OGH 5Ob134/11h

OGH5Ob134/11h7.10.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin Gemeinde *****, vertreten durch Stenitzer & Stenitzer Rechtsanwälte OG in Leibnitz, wegen Verbücherung des Anmeldungsbogens GZ A ***** des Vermessungsamts ***** vom 23. Juli 2009, über die Revisionsrekurse der Antragstellerin und der Thersesia R*****, vertreten durch Kupferschmid Kuntner Rechtsanwälte in Graz, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 21. April 2011, GZ 4 R 354/10y-33, womit über Rekurs der Theresia R***** der Beschluss des Bezirksgerichts Feldbach vom 16. September 2010, TZ 3151/2010-24, aufgehoben wurde, und über die Revisionsrekurse der Antragstellerin und des Karl-Thomas R*****, vertreten durch Kupferschmid Kuntner Rechtsanwälte in Graz, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 21. April 2011, GZ 4 R 355/10w-34, womit über Rekurs des Karl-Thomas R***** der Beschluss des Bezirksgerichts Feldbach vom 16. September 2010, TZ 3152/2010-25, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revisionsrekurse der Theresia R***** und des Karl-Thomas R***** werden zurückgewiesen.

Den Revisionsrekursen der Antragstellerin wird Folge gegeben.

Die angefochtenen Rekursentscheidungen werden aufgehoben und in der Sache selbst die Beschlüsse des Erstgerichts wiederhergestellt.

Theresia R***** ist schuldig, der Antragstellerin die mit 937,35 EUR bestimmten Kosten der Rechtsmittelverfahren (darin enthalten 136,23 EUR USt, 120 EUR Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Karl-Thomas R***** ist schuldig, der Antragstellerin die mit 937,35 EUR bestimmten Kosten der Rechtsmittelverfahren (darin enthalten 136,23 EUR USt, 120 EUR Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Das Vermessungsamt ***** legte dem Erstgericht mit am 24. 6. 2009 eingelangter Eingabe den Anmeldungsbogen GZ A ***** betreffend die Herstellung einer Weganlage und die für das Grundbuch bestimmte Ausfertigung der Vermessungsurkunde vom 10. 3. 2009 des staatlich befugten und beeideten Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen Dipl.-Ing Karl R***** (in der Folge immer: Vermesser) vor und bestätigte gemäß § 16 LiegTeilG, dass die Weganlage Nr 1100/1 tatsächlich „in der Natur fertiggestellt“ ist. Ferner beurkundete die Vermessungsbehörde iSd § 16 LiegTeilG, dass die im verfahrenseinleitenden Schriftsatz als Antragstellerin bezeichnete Gemeinde die lastenfreie Abschreibung der in der Folge näher bezeichneten Trennstücke beantragt hatte. Es wurde - soweit für das Revisionsrekursverfahren von Bedeutung - die Abschreibung dieser näher bezeichneten Trennstücke aus Grundstücken, die zum Gutsbestand der EZ ***** GB ***** und aus Grundstücken, die zum Gutsbestand der EZ ***** GB ***** gehören, beantragt.

Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** GB ***** ist Theresia R***** (in der Folge immer: Einspruchswerberin) Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** GB ***** ist Karl-Thomas R***** (in der Folge immer: Einspruchswerber).

Das Erstgericht verbücherte den Anmeldungsbogen antragsgemäß und ordnete ua die lastenfreie Abschreibung der jeweiligen, den Einspruchswerbern gehörigen Trennstücke und deren Zuschreibung zur EZ ***** GB ***** (öffentliches Gut) unter Einbeziehung in Grundstück 1100/1 an.

Gegen diese Beschlüsse erhoben die Einspruchswerber eine als „Rekurs“ bezeichnete Eingabe. Darin machten sie geltend, dass die Einigung, die am 28. 7. 2004 mit dem Bürgermeister der Gemeinde und dem „Vermessungsbüro“ erfolgt sei, keine vorbehaltslose Zustimmung (gemeint: zu den bewilligten Abschreibungen) beinhalte; die Zustimmung sei vielmehr an bestimmte Bedingungen geknüpft gewesen. Die Gemeinde habe auf ein entsprechendes Schreiben der Einspruchswerber vom 1. 8. 2004 nicht reagiert. Die Vereinbarung sei nicht bindend.

