OGH 10ObS67/11t

OGH10ObS67/11t4.10.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Fichtenau sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Irene Kienzl (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. KR Michaela Puhm (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei V*****, vertreten durch Dr. Klaus Kollmann, Dr. Günther Folk, Dr. Werner Stegmüller, Mag. Dietmar Strimitzer und Mag. Rainer Frank, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei Steiermärkische Gebietskrankenkasse, 8011 Graz, Josef-Pongratz-Platz 1, vertreten durch Dr. Helmut Destaller und Dr. Gerald Mader, Rechtsanwälte in Graz, wegen Transportkosten, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 7. April 2011, GZ 6 Rs 5/11v-23, womit infolge Berufungen beider Parteien das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 26. November 2010, GZ 29 Cgs 175/09s-16, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger unternahm im August 2009 eine viertägige Wanderung in den Schladminger Tauern. Am Morgen des dritten Tags hatte er Durchfall. Er wanderte von der Gollinger Hütte bis kurz vor die Gollinger Scharte etwa vier Stunden bergauf und legte dabei etwa 600 bis 700 Höhenmeter zurück. Schon im Zuge des Aufstiegs bekam er starke Kopfschmerzen und Schwindelgefühl. Es zogen sich die Finger an beiden Händen zusammen („Pfötchenstellung“). Auf der rechten Gesichtshälfte trat ein Ziehen auf, letztlich konnte der Kläger nicht mehr sprechen. Weder zum Ort, an dem sich der Kläger befand, noch zur Gollinger Hütte wäre zwecks Abtransport eine Zufahrt mit einem PKW oder einem Krankenwagen möglich gewesen. Es wurde ein Hubschrauber angefordert, der den Kläger in das Diakonissenkrankenhaus Schladming transportierte, wo er bis zum nächsten Tag in stationärer Behandlung verblieb. Im Krankenhaus wurde eine akute Enteritis (Durchfall) und ein Präkollaps (Zustand vor dem Kollabieren) mit Hyperventilation sowie ein Zustand nach zweimaligem Bandscheibenvorfall festgestellt. Die Krampf- und Lähmungserscheinungen waren durch die Hyperventilation bedingt. Ursache der Enteritis können eine bakterielle oder virale Infektion oder Aufnahme von Toxinen durch Lebensmittel sein. Eine Überanstrengung oder eine Vorerkrankung (als Ursache der Enteritis) ist auszuschließen. Ursache der Hyperventilation war die Anstrengung (Wandern) bei Durchfall.

Mit dem Wissen „ex ante“, also im Hinblick auf das Zustandsbild des Klägers am Vorfallsort war aufgrund der Symptome eine transitorische ischämische Attacke (vorübergehende neurologische Ausfallserscheinungen) und somit ein Schlaganfall oder eine Hirnblutung zu vermuten. Ein medizinischer Sachverständiger hätte jedenfalls einen Hubschraubertransport veranlasst und schon aufgrund der Zeitverzögerung keinen Transport am Landweg verantwortet. Bei einem Schlaganfall wäre es durch einen Transport am Landweg zu einer Verschlechterung gekommen.

Ex-post betrachtet (somit in Kenntnis der im Krankenhaus gestellten Diagnose) wäre ein Transport mit Hubschrauber oder Krankenwagen nicht erforderlich gewesen. Ein Abtransport am Landweg durch die Bergrettung wäre zumutbar gewesen; der Kläger hätte (danach) auch mit einem Privat-PKW (weiter) ins Krankenhaus transportiert werden können.

Die Entfernung vom ersten erreichbaren Parkplatz im Tal bis zum Krankenhaus beträgt 15 Kilometer.

Wären die Symptome im Tal aufgetreten, hätte ein fachkundiger Außenstehender (medizinischer Sachverständiger) den Abtransport mit dem Rettungswagen und nicht mit einem Privat-PKW veranlasst.

Rückblickend betrachtet hätte dem Kläger vor Ort geholfen, in ein Nylonsackerl zu atmen, um ein Lösen des Krampfes durch vermehrte Aufnahme von CO2 zu bewirken.

Der Kläger besucht pro Woche dreimal das Fitnessstudio, einmal pro Woche geht er Schwimmen. Er wandert in leichtem und mittelschwerem Gelände; ein Vorfall wie der vorliegende ist zuvor bei ihm noch nie aufgetreten.

Er bezahlte den Rechnungsbetrag für den Hubschraubertransport in Höhe von 5.522,07 EUR.

