeklagten Agrargemeinschaft ausgeübt wurden. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die zweitbeklagte Partei die Ermächtigung zur Verwaltung der Weiderechte zurückgelegt hätte.

Mit Bescheid der Agrarbezirksbehörde Villach vom 20. 1. 2009 wurde hinsichtlich der Dienstbarkeitsurkunde vom 31. 12. 1930 von Amts wegen das Verfahren zur Neuregulierung, Regulierung oder Ablösung von Nutzungsrechten eingeleitet. Eine dagegen vom Kläger erhobene Berufung wurde mit der Begründung zurückgewiesen, dass seine Grundstücke nicht weidebelastet seien und es ihm daher an der Parteistellung mangle. Mit Bescheid vom 18. 2. 2010 wurde dem Antrag der erstbeklagten Partei vom 2. 10. 2007, soweit dieser die Feststellung von Weiderechten auf den beiden Grundstücken des Klägers zum Inhalt hatte, wegen entschiedener Rechtssache zurückgewiesen. Am 15. 3. 2010 beantragte die erstbeklagte Partei die Wiederaufnahme bzw Weiterführung diverser agrarbezirksbehördlicher Verfahren, brachte eine Berufung gegen den Bescheid der Agrarbezirksbehörde Villach vom 18. 2. 2010 ein und beantragte die Feststellung von Weiderechten.

Mit der hier vorliegenden Klage strebt der Kläger die Unterlassung des Eingriffs in sein Eigentum an den beiden Grundstücken durch Eindringen und Beweiden von Rindern und die Verurteilung zur Durchführung geeigneter Sicherungsmaßnahmen dagegen sowie die Zahlung von 5.000 EUR sA Schadenersatz an. Die Beklagten besäßen auf den beiden Grundstücken des Klägers kein Weiderecht, dennoch würden die Grundstücke für Weidezwecke mitverwendet. Weitere Störungshandlungen seien aufgrund der bisherigen Ereignisse mit Sicherheit zu erwarten. Durch die widerrechtliche Beweidung seien erhebliche Schäden in Höhe des Klagsbetrags eingetreten.

Der Wirtschaftsausschuss des Gemeinschaftsbesitzes „K*****“ sei mit dem Vorstand der Agrargemeinschaft „K*****“ gleichzusetzen. Diesem käme eigene Rechtsfähigkeit nicht zu, sodass die Zweitbeklagte passiv legitimiert sei. Die Ersitzung der Weiderechte sei bis zum 14. 7. 1853 nicht eingetreten. Die interne Zurücklegung der eingeräumten Verwaltungsermächtigung sei per se irrelevant und von der Agrarbezirksbehörde nicht genehmigt worden.

Die Erstbeklagte wandte die Unzulässigkeit des Rechtswegs ein und hielt dem Unterlassungsbegehren entgegen, dass ihr ein Weiderecht auch an den Grundstücken des Klägers zustehe. Diese Weiderechte würden nachweislich seit dem Jahr 1749 ausgeübt. Wieso die Aufnahme der Parzellen des Klägers in die Dienstbarkeitsurkunde unterblieben sei, sei nicht mehr nachvollziehbar bzw auf einen Fehler der Behörde zurückzuführen. Im Hinblick auf die jahrhundertelange Ausübung der Weiderechte sei aber auch Ersitzung eingetreten. Gegen die Sicherungsmaßnahmen wurde eingewandt, dass eine Unterlassung der Ausübung der Weiderechte nur durch Umzäunung der Parzellen des Klägers erreicht werden könne, was nicht die Aufgabe der beklagten Parteien sei. Dafür seien die Agrarbezirksbehörden zuständig. Dort habe der Kläger einen solchen Antrag nicht gestellt. Im Hinblick auf die Berechtigung zur Beweidung stehe auch ein Schadenersatz nicht zu. Die Schäden seien im Übrigen auch auf andere Ursachen wie Schifahrer, Mountainbiker oder Wild zurückzuführen.