Das Rekursgericht behandelte mit seiner Entscheidung vom 18. 3. 2010, 4 R 358/09k, 360/09d, diese Eingaben im Umfang der Ausführungen zur Behauptung des mangelnden Einvernehmens über die Rechtsabtretung als Einspruch iSd § 20 LiegTeilG, der vom Erstgericht zu behandeln sei. Im Übrigen gab es dem Rekurs nicht Folge.

Das Rekursgericht vertrat dabei die Auffassung, dass nach den auf den Anlassfall bereits anzuwendenden §§ 15 bis 20 LiegTeilG idF der Grundbuchs-Novelle 2008, BGBl I 2008/100, die Prüfung des Einwands, in bücherlichen Rechten verletzt zu sein, weil weder Einvernehmen über die Rechtsabtretung bzw den Rechtsverlust bestehe noch ein förmliches Enteignungsverfahren durchgeführt worden sei, dem Einspruchsverfahren vorbehalten sei. Über den als Einspruch zu behandelnden Teil des Rekurses sei vom Erstgericht zu entscheiden. Da keine mit Rekurs geltend zu machenden Gründe gegen die angefochtene Entscheidung vorgebracht worden seien, sei dem Rekurs im Übrigen ein Erfolg zu versagen.

Das Erstgericht führte hierauf in Befolgung des rekursgerichtlichen Auftrags ein Verfahren über den Einspruch durch und trug der Gemeinde auf, die Zustimmungserklärung vom 28. 7. 2004 hinsichtlich der betroffenen Grundflächen im Original vorzulegen.

Diesem Auftrag entsprach die Gemeinde.

Die mit „Zustimmungserklärung“ übertitelte Urkunde enthält rechts oben Name und Anschrift des Vermessers und in der Folge eine Tabelle, in der - unter Angabe der EZZ und Grundstücksnummern - die von den Abschreibungen von Grundstücksteilen betroffenen Eigentümer namentlich mit Geburtsdatum und Adresse angeführt sind. Jeweils neben dem Namen des betroffenen Eigentümers enthält die Urkunde eine Rubrik „Unterschrift“. Als von den Zuschreibungen betroffener Eigentümer ist in der Zustimmungserklärung das „öffentliche Gut“ (Straßen und Wege), 1/1 Gemeinde ***** mit Adresse angeführt. Beide Einspruchswerber unterfertigten die „Zustimmungserklärung“ an der für sie vorgesehenen Stelle eigenhändig. Der - damalige - Bürgermeister der Antragstellerin unterfertigte die Zustimmungserklärung ebenfalls.

Unter der Tabelle mit den Namen der Eigentümer und deren Unterschriften enthält die vom Vermesser am 28. 7. 2004 erstellte und unter Verwendung eines Stempels unterfertigte Zustimmungserklärung folgende Passage:

„Die unterfertigten Grundeigentümer bzw. deren Bevollmächtigte bestätigten mit ihrer Unterschrift, dass sie über den in der Natur einvernehmlich festgelegten und gekennzeichneten Grenzverlauf einig sind und eine Änderung der in der Natur festgelegten Grenzen nicht stattgefunden hat.

Sie geben daher ihre Zustimmung

1. zur Durchführung einer allfällig notwendigen Mappenberichtigung gemäß § 52 Z 5 VermG BGBl Nr 306/1968 idF BGBl I Nr 30/1997

2. dass der Grenzverlauf die Grundlage für die Umwandlung der Grundstücke in den Grenzkataster gemäß § 17 Z 3 VermG BGBl Nr 306/1968 idF BGBl I Nr 30/1997 bildet.