Mit Bescheid vom 30. Oktober 2009 lehnte die beklagte Partei den Antrag des Klägers auf Erstattung der Kosten für den Transport mittels Hubschraubers im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass dem Grunde nach keine Leistungspflicht des Krankenversicherungsträgers bestehe, weil Bergungskosten und die Kosten der Beförderung bis ins Tal bei Unfällen in Ausübung von Sport und Touristik nicht zu ersetzen seien (§ 131 Abs 4 ASVG). Es sei nur noch zu prüfen, ob der Transport mit dem Hubschrauber auch dann notwendig gewesen wäre, wenn sich der Unfall im Tal ereignet hätte. In diesem Fall wäre die Beförderung auf dem Landweg jedenfalls zu verantworten gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich das Klagebegehren auf Ersatz der Krankentransportkosten in Höhe von 948,27 EUR für die am 17. 8. 2009 erfolgte Helikopterbergung (AS 46). Der Kläger bringt im Wesentlichen vor, diese sei nicht auf einen Unfall zurückzuführen, zu dem es in Ausübung von Sport und Touristik am Berg gekommen sei, sondern auf eine plötzlich auftretende Erkrankung. Gemäß § 44 Abs 7 Z 2 der Satzung 2006 der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse (der beklagten Partei) sei diese zum Ersatz der Kosten für Flugtransporte bei Notfällen inklusive plötzlich auftretender Erkrankungen verpflichtet.

Die beklagte Partei wiederholte ihren bereits im Bescheid vertretenen Standpunkt und brachte vor, ein Unfall liege auch dann vor, wenn er durch eine außergewöhnliche Belastung auftrete. Gerade im Zusammenhang mit dem Bergsport seien Erscheinungen, die auf Überanstrengung sowie Übermüdung zurückzuführen seien, als Unfälle zu beurteilen. Der beim Kläger vorgelegene Zustand sei im Hinblick darauf, dass er durch die Ausübung des Bergsports ausgelöst worden sei, als Unfall zu qualifizieren, weshalb der Klageanspruch nicht zu Recht bestehe. Die Höhe der Transportkosten richte sich gemäß § 44 Abs 7 der Satzung nach den mit der Flugrettungsorganisation vereinbarten Tarifen. Gäbe es keine vertraglich festgelegten Tarife, ersetze die beklagte Partei dem/der Versicherten an Kosten für Flugtransporte nach sonstigen Unfällen bzw in Notfällen pauschal 948,27 EUR für Primärtransporte. Für Flugtransporte nach einem Unfall in Ausübung von Sport und Touristik am Berg, sofern der Flugtransport auch dann erforderlich wäre, wenn sich der Unfall im Tal ereignet hätte, würden für Primärtransporte pauschal 894,93 EUR ersetzt (§ 44 Abs 7 Z 3 der Satzung). Im vorliegenden Fall sei die Anforderung des Hubschraubers medizinisch nicht indiziert und ausschließlich durch das unwegsame Gelände und durch die Unmöglichkeit der Zufahrt mit einem Krankentransportwagen bedingt gewesen. Eine Ersatzpflicht bestehe lediglich im Umfang der satzungsmäßigen Transportkosten mit dem Rettungswagen vom Tal zum Krankenhaus.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang von 81,10 EUR statt und wies das Mehrbegehren von 867,17 EUR ab. Rechtlich ging es davon aus, dass es sich bei der Enteritis um eine Erkrankung handle, bei der Hyperventilation infolge der Anstrengung jedoch um einen Unfall. Aufgrund der Tatsache, dass ohne Hyperventilation die Symptome nicht aufgetreten wären, sei von einem Unfall in Ausübung von Sport und Touristik auszugehen. Im Hinblick auf die Ausschlussbestimmung des § 131 Abs 4 ASVG, wonach bei Unfällen in Ausübung von Sport kein Ersatz von Bergungskosten und von Kosten der Beförderung bis ins Tal stattfinde, bestehe keine Kostenerstattungsverpflichtung der beklagten Partei. Wären die Symptome im Tal aufgetreten, wäre der Hubschraubertransport nicht notwendig gewesen. Eine Ersatzpflicht bestehe lediglich im Umfang der satzungsmäßigen Transportkosten mit dem Rettungswagen vom Tal zum Krankenhaus in Höhe von 81,10 EUR.