Die Zweitbeklagte wandte ihre fehlende Passivlegitimation ein. Die Verwaltung der Weiderechte sei in der Dienstbarkeitsurkunde dem Wirtschaftsausschuss des Gemeinschaftsbesitzes „K*****“ übertragen worden, passiv legitimiert sei daher ausschließlich der Wirtschaftsausschuss, nicht aber die zweitbeklagte Agrargemeinschaft. Im Übrigen habe die Agrargemeinschaft die Ermächtigung zur Verwaltung zurückgelegt und der Erstbeklagten die Beweidung untersagt. Da die Zweitbeklagte nur zur Verwaltung ermächtigt sei, könne sie auch nicht zur Durchführung von Sicherungsmaßnahmen verpflichtet sein, diese könnten ausschließlich gegenüber der Erstbeklagten geltend gemacht werden. Die Vollendung der Ersitzungszeit sei bereits vor dem 5. 7. 1853 eingetreten. Auch die Zweitbeklagte wandte die Unzulässigkeit des Rechtswegs ein und beantragte die Unterbrechung des Verfahrens, weil bei der Agrarbezirksbehörde Villach Anträge unerledigt seien, die für den vorliegenden Prozess präjudiziell seien.

Das Erstgericht verwarf die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs und wies den Antrag der zweitbeklagten Partei auf Unterbrechung des Verfahrens ab. Weiters gab es mittels Teilurteils dem Begehren auf Unterlassung und Durchführung von Sicherungsmaßnahmen statt und behielt die Entscheidung über das Schadenersatzbegehren vor.

Das Berufungsgericht verwarf (1.) die Berufungen der beiden beklagten Parteien wegen Nichtigkeit im Hinblick auf die mangelnde Zulässigkeit des Rechtswegs, wies (2.) den in den Berufungen enthaltenen Rekurs gegen die Verweigerung der Unterbrechung zurück, hob (3.) das Teilurteil des Erstgerichts auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Der Rechtsweg sei zulässig, weil eine Eigentumsfreiheitsklage und damit ein privatrechtlicher Anspruch erhoben werde. Auf die Einwände öffentlich-rechtlicher Natur komme es in diesem Zusammenhang nicht an. Auch Schadenersatzklagen gehörten vor die ordentlichen Gerichte.

Gegen die Versagung der Unterbrechung sei ein Rechtsmittel unzulässig, soferne nicht ein zwingender Unterbrechungsgrund vorliege. Dies sei hier auch im Hinblick auf § 43 des Gesetzes vom 6. 2. 2003 über die Wald- und Weidenutzungsrechte (Kärntner Wald- und Weidenutzungsrechte-Landesgesetz; K-WWLG), LGBl Nr 15/2003, zu verneinen.

Auf die Zurücklegung der Ermächtigung durch die zweitbeklagte Partei komme es im Hinblick auf § 95 K-FLG nicht an, weil danach Regelungspläne, die aufgrund dieses Gesetzes oder einer hiedurch aufgehobenen älteren Vorschrift aufgestellt worden seien, nur von der Behörde abgeändert werden könnten. Eine Zurücklegung der Verwaltung der Weiderechte sei eine derartige Abänderung des Regelungsplans und könne daher nur von der Behörde vorgenommen werden.

In der Hauptsache sei das Verfahren sowohl im Hinblick auf die Passivlegitimation der zweitbeklagten Partei als auch die Frage der Ersitzung der Weiderechte durch beide beklagten Parteien noch nicht zur Entscheidung reif.

Zur Passivlegitimation mache die Zweitbeklagte geltend, dass dem seinerzeitigen Organ „Wirtschaftsausschuss“ der nunmehrige Vorstand der Zweitbeklagten entspreche. Aus den Feststellungen des Erstgerichts könne aber die Rechtsnachfolge zwischen dem Gemeinschaftsbesitz „K*****“ und der Zweitbeklagtem nicht abgeleitet werden, auch sei nicht klar, was mit „Verwaltung“ der Weiderechte in der Dienstbarkeitsurkunde gemeint sei.