3. Zu den Ab- und Zuschreibungen von Grundstücksteilen gemäß den Sonderbestimmungen für Straßen-, Weg-, Wasser- und Eisenbahnanlagen nach § 15 LiegTeilG BGBl Nr 3/1930 idF BGBl I 140/1997.“

Die in der vorstehenden Wiedergabe der Zustimmungserklärung im Fettdruck gehaltenen Passagen sind im Original durch Verwendung anderer Druckfarben (violett bzw Punkt 3 hervorgehoben rot) vom sonstigen Text abgehoben.

Die Einspruchswerberin brachte ergänzend vor, dass sich ihre Zustimmungserklärung auf die ursprüngliche Vermessungsurkunde vom 2. 8. 2004 und nicht auf die nun verbücherte Vermessungsurkunde vom 10. 3. 2009 bezogen habe. Die Einspruchswerberin hätte mit ihrer Erklärung vom 28. 7. 2004 den von der Antragstellerin beantragten Zu- und Abschreibungen nicht zugestimmt, insbesondere seien „Grundabtretungen, Ablösen und Besitzübertragungen“ nicht geregelt worden (ON 15).

In der vom Erstgericht abgehaltenen Tagsatzung über den Einspruch vom 30. 8. 2010 (ON 23) behaupteten die Einspruchswerber, dass der Vermesser die Anwesenden im Anschluss an die Begehung aufgefordert habe, ihre Unterschrift auf eine als „Anwesenheitsliste“ bezeichnete Urkunde zu setzen. Den Anwesenden sei nicht vermittelt worden, dass es sich um eine Zustimmungserklärung handle. Wären die Einspruchswerber darüber aufgeklärt worden, welche Rechtsfolgen ihre Unterschrift ausgelöst hätte, hätten sie ihre Unterschrift nicht abgegeben.

Die Antragstellerin brachte ergänzend vor, dass bei der Begehung am 28. 7. 2004 vollständig Einigkeit über den Grundverlauf erzielt worden sei. Das Erstgericht wies die Einsprüche ab.

Es ging davon aus, dass die Einspruchswerber die eigenhändige Unterfertigung der Zustimmungserklärung zugestanden hätten. Diese Zustimmungserklärung vom 28. 7. 2004 beinhalte eine Zustimmung zu den Ab- und Zuschreibungen von Grundstücksteilen gemäß den Sonderbestimmungen für Straßen-, Weg-, Wasser- und Eisenbahnanlagen nach § 15 LiegTeilG. Es liege somit Einvernehmen über die Rechtsabtretung bzw den Rechtsverlust vor.

Das Rekursgericht gab den dagegen von beiden Einspruchswerbern erhobenen Rekursen Folge, hob die angefochtenen Beschlüsse des Erstgerichts zur Verfahrensergänzung und zur neuerlichen Entscheidung auf, sprach aus, dass die für die Rekurse verzeichneten Kosten weitere Verfahrenskosten darstellten und erklärte die Rekurse (richtig: Revisionsrekurse) für zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung über den Einspruch und den zu erbringenden Nachweis im Verfahren nach § 20 LiegTeilG in der Fassung der Grundbuchs-Novelle 2008 fehle.

Das Rekursgericht ging unter Verweis auf seine Ausführungen in der bereits einleitend wiedergegebene Entscheidung vom 18. 3. 2010 davon aus, dass die von den Antragstellern unterfertigte „Zustimmungserklärung“ weder ein Enteignungsverfahren noch eine allfällige Einigung mit der Gemeinde über den Rechtsverlust bzw die Rechtsabtretung dokumentiere. Es komme nicht auf eine Zustimmung der Einspruchswerber gegenüber dem Vermesser an, sondern auf eine Einigung mit der hier antragstellenden Gemeinde. Es bleibe überdies aufklärungsbedürftig, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die 2004 abgegebene Zustimmungserklärung noch der hier zugrunde liegenden Vermessungsurkunde aus 2009 zugrunde zu legen wäre. Das Erstgericht habe es unterlassen, die nach Ansicht des Senats erforderlichen rechtlich erheblichen Feststellungen zu treffen, wonach sich beurteilen ließe, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang ein förmliches Enteignungsverfahren durchgeführt bzw ob und in welchem Umfang Einvernehmen der Einspruchswerber mit der Gemeinde über die Abtretung bzw den Verlust des Eigentumsrechts in Ansehung der betroffenen Grundstücksflächen erzielt worden sei. Die Sache sei daher an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung und zur neuerlichen Entscheidung zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt in ihren gegen diese Entscheidungen des Rekursgerichts erhobenen Revisionsrekursen die Aufhebung der Rekursentscheidungen und die Wiederherstellung der Beschlüsse des Erstgerichts.