Das Berufungsgericht gab der gegen diese Entscheidung gerichteten Berufung des Klägers nicht Folge, änderte jedoch das Ersturteil infolge Berufung der beklagten Partei dahin ab, dass es die beklagte Partei schuldig erkannte, dem Kläger (nur) 9,10 EUR zu ersetzen; das Mehrbegehren im Umfang von 939,17 EUR wies es ab. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil keine Rechtsprechung zur Auslegung des Unfallbegriffs nach § 131 Abs 4 ASVG bestehe. Rechtlich ging das Berufungsgericht davon aus, dass bei Auslegung des § 131 Abs 4 ASVG der Unfallbegriff des Unfallversicherungsrechts heranzuziehen sei. Die beim Kläger aufgetretene Hyperventilation, die die bedrohlich wirkenden Krampf- und Lähmungserscheinungen bewirkt habe, stelle ein plötzliches, zeitlich abgegrenztes Ereignis dar, das durch die Anstrengung, verbunden mit der Durchfallerkrankung hervorgerufen worden sei. Die Anstrengung beruhe gerade auf dem Umstand, dass der Kläger als Bergtourist eine Wanderung durchgeführt habe. Liege ein Unfall iSd § 131 Abs 4 ASVG vor, sei nur mehr zu prüfen, ob der Flugtransport auch dann erforderlich gewesen wäre, wenn sich der Unfall im Tal ereignet hätte. Dies sei auf Basis der getroffenen Feststellungen zu verneinen. Unstrittig sei aber der Transport mittels Krankenwagen vom Tal zum Krankenhaus notwendig gewesen. Dessen Kosten errechneten sich nach § 25 Abs 2 der Satzung mit 1,26 EUR pro Kilometer, somit für 15 km mit 18,90 EUR, wovon der Selbstbehalt von 9,80 EUR abzuziehen sei. Es verbleibe ein restlicher Ersatzbetrag von 9,10 EUR, sodass das Ersturteil in einen Zuspruch (lediglich) in dieser Höhe abzuändern sei.

Gegen die Abweisung des Mehrbegehrens richtet sich die Revision des Klägers aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klagestattgebenden Sinn abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig. Sie ist aber nicht berechtigt.

Der Revisionswerber macht geltend, in § 131 Abs 3 ASVG seien drei verschiedene Fallkonstellationen genannt, die eine Leistungspflicht der Krankenversicherung auslösten, nämlich Unfälle, plötzliche Erkrankungen oder ähnliche Ereignisse. § 131 Abs 4 ASVG sehe hingegen einen Ausschluss der Leistungspflicht des Krankenversicherungsträgers für Bergungskosten und Kosten der Beförderung lediglich für Unfälle vor. Im hier zu beurteilenden Fall sei kein Unfall vorgelegen; vielmehr sei eine plötzliche Erkrankung aufgetreten. Auch wenn es während einer Wanderung in den Bergen zu dieser Erkrankung gekommen sei, greife die Leistungsbegrenzung des § 131 Abs 4 ASVG nicht. Die Durchfallerkrankung sei als „Vorschaden“ anzusehen, die in Kombination mit der für einen sportlich durchtrainierten Menschen durchaus alltäglichen Belastung des Wanderns keinen Unfall darstelle. Da es sich nicht um eine Bergung nach einem Unfall, sondern um einen Krankentransport handle, stünden auch noch die restlichen Transportkosten in Höhe von 939, 17 EUR zu.

Dazu ist auszuführen:

1. In § 131 Abs 3 ASVG ist das Recht des Krankenversicherten verankert, bei im Inland eingetretenen Unfällen, plötzlichen Erkrankungen und ähnlichen Ereignissen den nächsterreichbaren Arzt bzw eine Krankenanstalt in Anspruch zu nehmen, falls ein/eine Vertragsarzt/Vertragsärztin, eine Vertragsgruppenpraxis, eine Vertragskrankenanstalt oder eine eigene Einrichtung des Versicherungsträgers für die ärztliche Hilfe (Anstaltspflege) nicht rechtzeitig die notwendige Hilfe leisten kann. In solchen Fällen hat der Versicherungsträger ua für die dem Versicherten tatsächlich erwachsenen Transportkosten den in der Satzung festgesetzten Ersatz zu leisten. Bei Unfällen in Ausübung von Sport und Touristik sind Kosten für die Beförderung bis ins Tal jedoch nicht zu ersetzen (§ 131 Abs 4 ASVG).