Zur Frage der Ersitzung der Weiderechte verwies das Berufungsgericht auf 6 Ob 129/62, wonach für die Ersitzung eines Weiderechts dessen tatsächliche Ausübung seit dem 14. 7. 1823 nachgewiesen werden müsse, weil seit dem kaiserlichen Patent vom 5. 7. 1853, RGBl Nr 130, das am 14. 7. 1853 versendet worden sei, eine Ersitzung von Weiderechten nicht mehr möglich und bereits früher angefangene, aber noch nicht vollendete Ersitzungsfristen ab jenem Zeitpunkt unterbrochen seien. An dieser Rechtslage habe sich durch das K-WWLG nichts geändert. Die beklagten Parteien hätten sich aber darauf berufen, die Weiderechte bereits seit 1749 auszuüben, sodass der Ablauf der Ersitzungszeit bis 1853 nicht auszuschließen sei. Zur Beurteilung dieser rechtlich relevanten Umstände fehlten Feststellungen. Die Verwaltungsbehörden hätten noch nicht rechtskräftig darüber entschieden. Auch sei nicht geklärt, ob die Aufnahme der Grundstücke in die Dienstbarkeitsurkunde aus 1930 irrtümlich unterblieben sei. Der Bescheid der Agrarbezirksbehörde Villach vom 9. 10. 2006, in dem festgestellt worden sei, dass die Grundstücke des Klägers nicht weideservitutsbelastet seien, sei mit rechtskräftigem Bescheid des Landesagrarsenats mit der Maßgabe bestätigt worden, dass die Parzellen des Klägers aufgrund der Dienstbarkeitsurkunde vom 31. 12. 1930 nicht weideservitutsbelastet seien. Über diverse Fortsetzungs-, Weiterführungs- und Wiederaufnahmeanträge des Klägers lägen noch keine rechtskräftigen Entscheidungen vor. Auch über den Antrag der Erstbeklagten vom 15. 3. 2010 festzustellen, dass die Grundstücke des Klägers weideservitutsbelastet seien, liege noch keine rechtskräftige Entscheidung der Agrarbehörde vor. Es bestehe daher keine rechtskräftige Entscheidung dahin, dass der Erstbeklagten auch aus einem anderen Titel als der Dienstbarkeitsurkunde kein Weiderecht zustehe, und sie ein solches nicht ersessen habe.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 30.000 EUR übersteigt, und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs hinsichtlich der Unterbrechungsentscheidung und den Rekurs an den Obersten Gerichtshof gegen den Aufhebungsbeschluss zu. Es fehle Judikatur zu den Fragen,

1.) ob § 43 Abs 3 K-WWLG das Gericht verpflichte ein Verfahren zu unterbrechen, in dem der Kläger die Unterlassung der Ausübung von Weiderechten, Sicherungsmaßnahmen und Schadenersatz geltend mache, wenn von Beklagtenseite die Ersitzung von Weiderechten eingewendet werde,

2.) ob die Zurücklegung einer Ermächtigung zur Verwaltung von Weiderechten eine Abänderung des Regelungsplans iSd § 95 K-FLG darstelle, der nur von der Behörde vorgenommen werden könne bzw der Genehmigung der Agrarbezirksbehörde unterliege und,

3.) ob eine Agrargemeinschaft von vornherein hinsichtlich einer Klage auf Unterlassung von Weiderechten und Schadenersatz nicht passiv legitimiert sei, wenn der zugrundeliegende Regelungsplan den Wirtschaftsausschuss eines Gemeinschaftsbesitzes zur Verwaltung der Weiderechte ermächtige.

Gegen die Punkte 1 und 2 der berufungsgerichtlichen Entscheidung richten sich die Revisionsrekurse der beiden beklagten Parteien, gegen Punkt 3. die Rekurse sowohl der klagenden als auch der beiden beklagten Parteien.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsrekurse sind unzulässig, die Rekurse sind zulässig, aber nicht berechtigt.

Im Hinblick auf die überschneidenden inhaltlichen Argumente der Rechtsmittel, werden diese nach Rechtsfragen getrennt behandelt:

1. Zur Zulässigkeit des Rechtswegs:

Diese Einrede wurde vom Erstgericht verworfen und eine Nichtigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens aus diesem Grunde vom Berufungsgericht verneint. Dieser Beschluss ist aber nach der ständigen Rechtsprechung nicht mehr bekämpfbar (RIS-Justiz RS0042981; RS0043405).

Lediglich der Vollständigkeit halber sei auf die in 4 Ob 102/10v dargelegte Differenzierung hingewiesen: Die Klage auf Feststellung und Einverleibung einer Dienstbarkeit nach dem WWSGG gegenüber dem Eigentümer der belasteten Liegenschaft gehört nicht auf den Rechtsweg, weil über Bestand und Umfang von Nutzungsrechten im Sinne der agrarrechtlichen Bestimmungen aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung die Agrarbehörden zu entscheiden haben, wenn der Kläger sein Recht darauf stützte, dass ein Nutzungsrecht zu seinen Gunsten bestünde. Dieser Fall ist abzugrenzen von der Konstellation, in der der Beklagte ein solches Nutzungsrecht einer Eigentumsfreiheitsklage nach § 523 ABGB entgegenhält. Hier ergibt sich die Zulässigkeit des Rechtswegs aus dem zivilrechtlichen Charakter des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs und ist die Natur der Einwendung dagegen unerheblich.