Die Einspruchswerber stellen in ihren Revisionsrekursbeantwortungen den Antrag, den Revisionsrekursen nicht Folge zu geben.

In den von ihnen erhobenen „Rekursen“ (richtig: Revisionsrekursen) beantragen die Einspruchswerber die Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidungen und die Stattgebung ihrer Einsprüche.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsrekurse der Antragstellerin sind aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig. Sie sind auch berechtigt.

Die Revisionsrekurse der Einspruchswerber sind verspätet.

1. Vorauszuschicken ist, dass die §§ 15 ff LiegTeilG idF der Grundbuchs-Novelle 2008 (BGBl I 2008/100) hier bereits anzuwenden sind (§ 39 Abs 2 und 5 LiegTeilG idF Art III Z 14 BGBl I 2008/100).

2. Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist ausschließlich der Einspruch der Eigentümer gegen die vom Erstgericht angeordnete lastenfreie Abschreibung ihrer Grundstücksteile nach den Sonderbestimmungen der §§ 15 ff LiegTeilG für die Verbücherung einer in der Natur bereits vollendeten Weganlage.

2.1 Die Bedeutung dieser Sonderbestimmungen liegt darin, dass in der Natur schon vollzogene Besitzänderungen im Grundbuch nachvollzogen werden sollen. Der Gesetzgeber geht dabei davon aus, dass zum Zeitpunkt der Erstellung des Anmeldungsbogens die rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit Grundabtretungen, Ablösen und Besitzübertragungen bereits geregelt sind. Die Grundbuchsordnung soll rasch und kostengünstig hergestellt werden (5 Ob 108/06b NZ 2007/677 - GBSlg [Hoyer]).

2.2 Durch die Grundbuchs-Novelle 2008 wurde der Anwendungsbereich des Sonderverfahrens nach §§ 15 ff LiegTeilG ausgedehnt. So ist es nun unabhängig von Wertgrenzen anwendbar. Der Katalog der zu verbüchernden Grundstücke wird erweitert. Die Grundbuchs-Novelle 2008 legt fest, dass das Grundbuchgericht aufgrund eines Antrags tätig wird. In der Regel wird als Antragsteller der Bauherr (als zukünftiger Eigentümer) auftreten. Die Neuregelung lässt dabei strukturell die Parallelen zur bisherigen Rechtslage aufrecht, weil der Antragsteller den Antrag weiterhin vor dem Vermessungsamt stellen muss. Dieses verständigt - wie bisher - aufgrund des unverändert gebliebenen § 45 Abs 2 VermG das Grundbuchgericht vom zuvor beurkundeten Antrag. Der Anmeldungsbogen wird in Hinkunft als Grundbuchstück gemäß § 448 Geo behandelt und ins Tagebuch eingetragen (vgl dazu Rassi, Die Grundbuchsnovelle 2008: Ein Überblick, NZ 2008/61, 226 [234]; Auinger, Die Grundbuchs-Novelle 2008, ÖJZ 2009/2, 5 [12]).