2. § 131 Abs 4 ASVG war bereits Gegenstand zweier Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs. In der Entscheidung 10 ObS 2415/96m, SSV-NF 10/125 = ZAS 1997/14, 117 [Pfeffer] wurde ausgesprochen, dass mit dieser Bestimmung auf das mit Sport und Tourisitk verbundene Risiko hingewiesen werden solle. Eine Verfassungswidrigkeit des § 131 Abs 4 ASVG sei zu verneinen, weil es dem Gesetzgeber freistehen müsse, Leistungsbegrenzungen dort einzuführen, wo die Übernahme des Risikos und der damit regelmäßig verbundenen hohen Kosten wirtschaftlich nicht mehr vertretbar erscheint. Da bei Bergunfällen, schon bedingt durch die Situation im unwegsamen Gelände, regelmäßig unverhältnismäßig hohe Bergungskosten auftreten, sei der Ausschluss des Ersatzes für derartige Kosten durchaus sachgerecht. Die Entscheidung 10 ObS 247/02z, SSV-NF 16/139 = DRdA 2004/3, 41 [Reissner] = ZAS 2004/25, 149 [Urbanek] SZ 2002/165 befasste sich mit der Frage, ob der Ausschluss des § 131 Abs 4 ASVG auch für Arbeitsunfälle gelte. Dies wurde verneint und ausgeführt, dass zu den Arbeitsunfällen auch solche Unfälle zu zählen seien, die sich unabhängig von der Verpflichtung zur Teilnahme (§ 175 Abs 5 Z 1 ASVG) bei Schulveranstaltungen wie Schulskikursen und Schullandwochen ereignen, weshalb eine Vorleistungspflicht des Krankenversicherungsträgers anzunehmen sei.

Zum Regelungszweck des § 131 Abs 4 ASVG lässt sich aus beiden Entscheidungen ableiten, dass eine Haftungsbefreiung für Berge- und Transportkosten bei Unfällen erreicht werden sollte, zu denen es kommt, weil sich jemand freiwillig zu Erholungszwecken extremem Gelände und damit den allgemein bekannten Gefahren am Berg aussetzt (vgl auch Schrammel/Walter, Die Kostentragung bei Flugrettungseinsätzen [2007] 32 mwN).

3. Der Leistungsausschluss des § 131 Abs 4 ASVG besteht demnach nur bei („Freizeit“-)Unfällen (in Ausübung von Sport und Touristik), nicht aber bei den in § 131 Abs 3 ASVG genannten plötzlichen Erkrankungen und ähnlichen Ereignissen. Tritt daher eine behandlungsbedürftige plötzliche Erkrankung auf, kann allein der Umstand, dass sich der Versicherte zu Erholungszwecken in den Bergen aufhält, den Krankenversicherungsträger nicht von der Leistungspflicht für Transportkosten entbinden.

4. Daraus resultiert die Notwendigkeit, eine Abgrenzung des in § 131 Abs 4 ASVG verwendeten Unfallbegriffs von dem Begriff der „plötzlichen Erkrankung“ (bzw einem „ ähnlichen Ereignis“) vorzunehmen.

4.1. Der Gesetzgeber des ASVG setzt den Begriff des Unfalls als bekannt voraus und hat damit der Rechtsprechung und Lehre die Aufgabe zugedacht, eine Definition vorzunehmen (Tomandl in Tomandl, SV-System 11. Erg.-Lfg 269). Im Hinblick darauf, dass auch in der Unfallversicherung der Begriff des Unfalls zur Einengung der Leistungspflicht der Unfallversicherung gegenüber anderen krankheitsbedingten Gesundheitsstörungen dient (Tomandl aaO), kann - wie schon das Berufungsgericht erkannt hat - für § 131 Abs 4 ASVG auf den von der Rechtsprechung für die Unfallversicherung entwickelten Unfallbegriff zurückgegriffen werden. Die von der Rechtsprechung zur Definition eines „Unfalls“ entwickelten Grundsätze lassen sich wie folgt zusammenfassen:

4.2. Unter einem „Unfall“ ist ein zeitlich begrenztes Ereignis - dazu zählen ua: eine Einwirkung von außen, ein abweichendes Verhalten des Tätigen, eine außergewöhnliche Belastung - zu verstehen, welches zu einer Körperschädigung geführt hat (RIS-Justiz RS0084348). Von einem „Unfall“ kann im Allgemeinen nur dann gesprochen werden, wenn die Gesundheitsbeeinträchtigung durch ein plötzliches, dh zeitlich abgegrenztes Ereignis bewirkt wurde, wobei „plötzlich“ allerdings nicht Einmaligkeit bedeuten muss. Auch kurz aufeinander folgende Einwirkungen, die nur in ihrer Gesamtheit einen Körperschaden bewirken, sind noch als „plötzlich“ anzusehen, wenn sie sich innerhalb einer Arbeitsschicht oder eines sich auf mehrere Tage erstreckenden Dienstauftrags ereignet haben (10 ObS 89/08y mwN ua; RIS-Justiz RS0084348 [T3 und T4]; RS0084089). Der entscheidende Unterschied zu den sonstigen Krankheiten liegt in der zeitlichen Begrenzung des Ereignisses (RIS-Justiz RS0110320; Tarmann-Prentner in Sonntag, ASVG2 § 176 Rz 3). Auch die Häufung kleiner Schädigungen (zB Erfrierungen, Erkältungen, starke Sonneneinstrahlung udgl) innerhalb nur einer Arbeitsschicht stellt einen Unfall dar, wenn hiedurch eine Körperschädigung verursacht worden ist.