2. Zur Unterbrechung des Verfahrens:

§ 43 K-WWLG bestimmt in seinem Abs 3, dass die Agrarbehörden auch außerhalb eines Verfahrens auf Neuregulierung, Regulierung oder Ablösung von Nutzungsrechten unter Ausschluss des Rechtswegs über die Frage des Bestands von Nutzungsrechten und über die Frage zu entscheiden haben, welche Liegenschaften berechtigt und verpflichtet sind. Nach Abs 4 der Bestimmung bleibt lediglich die Zuständigkeit der Gerichte zur Entscheidung über Klagen, die auf den Schutz und die Wiederherstellung des letzten Besitzstands gerichtet sind, unberührt.

Gemäß § 190 Abs 1 ZPO kann das Gericht dann, wenn die Entscheidung eines Rechtsstreits ganz oder teilweise vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das Gegenstand eines Verwaltungsverfahrens ist, anordnen, dass das Verfahren unterbrochen wird, bis eine rechtskräftige Entscheidung vorliegt. Gemäß § 192 Abs 2 ZPO können nach § 190 ZPO erlassene Anordnungen, soweit sie nicht eine Unterbrechung des Verfahrens verfügen, durch ein Rechtsmittel nicht angefochten werden.

Nach der Judikatur steht ein Rekurs gegen einen Unterbrechungsbeschluss nur dann zu, wenn die Unterbrechung angeordnet wurde oder die Unterbrechung verweigert wurde, obwohl sie anders als nach §§ 190 f ZPO zwingend vorgesehen ist (RIS-Justiz RS0037110; RS0037034; RS0037066; RS0037020). Derartige zwingende Unterbrechungsvorschriften gibt es zB im Wohnrecht, im Eherecht, im Amtshaftungs- und Organhaftungsverfahren (vgl Fucik in Rechberger³, ZPO, § 190 ZPO Rz 3 sowie § 192 ZPO Rz 2).

§ 43 des K-WWLG regelt zwar eine ausschließliche Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden, ordnet aber explizit keine Verpflichtung der Gerichte an, ihre Verfahren (über Ansprüche, wie sie hier geltend gemacht werden) zu unterbrechen. Von einer zwingend vorgesehenen Verfahrensunterbrechung, die alleine im Falle der Verweigerung der Unterbrechung durch das Gericht bekämpfbar wäre, kann daher nicht gesprochen werden.

Die Zurückweisung des Rechtsmittels durch das Berufungsgericht erfolgt daher zu Recht.

Dies bedeutet aber nicht, dass sollte sich im fortgesetzten Verfahren die Anhängigkeit agrarbehördlicher Verfahren über die behaupteten ersessenen Weiderechte der beklagten Parteien herausstellen, eine derartige Verfahrensunterbrechung unzulässig wäre oder nicht sinnvoll sein könnte.

3. Zur Passivlegitimation der Zweitbeklagten:

Nach den Feststellungen des Erstgerichts wurde in den Punkten 5. und 6. der Dienstbarkeitsurkunde von 1930 die Verwaltung der Weiderechte im Servitutsgebiet dem Wirtschaftsausschuss des Gemeinschaftsbesitzes „K*****“ übertragen und ist die zweitbeklagte Agrargemeinschaft eine Körperschaft öffentlichen Rechts iSd § 48 K-FLG, deren Organe keinen Wirtschaftsausschuss umfassen. Ob und wenn ja in welchem rechtlichen Verhältnis oder Zusammenhang der Gemeinschaftsbesitz „K*****“ und die Zweitbeklagte stehen, insbesondere ob es sich dabei um ein solches der Rechtsnachfolge handelt, kann aufgrund dieser Feststellungen ebenso wenig beurteilt werden, wie die Frage, ob dem Wirtschaftsausschuss des Gemeinschaftsbesitzes „K*****“ selbst Rechtspersönlichkeit zukam und gegebenenfalls, auf wen diese Rechtspersönlichkeit und die dem Wirtschaftsausschuss zustehenden Verwaltungsrechte unter welchen Umständen übergegangen sind bzw von der Agrarbehörde übertragen wurden.

Sollte sich aus den im fortgesetzten Verfahren zu treffenden Feststellungen ergeben, dass ein Rechtsübergang des Verwaltungsrechts vom Wirtschaftsausschuss auf die zweitbeklagte Partei zu bejahen ist, werden weiters Feststellungen zur behaupteten Zurücklegung der Ermächtigung zur Verwaltung der Weiderechte, insbesondere zur Frage, ob so eine Zurücklegung erfolgte bzw tatsächlich genehmigt wurde, und welche Aufgaben die „Verwaltung“ inhaltlich umfasste, zu treffen sein. Mit dem Berufungsgericht ist davon auszugehen, dass die Sache insoferne noch nicht entscheidungsreif ist.