2.3 Im Bereich des Rechtsschutzes der Beteiligten erfolgten in Anlehnung an die mit der Entscheidung 5 Ob 108/06b eingeleitete Judikaturwende im Sonderverfahren nach §§ 15 ff LiegTeilG tiefgreifende Änderungen: Seit dieser Entscheidung entsprach es der Rechtsprechung (5 Ob 60/07w; 5 Ob 126/08b; 5 Ob 192/09k; vgl dazu Rassi, Judikaturwende im Sonderverfahren nach §§ 15 ff LiegTeilG, Zak 2007, 247 ff), dass Buchberechtigten auch noch im Rekursverfahren der Einwand offenstehe, es sei weder Einvernehmen über die Rechtsabtretung bzw den Rechtsverlust noch ein Enteignungsverfahren erfolgt. Werde ein solcher Einwand erhoben, habe das Grundbuchgericht den Beteiligten die Möglichkeit zu eröffnen, das erzielte Einvernehmen oder das erfolgte Enteignungsverfahren urkundlich nachzuweisen. Unterbleibe dieser Nachweis, habe das Grundbuchgericht gemäß § 28 LiegTeilG die Herstellung der Grundbuchsordnung zu veranlassen.

2.4 Anstelle der vom Obersten Gerichtshof in 5 Ob 108/06b vorgezeichneten Lösung, wonach das Fehlen der geschilderten Voraussetzungen in einem mehrseitigen Rekurs mit Neuerungserlaubnis einzuwenden ist, geht der Gesetzgeber der Grundbuchs-Novelle 2008 einen anderen Weg: Es wird nun auch im Bereich des Sonderverfahrens nach §§ 15 ff LiegTeilG die Möglichkeit des Einspruchs als remonstrativer Rechtsbehelf geschaffen.

2.5 Mit diesem Einspruch kann der Eigentümer oder ein Buchberechtigter binnen 30 Tagen die Verletzung seiner bücherlichen Rechte geltend machen. Inhaltlich sind die Einwendungen beschränkt: Nur das fehlende Einvernehmen bzw die fehlende Enteignung kann im Einspruch aufgezeigt werden (§ 20 Abs 1 LiegTeilG; Auinger, ÖJZ 2009, 13; Rassi NZ 2008, 235; Twaroch, Kataster und Vermessungsrecht [2009] § 20 LiegTeilG Anm 3).

2.6 Gemäß § 20 Abs 1 Satz 3 LiegTeilG gelten für den Einspruch eines Eigentümers oder Buchberechtigten § 14 Abs 1 zweiter bis fünfter Satz und Abs 2 LiegTeilG sinngemäß. Über den Einspruch hat somit das Gericht von Amts wegen nach den Grundsätzen des Außerstreitverfahrens zu entscheiden. Die Materialien (542 BlgNR 23. GP, 12 ff; vgl auch Twaroch, aaO § 20 LiegTeilG Anm 2) begründen die Neuregelung damit, dass ein Ergebnis erzielt wird, dass den Besonderheiten des vereinfachten Verfahrens besser gerecht wird als das Ergebnis, dass nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (5 Ob 108/06b) aufgrund der geltenden Rechtslage erzielt werden kann: Nach dieser Entscheidung wären nämlich im ergänzten Verfahren die rechtlichen Voraussetzungen vor dem Erstgericht urkundlich nachzuweisen. Dies hätte - mangels auf diesen Fall anzuwendender Sonderbestimmungen - im Grundbuchsverfahren zu geschehen; die vorzulegenden Urkunden müssten die grundbuchsrechtlichen Erfordernisse der §§ 26 ff GBG erfüllen. Nach der Neuregelung entscheidet das Grundbuchgericht hingegen im Verfahren Außerstreitsachen (§ 28 Abs 4 LiegTeilG); die rechtlichen Voraussetzungen können daher ohne die strengen urkundlichen Erfordernisse des Grundbuchsverfahrens nachgewiesen werden. Insbesondere kann eine Einigung unter den Beteiligten angestrebt werden.