Die äußere Einwirkung kann auch darin bestehen, dass durch betriebliche Einflüsse eine krankhafte Störung im Körperinneren hervorgerufen wird. Es genügt daher auch zur Annahme eines „Unfalls“, dass durch eine außergewöhnliche Kraftanstrengung (Überanstrengung) ein Vorgang im Körperinneren ausgelöst wird, der die gesundheitliche Schädigung bewirkt (vgl Schwerdtfeger in Lauterbach, UV, 4. Aufl, 41. Lfg § 8 SGB VII Rz 26a mwN zur vergleichbaren deutschen Rechtslage).

4.3. Nach der Definition in § 120 Abs 1 Z 1 ASVG ist die Krankheit ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand, der die Krankenbehandlung notwendig macht. Krankheit im sozialversicherungsrechtlichen Sinn liegt bereits dann vor, wenn eine Störung von psychischen oder physischen Funktionen nach außen hin wahrnehmbar ist und sei es nur durch entsprechende Äußerungen des Versicherten, die die Notwendigkeit einer Diagnoseerstellung indizieren. Auch der (bloße) Krankheitsverdacht ist dem Versicherungsfall der Krankheit zuzurechnen, wenn er sich durch objektiv diagnostizierbare Symptome äußert, unabhängig, ob sich im Nachhinein der Krankheitsverdacht bewahrheitet oder nicht. Die Notwendigkeit der Krankenbehandlung ist - stets losgelöst vom Erfolg - ex ante zu beurteilen (RIS-Justiz RS0117777 [T1 und T2]).

5. Hyperventilation ist eine über den Bedarf gesteigerte Lungenbelüftung, die mit einer Abnahme des Kohlenstoffdioxid-Partialdrucks (CO2) und einem pH-Anstieg im Blut einhergeht. Zu einer akuten Hyperventilation als Störung der Atemregulation kann es aus psychischen, aber auch körperlichen Ursachen kommen (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch262; Springer Lexikon Medizin).

Im vorliegenden Fall war die beim Kläger aufgetretene Hyperventilation, die die bedrohlich wirkenden Krampf- und Lähmungserscheinungen bewirkt hat, durch die mehrstündige körperliche Anstrengung beim Wandern im Gebirge in Kombination mit der bereits bestehenden Durchfallerkrankung bedingt und somit durch die als zeitlich begrenztes, von außen einwirkendes Ereignis zu qualifizierende Kraftanstrengung beim Aufstieg im Gebirge wesentlich mitverursacht. Diese Kraftanstrengung muss gerade als vom Risikoausschluss des § 131 Abs 4 ASVG umfasst beurteilt werden, weil sich der Kläger freiwillig und zu Erholungszwecken als Bergtourist in unwegsames Gelände begeben hat. Es liegt daher ein Unfall iSd § 131 Abs 4 ASVG vor.

Der in § 44 Abs 7 Z 3 der Satzung normierte Ausnahmefall, in dem diese Kosten doch übernommen werden, sofern der Flugtransport auch dann erforderlich wäre, wenn sich der Unfall im Tal ereignet hätte, liegt nach den Feststellungen nicht vor.

Daraus folgt, dass die Kosten der Beförderung mittels Hubschrauber ins Tal nicht ersetzt werden. Zu ersetzen sind lediglich die Beförderungskosten vom im Tal erreichbaren Parkplatz zum Diakonissen-Krankenhaus Schladming mittels Rettungswagens. Die Höhe dieser Beförderungskosten bleibt von der Revision unbekämpft.

Damit erweist sich die Revision des Klägers als erfolglos.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Berücksichtigungswürdige Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers iSd § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG, welche einen ausnahmsweisen Kostenzuspruch nach Billigkeit rechtfertigen könnten, wurden nicht geltend gemacht.

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