4. Zur Frage der Ersitzung des Weiderechts:

Wie bereits in der Entscheidung 6 Ob 129/62 dargelegt, ist eine Ersitzung von Weideservituten seit Inkrafttreten des Patents vom 5. 7. 1853 ausgeschlossen. Seither können auch früher begonnene Ersitzungfristen nicht mehr vollendet werden. Dagegen kann aber nachgewiesen werden, dass solche Weiderechte vor Inkrafttreten des genannten Patents ersessen wurden. Ob dies hier der Fall war - die Beklagten behaupten die Ausübung der Weiderechte seit 1749 -, ergibt sich aus den erstgerichtlichen Feststellungen nicht. Auch die vom Erstgericht festgestellte Begründung des rechtskräftigen Erkenntnisses des Landesagrarsenats vom 15. 3. 2007, wonach die Grundstücke des Klägers nicht weidebelastet sind, bezog sich auf einen Bescheid der Agrarbezirksbehörde Villach, dessen Verfahrensgegenstand die in der Dienstbarkeitsurkunde von 1930 enthaltenen Weiderechte waren. In diesem Zusammenhang wurde die mangelnde Belastung der beiden Grundstücke des Klägers beurteilt. Es ergibt sich dagegen nicht, dass damit auch über allenfalls vor 1853 ersessene Weiderechte und eine dadurch bestehende Belastung der Grundstücke des Klägers abschließend und rechtskräftig abgesprochen worden wäre. Gleiches gilt für den festgestellten Bescheid der Agrarbezirksbehörde vom 18. 2. 2010, der sich wiederum auf die Dienstbarkeitsurkunde aus 1930 bezieht und insofern eine Zurückweisung wegen entschiedener Rechtssache ausspricht und das Erkenntnis des Landesagrarsenats vom 16. 6. 2009.

Die Frage der allfälligen Ersitzung von Weiderechten durch die beklagten Parteien, die der Eigentumsfreiheitsklage des Klägers entgegenstehen könnte, kann daher derzeit nicht abschließend beurteilt werden.

Dass, wie die klagende Partei in ihrem Rechtsmittel meint, die Frage einer Ersitzung vor 1853 auch Gegenstand des zur Dienstbarkeitsurkunde von 1930 führenden Verfahrens gewesen ist, steht ebenfalls nicht fest.

Ebenso wenig geht die erstbeklagte Partei vom festgestellten Sachverhalt aus, wenn sie darlegt, dass bereits 1868 die Weiderechte auf den Parzellen, aus denen auch die Grundstücke des Klägers hervorgegangen seien, völlig unstrittig gewesen seien und dass aufgrund eines Vergleichs bei der Regulierungskommission im Jahr 1879 die im Eigentum des k & k Montanärs stehende Parzelle 980 in unzählige Teilparzellen, darunter auch die Grundstücke des Klägers geteilt worden sei, wobei die einzelnen Teilparzellen den Dienstbarkeitsberechtigten unter Aufrechterhaltung der wechselseitigen Weiderechte ins Eigentum übertragen worden seien.

5. Zur Frage der res iudicata:

Die Zweitbeklagte macht geltend, dass über die Tatsache der fehlenden Weidebelastung der Grundstücke des Klägers aufgrund der Dienstbarkeitsurkunde die Agrarbezirksbehörde entschieden habe. Eine allfällige Durchsetzung bzw Umsetzung des Bescheids habe im Verwaltungsverfahren durch die Agrarbezirksbehörde und nicht durch die Gerichte zu erfolgen. Den Gerichten sei es verwehrt nochmals über denselben Anspruch in Form eines Unterlassungsbegehrens zu entscheiden.

Dem ist entgegenzuhalten, dass Gegenstand des vorliegenden Verfahrens die Frage der Beeinträchtigung des klägerischen Eigentumsrechts durch eigenmächtige Übergriffe in Form der Inanspruchnahme von Weiderechten durch die Beklagten ist. Für die Beurteilung der geltend gemachten privatrechtlichen Ansprüche sind die Gerichte zuständig. Diese Zuständigkeit wird nicht dadurch aufgehoben, dass die allfällige Durchsetzung eines im agrarbehördlichen Verfahren ergangenen Bescheids damit im engen Zusammenhang stehen könnte. Res iudicata liegt schon deshalb nicht vor, weil nicht über die selben Ansprüche in der Hauptsache entschieden wird.

6. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 zweiter Satz ZPO.

Stichworte