2.7 Daraus folgt zunächst in verfahrensrechtlicher Hinsicht, dass für das Rekursverfahren betreffend die über den Einspruch ergangene Entscheidung des Erstgerichts ebenso wie für das Revisionsrekursverfahren die Bestimmungen des AußStrG und nicht die Sondervorschriften für das Rechtsmittelverfahren in Grundbuchsachen (§§ 122 ff GBG) anzuwenden sind. Das Rechtsmittelverfahren ist somit wegen Unanwendbarkeit des § 127 letzter Satz GBG zweiseitig. Die Rechtsmittel- und Rechtsmittelbeantwortungsfrist beträgt 14 Tage (§§ 46 Abs 1 und 48 Abs 2 AußStrG; §§ 65 Abs 1 und 68 Abs 1 AußStrG). Der Fristenlauf richtet sich nach § 89 GOG (Klicka in Rechberger, AußStrG [2006] § 46 Rz 1 mwN). Die am 14. Tag nach Zustellung der - ebenfalls innerhalb der Frist von 14 Tagen erhobenen - Revisionsrekurse der Antragstellerin zur Post gegebenen Revisionsrekursbeantwortungen der Einspruchswerber sind daher rechtzeitig.

2.8 Hingegen sind die Revisionsrekurse der Einspruchswerber verspätet: Die Rekursentscheidungen wurden dem Vertreter der Einspruchswerber am 11. 5. 2011 zugestellt. Die Postaufgabe der Revisionsrekurse erfolgte am 26. 5. 2011, somit am 15. Tag nach Zustellung der Rekursentscheidung.

3. Für den Anlassfall ergeben sich aus den zu 2. dargelegten Grundsätzen folgende Konsequenzen:

3.1 Zu überprüfen ist lediglich die Behauptung der Einspruchswerber, eine Einigung mit der Gemeinde über die Rechtsabtretung habe nicht stattgefunden. Auf ein förmliches Enteignungsverfahren hat sich die antragstellende Gemeinde nicht berufen. In erster Instanz brachten die Einspruchswerber zu ihrer Behauptung der mangelnden Einigung mit der Gemeinde vor, sie hätten ihre Zustimmung von einer „Gesamtlösung“ abhängig gemacht, überdies sei erstaunlich, dass nicht der aufgrund der Zustimmungserklärung angefertigte Teilungsplan des Vermessers vom 2. 8. 2004, sondern die - vom selben Vermesser stammende - Vermessungsurkunde vom 10. 3. 2009 verbüchert werden solle. Ein konkretes Vorbringen dahin, dass die Vermessungsurkunde vom 10. 3. 2009 nicht mit den für die Einspruchswerber bestimmten und von ihnen selbst im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Ausfertigungen der Vermessungsurkunde vom 2. 8. 2004 übereinstimmt, erstatteten die Einspruchswerber nicht. Das weitere erstinstanzliche Vorbringen zum Wert bestimmter, von der Abschreibung betroffener Trennstücke ist im Hinblick darauf, dass der Anwendungsbereich des Sonderverfahrens nach §§ 15 ff LiegTeilG nicht mehr von Wertgrenzen abhängig ist (vgl 2.2), nicht beachtlich.

3.2 Das Erstgericht erachtete die von den Einspruchswerbern eigenhändig unterfertigte Zustimmungserklärung zum Nachweis der vorangegangenen Einigung mit der Antragstellerin für ausreichend.

3.3 In ihren dagegen erhobenen Rekursen kamen die Einspruchswerber nicht mehr darauf zurück, dass ihre Zustimmungen nicht „vorbehaltlos“ erklärt wurden (ON 26, 27). Neben dem - irrelevanten (2.2) - Vorbringen zum behaupteten Wert der von der Abschreibung betroffenen Flächen brachten sie lediglich vor, dass sich ihre Zustimmung nur auf die Vermessungsurkunde vom 2. 8. 2004, nicht aber auf jene vom 10. 3. 2009 bezogen habe. Letztere Vermessungsurkunde weiche von ersterer insofern ab, als nun die von der Abschreibung betroffene Fläche des Grundstücks Nr 125/2 der der Einspruchswerberin gehörigen Liegenschaft mit 395 m² anstelle ursprünglich 394,56 m² und die abzuschreibende Fläche des Grundstücks Nr 87/1 der dem Einspruchswerber gehörigen Liegenschaft mit 39 m² statt ursprünglich 38,74 m² beziffert werde.

3.4 Dieses auch in den Revisionsrekursbeantwortungen wiederholte Vorbringen - dem die Antragstellerin in ihren Rekursbeantwortungen mit einem detaillierten Vorbringen zu den erforderlichen Rundungen auf ganze Zahlen entgegnet hatte (ON 30 und 31) - lässt außer Acht, dass die Einspruchswerber ihre am 28. 7. 2004 erklärte Zustimmung nicht zu einer erst am 2. 8. 2004 erstellten Vermessungsurkunde erteilen konnten, sondern nur zu Grundabtretungen entsprechend dem Grenzverlauf der bereits errichteten Weganlage in der Natur. Eine inhaltliche Unrichtigkeit der Vermessungsurkunde vom 10. 3. 2009 - also dass diese Vermessungsurkunde mit dem tatsächlichen Grenzverlauf nicht übereinstimmt -, behaupten die Einspruchswerber nicht.

3.5 Mangels entsprechenden Vorbringens in den Rekursen zur in erster Instanz noch behaupteten mangelnden Einigung über die Grundabtretung an sich erübrigt sich eine nähere Auseinandersetzung damit, ob die Behauptung, die Einspruchswerber seien bei Abgabe ihrer Unterschriften unter die Zustimmungserklärung in die Irre geführt worden, überhaupt als taugliches Vorbringen des mangelnden Einvernehmens über die Abtretung angesehen werden könnte.

3.6 Die Auffassung des Rekursgerichts, die Unterfertigung der Zustimmungserklärung lasse rechtlich nicht die Beurteilung einer Einigung der Einspruchswerber mit der Antragstellerin zu, setzt sich darüber hinweg, dass die Einspruchswerber in ihren Rekursen diese Einigung gar nicht mehr grundsätzlich, sondern nur im Hinblick auf den - nicht maßgeblichen (3.4) - Umstand bestritten, dass sie nur zur Vermessungsurkunde vom 2. 8. 2004, nicht aber zu jener vom 10. 3. 2009 ihre Zustimmung erklärten. Davon abgesehen ist diese eine rechtliche Beurteilung darstellende Auslegung (RIS-Justiz RS0017911; RS0017882) der vorliegenden Zustimmungserklärung unzutreffend: Aus dem gesamten Urkundeninhalt ist zweifelsfrei abzuleiten, dass der Vermesser die gegenüber der Antragstellerin erklärte Zustimmung der Einspruchswerber zu den Grundabtretungen (sogar farblich abgehoben) dokumentierte, nicht aber eine - weder gesetzlich vorgesehene noch erforderliche - Einigung mit ihm selbst.

Darauf, dass die Zustimmungserklärung deshalb nicht ausreiche, weil aus ihrer Textierung eine Einigung mit der Antragstellerin nicht abzuleiten sei, haben sich die Einspruchswerber im Übrigen nicht einmal in erster Instanz berufen. Dort stellten sie nur die - in den Rekursen nicht aufrecht erhaltene - Behauptung auf, sie hätten gegenüber der Antragstellerin mündliche Vorbehalte bezüglich der schriftlichen Zustimmung erklärt.

4. Daraus folgt, dass die Aufhebungsbeschlüsse des Rekursgerichts aufzuheben und in der Sache selbst die erstgerichtlichen Entscheidungen, mit welchen die Einsprüche abgewiesen wurden, wiederherzustellen sind.

Die Prüfung des Einspruchs im Außerstreitverfahren bedingt auch die Anwendung des § 78 AußStrG (Rassi, NZ 2008, 235; ders, Zak 2007, 250; Twaroch, aaO § 20 LiegTeilG Anm 6 mH auf die Materialien). Der im Einspruchsverfahren obsiegenden Antragstellerin gebühren daher für das Rechtsmittelverfahren Kosten.

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